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Full text of "Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften"

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ABHANDLUNGEN 


DER 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


_ AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 


IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1870. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


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Inhalt des X. Bandes. 


I. und Il. Abtheilung. 


Neue Gattungen und Arten von Fischen aus Üentral-Amerika; gesammelt von 
Moritz Wagner, beschrieben von Prof. Rudolf Kner und Dr. Franz Stein- 
dachner in Wien. Mit sechs Tafeln Abbildungen ARE : 

Ueber die hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen der Se kaderfische 
in den Staaten Panama und Ecuador. Ein Beitrag zur Zoogeographie Amerika’s 
von Moritz Wagner BE . RB P Der 

Neue Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte des Mebrschmeinchen, Von 
Dr. Th. L. W. Bischoff NER an," f 

Ueber die geographischen Verhältnisse der Lorbeergewächse von ©. F.. es 

Helligkeits-Messungen an zweihundert und acht Fixsternen. Angestellt mit dem 
Steinheil’schen Photometer in den Jahren 1852 — 1860 von Ludwig Seidel 
und Eugen Leonhard ee ee 

Versuche über die Wasserverdunstung auf besätem und unbesätem Boden. Von 
August Vogel . EN / 3; Veh; 

Das Chronoskop, Instrument zur Be nmung der Zeit der Polhöhe Be Benz. 
Von ©. A. v. Steinheil. Mit 2 lithogr. Tafeln und 6 Tabellen 

Die Grosshirnwindungen des Menschen mit Berücksichtigung ihrer Entwicklung bei 
dem Fötus und ihrer Anordnung bei den Affen. Neu untersucht und be- 
schrieben von Dr. Th. L. W. Bischoff. Mit 7 Tafeln 

Beiträge zur Kenntniss der Procän- oder Kreide-Formation im nordwestlichen Böhmen 
in Vergleichung mit den gleichzeitigen Ablagerungen in Bayern und Sachsen. 
Von ©. W. Gümbel 4 N... 

Beiträge zur Foraminiferenfauna der nordalpinen ocängebilde, Von ©. W. Gümbel. 
Mit 4 Tafeln 


Seite 


115 
169 


201 


320 


357 


388 


499 


577 


III. Abtheilung. 


Ueber die Naturverhältnisse der verschiedenen Linien, welche für einen Durchstich 
des centralamerikanischen Isthmus in Vorschlag sind. Von Moritz Wagner 

Ueber das Verhältniss der Harnsture und des Guanin’s zur Vegetation. Von 
August Vogel . 

Das bayerische Präeisions-Nivellement. Von Carl Max Bauernfeind 

Beiträge zur Anatomie des Hylobates leueiscus und zu einer vergleichenden Anatomie 
der Muskeln der Affen und des Menschen. Von Th. L. W. Bischoff. Mit 
5 Tafeln en Seide 2 ae 


Seite 


198 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN GVLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


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ERSTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVIT. BAND. 


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VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. - 


ABHANDLUNGEN 


DER 
MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN, 


ZEHNTEN BANDES 
ERSTE ABTHEILUNG. 


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ABHANDLUNGEN 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 
ERSTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1866. 
VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


rt 


Inhalt. 


Neue Gattungen und Arten von Fischen aus Central- Amerika; gesammelt von 
Moritz Wagner, beschrieben von Prof. Rudolf Kner und Dr. Franz Stein- 
dachner in Wien. Mit sechs Tafeln Abbildungen . Se a 


Ueber die hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen der Süsswasserfische 
in den Staaten Panama und Ecuador. Ein Beitrag zur Zoogeographie Amerika’s 
von Moritz Wagner : 

Neue Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens.. Von 
Dr. Th. L. W. Bischoff 

Ueber die geographischen Verhältnisse der Lorbeergewächse von ©. F. Meissner . 

Helligkeits-Messungen an zweihundert und acht Fixsternen. Angestellt mit dem 


Steinheil’schen Photometer in den Jahren 1852—1860 von Ludwig Seidel 
und Eugen Leonhard ; 


Seite 


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Neue 


Gattungen und Arten von Fischen 


aus Öentral-Amerika; 


gesammelt von 


Prof. Moritz Wagner, 


“ beschrieben von 


Prof. Rudolf Kner und Dr. Franz Steindachner, 


Assistenten am kaiserl. Hof-Naturalienkabinete in Wien. 


Mit sechs Tafeln Abbildungen. 


Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I, Abth. 1 


Neue 


Gattungen und Arten von Fischen 


aus Central- Amerika. 


Familie: Sciaenoidei, Cuv. Val. 


Gattung: Pristipoma, Ouv. Val. 
Art: Prast. humäle,. n..Tab..l. Fig. 1. 


Char. Summa corporis altitudo ante pinnam dorsalem ad longitudinem piscis 
totalem = 1: 4.5; aculeus 4us pinnae dorsalis ommium longissimus. 
8 
D.,12/12 Ar 3/7 01. + OSQUAm tr ;.5 6 
19—20 


Die Totalgestalt ist gestreckter als bei jeder bisher bekannten Art 
dieser Gattung und nähert sich hiedurch wie auch durch die Länge 
der Schnauze jener der Gattung Haemulon. — Die grösste Körperhöhe 
(bei Beginn der Rückenflosse) ist nahezu 41/2-, die Kopflänge 31/a-mal 
in der Gesammtlänge enthalten; die kleinste Körperhöhe am Schwanze 
erreicht kaum !/3 der grössten. Bei den gestrecktesten, früher bekannten 
Arten, wie Prist. crocro C. V., welcher unsere Art auch am nächsten 
steht, beträgt die grösste Höhe nur !/a der Totallänge. 


Die Profillinie des Kopfes fällt vom Hinterhaupte nach vorne 


4 


gleichmässig in schiefer gerader Linie ab bis gegen das stumpf abge- 
rundete Schnauzenende. Der Durchmesser des fast kreisrunden Auges 
verhält sich zur Kopflänge wie 1:5 (bei Pr. crocro wie 1 : 41/2) und 
gleicht der Stirnbreite zwischen den Augen. Die weite Mundspalte ist 
mit dicken Lippen versehen und reicht bis unter das vordere Drittel 
des Auges (bei Pr. crocro bis unter den vorderen Augenrand). Der etwas 
vorstreckbare Zwischenkiefer und der Unterkiefer sind mit einer breiten 
Binde dicht stehender Zähnchen von gleicher Grösse besetzt. Am Kinne 
liegen zunächst der Symphyse 2 kleine Poren, und weiter zurück mün- 
den 2 andere in einer grossen medianen Grube. Die Länge der Schnauze 
beträgt bei 11a Augendurchmesser. Der senkrecht stehende Rand des 
Vordeckels ist so wie die Suprascapula deutlich gezähnelt, der Deckel 
nach hinten in 2 kaum merkliche Spitzen vorgezogen und mit einem 
Hautanhange versehen. Der Vorderrücken steigt bis zu Anfang der 
Dorsale in stärkerem Bogen an, senkt sich aber dann sogleich mässig 
bis zu Ende der genannten Flosse. 

Der Rand der Rückenflosse ist zwischen ihrem stacheligen und 
gliederstrahligen Theile stark eingebuchtet. Die Stacheln sind ausge- 
zeichnet heteracanth aber von nur geringer Höhe; der 4. und höchste 
misst kaum Yıo der Totallänge (bei Pr. crocro ist der 5. Stachel der 
höchste), die folgenden bis einschliesslich dem 10. nehmen allmälich an 
Länge ab, der 11. und 12. aber wieder etwas zu. Unter den Glieder- 
strahlen der Dorsale erreichen der 2. und 3. die grösste Höhe, welche 
der des 4. Stachels beinahe gleich kommt. — Von den 3 Stacheln der 
Afterflosse zeichnet sich der 2. durch Länge und Stärke aus, indem 
er hierin jene der Dorsale um das dfache übertrifft (bei Pr. crocro ist 
er noch mächtiger); er erreicht etwas über halbe Kopf- und !s der 
Totallänge. Die Länge des 1. Stachels beträgt nur Y/s, die des 3. aber 
?/3 seiner Länge; an Stärke sind dagegen alle 3 nur wenig verschieden 
und noch ausgezeichneter heteracanth als jene der Dorsale. 

Brust- und Bauchflossen sind gleich lang und ihre längsten 
Strahlen beiläufig 6°/-mal in der Gesammtlänge des Fisches enthalten ; 
der 1. gegliederte Ventralstrahl ist in einen kurzen Faden verlängert. 
Die Strahlenzahl dieser Flossen ist: P. 2/14, V. 1/5. — Die Schwanz- 
flosse enthält 17 Hauptstrahlen, von denen 15 getheilt sind; sie ist 


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grösstentheils überschuppt und ihr Rand schwach concav (nicht wie bei Pr. 
crocro gerade abgestutzt), die Seitenlinie setzt sich über ihre halbe Länge fort. 

Der gliederstrahlige Theil der Rücken- und Afterflosse sind längs 
der Basis von einer Schuppendecke umgeben, über welche hinaus nur 
einige Schuppen noch auf der Flossenhaut zwischen den Strahlen liegen; 
eben so ist auch die Basis der Bauchflossen überschuppt. — Alle 
Schuppen sind ctenoid, mit Ausnahme der unterhalb der Augen gelege- 
nen, welche glatte Ränder zeigen. 

Die Analgrube liegt nahe vor dem After, hinter diesem ragt eine 
kurze Urogenitalpapille vor. — Die Pseudobranchien sind gross, kamm- 
förmig; die vorderen Rechenzähne mässig lang, stumpfspitzig. Der Ma- 
gen bildet einen ziemlich grossen Sack, am Pylorus hängen jederseits 
3 Blinddärme von ansehnlicher Länge; der rechte Leberlappen ist grösser 
als der linke. Die sehr grosse, einfache und dünnwandige Schwimm- 
blase nimmt fast die ganze Länge der Bauchhöhle ein. Die beiden Ho- 
den sind schmal, lang und reichen nach vorne fast bis zum Pylorus. 

Färbung. Die ganze Rückenseite bräunlich, ins Goldgelbe spie- 
lend, Flanken und Bauch weiss, gegen den Schwanz mit gelblichem, 
gegen den Kopf mit grünlich blauem Anfluge; Rücken- und Schwanz- 
flosse schmutzig braun ins Schwärzliche, After-, Brust- und Bauchflossen 
gelblich, nirgends Flecken oder Zeichnungen. 

Das einzige Exemplar stammt aus dem Rio Bayano, der auf der 
Landenge Panama in das stille Meer mündet. 


Familie: Mugiloidei, Cuv. Val. 
Gattung: Dajaus, Cuv. Val. 


Diese Gattung wurde zwar neuerlich von Günther eingezogen, 
indem er sie mit Cestraeus und Nestis Cuv. Val. in Ein Genus vereinigte, 
für welches er den Bennet’schen Namen Agonostomus (abgeändert in 
Agonostoma) wählte (s. Catalog. of the Acanthopter. Fishes in the Collect. 
of the British. Mus. III); doch behalten wir sie vorläufig hier bei, und 
indem später die Gründe gegeben werden, wesshalb wir dem Vorgehen 
Günther’s nicht beipflichten, lassen wir früher die Beschreibung einer 
neuen Art folgen, welche nebst 2 bereits bekannten uns vorliegt. 


1. Art: Daj. elongatus, n. — Taf. 1. Fig. 2. 


Char. Altitudo corporis ad longitudinem totalem: 1:6; squamae longit. 42, 
tramsvers. vel verticales 11.) 


In der nasenförmig vorspringenden Schnauze, deren Länge nach 
dem Alter sich ändert, hat diese Art Aehnlichkeit mit dem von 
Günther (l. c. pag. 463) aufgestellten Agonostoma nasutum, weicht 
jedoch von ihm, wie auch von den übrigen Dajaus-Arten durch die 
gestreckte Gestalt und auffallend geringe Körperhöhe ab, welche sogar 
etwas über 6-mal in der Gesammtlänge begriffen ist. Die Kopflänge 
beträgt !/; der Körperlänge, die grösste Dicke desselben zwischen den 
Deckeln ?/ seiner Länge. Der Durchmesser des Auges kommt 1/s der 
Kopflänge gleich, jedoch ohne Hinzurechnung der Oberlippe; sein Ab- 
stand vom Schnauzenrande beträgt 1'/a Diameter und eben so viel die 
Stirnbreite zwischen den Augen; die Stirn daselbst ist schwach gewölbt. 
— Der obere Mundrand wird blos vom Zwischenkiefer gebildet, über 
und hinter welchem der schmale Oberkiefer vom Suborbitalringe und 
der dicken, weit vorspringenden Oberlippe verdeckt liegt. Letztere 
bildet einen dreieckigen Lappen mit vorragender stumpfer Spitze, so 
dass der Mund unterständig wird und seine Winkel senkrecht unter die 
Mitte des Auges zu liegen kommen. Der Praeorbitalknochen ist am 
hintern Rande fein aber undeutlich gezähnelt. Kiefer, Vomer und 
Gaumenbeine sind mit schmalen Binden kurzer, dicht gedrängter 
Spitzzähne besetzt. Der dicke breite Lippenanhang setzt sich seit- 
lich bis an das Ende des Öberkiefers, somit fast bis unter die Mitte 
des Auges fort. Da der Zwischenkiefer nach abwärts vorschiebbar ist, 
so entsteht dann zwischen dem Schnauzenrande und der Öberlippe eine 
tiefe breite Furche. Die Poren des am Unterkiefer verlaufenden Astes 
der Kopfkanäle geben jenen bei Dajaus monticola an Grösse nicht nach. 

Die 1. Rückenflosse beginnt vor halber Körperlänge und ist 
deutlich heteracanth, die 3 ersten ihrer 4 Stacheln sind dick und kräftig, 
ihre Höhe erreicht nicht ganz die 1/2 Kopflänge und wird von der 2. 


1) Da diese Gattung einer sichtbaren Seitenlinie ermangelt, so bezieht sich die Schuppenzahl 
der Länge nach auf die Reihe vom obern Winkel der Kiemenspalte bis zur Basis der Cau- 
dale, die quere und senkrechte auf die Zahl der Schuppen über den Bauchflossen, bis zum 
Rückenprofile. 


7 


Dorsale bedeutend übertroffen. Von den 9 Strahlen der letztern sind 
8 gegliedert und 7 von diesen auch doppelt und mehrfach getheilt. 
Die Brustflossen reichen zurückgelegt bis unter den Anfang der 1. 
Dorsale, der erste und längste ihrer 14 Gliederstrahlen bleibt ungetheilt. 
Die Bauchflossen (1/5) entspringen unter der Mitte der pectoralen 
und reichen mit den Spitzen ihrer breiten und vielfach getheilten Glie- 
derstrahlen bis unter das Ende der 1. Dorsale zurück. Die Analflosse 
mit 3/9 Strahlen beginnt etwas vor der 2. D., ihre höchsten Strahlen 
kommen den längsten der Pect. gleich, die Caudale enthält 14 ganze 
Strahlen nebst 2 kürzeren gegliederten und einigen Stützen in jedem 
Lappen; die beiden Hauptstrahlen sind fast von Kopfeslänge, die mitt- 
leren um die Hälfte kürzer, beide Lappen gleich lang. 

Die Schuppen sind ctenoid und zeigen denselben Bau wie bei 
Mugiloiden überhaupt, die grössten und zwar 1 Augendiameter gleichen 
liegen seitlich am Vorderrumpfe. Die für die ganze Familie, besonders 
aber für Dajaus bezeichnende Spornschuppe längs der Basis der 1. Dorsale 
reicht vom 1. bis 4. Strahle zurück. Eine kürzere Spornschuppe steht 
auch über der Basis der Bauchflossen und zwischen ihnen ist überdiess 
die Haut, welche die innersten Strahlen beider Flossen mitsammen und 
mit der Bauchhaut verbindet, mit spornähnlichen Schuppen besetzt. — 
Mit Ausnahme der 1. Dorsale sind alle übrigen Flossen mehr und min- 
der überschuppt, und zwar mit kleinen schmalen, öfters sich lang- 
streckenden Schuppen. Diese reichen bei der 2.D. der A. und C. fast 
bis zur halben Länge der Strahlen, bei den Brust- und Bauchflossen 
überkleiden sie aber nur deren vordere und ventrale Fläche, der After 
liegt nahe vor der Anale. 

Die Kiemenspalte ist sehr gross und die Kiemenhöhle um so weiter 
und tiefer, als die schön gefaltete Haut des oberen Theiles der vor- 
deren Kiemenbogen mit starker Wölbung sich in eine entsprechende 
Vertiefung des Schlundes jederseits hineinlegt. Es wäre von Interesse, 
diese eigenthümliche Bildung und Auskleidung der Schlundregion, welche 
noch complieirter und auch etwas abweichend von der bei Mugiloiden 
überhaupt vorkommenden erscheint, einer näher eingehenden Unter- 
suchung zu unterziehen, als sie im vorliegenden Falle füglich stattfinden 
konnte. — Die fransigen Pseudobranchien sind schön und ziemlich gross. 


Färbung. Die ganze Rückenseite grünlich grau, die Bauchfläche 
gelblich weiss; der hintere Rand der Schuppen ist etwas dunkler als 
die übrige Fläche, übrigens fehlt jede Farbenzeichnung. 

Das grössere der beiden Exemplare misst in der Gesammtlänge 9‘ 
W. M.; sie stammen aus Neu-Granada. 


2. Art: Daj. monticola, Cuv. Val. 
Syn. Agonostoma monticola, Günth. Catal. of the Acanthopt. III. pag. 464. 

Von dieser Art liegt uns nur 1 Exemplar von 8° Länge aus Neu- 
Granada vor, welches völlig mit der in der Histoire de poissons ent- 
haltenen Beschreibung und auch mit Günther’s Angaben überein- 
stimmt. — Die grösste Körperhöhe über den Bauchflossen ist 41/3-mal 
in der Totallänge enthalten und übertrifft die Kopflänge, welche fast 
genau 1/5 jener beträgt. Der Durchmesser des Auges ist = Ya der 
Kopflänge, die Stirnbreite 1/2, der Abstand von der Schnauzenspitze 
mehr als 1 Diameter. Stirn und Scheitel sind viel gewölbter als bei 
der vorigen und der folgenden Art, die Nase daher stumpfer und das 
Profil bis zum Schnauzenrande mehr convex. Die 1. Dorsale beginnt 
auch hier vor halber Körperlänge. 

1. D. 4, 2. D. 1/8, A. 3/9, Squam. longit. 42—43, transv. 12. 


3. Art: Daj. nasutus, n. 
Syn. Agonostoma nasutum Günth. 1. c. pag. 463. 


Die Körperhöhe, auch hier über den Bauchflossen gemessen, beträgt 
bei dieser Art nur wenig über 1/;s der Totallänge und kommt jener des 
Kopfes gleich, die dagegen das doppelte der Breite zwischen den Deckeln 
ausmacht. Der Augendurchmesser ist nahezu — !/ı Kopflänge, die Stirn- 
breite = 1!/a Augendiametern und — dem Abstande des Auges von der 
Schnauzenspitze. Die Mundbildung und Bezahnung der Kiefer und des 
Gaumens verhält sich wie bei D. elongatus, die Mundspalte reicht jedoch 
nicht bis unter die Mitte des Auges zurück ; der Praeorbitalknochen ist 
am Rande deutlicher gezähnelt als bei D. elongatus. — Die 1. Dorsale 
beginnt genau in halber Körperlänge, die Brust- und Bauchflossen 
sind weniger zugespitzt als bei D. elongatus, die Zahl ihrer Strahlen aber 
dieselbe, die Hauptstrahlen der Caudale erreichen auch hier Kopfeslänge, 


5) 


und längs der Seiten des Körpers liegen gleichfalls 42, in der Höhe 
über den Bauchflossen 11 Schuppen. Diese Gleichheit der Schuppen- 
zahlen ist allerdings insofern auffallend, als D. elongatus eine bedeutend 
gestrecktere Gestalt besitzt. Ob etwa diese so variabel und hierin viel- 
leicht ein Sexualunterschied zu suchen sei, muss zweifelhaft bleiben, da 
uns nur ein Unicum dieser Art vorliegt und ausserdem auch noch an- 
dere nicht unwesentliche Differenzen sich ergeben. !) 

Das 7 5°“ lange Exemplar stammt von der Westküste Panama’s. 


Dass die 3 vorhergehenden Arten einer und derselben Gattung an- 
gehören, kann nicht im Mindesten zweifelhaft sein; und es handelt sich 
nur darum, ob man bezüglich ihres und der 3 andern genannten Gat- 
tungen Fortbestandes der Ansicht Günther’s sich anschliessen soll. 

Bei allen 3 Arten von Dajaus ist die Mundbildung und Bezahnung 
jener sehr ähnlich, welche Günther l. c. pag. 460 von Mugil probo- 
scideus aus Üentralamerika abbildet und die er namentlich mit der 
von Cestraeus plicatilis Cuv. Val. = Agonostoma plicatile Günth. von 
Celebes stammend vergleicht. Jedoch sprechen gegen Günther’s An- 
sicht folgende Gründe. 1) Die Gattung Cestraeus Cuv. Val. trägt 
blos im obern Mundrande Zähne, der 4. Stachel der 1. Rücken- 
flosse ist verlängert, sie besitzt 2 Appendices pyloricae und gehört nur 
der Südsee an. 2) Bei Nestis Cuv. Val. bedeckt nach den in der 
Hist. des poissons enthaltenen Angaben das Praeorbitalstück nicht mehr 
den ganzen Öberkiefer und die Bezahnung wechselt nach den Arten; 
bei einer sind Zwischen- und Unterkiefer, Vomer und Flügelbeine bezahnt, 
bei einer zweiten aber nur Zwischenkiefer und Vomer, bei keiner aber 
die Gaumenbeine und die dicke Unterlippe bildet einen schneidenden 
Rand. Ueber letztern Umstand schweigt Günther bei den zur Gattung 
Agonostoma gezogenen beiden Arten: Nestis cyprinoides (= Agonost. 
Telfairüi Benn.) und dobuloides Cuv. Val., und gibt nur in der Synopsis 


1) Man könnte vielleicht auch vermuthen, dass unser D. elongatus etwa ein „Kümmerer“ 
wäre, deren häufigeres Vorkommen bei Fischen jüngst erst von Siebold nachwies (in 
dessen Süsswasserfischen Mitteleuropas), doch wäre es dann auffallend, dass zwei Kümmerer 
und nur 1 normales Exemplar vorliegen würden. 

Abh.d.II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 2 


10 


der Mugiloiden-Gattungen auf pag. 409 überhaupt als Merkmale an: 
„Rand der Unterlippe abgerundet und Zähne wenigstens im Oberkiefer.‘‘ 
Diese 2 Merkmale genügen ihm zur Construction des Gattungs-Charak- 
ters von Ayonostoma. — Bei solchem Verfahren erscheint es zwar leicht 
erklärlich, dass viele bisher aufgestellte Gattungen aus dem Systeme 
wieder gestrichen werden können, schwerer dagegen, wesshalb conse- 
quenter Weise nicht noch mehr cassirt werden. 

Denn unseres Ermessens liegt die grosse Schwierigkeit, die sich 
dem Systematiker entgegen stemmt und die bisher noch nicht zu be- 
heben ist, gerade in der Beantwortung der Fragen: ‚Was ist berechtigte 
Consequenz, welche sind die logisch nöthigenden Gründe, welche die 
Principien, denen die Systematik unabänderlich zu folgen hat, welche 
die Merkmale, die allein zur Feststellung scharf abgegränzter Begriffe 
und Charaktere geeignet sind?“ — So lange die entscheidende Antwort 
auf diese Fragen fehlt, dürfte es noch häufig bedenklich erscheinen, 
das schon wieder vereinigen zu wollen, was kaum durch sorgsame 
Beobachtung als different auseinander gelegt wurde. Unsere Zeit hat 
noch gar viele analytische Arbeit vor sich und erst wenn diese abge- 
than, kann die synthetische mit Aussicht auf dauernden Erfolg beginnen. 
Wir sind zwar gleichfalls überzeugt, dass in Zukunft das System ungleich 
einfacher werden wird, als es dermalen ist, und dass vielleicht Hunderte 
von Gattungen und Arten aus ihm verschwinden, die wir derzeit noch 
als solche anerkennen, doch gehört unsere Thätigkeit eben der Gegen- 
wart an und wir halten uns nicht für befähigt und daher auch nicht 
für berechtigt, unserer Zeit vorzugreifen, ausser wenn bereits zwingende 
Gründe vorliegen, welche die Einziehung von Gattungen und Arten 
erheischen. Solche vermögen wir aber im vorliegenden Falle vorerst 
nicht herauszufinden und wollen demnach die Gattung Dajaus lieber 
noch im Systeme fort anerkennen, als mithelfen, sie um ihre vielleicht 
berechtigte Existenz zu bringen. 


11 


Familie: (Chromides. 


Gattung: Heros, Heck. 
1»Art: Her. attifrons, n. — Tat. II. Fig.-1. 


Char. Caput ab occipite versus os valde dechivum, exinde rostrum productum, 
capitis longitudo altitudini fere aequalis, labium inferius bilobum; — 
corpus 4 
nigra notatis cinctum, insuper pumctulis coeruleo- albicantibus ad- 
spersum; pinna caudalis truncata. 

D. 16/11, A. 5/8—9. 


5 taenüs verticalibus obscure fuscis, in medio macula 


Obwohl diese Art mit mehreren der von Günther in seinen Ca- 
talog aufgenommenen nahe verwandt ist, und zwar namentlich durch 
Schuppenzahl, perlfarbige Puncte am Rumpfe und schwärzliche Vertikal- 
binden zunächst mit H. margaritifer von Guatemala, so weicht sie doch 
in manchen Puncten so ansehnlich ab, dass wir sie, so lange directe 
Uebergänge nicht nachgewiesen sind, vorerst als nova species glauben 
ansehen zu dürfen, welche sich insbesondere durch die Haemulon-ähn- 
liche Kopfform vor den übrigen zahlreichen Arten dieser Gattung aus- 
zeichnet. 

Die grösste Kopfhöhe ist bei jüngeren Individuen seiner Länge 
nahezu gleich, bei älteren aber etwas geringer und wird von der grössten 
Leibeshöhe, die 1/3 oder etwas über !/s der Gesammtlänge ausmacht, 
nur wenig übertroffen. Das Kopfprofil fällt zwar nach vorne steil ab, 
erscheint aber gleichwohl als concave Linie, deren tiefster Punct zwi- 
schen die Augen fällt. Der vordere Augenrand liest genau in halber 
Kopflänge, daher die Schnauze stark verlängert ist. Der Durchmesser 
des Auges beträgt /4—!/s der Kopflänge, die Stirnbreite zwischen bei- 
den bei älteren Individuen 11/2 Augendiameter, (bei jungen bedeutend 
weniger); die Breite zwischen den Kiemendeckeln kommt der halben 
Kopflänge fast gleich. 

Die Wangen sind mit 4—5 Schuppenreihen bedeckt. Der Mund 
ist seitlich compress, Ober- und Unterlippe dick und wulstig, letztere in 


der Mittellinie gespalten. Diess findet zwar bei vielen andern Arten 
D# 


12 


auch statt, doch ist es für die vorliegende bezeichnend, dass die beiden 
Lappen zunächst der Symphyse am längsten sind und gegen die Mund- 
winkel schmaler werden, während bei andern Arten jeder Lappen in 
seiner Mitte am breitesten ist. — Die Zähne sind kegelförmig, ziemlich 
klein, gelblich und an den Spitzen braun gefärbt. Der Zwischenkiefer 
enthielt blos in äusserer Reihe, der Unterkiefer aber in den 2 vorderen 
etwas stärkere Zähne als in den übrigen Reihen. — Der untere Schlund- 
knochen stimmt in Totalgestalt und Form der Zähne besser zu Heckel’s 
Abbildung von Acara als zu Heros, indem er mehr ein gleichseitiges 
als gleichschenkeliges Dreieck darstellt, das nur in kurze seitliche Ge- 
lenkarme ausläuft und viel dichter bezahnt ist als bei Heckel’s Fi- 
guren, die überhaupt in diesem Falle nicht genau sind. Die Zähne 
stehen äusserst dicht gedrängt, alle gegen die Ränder zu gelegenen 
Reihen sind fein und spitz, blos die mittleren 4 Reihen enthalten grössere 
kuglig abgerundete und braun gefärbte Pflasterzähne. — Von einer me- 
dianen Naht dieses Schlundknochens ist keine Spur sichtbar; fransige 
Pseudobranchien fehlen. 

Die Profillinie des Rückens ist nur schwach gekrümmt. Die Stacheln 
der heteracanthen Dorsale nehmen vom 1. bis zum letzten allmählich 
an Höhe zu, so dass der letzte beinahe */s der Kopflänge erreicht. Von 
den 11 Gliederstrahlen erreicht der 6. die grösste Höhe, die 1/s der 
Totallänge des Fisches beträgt, die folgenden nehmen wieder stufenweise 
an Länge ab. Die ausgezeichnet heteracanthe Afterflosse beginnt dem 
vorletzten Dorsalstachel gegenüber; ihre längsten Strahlen sind der letzte 
stachelige und der 4. gegliederte, der beinahe a Kopflänge misst. 
Die, so wie bei den meisten Chromiden hinter den Stacheln der Rücken- 
und Afterflosse abstehenden spitzen Hautlappen bilden wahre, von Faser- 
strahlen durchzogene Fähnchen, wie diess auch bei Labroiden u. a. der 
Fall ist. — Die etwas hinter den Brustflossen stehenden Ventralen mit 
1/5 Strahlen reichen bis zur Analgrube zurück, mit Ausnahme des 1. 
Gliederstrahles, weicher fadig verlängert die Basis des 2. und 3. Anal- 
stachels erreicht. Die Brustflossen, mit 13 Strahlen messen kaum Ys 
der Gesammtlänge. Die Caudale enthält 16 wahre Strahlen und einige 
Stützen, ist schwach abgerundet, oder bisweilen fast senkrecht abge- 
stutzt, nie aber eingeschnitten, wie diess Günther bei H. margaratifer 


13 


angibt und fast ihrer !/ Länge nach fein überschuppt. Der stachelige 
Theil der Rücken- und Afterflosse bleibt schuppenfrei, dagegen halten 
4—5 Schuppenreihen die Haut zwischen je 2 ihrer Gliederstrahlen be- 
setzt. Die Basis beider Flossen ist in eine niedere fein überschuppte 
Hautscheide eingesenkt. Die Schuppen des Rumpfes und ihre Structur 
verhalten sich wie bei andern Arten. Der obere und vordere Theil der 
Seitenlinie verläuft über 19—20, der hintere untere über 12 —13 
Schuppen; in der Höhe vom 1. Ventral- bis zum 4. Dorsalstachel liegen 
16'/2 Schuppen. Von den Schuppen des Rumpfes sind jene vom Isthmus 
bis zu den Bauchflossen gelegenen die kleinsten. 

Färbung. Grundfarbe schmutzig hellbraun, gegen den Rücken 
etwas dunkler; 4—5 dunkelbraune Binden ziehen quer über die Seiten 
des Rumpfes, vor ihnen liegt am Hinterhaupte noch eine kürzere, welche 
in gleicher Höhe mit dem unteren Augenrande auf dem Deckel endet; 
meist aber nur schwach ausgebildet ist. Jede Binde ist nahezu in halber 
Körperhöhe selbst wieder mit einem schwarzbraunen Augenflecke geziert 
und öfters ist ein ähnlicher grosser Fleck in der unteren Hälfte der 2. 
Binde sichtbar. Ausserdem schmücken den ganzen Körper (mit Aus- 
nahme der paarigen Flossen und des stacheligen Theiles der Dorsale 
und Anale) zerstreute weisslich- oder hellblaue perlenförmige Puncte. 

Wir untersuchten 8 Individuen von 4?/3 bis zu 8° Länge; sie stam- 
men aus Neu-Granada. 


2. Art: Her. Sieboldii, n. — Taf. I. Fig. 2. 


Char. Rostrum obtuse rotundatum, frons valde convexa, capitis longitudo 
ad totalem = 1 : 4; — trunci latera 5—6 ocellis magnis obscuro- 
fuseis notata, saepe cum maculis ejusdem coloris in fascias transver- 
sales dilutas coalitis, membrana pinnarum verticalium punctulis nigris 
seriatim positis ornata; — pinna caudalis subrotundata. 

DEZE ABS V. N PLLl4..C. 15. 


Die Totalgestalt ist Sparus-ähnlich, die Schnauze stark gewölbt und 
stumpf abgerundet, die Profillinie des Kopfes wie des Rückens gleich- 
mässig sanft gebogen; die Kopflänge nahezu = Yı, die Körperhöhe 
etwas mehr als !/s der Totallänge. Das ziemlich hoch stehende Auge 


14 


hält die Mitte der Kopflänge besetzt, sein Durchmesser ist bei Jüngeren 
4, bei Aelteren 5 mal in jener enthalten. Die Stirnbreite zwischen 
den Augen schwankt gleichfalls nach dem Alter bedeutend, von 1/2 
(bei jungen) bis 21/2 Diameter (bei den grössten Individuen). Die klei- 
nen, einfachen Narinen liegen den Augen etwas näher als der Schnau- 
zenspitze. Die Breite des Kopfes (zwischen den Deckeln) nimmt nach 
dem Alter bis zu °/s seiner Länge zu und darnach erscheint auch die 
Schnauze um so dicker und rundlicher. Die Länge der Mundspalte 
übertrifft kaum 1 Augendurchmesser, die Lippen sind mässig wulstig; 
die Unterlippenfalte verschwindet gegen die Symphyse völlig und zeigt 
auch gegen die Mundwinkel nur einen geringen Grad der Ausbildung. 
Zwischen- und Unterkiefer enthalten in äusserer Reihe 10—12 grössere 
Zähne als andere Arten deren besitzen, die überdiess fast wie Schneide- 
zähne breit sind, aber mit tief braun gefärbten Spitzen enden; die Zähne 
der inneren Reihen sind hingegen äusserst klein. Die Schlundknochen 
wie bei der vorhergehenden Art. — Die Dorsalstacheln nehmen bis 
zum letzten allmählich an Länge zu, doch kommt letztere selbst bei 
diesem nur 2 Augendurchmessern gleich; nach hinten sind sie mit ziem- 
lich langen faserstrahligen Fähnchen behängt. Die Gliederstrahlen er- 
heben sich rasch bis zum 5., dessen Höhe °/r der Kopflänge erreicht 
und nehmen dann eben so rasch bis zum letzten an Höhe ab. Die 5 
Stacheln der Anale werden gleichfalls bis zum letzten stufenförmig 
länger und sind gleich jenen der Rückenflosse in nicht ausgezeichnetem 
Grade heteracanth. Ihr gliederstrahliger Theil erhebt sich weit über 
den stacheligen, schon der 1. Gliederstrahl ist fast doppelt so lang als 
der 5. Stachel; am längsten sind aber der 3. und 4., welche nur wenig 
kürzer als der höchste Dorsalstrahl bleiben. Letzterem kommen auch 
die mittleren Strahlen der abgerundeten Brustflossen an Länge gleich. 
Die Ventralen reichen mit der fadig verlängerten Spitze ihres 1. Glie- 
derstrahles zwar weiter als die Brustflossen zurück, aber nicht bis an 
die Basis der Anale. Die Länge der schwach abgerundeten Schwanz- 
flosse übertrifft etwas 1/; der Totallänge. — Die Analgrube liegt hier 
nahe vor der Afterflosse und knapp vor ihr eine kurze Urogenitalpapille. 

Die Oberseite des Kopfes bis zum vordern Augenrande, Zwischen- 
und Unterdeckel sind beschuppt, auch die Wangen bedecken 5 Reihen 


15 


ziemlich grosser Schuppen. Die grössten Schuppen, welche ?/3 eines 
Augendiameters erreichen, halten die Setien des Rumpfes besetzt, die 
an der Brust und dem Vorderbauche bis zu den Ventralen liegenden 
sind ausnehmend klein. Von der Kiemenspalte bis zur Caudalbasis 
liegen in einer Längsreihe 30— 32, in der Höhe zwischen dem Ursprunge 
der Bauchflossen und der Dorsalbasis 16 Schuppen, (wobei die den 
Stacheln zunächst gelegenen 2—3 Reihen kleiner Schüppchen nicht mit- 
gezählt sind). Die Seitenlinie ist wie bei allen unterbrochen, ihr 
oberer, vorderer Theil senkt sich gegen die Kiemenspalte etwas, so dass 
daselbst über ihr noch 5 und 4 Schuppenreihen liegen, während weiter 
zurück deren nur 3 Raum haben. Er erstreckt sich über 22 Schuppen, 
das hintere Ende der Seitenlinie liegt 2 Schuppenreihen tiefer in halber 
Höhe des Schwanzstieles und läuft über 12—14 Schuppen. — Das fest- 
sitzende Ende der Schuppen zeigt 14—16 Radien, die am Rande eben 
so viele Einkerbungen bilden; der hintere freie Schuppenrand ist fein 
gezähnelt, blos die Schuppen des Kopfes sind ganzrandig und die con- 
centrischen Ringe erstrecken sich bei ihnen über die ganze Fläche. 

Die Grundfarbe des Körpers ist hellbraun mit einem Stich ins Röth- 
liche, am Rücken etwas dunkler, die Mitte jeder Schuppe mit einem 
schwärzlichen Puncte versehen, welche längs der Seiten des Rumpfes 
eben so viele Längsstreifen bilden, als Schuppenreihen hier liegen. 
Ueberdiess sind die Achsel der Brustflossen und die Seiten in halber 
Höhe mit 5—6 grossen verschwommenen Flecken von dunkler Färbung 
und öfters mit ähnlichen kleineren am vorderen Theile der Seitenlinie 
geziert, welche letztere bisweilen mit den unter ihnen liegenden grossen 
Flecken in schwach angedeutete Binden verschmelzen. Die Haut der 
Rücken-, After- und Schwanzflosse schmücken schwarze, in Längsreihen 
geordnete Puncte. Brust- und Bauchflossen sind blaulich schwarz, letztere 
an der Basis gelblich, beide nicht punctirt. 

Die Totallänge der 11 uns vorliegenden Exemplare schwankt von 
5—8 Zoll W. M.; sie stammen aus Neu-Granada und vom westlichen 
Abhange der Panama-Landenge. 


16 


Gattung: Acara, Heck. 
Art: Ac. coeruleopunctata, n. sp.? — Taf. U. Fig. 3. 


Char. Longitudo totalis ad illam capitis = 4 : 1, ad corporis altitudinem = 
3 : 1; — corpus punetulis cyaneis, saepius in strias oblongas coa- 
lescentibus obsitum, insuper 3—4 taenüs verticalibus et 1 vel 2 ocellis 
fusco-nigris lateralibus ornatum ; 

D. 15/10, A. 3/8—9. 


Wir führen diese Art nur als zweifelhaft neue vor, da sie vielleicht 
nur eine Varietät von Acara pulchra Günth. ist, welche selbst wieder 
synonym ist mit Cychlasoma pulchrum Gill (Fresh - water Fishes of Tri- 
nidad, pag. 22) und Chromis rivulata Günth. (Zool. Proceed. 1859). 
Sie stimmt in Färbung, Schuppenzahl u. s. w. völlig mit ihr überein, 
doch geben beide Autoren ausdrücklich die Zahl der Dorsalstrahlen zu 
13/11 an, und Günther bemerkt ausserdem, dass die Zahl der Schup- 
penreihen an den Wangen zwischen 3 und 4 schwanke, wie diess auch 
bei unserer fraglichen Art der Fall ist. Um die Hebung dieser Zweifel 
zu ermöglichen, geben wir die naturgetreue Abbildung und ausführlichere 
Beschreibung derselben. 

Die Gesammtlänge verhält sich zu der des Kopfes bei grösseren 
Individuen wie 4 : 1 (bei jüngeren ist wie gewöhnlich der Kopf relativ 
grösser), zur Körperhöhe wie 3 : 1. Die Profillinie des Kopfes bildet 
bis zu den Augen einen gleichmässigen Bogen, fällt aber vor diesen 
steil ab; die Schnauze ist stumpf, die Gegend vor den Augen flach 
und etwas eingedrückt. Die Augen stehen genau in halber Kopflänge, 
von welcher ihr Diameter Yı und noch etwas weniger ausmacht; die 
Breite der Stirn zwischen ihnen erreicht 11/a—?”/s ihres Durchmessers. 
Die Mundspalte reicht nicht bis unter den vordern Augenrand, die 
Lippen sind mässig entwickelt, das Segel der Unterlippe verschwindet 
in der Nähe der Symphyse gänzlich, die sehr kleinen Zähne stehen im 
Zwischen- und Unterkiefer dicht gedrängt, ziemlich breite Binden bil- 
dend, nur jene erster Reihe sind etwas grösser und stärker. — Sehr 
auffallend sind bei dieser Art die grossen Poren des Systems der Kopf- 
canäle, die schon Heckel bei der Gattung Acara überhaupt im 


17 


Vergleich zu Heros, wo sie unscheinbar klein sind, hervorhebt; nament- 
lich zeichnen sich die 4—5 längs des Vordeckels befindlichen und 3 an 
jedem Unterkieferaste durch Grösse aus; etwas kleiner sind jene des 
Suborbitalringes und des ansehnlichen Praeorbitalknochens. 

Die Stacheln der Rückenflosse nehmen stufenweise an Länge zu, 
so dass der letzte zwar 3mal so hoch als der 1. ist, aber dennoch kaum 
!/s der Totallänge übertrifft; von den 10 Gliederstrahlen sind der 4. und 
5. zusammen in einen Faden verlängert, dessen Länge jedoch nur bei 
1 Individuo (Männchen ?) so bedeutend ist, dass derselbe die halbe Körper- 
länge erreicht und zurückgelegt über («ie Spitzen der gleichfalls ver- 
längerten Caudale hinausreicht. Die Afterflosse beginnt gegenüber dem 
letzten Dorsalstachel und ist ausgezeichnet heteracanth; auch ihr 4. 
Gliederstrahl ist fadig verlängert und reicht bei allen Exemplaren über 
die halbe Länge der Caudale zurück. Die den Dorsal- und Analstacheln 
anhängenden Fähnchen sind von sehr deutlichen Faserstrahlen durch- 
setzt. — Von den 13 Strahlen der Brustflossen reichen die mittleren 
und längsten bis unter das Ende des vordern Theiles der Seitenlinie. 
Der erste Gliederstrahl der Bauchflossen (mit '/;s Strahlen) ist gleichfalls 
in einen Faden verlängert, der stets bis unter die Stacheln oder selbst 
bis zu den Gliederstrahlen der Anale reicht. Von den 16 wahren Strahlen 
der Schwanzflosse sind der 5. bis 7. eines jeden Lappens die längsten, 
daher die Flosse eingebuchtet erscheint. 

Vordeckel, Schnauze und Kiefer sind überschuppt, der übrige Kopf 
aber mit grossen, meist ganzrandigen Schuppen bedeckt; an den Wangen 
liegen 3 (selten 4) Reihen schwach gezähnelter Schuppen, während jene 
des Rumpfes deutlich gezähnelt sind. Längs des Rumpfes. zählt man 
bis zur Basis der Caudale 25—28 Schuppen in der Reihe und 12 über- 
einander an der Stelle der grössten Körperhöhe; der vordere Theil der 
unterbrochenen Seitenlinie erstreckt sich über 17, der hintere um 2 
Schuppenreihen tiefer liegende über 9 Schuppen. Sämmtliche Flossen, 
mit Ausnahme der Caudalbasis sind unbeschuppt, auch fehlt die kleine 
beschuppte Einfalzung an der Basis der Rücken- und Afterflosse, welche 
bei der Gattung Heros vorhanden ist. 

Die Grundfarbe erscheint gelblichbraun, am Rücken dunkler, am 


Bauche heller; mit Ausnahme der Brust- und Bauchflossen, sowie des 
Abh.d. II.Cl.d. k.Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 3 


18 


stacheligen Theiles der Dorsale und Anale, ist der ganze Körper mit 
zahlreichen himmelblauen Puncten besät, welche sich an den Wangen 
öfters zu schief verlaufenden längern Streifen vereinigen. Ueberdiess 
erstrecken sich 3—5 breite aber undeutliche Vertikalbinden von brauner 
Farbe bis gegen den Bauch herab. Vom hintern Rande des Auges läuft 
zum Winkel des Vordeckels ein schmaler schwärzlicher Streifen; in halber 
Körperhöhe liegt ein grosser schwarzbrauner Augenfleck, der ebenfalls 
blau punctirt ist. Ein ähnlicher dunkler aber kleinerer Fleck ziert auch 
bisweilen die vorgezogene Spitze des gliederstrahligen Theiles der Rücken- 
flosse, so wie das Ende des Schwanzstieles. Bei einigen Exemplaren 
ist auch die Flossenhaut der Caudale gegen den Rand zu mit 3—4 
Reihen blaulichweisser Puncte geziert, die aber bei anderen fehlen. 

Die Zahl der untersuchten Exemplare beträgt 9, ihre Grösse differirt 
von 4!/a bis 6!/3“ W. M., sie stammen aus dem Rio Chagres und vom 
westlichen Gehänge der Andes. 


Familie: Eleotrini. 
Gattung: Eleotris, Gron. 
Art vElnpictus,'n. Sp? NakrHikiEFigHk 
Char. Altitudo corporis ad longitudinem totalem = 1: 6—T, vomer et palatum 


edentula, pinna dorsalis secunda altior quam prima, corpus infra nu- 
merosis maculis et strüs albidis ornatum; Squam. lateral. 60. 


8210 
15 Domal Dei 18-90 AAN P. 18, Mas; CIE « 
5—6 


Die geringe Anzahl der bisher aus Amerika bekannten Arten dieser 
Gattung, welche vorzüglich der östlichen Hemisphäre angehört und am 
stärksten in Indien vertreten ist, wird durch die vorliegende um eine 
vermehrt, die zwar in vielen Puncten theils an El. gyrinus, theils an 
guavina sich anschliesst, aber mit keiner von beiden Arten zusammen- 
fallen dürfte. In Zahl der Flossenstrahlen so wie der Schuppen längs 
der Seitenlinie, ferner in der Grösse der Augen unterscheidet sie sich 


19 


nicht wesentlich von El. gyrınus GC. V.; sind jedoeh die Angaben von 
Cuvier, Valenciennes und Günther (Catal. ofthe Acanthopt. fish. in 
the Coll. of Brit. Mus.) über die Körperhöhe und Färbung genau zu 
nehmen, so kann die uns in 3 Exemplaren vorliegende Art, deren 
Gaumen völlig zahnlos ist, nicht als El. gyrinus gedeutet werden. Wäh- 
rend nämlich bei dieser die Körperhöhe nur den 5. Theil der Gesammt- 
länge ausmacht, ist bei unsrer Art das Verhältniss beider wie 1: 5% 
bis 7; ferner ist bei letztrer die 1. Rückenflosse bedeutend niedrer als 
die 2.,, während bei El. gyrinus das Gegentheil stattfindet (s. auch Hist. 
des poissons pl. 365). Endlich ist bei diesem die ganze Unterseite des 
Kopfes und Rumpfes einfärbig, bei El. pictus dagegen mit zahlreichen 
schmutzig weissen, unregelmässigen Flecken geziert, und die senkrechten 
Flossen sind bei jenem blos braun gefleckt, bei diesem hingegen sämmt- 
lich braun und weisslich gebändert. — Von El. guavina unterscheidet 
sich unsre Art schon allein durch die Anzahl der Dorsalstrahlen und der 
Schuppen längs der Seitenlinie, welche bei guavina angeblich bis 110 steigt. 

Die Höhe des Kopfes erreicht nicht ganz dessen halbe Länge, welche 
beiläufig '/ı der Totallänge ausmacht; die grösste Breite zwischen den. 
Deckelstücken beträgt nahezu °/3 seiner Länge. Der Oberkopf ist völlig 
flach, die Mundspalte weit, ebenso lang wie breit und schief gestellt, 
der Zwischenkiefer kürzer als der untere, beide sind mit einer breiten 
Binde kurzer, dicht gedrängter spitzer Zähnchen besetzt, deren der 
Gaumen gänzlich entbehrt. Die grosse zur Hälfte freie Zunge halten 
zarte spitzige Papillen besetzt; die Lippen sind ziemlich dick und gegen 
die Mundwinkel in eine Falte ausgezogen. Der Abstand der ovalen 
Augen beträgt vom Zwischenkieferrande 1, vom obern Winkel der Kiemen- 
spalte 41a —5, die Stirnbreite zwischen beiden 2 Augen-Durchmesser. 
Die Kiemenspalte ist weit, die Kiemenstrahlen, von denen die 5 obern 
fast gleich lang sind und durch Breite sich auszeichnen (besonders der 5.) 
stecken in einer dicken schlaffen Kiemenhaut. Die Pseudobranchien 
liegen tief in einer Höhlung verborgen und bestehen aus nicht zahl- 
reichen kurzen und dicken, stumpf endenden *Läppchen oder Papillen. 

Die 4 mittleren, unter sich fast gleich hohen Strahlen der 1. Rücken- 
flosse erreichen fast 1/3 der Kopflänge, der 6. und letzte kürzere Strahl 
steht vom 5. weit mehr entfernt, als die vorausgehenden von einander 


9% 


20 


und sein hintrer Hautsaum reicht nahe bis zum Beginn der 2. Dorsale, 
deren höchste Strahlen (der 5. und 6. oder 6. und 7.) nahezu der 
halben Kopflänge gleichkommen. Dieser gegenüber steht die Afterflosse, 
welche mit ihr in Zahl und Länge der Strahlen übereinstimmt. Die 
Bauchflossen sind kurz und zur Hälfte in dicke Haut gehüllt, welche 
die einzelnen Strahlen kaum erkennen lässt; der vorletzte innere Strahl 
ist der längste. Die grossen fächerförmig sich ausbreitenden Brustflossen 
erreichen */s der Kopflänge und werden in dieser Beziehung nur von 
der Caudale übertroffen, deren mittlere und längste Strahlen nur wenig 
hinter der Kopflänge zurückbleiben. 

Den Kopf mit Ausnahme der Schnauze und Unterseite bedecken 
ganzrandige Schuppen, die sich wie jene des Vorderrückens und Bauches, 
welche gleichfalls glattrandig sind, durch ihre Kleinheit auszeichnen. 
Schon hinter den Brustflossen unterhalb des Anfangs der 1. Dorsale be- 
ginnen einzelne Schuppen gezähnelt zu werden, weiter zurück nimmt ihre 
Anzahl und die Stärke der Zähnelung immer mehr zu, so dass am Caudal- 
stiele ringsum die Schuppen grösstentheils oder sämmtlich etenoid sind. 
Auch ihre Grösse und Form ist nach den einzelnen Körperstellen verschie- 
den; die des Kopfes und Vorderbauches sind nebst jenen, welche die Basis 
der Caudale und Brustflossen bedecken, am kleinsten und meist oval 
und elliptisch gestreckt. In halber Körperlänge werden sie allmählich 
grösser und ihre freien Ränder bilden nahezu Kreissegmente; die grössten 
Schuppen liegen am Schwanzstiele, jene des Bauches zwischen den 
Ventralflossen und der Analgrube sind länglich, schmal, fast lanzett- 
förmig zugespitzt. 

Die Analgrube liegt nahe vor der Afterflosse und zeichnet sich 
durch eine breite zungenförmige Urogenitalpapille aus, deren Länge ?/a 
des Augendiameters erreicht. — Die Hoden des ausser der Laichzeit 
gefangenen Männchens reichen nach vorne bis über die Insertion der 
Bauchflossen hinaus; die sehr dünnwandige Schwimmblase nimmt die 
ganze Länge der Bauchhöhle ein. 

Färbung: Rücken und Seiten dunkelbraun ins Schwärzliche, Bauch- 
seite röthlich braun, weiss gefleckt; über die Mitte des Oberkopfes 
ziehen 2 parallele schwärzliche feine Linien; an den Seiten des Kopfes 
bemerkt man öfters 2 etwas breitere Binden von gleicher Farbe, von 


21 


denen die obere am hintern Augenrande beginnt und geradlinig bis zum 
obern Ende der Brustflossenbasis zieht, während die uutere schief über 
die Wange am Rande des Vordeckels endet und daselbst mit einer dritten, 
etwas über und hinter dem Mundwinkel beginnenden zusammenstösst. 
Quer über die Kiemenhaut, deren Grundfärbung braun ist, ziehen gleich- 
falls 4—5 Reihen weisser Flecke und bei einem Individuo erscheinen 
die Bauchflossen besonders schön und regelmässig der Quere nach weiss 
und schwarzbraun gebändert. Auch die übrigen Flossen, namentlich 
die vertikalen sind schwärzlich braun und weiss gefleckt und regel- 
mässig gebändert. 

Totallänge von 6°/ı bis 81,3“ W. M. 

Vaterland: Neu-Granada und aus dem Rio Bayano. 


Familie: Clupeoidei. 
Gattung: Engraulis, Cuv. 
1. Art.: Engr. macrolepidotus, n. — Taf. Il. Fig. 2. 


Char. Capitis longitudo ad totalem = 1:4, altitudinem corporis non attın- 
gens, os edentulum, maxilla superior fere ad pinnae pectoralis basın 
usque prolongata: 

D. 3/9, A. 3/26 .... Squam. later. 35, vertical. 9. 


Gleich Engr. edentulus G. V. zeigt auch die hier zu beschreibende 
Art keine Spur von Zähnen in den Kiefern, unterscheidet sich aber 
von jener durch die bedeutendere Höhe des Körpers und die Länge des 
Oberkiefers, der über alle Deckelstücke hinausreicht. 

Der Leib ist stark comprimirt, die Höhe 3Y/ıomal in der Gesammt- 
länge enthalten, von welcher die Kopflänge nicht ganz !/ beträgt. Die 
Schnauze springt als kurze Nase über die Kiefer vor, das kreisrunde 
Auge ist mässig gross und liegt fast ganz im vordern Drittel der Kopf- 
länge, in der sein Durchmesser 4mal begriffen ist; die Schnauze ist 
demnach äusserst kurz und das Auge dem Nasenrande sehr genähert. 
Die Länge des Oberkiefers misst */s der Kopf- oder nahezu !/s der Total- 
länge, die des Unterkiefers ist geringer. — Das Suboperculum ver- 
längert sich nach rückwärts in eine Spitze, welche über der Basis der 
Brustflossen zu liegen kommt. Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt 


22 


jederseits 12—13, von denen der 1. und kürzeste äusserst klein und kaum 
bemerkbar ist. Die Rechenzähne reichen nach vorne bis zur Spitze des 
Zungenbeines, die hintern und längsten bis zur Gegend des hintern 
Augenrandes. Die Pseudobranchie ist kammförmig und besteht aus 
einer langen Reihe von Lamellen. 

Die Dorsale beginnt weit vor dem Anfange der Anale senkrecht 
über dem Ende der Bauchflossen und selbst ihre letzten Strahlen kommen 
noch vor dem Beginne der Anale zu stehen. Ihr& sämmtlichen Strahlen 
sind seitlich von einem Schuppenfalze bedeckt, in welchen sie zurück- 
gelegt sich völlig verbergen können; die längsten Strahlen erreichen 
!/a Kopflänge. Die Basis der Afterflosse wird gleichfalls von einer 
Schuppenscheide eingefasst, ihre längsten Strahlen sind der letzte un- 
getheilte und der 1. gegliederte und messen °/ der Kopflänge. Die 
Brustflossen mit 1/13 Strahlen sind kurz und reichen nicht bis zu den 
Ventralen zurück, die noch um die Hälfte kürzer als jene sind und aus 
1/6 Strahlen bestehen. Die Analgrube liegt näher der Afterflosse, als den 
Bauchflossen. Die Caudale enthält 19 Strahlen und 5—7 staffelförmige 
Stützen in jedem Lappen, sie ist tief gabelig, fast gleichlappig und 
nahezu von Kopfeslänge. 

Die Schuppen sind bedeutend gross und höher als lang. Der Höhen- 
durchmesser der grösseren Lateralschuppen übertrifft einen Augendia- 
meter. Die Schuppenstructur verhält sich im Wesentlichen wie bei 
andern Olupeiden. Der freie Rand ist gekerbt, zufolge eines sich bis 
zu ihm erstreckenden schönen Netzes aus feinen Kanälchen, die über die 
Schuppenfläche hin meist 4eckige Maschen bilden; näher gegen das fest- 
sitzende Ende folgen unregelmässige Querfurchen, aus denen endlich 
statt eigentlicher Radien ziemlich parallele Längsstreifen oder Kanäle 
abgehen. Von einer Seitenlinie ist keine Spur vorhanden, dagegen wird 
das dicke hintre Fettlid des Auges von zahlreichen verzweigten kurzen 
Nebenröhrchen der Kopfkanäle durchsetzt. — Fine wahre Bauchschneide 
fehlt, statt ihr ist nur ein stumpfer Kiel vorhanden. 

Färbung: Die Oberseite des Kopfes und der Vorderrumpf röthlich- 
braun mit dunkelblauem Schimmer, der übrige Leib goldgelb, längs der 
Seiten des Rumpfes ein undeutliches dunkelblaues Band; sämmtliche 
Flossen geiblich, die Spitzen der Caudalstrahlen schwärzlich gesäumt. 


23 


Stammt aus dem Rio Bayano, welcher auf der Landenge von Pa- 
nama in den stillen Ocean mündet. 


2. Art: Engr. Poeyi, n. — Taf. Il. . Fig. 3. 


Char. Corpus valde elongatum, dentes numerosi in utraque mazilla, vomere 
el osse palatino; rostrum breve obtusum, pinna pectoralis longa. 


D. :3/13,.A.2/21,,B 21/15 ... Squam later. 49, 


Diese Art, welche wir leider auch nur auf ein einziges und zwar 
schadhaftes Exemplar gründen können, steht dem Zngr. delicatissimus 
sehr nahe, den Girard in dem Report upon the Zoology of the Several 
Pacific Rail routes, Washingt. 1857 p. 335—56 beschrieb. Sie unter- 
scheidet sich jedoch durch die Länge der Brustflossen, deren Spitze 
über die Insertion der Ventralen hinausreicht, ferner durch die grössere 
Anzahl von Pectoralstrahlen, längere Analbasis, die bei Eingr. delicatissimus 
5mal, hier aber kaum 4 in der Gesammtlänge enthalten ist, und 
endlich durch kürzern Oberkiefer, dessen hinteres Ende die Kiemen- 
öffnung nicht erreicht. 

Die Kopflänge ist der grössten Rumpfhöhe gleich und etwas über 
5 mal in der Gesammtlänge enthalten; seine Breite verhält sich zur 
Länge wie 1: 2!) und der Durchmesser des Auges zu letzterer wie 
1: 52/3. Die Schnauze ist kurz und stumpf, die ganze vordere Hälfte 
des Kopfes mit einer Fetthaut überzogen, welche sich, nur dünner wer- 
dend, auch über das Auge fortsetzt. Ober- und Unterkiefer sind gleich 
lang und breit mit einer Reihe dicht gedrängter, zarter, gekrümmter 
Zähne von nicht unbedeutender Länge besetzt, deren Grösse und Krüm- 
mung nach rückwärts zunimmt, namentlich im Unterkiefer, der überhaupt 
die grössten Zähne enthält. Sehr klein und nur mit der Loupe zählbar 
sind dagegen die Gaumen- und Vomerzähne; letztere stehen in mehreren 
Reihen. Das hintere spitze Ende des Oberkiefers reicht bis unter den 
Winkel des Zwischenkiefers. Die Rechenzähne der vordern Kiemenbögen 
sind verhältnissmässig kurz, die Pseudobranchien gross, schön kamm- 
förmig. 

Die Rückenflosse beginnt etwas näher der Caudale als dem Schnauzen- 
rande, der vor ihr liegende Stachel ist ganz unter der Haut verborgen; 


24 


die höchsten Strahlen erreichen die Länge der Flossenbasis, welche 
1!,amal in der Kopflänge enthalten ist. Die Afterflosse beginnt gegen- 
über der Mitte der Dorsale, ihre Basis übertrifft die Länge des Kopfes 
um °/s eines Augendiameters. Beide genannte Flossen liegen in der 
Ruhe in einen aufstehenden Schuppenfalz eingesenkt. Stark ausgebildet 
sind die Brustflossen, indem sie trotz der abgebrochenen Spitze noch 
über die Insertion der kurzen Ventralen (mit 1/6 Strahlen) zurückreichen) ; 
auch die über ihrer Basis liegende Spornschuppe zeichnet sich durch 
Länge aus, da sie ®/s der Kopflänge misst. Von der Schwanzflosse ist 
die Hälfte erhalten, ihre Länge dürfte jene des Kopfes etwas übertroffen 
haben. 

Die grösseren der übrigens leicht abfallenden Schuppen längs der 
Seiten des Rumpfes übersteigen mit ihrem längern Höhendurchmesser 
den des Auges bedeutend, unterhalb der Rückenflosse lagen deren 8—9 in 
senkrechter Linie; die Schuppenstructur ist wie bei allen ächten COlupeiden. 

Färbung. Rückenseite bräunlich, der übrige Leib silberglänzend 
mit bläulich grünem Opalschimmer. 

Totallänge 9 W. Z. — Aus dem Rio Bayano. 


Familie: Cyprinodontes. 
Gattung: Xiphophorus, Heck. 


Diese den Poecilien mehr verwandte Gattung wurde zuerst von 
J. Heckel im 3. Hefte der Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie 
der Wissenschaften Jahrgang 1848 begründet, zufolge der eigenthüm- 
lichen Klammerorgane, zu denen bei Männchen die Bauchflossen um- 
gebildet sind, mit dem Namen Xiphophorus belegt und sogleich in 2 
aus Mexico stammenden Arten vorgeführt. Nur ein paar Jahre später 
im Jahre 1851 erschien Poey’s wichtiges Werk: ‚Memorias sobre la 
Historia natural de la Isla de Cuba‘, in dessen 1. Bande auf Seite 
382—-391 drei ähnliche Gattungen von Cyprinodonten unter den Namen: 
Gambusia, Girardinus und Limia beschrieben und durch schöne Abbil- 
dungen veranschaulicht sind. Da Poey damals von Heckel’s Arbeit 
schwerlich schon Kenntniss haben konnte, so erscheint es auch um so 
weniger befremdend, in einer dieser Gattungen Heckel’s Xiphophorus 


25 


wieder zu finden, als überhaupt die Fischfauna der Antillen, so weit sie 
bekannt ist, sich enge an die nachbarliche von Centralamerika an- 
schliesst. Es handelt sich hiebei nur um die beiden Gattungen Gam- 
busia und Limia, da Gärardinus sich von selbst ausschliesst. Obwohl 
wir nun erstere nicht durch Autopsie kennen, so dürfte doch Poey’s 
Angabe, dass sie einen kurzen nicht gewundenen Darmkanal 
besitzt, genügen, um den Gedanken an Xiphophorus fallen zu lassen, 
während dagegen Limia nicht blos in allen übrigen wesentlichen Eigen- 
schaften mit letzterem übereinstimmt, sondern auch gleich diesem einen 
vielfach gewundenen Darmkanal besitzt. Da es demnach kaum 
zweifelhaft ist, dass Limia mit Xiphophorus zusammenfällt, so dürfte dem 
Prioritätsrechte zufolge auch Heckel’s älterer Name beizubehalten und 
Limia aus dem Systeme zu streichen sein. 

Was die nachfolgende Art, welche wir dem um die Ichthyologie, 
namentlich Amerika’s so hochverdienten Forscher Herrn Th. Gill zu 
widmen uns erlauben, anbelangt, so halten wir uns zwar nach dem 
jetzigen Stande unsrer Kenntniss dieser Fische völlig berechtigt zu ihrer 
Aufstellung, wollen aber nicht unerwähnt lassen, dass eben diese Kennt- 
niss noch ziemlich ungenügend ist, da man über die Alters- und Sexual- 
verschiedenheiten bisher zu wenige Nachweise hat, um sie bereits in 
einer zusammenhängenden Weise überblicken und abschätzen zu können. 


Art: Xeph. Gellii, n. — Taf. IV. Fig. 1. 


Char. Longitudo capitis ad totalem = 1:4—5 et corporis altitudinem 
adaequans vel paulo minor; maris radius Ws pinnae analis prolon- 
gatus, incrassatus et in facie anteriori papila genitali ejaculatoria 
peniformi instructus; radius 4tus in forcipem transmutatus, 5f4s unco 
parvo terminali munitus; — tractus intestinalis spiraliter involutus. 


D. 9, A. 8-9, V. 6.. Squam longit. 25, vertic. 8. 


Die Länge des Kopfes ist 4- bis gegen 5mal in der Totallänge ent- 
halten und verhält sich zur Breite zwischen den Deckeln wie 3 : 2; die 
grösste Körperhöhe von der Rückenflosse gleicht der Kopflänge oder 
übersteigt sie etwas. Das Auge steht der Schnauze etwas näher als 


der Kiemenspalte; sein Durchmesser beträgt Ys der Kopflänge, die Stirn- 
Abh.d.II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


26 


breite zwischen beiden bei ältern Weibchen fast 11/2, bei den klei- 
neren Männchen nur wenig über 1 Diameter. Die Stirn ist flach, der 
Mund vorstreckbar, seine Breite etwas geringer als 1 Augendurchmesser, 
der Unterkiefer vorstehend, beide Kinnladen sind jederseits in äusserer 
Reihe mit 18—20 längern borstenähnlichen Zähnen belegt, deren Spitze 
nach hinten gekrümmt ist und auf welche nach rückwärts eine 2. Reihe 
oder vielmehr eine schmale Binde viel kleinerer Zähnchen folgt, die mit 
freiem Auge nicht sichtbar sind. Die hintere Narine steht nahe vor 
dem Auge, die vordere ganz am Rande der quer abgestutzten Schnauze, 
unter dem sich das Mundrohr vorschiebt; Pseudobranchien sind nicht 
erkennbar. 

Die Rückenflosse beginnt hinter halber Körperlänge und steht bei 
Weibchen der Anale gegenüber, während diese bei Männchen näher den 
Bauchflossen und meistin oder selbst vor halber Körperlänge entspringt. 
Ihre Höhe erreicht bei Männchen 1 Kopflänge, bei Weibchen bleibt sie 
niedrer, Auch die Brust- und Bauchflossen bieten Geschlechtsunter- 
schiede dar. Beide sind nämlich bei Männchen länger und mehr aus- 
gebildet; erstere (mit 13 Strahlen) reichen bei noch jungen Individuen 
bis an, bei geschlechtsreifen bis hinter den Anfang der Anale zurück, 
bei Weibchen dagegen nur bis zur Basis der Bauchflossen. Diese hin- 
wieder erreichen bei Weibchen mit ihrem allerdings auch etwas verlän- 
gerten 1. Strahle den Anfang der Afterflosse, während sie bei Männchen 
mit ihren fadigen Spitzen weit hinter die Analbasis zurückreichen und 
überhaupt bei dieser Art noch mehr entwickelt sind, als bei irgend einer 
von Heckel und Poey beschriebenen und abgebildeten Art. — Die 
einzige Flosse, welche nicht in die Geschlechtssphäre einbezogen wird, ' 
ist die Caudale, welche wie bei andern Arten sanft abgerundet erscheint 
und deren mittlere und längsten Strahlen nahezu 1 Kopflänge messen. 
Der Schwanzstiel, von dem sie entspringt, ist zwar bei beiden Geschlech- 
tern auffallend hoch, bleibt aber bei Männchen nur um "3 hinter der 
Kopflänge zurück und es liegen daselbst noch 61/2 Schuppenreihen über- 
einander. 

Was endlich die Afterflosse betrifft, so sind wir zufolge des 
Umstandes, dass wir 12 Männchen dieser Art von verschiedener Grösse 
untersuchen konnten, auch in der Lage, etwas näher die Art und Weise 


27 


der Umbildung anzugeben, welche sie in ihren einzelnen 6 Strahlen, die 
bei Weibchen nichts Auffallendes zeigen, je nach dem Alter und vielleicht 
auch der Nähe der Laichzeit, allmälich erfahren. Stets sind an allen 
männlichen Individuen der 3., 4. und 5. Strahl stark verlängert und 
mitsammen innig verbunden, aber bei jungen, wahrscheinlich noch nicht 
Geschlechtsreifen, zeigt sich weiter noch keine Umbildung der einzelnen 
Strahlen. Bei völlig entwickelten Männchen dagegen ist die Vorder- 
seite des 3. Strahles zu einer Rinne ausgehöhlt, in welcher das röhrig 
verlängerte, durchbohrte Paarungsorgan eingebettet liegt, dessen kopf- 
förmig verdickte Spitze sich von der Vorderfläche des Strahles losheben 
kann, in der Ruhe aber sich in einen weitern Hohlraum legt, der ge- 
meinsam von dem Ende des 3., 4. und 5. Strahles gebildet wird. Die 
Spitze des 3. Strahles selbst bleibt übrigens frei und biegt nach rück- 
wärts um, die des 4. hingegen nach vorne und endet in einen über- 
greifenden Hacken, so dass beide Strahlen zusammen eine Art Zange 
bilden, deren einer Arm länger ist. Beide Zangenarme sind überdiess 
der Länge nach gezähnelt. Der 5. Strahl verbreitert sich gegen sein 
freies Ende und ist an diesem mit einem kleinen nach rückwärts ge- 
krümmten Hacken bewaffnet. Der 6. nicht mehr mit den vorigen ver- 
wachsene Strahl ist durch eine dicke Flossenhaut ziemlich weit von ihnen 
gesondert, beiläufig nur halb so lang und doppelt gabelig getheilt. — 
Die meisten der uns vorliegenden Männchen waren ohne Zweifel noch 
nicht völlig geschlechtsreif und bei diesen ist die Umbildung der Anal- 
flosse am ähnlichsten jener, die Heckel von einem jungen Männchen 
von Xiph. gracilis auf Taf. 6 in Fig. 3. d. 1. c. abbildet!). Vergleicht 
man sie mit den alten Männchen von Xiph. Helleri Heck und den Ab- 
bildungen solcher von den Arten Poey’s, so ergibt sich, dass von allen 
unsern männlichen Exemplaren blos eines völlig ausgewachsen und ge- 
schlechtsreif sein dürfte. Nur bei diesem erscheint die Analflosse derart 
entwickelt, wie sie in Fig. 9. a vergrössert dargestellt ist. Bei allen 
übrigen fehlt etwas, entweder das Genitalrohr an der Vorderseite des 
3. Strahles, oder die zangenförmige Bildung des 3. und 4. nebst der 


1) Sonderbarer Weise liess Heckel kein reiferes Exemplar dieser Art abbilden, obwohl ihm 
solche ebenfalls zu Gebote standen. 
4* 


28 


Zähnelung und dem kleinen, nach hinten gerichteten Hacken an der 
Spitze des 5. Strahles. — Unser reifes Männchen ähnelt bezüglich der 
Analebildung noch am meisten dem Gärardinus metallicus Poey, Taf. 31, 
Fig. 10, ohne aber mit ihm übereinzustimmen. Ein Genitalrohr am 
3. Analstrahle besitzt überhaupt weder ein Xiphophorus Heckel’s, noch 
eine Art von Poey’s Gattungen. 

Die Schuppen verhalten sich wie in der ganzen Familie; am freien 
Ende zeigen sie starke concentrische Streifung, am festsitzenden Ende 
dagegen einen Fächer von 10—12 Radien und ein fast genau in der 
Mitte liegendes Centrum. Die Seitenlinie ist nur durch Poren angedeutet. 

Färbung. Bei jungen Individuen hellbraun, die hintere Rumpf- 
hälfte mit verwaschenen dunkleren Vertikalbinden; bei älteren dunkel- 
braun, besonders an den freien Schuppenrändern. Bei erstern ist die 
Dorsale einfärbig, bei letztern schwarz punctirt, dagegen bemerkt man 
öfters nur bei Jungen einen schwarzen Fleck an der Basis der letzten 
Analstrahlen. Blos an einem Männchen ist auch die Schwanzflosse schwarz 
punctirt, bei allen übrigen einfärbig. 

Totallänge des grössten der 10 Weibchen 1° 10‘ W. M., des 
grössten Männchens 1’ 6’. 

Fundort: Rio Chagres. 


Familie: Erythrini. 
Gattung: Macrodon, J. Müll. 


Dieser Gattung gehören 2 uns vorliegende Exemplare an, deren 
Artbestimmung uns um so unsichrer erscheint, als beide in manchen 
Puncten selbst wieder von einander abweichen, obwohl ihre Gleichartig- 
keit kaum zu bezweifeln sein dürfte. Eine sorgfältige Vergleichung mit 
Exemplaren von Mac. tareira Val. ergab, dass sie zwar dieser Art sehr 
nahe stehen, sich von ihr aber dennoch durch verschiedene Zeichnung 
des Körpers und etwas abweichende Zahl der Längs- und Querreihen 
der Schuppen unterscheiden, so dass sich ihre Aufstellung als neue Art 
vielleicht rechtfertigen liesse. Wir enthalten uns jedoch dessen, und 
zwar namentlich aus dem Grunde, weil schon die bisher unterschiedenen 
Arten uns nicht ganz sicher in ihrer Abgränzung scheinen, wir aber 
bei dem uns zu Gebote stehenden Materiale vorerst nicht in der Lage 


29 


sind, dieser Unsicherheit und muthmasslichen Verwirrung abzuhelfen. — 
Was die Gattung Macrodon selbst anbelangt, so halten wir mit Gill 
ihren Fortbestand für gerechtfertigt, da uns die Verschiedenheit der 
Bezahnung doch zu bedeutend scheint, um sie nach neuerlichem Vor- 
schlage mit Prythrinus wieder in eine Gattung zu vereinigen. In Betreff 
der Artenfrage lässt sich nur mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass 
Gill’s Macrodon ferox (s. Synopsis ofthe freshwater Fishes of Trinidad, 
p. 51) sowohl von unsern Exemplaren, wie auch von trahira!) und 
brasiliensis Spix verschieden ist. Wie es aber sich gerade mit diesen 
beiden letzteren als Arten verhält, vermögen wir allerdings nicht zu 
entscheiden, doch sind wir geneigt, uns der Ansicht Castelnau’s an- 
zuschliessen und wenn diese richtig ist, dann stimmen unsre Exemplare, 
wenigstens nach der Abbildung beiSpix am nächsten zu Erythrin. bra- 
siliensis, von welchem übrigens Castelnau eigens bemerkt, dass Fär- 
bung und Zeichnung stark variiren. Wir fügen diesem nur noch hinzu, 
dass wohl auch in Messungsverhältnissen, wie z. B. Augendurchmesser, 
Stirnbreite, Schnauzenlänge u. s. w. ähnliche Schwankungen stattfinden, 
wie schon unsere beiden Individuen diess beweisen, und eben diese uns 
vor Aufstellung einer neuen Art abhalten. 

Die Kopflänge ist = Ya, die Leibeshöhe = !/s der Gesammtlänge ; 
der Durchmesser des Auges an dem älteren Individuo 7 mal, an jüngern 
nur 5*/smalin der Länge des Kopfes enthalten. Die Stirnbreite zwischen 
den Augen beträgt bei ersterem mehr als 2, bei letzterem nur 1!/3 Augen- 
diameter, ferner ist bei diesem die Schnauzenlänge der Stirnbreite gleich, 
bei dem älteren Exemplare aber etwas geringer. — Sämmtliche nach 
aussen liegende Kopfknochen sind mit Ausnahme der Kiefer und des 
Zwischendeckels blos mit einer sehr dünnen Haut überkleidet und 
strahlig gefurcht; Deckel und Unterdeckel am hintern Rande mit einem 
ziemlich breiten Hautlappen versehen. Die Bezahnung der Kiefer und 
des Gaumens verhält sich wie bei Macrod. trahira, nur sind die 5 
grösseren Zähne des Zwischenkiefers relativ kürzer, doch dürfte hierauf 
wohl kein Gewicht zu legen sein, da offenbar auch bei diesen Fischen 


1) Nach Castelnau ist das Wort tareira corrupt und trahira das richtige, in Brasilien 
übliche. Nach Martius ist es aus Zara und ird, nehmen und vorwärts, zusammengesetzt: 
etwa „zu schnappen‘. 


30 


Zahnwechsel stattfindet und ausgefallene Zähne allmälich wieder nach- 


wachsen. 
3 


D: 3311), sale 9 p2 3110, v. 117. OU 
4 
Squam. long. 43, vertic. 13—14. 


Alle Flossen sind am Rande mehr oder minder abgerundet, am 
wenigsten die Dorsale, jedoch stärker, als diess bei den Figuren von 
Spix ersichtlich ist. Die 3 ersten ungetheilten Strahlen der Rücken- 
flosse nehmen rasch, die 3 folgenden getheilten nur allmälich an Höhe 
zu, der 6. bis 8. Strahl sind unter sich gleich lang und die längsten 
der Flosse; ihre Höhe kommt bei dem älteren Exemplare der Länge 
der Flossenbasis gleich, bleibt aber bei dem jüngeren etwas zurück. — 
Die Brustflossen erreichen nicht völlig die halbe Kopflänge, welche da- 
gegen von den Ventralen etwas übertroffen wird; die Länge der Schwanz- 
flosse beträgt */s der Kopflänge. 

Bezüglich der Schuppenzahlen ergibt sich eine kleine Abweichung 
von Maer. trahira. Bei diesem liegen nämlich in der Höhe von der 
Basis des ersten Dorsalstrahles bis zur Seitenlinie 5, an dem einen unserer 
Exemplare 6 Schuppenreihen, und unterhalb derselben bis zur Einlen- 
kung der Bauchflossen bei beiden dieselbe Anzahl; es besitzt somit 
M. trahira um 2 Reihen in der Höhe weniger. Auch längs der Seiten- 
linie zählen wir an unsern Exemplaren von trahira nur 40, an dem 
einen fraglichen aber 45 Schuppen. Dieser Abweichung kann desshalb 
kein Gewicht beigelegt werden, da selbst unsre beiden Exemplare nicht 
mit einander übereinstimmen, denn am grösseren liegen längs der Seiten- 
linie ebenfalls nur 40 Schuppen. 

Färbung. Die ganze Rückenseite bräunlich, am Kopfe etwas heller 
und ins Röthliche neigend, ausserdem am Rücken einzelne regellos zer- 
streute hellere gelbliche Flecken. Vom hintern Augenrande laufen 3 
dunkelbraune Streifen strahlig nach rückwärts aus, von denen der mittlere 
sich am Kiemendeckel in einen grossen rundlichen Fleck ausbreitet. Die 
Unterseite des Kopfes ist weiss und braun marmorirt. Der Bauch gelb- 
lich; die Seiten des Rumpfes zieren an der untern Hälfte einzelne kleine 
dunkle Flecken, die sich mitunter wie bei trahira zu schmalen, schwach 
ausgedrückten Längsstreifen vereinigen. Längs der Seitenlinie sowohl 


31 


über- als unterhalb derselben verlauft eine ziemlich breite dunkelbraune 
Binde, von der in schiefer nach hinten geneigter Richtung 4—6 breite 
aber kurze Streifen von gleicher Farbe ausgehen. Die Grundfarbe 
sämmtlicher Flossen gelblich weiss, nur die Basis der Rückenflosse noch 
deutlich gelb, alle übrigens mit zahlreichen, in Reihen geordneten 
schwarzbraunen Flecken geschmückt. 

Die Totallänge des grösseren Exemplares beträgt 12a, die des 
kleineren 8° W.M.; ersteres stammt aus Neu-Granada, letzteres aus dem 
Rio Chagres auf der Landenge von Panama. 


Familie: Characini. 


Gattung: Saccodon, nov. gen. 

Char. Os inferum, nasus prominens, dentes uniseriales, solum intermazillares 
pauci, cochleariformes, intra alveolos absconditi,; mazxilla superior et 
inferior edentulae, labium inferius trilobatum; pinnae pectorales et 
ventrales valde evolutae, abdomini vicinae; radis branchiosteg. quatuor. 


In Totalgestalt erinnert diese Gattung an Chilodus und manche 
Curimates-Arten; durch aufgetriebene Schnauze, unterständigen Mund, 
Verkümmerung des Unterkiefers, Bildung der Brustflossen u. m. A. aber 
insbesondre an Parodon nasus, J. Müll.; durch Bezahnung und Mund- 
bildung weicht sie jedoch auffallend von. allen Characinen ab. Leider 
kann sie bisher nur auf ein einziges Individuum begründet werden, in 
dessen Artbenennung der hochgeehrte ntdecker einen kleinen Beweis 
erkennen möge, wie hoch auch wir seine Verdienste um unsere Wissen- 
schaft schätzen. 


Art: Sacc. Wagneri, n. — Taf. IV. Fig. 2. 


Char. Caput parvum, nasum versus valde declive, rostrum tumidum, de- 
cussatum, dentes intermazxillares utrinque 4 insaccalti ; 


4 4 
D. 2/9, A. 2/8, P. 17, V. 2/8, C. 19 ; Squam. 40. 
4 3 


Der Kopf ist sehr klein, einer liegenden Pyramide mit abgerun- 
deter Spitze nicht unähnlich und seine Länge 5?/smal in der Gesammt- 


32 


länge des Fisches enthalten (wobei jedoch der breite Hautsaum am hin- 
teren Rande der Deckelstücke unberücksichtigt bleibt). Die grösste Höhe 
des Kopfes am Hinterhaupte erreicht ?/3 seiner Länge, welche zugleich 
um Us die grösste Breite zwischen den Kiemendeckeln übertrifft. Das 
mässig gewölbte obere oder Stirnprofil desselben fällt nach vorne ziemlich 
rasch ab.— Das kleine Auge, dessen Diameter nur !/s der Kopflänge 
gleichkommt, liegt fast genau in der Mitte der letztern; die Stirnbreite 
zwischen den Augen ist ansehnlich und beträgt 2'!/a Augendurchmesser. 
Die lange, vorne fast senkrecht abgestutzte Schnauze erscheint seitlich 
wie aufgetrieben und ragt nasenförmig über den Zwischenkiefer 
vor. Dieser ist jederseits tief ausgehöhlt und zufolge dieser Höhlungen 
erscheint die Schnauze aufgetrieben. Beide Hälften sind durch Knochen- 
leisten in 4 Fächer abgetheilt, wie in 4 tiefe Alveolen, die von der um- 
gebenden wulstigen Schleimhaut überdeckt werden und die Stelle von 
schneidenden Zahnplatten zu vertreten scheinen. Sie sind nicht quer, 
sondern parallel der Längsaxe des Fisches gestellt und ihre Ränder un- 
eben, fast gekerbt. In diesen tiefen Fächern stecken hornige braune 
Zähne, die eine längliche seicht ausgehöhlte Löffelform zeigen und be- 
weglich scheinen. Da von dieser interessanten Gattung, wie erwähnt, 
nur 1 Exemplar vorliegt, so erlaubten wir uns zur Schonung desselben 
nur einen solchen Hornzahn aus einer der Längsspalten, welche den 
Eingang in die eigentlichen Alveolen oder Zahnsäcke bilden, hervorzu- 
ziehen, dessen Löffel in einen dünnen Stiel übergeht, wie diess Fig. 10 a 
zeigt. Auf welche Weise diese Zähne im Grunde ihrer Höhlung fest- 
sitzen, konnte demnach eben so wenig sicher ermittelt werden, wie der 
Umstand, ob ıhr Stiel gerade oder etwa wie bei Goniodonten winkelig 
gebogen ist; denn die Biegung, welche der hervorgezogene Zahn an 
seinem Stiele allerdings zeigt, kann füglich auch nur Folge des Heraus- 
hebens sein. — Der kleine zahnlose Oberkiefer ist nur schwach ent- 
wickelt und wird von dem vordern Augenrandknochen völlig überdeckt. 
Der gleichfalls zahnlose Unterkiefer zeigt eine sehr eigenthümliche 
Bildung. Sein kurzes, flaches Mittelstück wird vom Zwischenkiefer gänz- 
lich überragt und setzt sich nach vorne in eine horizontal abstehende 
dreilappige Unterlippe fort, deren mittlere Lappenspitze die grösste und 
breiteste ist und die sich bei geschlossenem Munde an die Schleimhaut 


33 


des Obergaumens hinter den Zahntaschen des Zwischenkiefers anlegt. Die 
Seiten- oder Gelenktheile des Unterkiefers sind dagegen im Vergleiche 
zum Mittelstücke gut ausgebildet, steigen senkrecht in die Höhe und 
werden bei geschlossenem Munde von den Oberkiefern überdeckt. Der 
Unterkiefer erscheint demnach, von vorne gesehen, hufeisenförmig. — 
Das Auge wird rings von mächtigen Augenrandknochen umgeben, von 
denen namentlich die beiden unteren durch Grösse sich auszeichnen, 
sich selbst wieder unvollständig in 2 Stücke theilen und den Jugal- 
knochen und Vordeckel völlig überlagern. Der Praeorbitalknochen nimmt 
den ganzen Raum zwischen dem Auge und dem Zwischenkiefer ein und 
ist gleich dem grossen vorderen Suborbitalstücke, das sogar etwas an die 
Unterseite fast bis an den Unterkiefer umbiegt, mit ziemlich dicker 
Haut überkleidet. — Die Ränder des Kiemendeckels stossen unter 
einem rechten Winkel aneinander, der schmale Unterdeckel nimmt die 
ganze Länge seines unteren Randes ein. Beide Deckelstücke sind am 
freien Rande mit einem breiten Hautsaume besetzt. Die Kiemenspalte 
ist weit, die Kiemenhöhle sehr tief, die Rechenzähne sind äusserst kurz 
und zart, die Kiemenblätter sehr dick )). 

Der breite Vorderrücken ist bis zum Beginn der Dorsale in starkem 
Bogen gekrümmt, während hinter ihr der Rücken bis zur Caudale sanft 
abfällt. Das Profil der Bauchseite verläuft völlig geradlinig. Die grösste 
Körperhöhe zu Anfang der Rückenflosse ist 4°/malin der Gesammt- 
länge enthalten. Die genannte Flosse steht beinahe um 1/2 Kopflängen 
der Schnauzenspitze näher als dem Ende der Caudale und enthält 2 un- 
getheilte und 9 gegliederte, polytome Strahlen, die längs ihres ganzen 
Aussenrandes einen schmalen Hautsaum, wie bei den meisten Characinen, 
tragen. Die Länge ihrer Basis übertrifft etwas die halbe Kopflänge und 
ist 1°/amal in der Höhe der längsten (des 2. und 3.) Dorsalstrahlen ent- 
halten; der freie Rand der Flosse ist mässig’ concav. — Die Anale 
liegt nahe dem Schwanzende, kaum 1 Kopflänge von der Caudalbasis 
entfernt und der kleinen Fettflosse gegenüber; der erste ihrer 7 getheilten 


1) So weit eine Einsicht in die Kiemenhöhle ohne Verletzung möglich ist, dürfte die Ver- 
muthung gerechtfertigt werden, dass ähnliche Kiemenanhänge vorhanden sein mögen, wie 
bei Micerodon, Curimates u, dgl. Leider gestattet das Unicum nicht, sich über diese und 
manche andere Verhältnisse des innern Baues nähere Auskunft zu verschaffen. 

Abh.d. II. Cl. d. k. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


34 


Gliederstrahlen und zugleich der höchste, erreicht nahezu ®ı einer Kopf- 
länge, der letzte ist 2!/.mal kürzer; zurückgelegt reicht die Anale bis 
zum Ende des Schwanzstieles. Ihre Strahlen tragen ähnliche seitliche Haut- 
anhänge, wie jene der Dorsale. — Die fast so mächtig wie bei Platy- 
ptera entwickelten Brustflossen sind nahezu wagerecht gestellt und 
breiten sich fächerförmig aus. Sie enthalten 17 meist doppelt dichotome 
Gliederstrahlen, von denen’ die oberen 6 von dicker Haut umhüllt und 
die mittleren am längsten sind; (der 7. erreicht fast Kopfeslänge). — 
Die Bauchflossen stehen dem Ende der Dorsale gegenüber, etwas hinter 
halber Körperlänge; der 3. und längste der 8 getheilten Strahlen bleibt 
nur wenig hinter 1 Kopflänge zurück. — Die Schwanzflosse ist tief 
eingeschnitten und an der Basis mit grossen Schuppen bedeckt; die 
längsten Strahlen der beiden Lappen erreichen nicht ganz '/s der Total- 
länge. — Die Analgrube liegt viel näher den Ventralen als der After- 
flosse, so dass selbst die kürzeren inneren Strahlen jener, zurückgelegt, 
dieselbe überdecken. 

Die Schuppen, deren der Kopf gänzlich entbehrt, sind durchweg 
gross und im Umrisse fast 5beckig. Der Durchmesser der grösseren, an 
den Seiten des Vorderrumpfes gelegenen übertrifft den des Auges fast 
um die Hälfte (11/2: 1), sie sind etwas höher als lang und sitzen sehr 
fest. Ihr freies Ende zeigt zahlreiche Radien, die in ein centrales un- 
regelmässiges Zellennetz übergehen, durch welches die Oberfläche der 
Schuppen rauh und wie ciselirt erscheint. Der Rand des festsitzenden 
Endes ist wellig gebogen und von ihm laufen gleichfalls feine Radien 
gegen das Centrum. Die Schuppen der Seitenlinie werden von den 
Nebenröhrchen des Hauptkanales durchbohrt, welche nur den vordersten 
Schuppen fehlen. Der Verlauf der Kopfkanäle ist blos am Vordeckel 
schwach zu erkennen, deutlich dagegen gibt er sich durch ansehnliche 
Poren an den Aesten des Unterkiefers kund. Die das Auge rings um- 
gebenden derben Knochenstücke, welche bis an die grossen doppelten 
Narinen reichen, erscheinen nirgends von Poren durchsetzt. — Ueber 
den Bauchflossen sitzt ein ziemlich grosser überschuppter Hautsporn und 
ebenso überlagern grosse fast häutig-weiche Schuppen die Basis derselben 
an der Unterseite. 


35 


Die Färbung scheint gleichmässig olivenbraun gewesen zu sein; 
die Bauchseite heller; Flecken oder Zeichnungen sind nirgends sichtbar, 
nur die Brustflossen waren vielleicht doppelfärbig, wie ein dunklerer 
Streif, der in halber Flossenlänge halbkreisförmig über alle Strahlen 
hinzieht, diess vermuthen lässt. 

Das 6‘ lange Exemplar stammt aus Ecuador. 


Gattung: Pseudochalceus, nov. gen. 

Char. Dentes intermawxillares biseriales, cuspidati, in medio 2 majores ; ma- 
xillares simplices acuti uniseriales; dentes inframazxillares uniseriales 
multicuspides, medio cuspide praelonga, recurva; laterales multo for- 
tiores quam mediü, posteriores autem minimi; Corpus compressum, 
abdomen subrotundatum; basis pinnae dorsalis primae intra ventrales 
et analem sitae brevis; analis longa; radü branchiosteg. 4; linea la- 
teralis abrupta; squamae magnae. 

Wenn anders Verschiedenheiten in der Bezahnung bei Characinen 
geeignet sind, Gattungsunterschiede abzugeben, so erscheint dann auch 
die Aufstellung dieser Gattung wohl berechtigt. Sie steht in dieser 
Hinsicht einerseits sehr nahe an Chalceus V. (Brycon Mll. Tr.), vermittelt 
aber anderseits auch den Uebergang zu Agoniatites. Von ersterem unter- 
scheidet sie sich, abgesehen von der abgebrochenen Seitenlinie, durch die 
Bezahnung insoferne, als bei Chalceus 2 grössere conische Zähne in 
der Mitte des Unterkiefers, hier aber in jenen des Zwischen- 
kiefers stehen. Hingegen mahnt unsere Gattung an Agoniatites durch 
die hackigen grossen Spitzen der Vorderzähne im Unterkiefer, deren 
Nebenspitzen fast verschwinden. 


Art: Pseudochale. lineatus, n. — Taf. V. Fig. 1. 


Char. Corpus 8—9 strüs longitudinalibus fusco-nigris lineatum, ocello nigro 
retro operculum et ad basin pinnae caudalis ornatum. 
5 
DT REIHE PLNVISBT GO. 200° 
4 
Squam. longit. 36, vertical. 10. 
Die grösste Körperhöhe verhält sich zur Länge des Fisches wie 
1: 31a —/, die Kopflänge wie 1:4. Das kreisrunde Auge liegt ganz 
5* 


36 


in der vorderen Hälfte des Kopfes, indem sein Hinterrand gerade in 
dessen halbe Länge fällt. Sein Durchmesser beträgt '/ı der Kopflänge, 
der Abstand von der Schnauzenspitze ist =1 Augendiameter, die Stirn- 
breite zwischen beiden etwas grösser. — Der Mund ist schief gespalten 
und von mässig dicken Lippen umgeben, die am Rande mehr oder 
minder ausgezackt und dicht mit Papillen besetzt sind, welche sich wie 
feine Zähnchen ausnehmen. Im kurzen Zwischenkiefer stehen in 
äusserer Reihe jederseits 3, seltener 4 hackenförmig nach einwärts ge- 
krümmte Zähne, die zufolge der verkümmerten Nebenspitzen einfach 
spitzhackig und schlank erscheinen. Zwischen ihnen und etwas weiter 
zurück, d. h. der 2. Zahnreihe näher gerückt, steht jederseits ein be- 
trächtlich grösserer Hackenzahn, der meist nur am äusseren Rande eine 
stumpfe, kurze Nebenspitze zeigt. In 2. Reihe zählt man ebenfalls jeder- 
seits meist 3—4 Zähne, von denen die inneren und stärkeren gewöhn- 
lich sehr sichtbare Nebenspitzen tragen, öfters beiderseits nur 1, öfters 2, 
so dass die Zähne bald 3-, bald 5zackig und die Spitzen von sehr 
variabler Länge sind. Der Oberkiefer, welcher bei geschlossenem 
Munde bis hinter die Mitte des Auges zurückreicht, enthält in einfacher 
Reihe jederseits 16—18 conische Zähne, deren vorderster meist grösser 
als die folgenden und von gleicher Länge mit dem benachbarten Inter- 
maxillarzahne ist; auch trägt er gleichfalls öfters kurze Nebenspitzen. 
Die übrigen Maxillarzähne sind durchweg klein, die 5-6 letzten am 
kleinsten. — Die Mitte des Unterkiefers nehmen jederseits meist 6 
grössere Zähne ein, von denen der 4. (öfters auch der 5.) die stärksten 
des ganzen Kiefers sind, im Vergleich zu welchen namentlich die letzten 
nur unbedeutende Grösse erreichen. Die Mittelspitzen aller dieser Zähne 
sind stark hackenförmig nach einwärts ‘gekrümmt und mit sehr aus- 
gebildeten Nebenspitzen (beiderseits 1—2) versehen; letztere erscheinen 
nur bei dem grössten, dem 4. oder 5. bisweilen blos angedeutet, wo- 
durch sie Hundszähnen ähnlich werden. Hinter diesen stärkeren folgen 
nach rückwärts zu beiden Seiten meist noch 10 äusserst kleine, scharf 
zugespitzte Zähne, die von dem dicht papillösen Zahnfleische fast gänz- 
lich überhüllt werden. Letzteres, sowie überhaupt die ganze Schleimhaut 
der Mundhöhle und auch des Gaumensegels, zeichnen sich durch ihren 
dichten Besatz mit zarten, fein gekerbten Papillen aus, die kurzen viel- 


37 


zackigen Zähnchen sehr ähnlich sehen; sie überkleiden auch die gut 
ausgebildete und frei bewegliche Zunge. 

Von den Suborbitalknochen stellt der 1. fast ein rechtwinkeliges 
Dreieck vor, dessen Basis gegen das Auge gekehrt ist; der 2. zeichnet 
sich durch Grösse aus, bildet grossentheils den unteren Augenrand und 
reicht fast bis an den Winkel des Vordeckels herab. Oberhalb desselben 
begränzen noch 2 kleine Knochenstücke das Auge von hinten; der 
Praeorbitalknochen ist schmal, aber ziemlich lang. Der Kiemendeckel 
bildet ein gleichschenkeliges Dreieck, dessen lange Basis nach vorne 
sieht. Das Suboperculum erreicht °/3 der Länge des vorigen; der 
Zwischendeckel steht ziemlich breit unter dem horizontalen Aste des 
Praeoperculum’s vor. Deckel und Unterdeckel sind am freien Rande 
von einem Hautsaume umgeben. — Die Kiemenspalte ist weit, die 
Kiemenstrahlen sind kurz aber ziemlich breit, die Rechenzähne dünn 
und mässig lang, eine fransige Pseudobranchie fehlt. 

Die Rückenflosse beginnt genau in halber Körperlänge (ohne Cau- 
dale) und enthält nebst 2 ungetheilten 9 getheilte Gliederstrahlen, von 
denen der 3. und höchste nahezu 4amal in der Totallänge begriffen 
ist. Die Brustflossen sitzen sehr tief und erreichen zurückgelegt nicht 
ganz die Basis der Ventralflossen, die nur wenig kürzer als jene sind. 
Die Afterflosse beginnt gegenüber dem Ende der Dorsale und reicht 
etwas über die gegenüberstehende kleine Fettflosse hinaus. Die 3 ersten 
ungetheilten Strahlen sind viel kürzer als die folgenden getheilten, welche 
letzteren die längsten der ganzen Flosse sind; die Basis der Flosse kommt 
einer Kopflänge gleich, oder bleibt nur wenig zurück. Die Caudale 
ist gabelig, gleichlappig, die längsten oder Hauptstrahlen messen beiläufig 
/; der Gesammtlänge. 

Die zarten und weichen aber festsitzenden Schuppen zeigen am 
freien Felde 12—14 schwache Radien, am festsitzenden blos concen- 
trische wellige Streifung und ein netzförmiges Centrum. Sie sind um 
/3 höher als lang, die Höhe der grössten erreicht 1 Augendurchmesser, 
Die Seitenlinie erstreckt sich (wie bei Jenyns’ Tetragonopt. inter- 
ruptus) nur über 6—8 Schuppen und gibt sich durch einfache aufgesetzten 
Röhrchen kund. 


98 


Färbung. Grundfarbe gelblichbraun, die Ränder der Schuppen 
stets dunkler als ihre Mitte. Zwischen je 2 Längsreihen von Schuppen 
läuft eine schwarzbraune Längsbinde; die 5. Binde erstreckt sich bis- 
weilen durch die Mitte der Schwanzflosse. Die Basis der letztern ziert 
gewöhnlich noch ein dunklerer schwarzer Fleck, der sich öfters nach 
vorne in eine Längsbinde fortsetzt, öfters aber fehlt; auch der Augen- 
fleck hinter dem Winkel des Deckels erscheint mitunter wie verwaschen. 

Da die inneren Organe nicht mehr gut erhalten waren, so kann 
nur noch die Form der Schwimmblase angegeben werden. Sie ist wie 
gewöhnlich bei Characinen in 2 Hälften abgeschnürt, deren hintere über 
2mal länger als die vordere ist und auch einen weitern Sack vorstellt, 
welcher breit endet; der Luftgang liegt ganz vorne, nahe der halsför- 
migen Einschnürung. 

Länge des grössten Exemplares 3° 10 W. M. 

Fundort: Vom westlichen Abhange der Andes im Staate Ecuador. 


Gattung: Chalcinopsis, nov. gen. 


Char. Dentes intermaxillares 4 seriales, cuspidati, inframasillares biseriales ; 
corpus valde compressum; abdomen fere carinatum; squamae parvae. 


Im Zahnbau stimmt diese Gattung zu keiner der bisher aufgestellten ; 
sie steht übrigens durch den fast gekielten Bauch und den Verlauf der 
Seitenlinie dem Chalcinus Val. (= Chalceus Mill. Tr.) näher als dem 
Brycon Mll. Tr. 


1. Art: Ohalcinops. striatulus, n. — Taf. V. Fig. 2. 


Char. Capitis longitudo ad totalem eirciter = 1:5, numerus dentium inter- 
mazilarium primi ordinis 20, secundi 18; trunei latera strüs vel 
maculis obliquwis fusco-nigris, seriatim positis distincta; ad caudae 
basin saepe major macula nigricans. 


13—14 
D. 2/8—9, A. 4/32... Squam. 73—74. 
8—9 


Die Kopflänge ist bei jüngern Individuen (bis zu 7a‘) 43/4, bei 
älteren bis 5/smal in der Gesammtlänge enthalten und somit bedeutend 
kleiner als die Höhe des Körpers, welche sich zur Totallänge wie 1:43 


39 


verhält. Die Stirnbreite zwischen den Augen schwankt gleichfalls nach 
dem Alter und beträgt bei Jungen nur 1, bei Aelteren dagegen 2 Augen- 
durchmesser und darüber. Letzterer selbst kommt nahezu !/s der Kopf- 
länge gleich. Der Abstand der Augen von der Schnauzenspitze über- 
trifft bei Aelteren 1 Augendiameter nur wenig, bei Jüngeren erreicht 
er ihn dagegen nicht; die Narinen liegen nahe vor den Augen. Der 
Praeorbitalknochen gleicht an Gestalt und Länge genau dem Öberkiefer ; 
der grosse untere Augenrandknochen ist 5-eckig. und etwas länger 
als hoch. 

Der Mund ist bis unter die Augen gespalten, der Oberkiefer reicht 
nämlich bis unter deren Mitte; der Zwischenkiefer überragt den un- 
teren und ist mit 4 Reihen von Zähnen besetzt. In äussserer Reihe 
stehen 20 dreispitzige Zähne, von denen die mittleren oft so schwach ent- 
wickelte Seitenzacken besitzen, dass sie fast wie einfach conisch sich 
ausnehmen. Die 2. Reihe wird aus 18 Zähnen gebildet, welche breiter 
aber kürzer als jene sind. Hinter der Mitte derselben stehen in 3. Reihe 
nur 2 grosse Zähne, auf welche endlich als 4. Reihe jederseits 2 noch 
grössere und stärkere Zähne folgen, von denen die innern meist 3-, die 
äussern 5-spitzig sind. — Der Oberkiefer trägt ‚beiderseits 14—16 
dreispitzige Zähne von ziemlich gleicher Grösse, welche jedoch die der 
Intermaxillarzähne nicht erreicht. Im Unterkiefer wird die äussere Reihe 
jederseits von 8—10 drei- oder 5spitzigen Zähnen zusammengesetzt, 
von denen die mittleren an Grösse die grössten des Zwischenkiefers 
übertreffen. Unter ihnen ist, von der Symphyse an gerechnet, der 
2. Zahn der breiteste, der 3. aber der längste; die folgenden 5 nehmen 
rasch an Grösse ab, die letzten und kleinsten sind unter sich fast gleich 
lang. In 2. Reihe stehen hinter und zwischen den Mittelzähnen der 
äussern 2 seitlich compresse conische Zähne, auf welche nach einer 
zahnleeren Lücke weiter zurück jederseits noch 8—9 sehr kleine Spitz- 
zähne folgen. 

Ausgezeichnet ist der dichte Besatz der Gaumenschleimhaut mit 
zottigen Papillen, die selbst wieder äusserst fein gekerbt oder wie ge- 
zähnelt erscheinen und ein hinter der 4. Zahnreihe herabhängendes vor- 
deres vielfach gelapptes Gaumensegel bilden helfen. Auch zwischen allen 
Intermaxillarzähnen hängen ganz ähnliche zottige Papillen dicht umher. 


40 


Das weiter rückwärts befindliche eigentliche Gaumensegel ist dagegen 
fast glatthäutig. Die ovale Zunge erscheint durch verlängerte Papillen 
blos uneben, nicht aber mit gekerbten Zotten besetzt, deren im Unter- 
kiefer überhaupt nur hinter der 1. Zahnreihe wenige und kürzere sicht- 
bar sind. — Die Kiemenspalte ist weit, die 4 Kiemenstrahlen sind kurz 
aber ziemlich breit. 

Die Rückenflosse beginnt vor halber Körperlänge und reicht mit 
ihrer Basis, welche beiläufig 2Y/ımal in der Kopflänge enthalten ist, bis 
über den Anfang der Anale zurück; ihre grösste Höhe (am 2. Strahle) 
beträgt !/ der Totallänge, und kommt jener der Afterflosse gleich, deren 
Basis aber eine Kopflänge bedeutend übertrifft und über deren Ende die 
kleine Fettflosse steht. Die Brustflossen reichen zurückgelegt bis zur 
Basis der kurzen Ventralen und messen Y/s—!/;s der Totallänge; die 
Strahlenzahl der ersteren ist 1/12, der letztern 1/7. Die Lappen der 
tief gabeligen Schwanztilosse sind zugespitzt und beiläufig von Kopfes- 
länge. 

Besondere Erwähnung verdienen noch die Strahlen der Afterflosse 
bezüglich des Unterschiedes, den sie nach dem Geschlechte zeigen. Bei 
Männchen sind sie nämlich sämmtlich ihrer ganzen Länge nach mit 
spitzigen Zähnen besetzt und zwar derart, dass der hintere der beiden 
Hauptäste, in welche sich jeder Strahl zuerst gabelig theilt, an jedem 
seiner Glieder rechts und links einen conisch spitzigen Zahn trägt. Blos 
an den 15—14 hinteren und niedersten Strahlen sind deren nicht wahr- 
zunehmen, doch fühlt sich ihre Oberfläche rauh an*). 

Bei wohlerhaltenen Exemplaren erscheint schon der Vorderbauch 
‚bis zu den Ventralen fast gekielt, ist es aber hinter ihnen wirklich, in- 
dem die Schuppen gleich anfangs winkelförmig abgetheilt liegen und 
weiter zurück eine Längsspalte zwischen sich lassen, die in eine taschen- 
förmige Vertiefung führt, welche bis zur Analöffnung reicht. 

Die Schuppen sind auffallend klein, daher ihre Zahl grösser als 
selbst bei andern kleinschuppigen Characinen ist, wie z. B. bei Chalceus 


1) Ein ähnliches Vorkommen wurde bereits früher bei Tetragonopterus scabripinnis I enyns 
beobachtet und schon J. Müller und Troschel werfen beider Art Tetrag. taeniatus Jen. 
die Frage auf: „an femina T. scabripinnis?“ (Siehe hierüber auch Kner’s Abhandlung 
über die Oharacinen I. Abth. S. 40.) 


41 


alburnus Günth., wo sie längs der Seitenlinie 60 und in der Höhe 13/5 
beträgt, und an welchen unsere Art übrigens auch durch das Verhält- 
niss der Körperlänge zur Höhe und die Strahlenzahl der Afterflosse zu- 
nächst sich anreiht. In Struktur stimmen die Schuppen wesentlich mit 
den Chalceus-Arten überein; dem festsitzenden Theile derselben fehlen 
Radien, von netzartigen chaotisch verworrenen Streifen ihres Centrums 
laufen dagegen nach dem freien Rande mehr oder weniger zahlreiche 
Strahlen hin, durch welche derselbe oft eingeschnitten und gekerbt 
erscheint. 

Färbung: Die Grundfarbe der Rückenseite bei Spiritusexemplaren ist 
grünlich braun, gegen den Bauch in goldgelb übergehend, am Oberkopfe 
dunkelbraun, an der Kehle grünlich weiss; der Schultergürtel ist schwarz- 
braun gesäumt. Die Seiten des Körpers sind öfters mit 14—20 un- 
regelmässigen schmalen verticalen Streifen von schwärzlicher Farbe ge- ° 
ziert, welche bald die ganze Höhe des Rumpfes einnehmen, bald nur 
die obere oder untere Hälfte desselben überziehen; öfters sind statt dieser 
Streifen nur einige gesonderte, schief laufende Striche vorhanden. An 2 
der vorliegenden Exemplare fehlen auch diese und blos bei dem grössten 
werden ‘diese Streifen oder Striche zu grossen und zusammenhängenden 
Flecken, deren längs des Rumpfes beiläufig 15 zu zählen sind. Zu- 
weilen liegt überdiess an der Basis der Oaudale ein länglicher schwarz- 
brauner Augenfleck. Bei jungen Individuen zeigt mitunter die ganze 
Brustgegend eine schwärzliche Färbung und auch der ganze Schwanzstiel 
sammt der Basis der Caudalstrahlen derselben erscheint schwarz. Die 
Flossen sind ungefleckt, schmutzig gelb, nur an den Rändern dunkel 
gesäumt. 

Bei der innern Untersuchung der vorliegenden 9 Exemplare wurden 
2 als Männchen erkannt, deren sehr entwickelte Hoden Zeugniss von der 
nahe gewesenen Laichzeit gaben; diese letzteren reichen als ein Paar 
dicke einfache Lappen nach vorne bis unter die Basis der Brustflossen. — 
Die Schwimmblase ist abgeschnürt, die vordere Abtheilung sehr klein 
und kurz, die hintere erstreckt sich bis zu Ende der Bauchhöhle; Appen- 
dices fehlen. 

Totallänge von 5?/s bis 16 Zoll. 


Fundorte: Neu-Granada und Panama an der Seite des stillen Oceans. 
Abh.d. IIL.Cl d.k.Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 6 


42 


2. Art: Chalcinops. chagrensis, n. — Taf. V. Fig. 3. 


Char. Capitis longitudo ad totalem = 1:51 —5?/a, numerus dentium inter- 
mawxillarium primi ordinis 16—18, secundi 14; trunci latera absque 
strüs aut maculis. 

13—14 
D. 2/9, A. 4/32—33..... Squam. 77—80. 
g 

Diese Art zeigt auf den ersten Blick zwar grosse Aehnlichkeit mit 
der vorhergehenden, unterscheidet sich aber constant: durch geringere 
Anzahl von Zähnen im Zwischen- und Öberkiefer, Kürze des Kopfes, 
weniger gewölbten Rücken, noch kleinere Schuppen und Mangel jed- 
weder Zeichnung. 

Die Kopflänge verhält sich zur Gesammtlänge des Fisches wie 
1:51a—33/, die Körperhöhe zu letzterer wie 1:4—4'/;, der Durch- 
messer des Auges (ohne Fettlider) zur Länge des Kopfes wie 1: 31%; 
die Stirnbreite zwischen den Augen ist etwas grösser als der Abstand 
der letzteren von der Schnauzenspitze, die genau 1 Augendiameter be- 
trägt. Die Breite des Kopfes zwischen den Kiemendeckeln kommt der 
halben Kopflänge nahezu gleich. 

Der Zwischenkiefer trägt in 1. oder äusserer Reihe jederseits 8 
(selten 9) in 2. Reihe 7 Zähne, während wie bei Ch. striatulus die 3. 
Reihe blos aus 2 und die 4. aus 4 Zähnen gebildet wird. Die mittleren Zähne 
der äusseren Reihe sind etwas grösser als die seitlichen und 3-spitzig; 
die viel längere Mittelspitze ist bisweilen selbst wieder schwach gekerbt. 
Die Zähne der 2. Reihe gleichen an Grösse denen der ersten und die 
vorderen sind ebenfalls meist 3-zackig, die seitlichen und hintersten aber 
gewöhnlich 4—5-spitzig; die beiden Zähne der 3. Reihe sind wieder 3- 
zackig und jene der 4. mindestens 5-zackig oder noch mehrfach gekerbt. 
Jeder Oberkieferast ist mit 13—14 3- bis 5-zackigen Zähnen besetzt. Im 
Unterkiefer stehen in äusserer Reihe jederseits 14 Zähne, deren Grösse 
gegen den Mundwinkel abnimmt, doch sind auch die 2 mittleren stets 
etwas kleiner als die anstossenden. Die Mehrzahl derselben ist 4—5- 
spitzig, die weiter zurückstehenden zeigen gewöhnlich nur 3 oder 2 
Zacken und der letzte erscheint sogar oft nur einfach spitzig. Die 
beiden Zähne der 2. Reihe zunächst der Symphyse sind wie bei ströatulus 


45 


seitlich compress und mit rückwärts gekrümmter Spitze versehen; die 
beiderseits weiter zurück stehenden Zähne der 2. Reihe sind einfach spitz 
und ihrer Kleinheit wegen leicht zu übersehen. — Die Auskleidung 
der Mundhöhle mit dicht gedrängten moosähnlichen Zotten ist eben so 
ausgezeichnet wie bei Oh. striatulus, und die Zunge sogar mit noch 
grösseren Papillen besetzt. — Der grosse untere Suborbitalknochen ist 
strahlig gestreift, der Deckel halbmondförmig, der mit einer stumpfen 
Leiste versehene Vordeckel biegt rechtwinklig um. 

Die Dorsale beginnt vor der Anale, ungefähr in der Mitte des 
Raumes zwischen der letzteren und den Bauchflossen; ihre Basis kommt 
der 1/2 Kopflänge, ihre grösste Höhe (am 2. ungetheilten Strahle) °/s der- 
selben gleich, dagegen übertrifft die Basis der Afterflosse eine Kopflänge 
um !/;, während ihr höchster Strahl (der 1. getheilte) weit hinter ihr 
zurückbleibt. Die Brustflossen reichen nur bei jungen (nicht aber bei 
älteren) Individuen bis zu den Bauchflossen; in diesen zählt man 1/7, 
in jenen 1/13 Strahlen. Die Caudale ist tief gabelig, der untere Lappen 
länger und beiläufig 4'/smal in der Totallänge enthalten. 

Da bei dieser Art schon der Rücken schmaler und der ganze Fisch 
mehr seitlich compress ist, so tritt auch der Bauchkiel noch schärfer 
als bei striatulus vor und beginnt schon am Isthmus. — Die Seiten- 
linie setzt sich durch die Mitte der Schwanzflosse bis an ihren Rand 
fort, ohne aber über diesen hinauszureichen. 


Färbung. Rücken und Oberseite des Kopfes hell röthlichbraun 
mit blaulichem Silberschimmer, der übrige Leib goldgelb, die Flossen 
einfärbig schmutzig braun. 


Totallänge der vorliegenden Exemplare von 5 bis 9 W. Z. 


Vorkommen: im Rio Chagres, welcher in den mexicanischen 
Meerbusen mündet. 


6* 


41 


Gattung: Chalceus, Cv. Val. (Brycon MIl. Tr.) 
Art: Chalc. atrocaudatus, n. — Taf. IV. Fig. 3. 


Char. Capitis longitudo ad totalem = 1:4 et summae corporis altitudını 
aequalis; ante pinnam caudalem fascia oblonga, lata, nigricans. 
10 
D. 2/9, A. 3/26... . Squam. 54—55. 
5 


Diese Art, von der uns leider nur 1 Exemplar vorliegt, erweist 
sich durch die Bezahnung als ächter Chalceus und steht hierin, wie auch 
in Betreff der Zahl der Analstrahlen und der Schuppen, namentlich den 
beiden Arten: Brycon falcatus Mll. Tr. und Br. dentee Günth. (Pro- 
ceed. of the Zool. Soc. of London, April 1860, p. 8) am nächsten, unter- 
scheidet sich aber von letzterem insbesondere durch die Verhältnisse der 
Körperhöhe und Totallänge zur Kopflänge. Während letztere bei Ch. 
(Brye.) dentex 5'/smal in der Gesammtlänge enthalten ist, beträgt sie 
bei unserer Art fast nur !/ı derselben. Auch kommt hier die grösste 
Leibeshöhe (vor den Bauchflossen) der Kopflänge nahezu gleich, während 
diese bei dentex bedeutend von jener übertroffen wird. — Das Auge 
ist mässig gross, sein Durchmesser (ohne Einrechnung der beiden Fett- 
hautlider) 5!/amal in der Kopflänge begriffen; es steht 2 Diameter von 
der Schnauzenspitze ab und ebensoviel beträgt auch die Stirnbreite 
zwischen beiden Augen. — Der Zwischenkiefer trägt wie bei allen 
Arten dieser Gattung eine dreifache Reihe von Zähnen und zwar: jeder- 
seits 8 kleine 3-spitzige in äusserer, 4 drei- zum Theile undeutlich fünf- 
spitzige Zähne mittlerer Grösse in 2. Reihe und 14 in 3. Reihe, von denen 
die mittleren 4 die grössten und fünfzackig sind. An diese reiht sich 
zunächst beiderseits 1 viel kleinerer Zahn, auf welchen abermals 1 
grosser fünfspitziger und dann 3 allmälich kleiner werdende folgen, 
deren letzter nur 3 Spitzen zeigt. Die Gaumenhaut zwischen und hinter 
den Zahnreihen ist wie bei Chalcinopsis dicht mit moosähnlichen Zotten 
behängt; kürzere zahnähnliche Papillen halten auch den Rand der Ober- 
und Unterlippe besetzt. Längs des Oberkiefers stehen jederseits 18—19 
kleine 3- bis 5-zackige Zähne. Jeder Unterkieferast ist in äusserer Reihe 


45 


mit 12 grösseren Zähnen besetzt, unter welchen (von der Symphyse an 
gerechnet) der 2. bis 4. durch Grösse sich auszeichnen und 5- bis 7-spitzig 
sind, während an den allmälich kleiner werdenden seitlichen Zähnen die 
Nebenspitzen verschwinden, wie diess auch bereits Müller und Troschel 
von Brycon falcatus und Schomburgkiü angeben. Die Zähne zweiter Reihe 
im Unterkiefer sind verhältnissmässig klein, sowohl die beiden mittleren 
kegelförmigen, wie auch die durch eine lange Lücke von ihnen getrennten 
rückwärts befindlichen, welche in einfache zarte Spitzen auslaufen. — 
Der Suborbitalring ist stark ausgebildet und das grösste, mittlere Stück 
reicht so tief wie das Ende des Oberkiefers herab; es ist zugleich noch 
länger als hoch und übertrifft im Ganzen das Operculum. Wie bei an- 
deren Arten finden sich auch hier nur 4 Kiemenstrahlen vor, keine Pseudo- 
branchien und Schlundzähne und blos am 1. Kiemenbogen ziemlich lange 
Messerklingen ähnliche Rechenzähne. 

Die Rückenflosse steht in der 2. Hälfte der Körperlänge, sie be- 
ginnt in senkrechter Richtung weiter zurück als die Ventralen und endet 
noch vor Anfang der Analflosse, deren Basis eine Kopflänge fast um 
1/a übertrifft. Die grösste Höhe der Dorsale (am 2. ungetheilten Strahle) 
gleicht */, die der Afterflosse °/- der Kopflänge. Die Brustflossen, 
welche 14 Strahlen enthalten, reichen beinahe bis zur Basis der 
Ventralen (mit 2/7 Strahlen) und diese bis zum kurzen Schlitze, welchen 
die Schuppen vor der Analgrube bilden, zurück. Die Schwanzflosse, 
welche 19 ganze und mehrere Stützstrahlen enthält, ist tief gabelig, ihr 
oberer, nicht verletzter Lappen erreicht °/g der Kopflänge. — Der 
Bauch ist abgerundet, weder vor noch hinter den Bauchflossen gekielt. 

Färbung. Ober- und Unterseite des Kopfes chocoladenbraun, Deckel- 
stücke, Schläfen- und Jochbeingegend goldglänzend, grünlich schillernd ; 
der Rücken braungelb und mit 5—6 dunkleren aber schwach ausge- 
drückten Längsstreifen geziert, die sich zwischen je 2 Schuppenreihen 
hinziehen. Ueberdiess ist der freie Rand aller Schuppen etwas dunkler 
als deren Mitte gefärbt. Längs der Seiten des Rumpfes herrscht eine 
gelbliche Färbung vor, die aber von einem prachtvollen meergrünen 
Schimmer durchzogen wird, in ähnlicher nur etwas schwächerer Weise 
wie bei Chalceus opalinus. Den Schwanzstiel schmückt jederseits eine 
bis zur Caudalbasis reichende breite schwarzbraune Binde, deren Länge 


46 


fast 2/3 der Kopflänge beträgt, und die sich in der Höhe über 3 Schuppen- 
reihen erstreckt. Sämmtliche Flossen sind einfärbig, hellbraun. 
Totallänge 11 W. Zoll. 
Vorkommen: im Staate Ecuador am westlichen Abhange der Andes. 


Gattung: Tetragonopterus, Arted. 


Von dieser Gattung wurden uns zweierlei Arten zugesendet, von 
denen die eine in 7 kleinen Exemplaren von 2\2 bis 31/2“ vorliegende 
völlig dem Tetrag. aeneus entspricht, welchen Günther in den Proceed. 
of the Zool. Soc..of London im Junihefte 1860 beschrieb und der aus 
dem Oaxaca in Mexico stammt. Im den Messungsverhältnissen der Höhe 
zur Länge des Körpers, Kopfes und Auges findet nicht die mindeste 
Abweichung statt, ebenso in Färbung, Strahlenzahl u. s. w. Der ein- 
zige Unterschied besteht darin, dass einige unserer Exemplare unter- 
halb der Seitenlinie blos 5 Schuppenreihen besitzen statt 6, wie diess 
Günther angibt, während dagegen die Zahlen 7 über und längs der 
Seitenlinie wieder genau stimmen. Unsere Exemplare stammen aus dem 
Rio Chagres. 

Die zweite Art, welche nur in einem Individuo aus dem in die 
Siidsee mündenden Rio Bayano vorliegt, steht dem Tetrag. Gronovä \ al. 
so nahe, dass wir sie unbedenklich für dieselbe halten würden, wenn 
nicht diese Art überhaupt zu jenen gehören würde, welche eine kritische 
Revision der ganzen Gattung insbesondere wünschenswerth erscheinen 
lassen; (s. hierüber Kner’s Beiträge zur Familie der Characinen, Denk- 
schrift. der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 17. Bd., 1859, 
1. Abth. S.39 [175]). Jedenfalls halten wir obige Annahme nach Ver- 
gleichung mit andern im kaiserlichen Museum befindlichen Exemplaren 
von T. Gronovü für richtig, und diess vorausgesetzt ergibt sich dann 
zufolge der in oben citirter Abhandlung gelieferten Nachweise die Gleich- 
artigkeit dieser Art mit Tetr. rutilus, Jen. und Tetr. maculatus Müll Tr., 
obwohl von letzterem das Verhältniss der Körperhöhe zur Länge wie 
1:22/3 angegeben wird, während bei unserm Exemplare der Körper 
über 3 mal länger als hoch ist. Diess ist aber auch bei Jenyns Fig. 2 auf 
pl. 23 der Fall, welche doch mit Gronov’s Abbildung im Museum ich- 
thyol. Tab. I. Fig. 5, folglich mit dem echten Originale des T. Gronovü Val. 


47 


selbst übereinstimmt, wie diess auch Müller und Troschel aner- 
kennen. — Die Strahlen- und Schuppenzahlen des Bayano-Exemplares 
sind folgende: 
D. 3/9, A. 4/25, P. 1/13, V. 1/7, C. 19. 
81a 


Squam. longit. 38, vertic. Ze 


Familie: Siluroidei. 
Gattung: Bagrus, Cuv. 
Art: Bagr. arioides, n. ? 


Char. Longitudo totalis ad illam capitis = A: 1, ad altitudinem corporis = 
5°/a: 1; dentes inter- et inframazillares parvi acuti, fasciam tenuem 
efformantes, pone hos utrinque acervulus dentium subglobosorum sejunctus 
in vomeris parte transversa; pinna analis multiradiata. 

16-15 

DIR 5009 Te 1/6, Co 777 

16—15 
Nach den Merkmalen, welche v. Bleeker für die Gattung Arius 
hervorhebt, und nach den Abbildungen, welche hierüber in den bisher 
erschienenen Heften seines grossen Atlas bereits vorliegen, wäre die 
hier als fraglich hingestellte Art der genannten Gattung beizu- 
zählen; vergleicht man aber andere ausgezeichnete Arius-Arten bezüg- 
lich der Bezahnung mit ihr, so fühlt man sich versucht, nicht blos der 

Ansicht J. Müller’s beizustimmen, der die Gattung Bagrus nicht in 

mehrere Genera sondern blos in Subgenera trennen wollte, sondern fast 

mehr noch sich Valenciennes anzuschliessen, welcher trotz der ver- 
schiedenen Bezahnung des Gaumens die Gattung Dagrus lieber nicht 
einmal in Subgenera theilen will!). — Die fragliche, leider nur als 

Unicum vorliegende Art stimmt weder genau zu Arius noch zu Dagrus 


1) Uebrigens widersteht Valenciennes (Hist. d. poiss. tom. 15, p. 53) doch selbst dieser 
Versuchung nicht ganz, die Gattung Arius von Bagrus abzutrennen, fügt jedoch, nach- 
dem er zuerst von den „plaques des dents palatines distinetes et eloignees“ als Merkmal 
sprach, alsbald weiter bei: „cependant je les vois s’avancer quelquefois sur les angles 
lateraux du chevron du vomer.“ 


48 


und folgt man nicht jenen gewichtigen Autoritäten, sondern neueren 
Systematikern wie v. Bleeker und Gill, so liesse es sich sogar recht- 
fertigen, wenn sie den schon bestehenden zahlreichen Untergattungen 
noch als neue hinzugefügt würde. Ihr wären dann auch die beiden 
Arten von Bleeker’s Arius macronotacanthus und truncatus V al., viel- 
leicht nebst noch einigen Arten beizuzählen, durch welche der Ueber- 
gang von Arius zu Bagrus vermittelt wird. Das Hauptmerkmal unserer 
Art besteht übrigens in der Afterflosse, deren Strahlenzahl grösser als 
bei allen uns bekannten Arten ist, indem sie bei keiner sonst über 
23 steigt. Hiedurch unterscheidet sie sich namentlich auch von Aröus 
Milberti, dem sie in Totalgestalt und Färbung nahe steht, bei welchem 
aber überdiess die Rauhigkeiten der Kopfschilder bis zwischen die Augen 
reichen und die Gaumenzahnplatten stark entwickelt sind. 

Die Totalgestalt ist für einen Arius nicht gestreckt zu nennen, die 
grösste Leibeshöhe zu Anfang der Dorsale 5°/;mal, und die Kopflänge 
nahezu nur 4mal inihr enthalten. Die grösste Breite des Kopfes gleicht 
der Höhe des Rumpfes oder verhält sich zur Kopflänge = 1:1?/;; der 
Durchmesser des Auges beträgt kaum !/s der letztern, der Abstand der 
Augen vom Schnauzenrande 1!/%, von der Deckelspitze 32/3, der gegen- 
seitige Abstand dagegen 3 Diameter. Die grossen doppelten Narinen liegen 
weit vor den Augen, nahe dem Schnauzenrande. Die Breite der schwach 
gekrümmten Mundspalte erreicht nicht völlig 1/3 der Kopflänge. Die 
Maxillarbarteln sind kurz und reichen zurückgelegt nicht bis zur Kiemen- 
spalte, von jenen des Unterkiefers erreicht der hintere und längere ?/3 
der Kopflänge; alle Barteln sind dünn. — Die äusserst feinen spitzigen 
Zähne im Zwischen- und Unterkiefer bilden eine ziemlich schmale Binde, 
welche weder oben noch unten bis an den Mundwinkel reicht; die abge- 
rundeten Pflasterzähne des Gaumens bleiben in der Mitte durch einen 
breiten Zwischenraum getrennt und stellen zwei nur sehr kleine Binden 
dar. — Die lange Stirnfontanelle reicht fast bis zur Nackenplatte 
zurück, deren Oberfläche körnig rauh und ciselirt erscheint, gleich jenen 
des Os parietale, supraoccipitale und des seitlichen Hinterhauptbeines. 
Das Praedorsalschild, in welches das Oceipitalschild des Helmes sich fort- 
setzt, ist eben solang wiean seiner Basis breit, endet nach hinten etwas 
concav abgestutzt und schliesst sich daselbst an ein kleines, „leichfalls 


49 


granulirtes Schildchen an, das bis zum ersten sehr kurzen Stützstrahle 
der Rückenflosse reicht und nahezu doppelt so breit als lang ist. Stirn, 
Schnauze und Seiten des Kopfes sind mit glatter Haut bedeckt, än 
welcher die Kopfkanäle zahlreich und mannigfach sich verzweigen. — 
Die Kiemenspalte ist mässig weit, die Zahl der Kiemenstrahlen 6, der 
Porus pectoralis klein. 

Die Rückenflosse ist zugespitzt; ihr erster sehr kurzer und platter 
Strahl dient nur zur Stütze und Sperre, der folgende knöcherne ist bei- 
läufig 1Y/smal in der Kopflänge enthalten und kürzer als der erste und 
längste getheilte Gliederstrahl; seine Vorderfläche ist körnig rauh, der 
Hinterrand sägeförmig gezähnt. — Die Länge der Brustflossen ist 
1?/smal, jene der Ventralen etwas über 2mal in der Kopflänge be- 
griffen ; letztere beginnen hinter dem Ende der Dorsale. Die Fettflosse 
steht der Mitte der kurzstrahligen Anale gegenüber, deren längste 
Strahlen nur /s der Kopflänge messen. Die Lappen der tief gabeligen 
Caudale sind abgerundet. Die Analgrube liegt in der Mitte zwischen 
der After- und den Bauchflossen. Die Verzweigungen der Kopfkanäle 
und der Verlauf der Seitenlinie sind sehr deutlich; letztere spaltet sich 
wie bei vielen Siöluroiden an der Wurzel der Caudale in 2 stark diver- 
girende Aeste, die sich aber über die Flossenlappen selbst nicht fort- 
setzen. 

Färbung. Die ganze Rückenseite bleigrau, gegen den Bauch zu 
silberweiss schimmernd, die Flossen bräunlich gelb, nirgends Flecken 
und Zeichnungen. 


Vorkommen: Rio Bayano, in die Südsee mündend. 
Totallänge etwas über 6” W. M. 


Gattung: Pimelodus, Lac. 


Von dieser Gattung wurden uns zweierlei Arten zugesendet, von 
denen die eine aus dem Rio Chagres stammende nur in 1 Exemplare vor- 
liegt und die.mit Günther’s Pim. modestus aus Esmeralda (Proceed, 
of Zool. Soc. of London, April 1860) völlig übereinstimmt. 

Minder sicher dagegen sind wir bezüglich der Bestimmung der 


2. Art, von welcher wir zwar 12 Individuen vergleichen konnten, die 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 7 


50 


aber selbst in manchen Puncten von einander abweichen, obwohl sie 
ohne Zweifel dennoch gleichartig sind. Wir glauben in ihr den Pim. 
cinerascens Günth. (l. ec.) zu erkennen, dessen Beschreibung aber zu 
kurz ist, um hierüber genügend sicher zu sein. Jedenfalls steht sie 
diesem so nahe, wie aus nachfolgenden Angaben erhellen wird, dass 
wir uns vorerst enthalten, sie für eine zweifellos neue Art zu erklären. 

Die Totalgestalt ist gestreckt, der Rumpf gegen den Schwanz zu 
stark compress, der breite depresse Kopf flach, seine Länge 5° bis 
5%smal in der Gesammtlänge enthalten. Die etwas schwankende Breite 
des Kopfes zwischen den Deckeln steigt bis über °/ı seiner Länge, und 
jene der Mundspalte bedeutend über !/ Kopflänge, während sie bei 
Pim. cinerascens unter dieser zurückbleibt, bei der Mehrzahl der Exem- 
plare beträgt sie jedoch auch nur nahezu 1» Kopflänge. Das länglich 
runde Auge fällt durch geringe Grösse auf, indem sein längerer Diameter, 
fast wie bei cinerascens, blos !/s bis Y der Kopflänge misst‘). Es 
steht gleich weit vom Rande der Schnauze, wie von dem des Deckels 
entfernt, während bei cinerascens sein Abstand von ersterem nur 21, 
von letzterem aber 4 Augendiameter betragen soll. Die Stirnbreite 
zwischen den Augen erreicht 2°/s—2°/ı Durchmesser. — Die Zwischen- 
kiefer ragen bedeutend über den Unterkiefer vor. Die Maxillarbarteln 
reichen bei den meisten bis über die Basis der Bauchflossen zurück, 
nur selten sind sie kürzer, und messen somit 21/3 bis 3 Kopflängen, die 
äusseren Barteln des Unterkiefers reichen nicht bis zu den Brustflossen 
und sind nur einer Kopflänge gleich, das innere Bartelpaar ist fast um 
die Hälfte noch kürzer. — Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt 7; 
der Porus pectoralis ist’ ziemlich klein. — Alle Kopfschilder, Deckel- 
stücke, wie auch der Ocecipital- und Scapular-Fortsatz sind überhäutet 
und die Rauhigkeiten derselben schimmern nur schwach durch. 

ID TA ITS 

Die grösste Leibeshöhe ist 71/s—7!/amal in der Gesammtlänge be- 
griffen und fällt genau hinter den Beginn der Rückenflosse, die kleinste 
am Schwanze bleibt etwas hinter halber Kopflänge zurück. — Die erste 


1) Im Vergleich mit den 3 neuen Arten Günther’s sind bei Pim. elongatus und modestus die 
Augen entschieden grösser als] bei unserer fraglichen Art, während P. cinerascens etwas 
kleinere zu besitzen scheint. 


51 


oder strahlige Rückenflosse beginnt zu Anfang des 2. Drittels der Körper- 
länge und ihre Basis misst ?/3 der Kopflänge, ihr oberer Rand ist wie 
bei cinerascens abgerundet. Der erste noch ungetheilte Strahl ist ebenso 
stark aber kürzer als der folgende getheilte, dessen Höhe der Basis- 
länge der Flosse gleichkommt; die übrigen Strahlen nehmen allmälig 
an Länge ab, so dass der letzte um !/ı niederer als der erste erscheint. 
Die Fettflosse ist lang, aber mässig hoch, ihre Basis erreicht 1?/3 Kopf- 
längen, sie steht vom Ende der 1. Dorsale nahezu gleich weit ab, wie 
vom ersten completen Randstrahle der Caudale. — Von den Anal- 
strahlen sind der 3. bis 5. getheilte, nahezu gleich hoch (von !/a Kopf- 
länge), der 7. ist bis zur Basis gespalten und kann als doppelter gezählt 
werden, doch scheint er nur auf einem einfachen Träger aufzusitzen ; die 
vorderen ungetheilten Strahlen nehmen rasch an Länge zu. Die Brust- 
flossen erreichen nicht völlig ?/s der Kopflänge, die Ventralen sind 
etwas kürzer. Die Caudale ist tief gabelig eingeschnitten, die beiden 
Lappen am hintern Rande bei jüngeren Individuen stark abgerundet, bei 
älteren mehr zugespitzt und bald gleich lang (nicht ganz von Kopfes- 
länge), bald der obere etwas länger. — Die Urogenitalpapille ist dem 
After genähert, der zwischen den Bauchflossen in deren 1/2 Länge liegt. 
Der innere Bau verhält sich wie bei andern Arten dieser Gattung. (Bei 
einem Exemplare ist das Bauchfell mit schönen eingerollten Nematoden 
[Spiropteren ?] besetzt.) 

Die Seitenlinie sendet zwar keine längeren knöchernen Neben- 
röhrchen ab, doch scheinen zahlreiche häutige Kanäle mit ihr in Ver- 
bindung zu sein, die über und unter ihr schief auslaufen und wohl die 
parallelen oft dunkel gefärbten Streifen veranlassen, die auch an den 
Abbildungen der 3 Pimelodus-Arten Günther’s angedeutet sind. Sie 
verästeln sich deutlich und sind oberhalb der Seitenlinie viel zahlreicher 
und unregelmässiger als unterhalb derselben. 

Färbung. Grundfarbe röthlichbraun, längs der Seitenlinie eine 
schwarzbraune Binde (wie bei Pim. elongatus Günth.); Rücken- und 
Afterflosse sind längs der Basis, so weit der dickere Ueberzug der 
Körperhaut hinaufreicht, dunkel, öfters schwärzlich, hierauf folgt eine 
helle Längsbinde und gegen den Saum wieder dunklere Färbung. Bei 


einem sehr gut erhaltenen Exemplare ist die Flossenhaut der Dorsale 


52 


zwischen den beiden letzten Strahlen mit einem grossen schwarzen 
Augenflecke geziert. 

Totallänge: von 5% bis 111% Zoll W. M. — 

Fundorte: Rio Chagres, Guajaquil und Neu-Granada. 


Familie: Trichomycterini. 


Gattung: Trichomycterus, C. V. 
1 Art’ Trich. taenia, n. — Tat. VL rip. 1.2) 


Char. Caput versus os attenuatum, fere cordiforme, septimam longitudinis 
totalis partem vix constituens, oculi minimi, pinna caudalis truncata ; 
taenia lata longitudinalis nigricans et supra hanc punctula obscura, 


seriatim posita. 
1-12 
D.’a6 Rn. 3a, Pi, V.5, 0. 
7—8 


Diese in Totalhabitus, Grösse und Färbung an unsere Cobitis taenia 
mahnende Art unterscheidet sich durch geringe Anzahl der Dorsal- 
strahlen von Trichom. punctulatus, areolatus und maculatus, durch die 
breite seitliche Längsbinde von Tr. Incae, gracilis und barbatula C. NV. 
und Macraei Gir., ferner durch die starke Bewaffnung des Deckels und 
Unterdeckels von Tr. inermis Gay, durch gestreckte Gestalt von Tr. 
Pentlandü, picetus und punctatissimus Cast. und endlich durch die drei- 
eckige Form des Kopfes und die nicht gabelige Schwanzflosse von Tr. 
pusillus Cast. 

Der breitgedrückte Kopf erscheint von oben gesehen fast herz- 
förmig und ist nur wenig breiter als lang, seine Länge misst kaum Yr 
der Gesammtlänge, seine Höhe blos dessen halbe Länge. Die länglich 
runden Augen sind sehr klein und nach oben gerichtet, die Stirnbreite 
zwischen ihnen beträgt 3 Augendurchmesser. Die Narinen liegen 1 
Diameter von den Augen entfernt, die vor ihnen stehenden langen 
Barteln reichen zurückgelegt bis zum Ende des Kopfes, werden aber 
von den beiden an den Mundwinkeln sitzenden Bartelpaaren sowohl an 


1) Fig. 1.a der Taf. VI. gehört zu Fig. 2. 


53 


Länge wie an Stärke noch übertroffen, indem die oberen bis zur Basis 
der Brustflossen reichen. Die Mundspalte ist endständig, ihre Breite 
erreicht nicht völlig die halbe Kopflänge, die Lippen sind dick. Zwischen- 
und Unterkiefer sind mit 2 Reihen mehr oder minder dicht stehender 
spitziger Zähnchen bewaffnet, die wegen ihrer geringen Grösse und der 
dicken papillösen Lippen kaum mit freiem Auge sichtbar und selbst 
mit der Loupe nicht genau zählbar sind. Die Unterlippe bildet gegen 
den Mundwinkel eine herabhängende Falte, die sich als unterer Bart- 
faden fortsetzt. Die Wangen und Deckelstücke sind von dicker Haut 
überkleidet, aus welcher die in 3 bis 4 Reihen stehenden Dornen des 
Deckels und Unterdeckels vorragen. Diese Dornen sind gerade, schlank, 
die der letzten Reihe bedeutend länger, als die voranstehenden. 

Der Vorderrücken steigt vom Hinterhaupte in einem ansehnlichen 
Bogen auf, so dass die grösste Leibeshöhe daselbst der Kopflänge gleich- 
kommt. Schon vor Beginn des 2. Drittels der Totallänge läuft aber die 
Profillinie des Rückens völlig geradlinig und zugleich nimmt die Breite 
des Rumpfes ab, Hinterbauch und Schwanzstiel sind stark compress. — 
Die Rückenflosse beginnt 4 Kopflängen hinter dem Schnauzenrande und 
steht dagegen nur 3 Kopflängen vom Saume der Caudale ab; ihr 2. und 
höchster Gliederstrahl erreicht ?/s der Kopflänge und übertrifft die Länge 
ihrer Basis nicht unbedeutend. Die Afterflosse entspringt unter dem Ende 
der Dorsale und ist mitihr gleich hoch; die Basis beider Flossen ist von 
dicker Haut umhüllt. Die Brustflossen sind nahe dem Bauchrande ein- 
gelenkt, ihr 1. ungetheilter Strahl ist in einen kurzen Faden verlängert, 
aufihn folgen 6 ziemlich gleich lange Gliederstrahlen, die 2 mal dichotom 
getheilt sind. Die Brustflossen stehen fast genau in '/ Totallänge und 
reichen nieht ganz bis zur Analgrube zurück. Die Caudale, deren längste 
Strahlen nahezu der Kopflänge gleichen, ist fast senkrecht abgestutzt. 
Die Zahl der vor den 13 eigentlichen Strahlen befindlichen Stütz- oder 
Pseudostrahlen lässt sich zufolge der sie umhüllenden Haut nicht genau 
angeben, doch ist sie am unteren Lappen jedenfalls bedeutend geringer. 
Auch treten sie weniger als bei anderen Arten über die Ränder des 
Schwanzstieles vor, so dass die obere und untere Profillinie parallel und 
fast gerade fortlaufen und mit dem Saume der senkrecht abgestutzten 
Caudale nahezu einen rechten Winkel bilden. 


54 


Färbung. Die Grundfarbe des Körpers ist gelblichbraun; längs der 
Seiten verläuft in halber Höhe eine breite schwärzliche Binde, die am 
Kiemendeckel beginnt und bis über die Basis der Afterflosse reicht. 
Ueber derselben liegen 2 Reihen dunkler Flecken, von denen (bei 1 Exem- 
plare) die untere in eine zweite schwächere Binde verschwimmt, welche 
von der breiteren Hauptbinde nur durch einen schmalen gelblichen Längs- 
streifen getrennt erscheint. Die Oberseite des Kopfes ist schwärzlich 
gefleckt, alle Flossen aber sind einfärbig. 

Es wurden 3 Exemplare von 2° 7’ bis 2‘ 11°“ Länge untersucht, 
die im Staate Ecuador am westlichen Abhange der Andes gesammelt 
wurden. 


%. Art: Trich. laticeps, n. — Taf. VI. Fig. 2 nat. Gr.!) — 


Char. Caput valde depressum, fere quadrilaterum, oris latitudo dimidiam 
capitis longitudinem superans, haec ad longitudinem totalem = 1:7; 
trunci latera nigromaculata et strüs transversis 16—20 albicantibus 
dilutis ornata. 


Da Aa. oa 


Während bei der soeben beschriebenen Art der Kopf sich herz- 
förmig zuspitzt, erscheint er hier seiner ganzen Länge nach fast gleich 
breit, wie diess in gleicher Weise bei keiner der uns bekannten Arten 
dieser Gattung der Fall ist. Die Länge des Kopfes beträgt zwar auch 
hier, wie bei der vorigen Art '/ der Totallänge, doch kommt ihr, wie 
gesagt die Breite desselben fast gleich; er ist überdiess stark depress 
und seine Oberseite beinahe flach. Die kleinen länglich runden Augen 
liegen in halber Kopflänge und sind 1/3 derselben von einander entfernt. 
Die vordere Narine liegt an der Innenseite der Basis des Nasenbartels, 
hinter ihr und etwas nach einwärts gewahrt man die 2. fast dreieckige 
Nasenöffnung, deren längerer Durchmesser kaum !/s der Kopflänge misst; 
die Stirnbreite zwischen den hintern Narinen beträgt 2 solcher Durch- 
messer. Die Breite der quer gestellten Mundspalte übersteigt die !/a Kopf- 


1) Hieher gehört Fig. 1. a der Taf. VI. 


55 


länge. Zwischen- und Unterkiefer sind mit einer Doppelreihe von Zähnen 
bewaffnet, und zwar besteht die vordere Reihe in beiden Kiefern jeder- 
seits aus 8—9 flachgedrückten Zähnchen, die schmalen Schneidezähnen 
mit schwach gewölbter Schneide ähnlich sind und nicht eine geschlossene 
Reihe bilden, sondern durch Zwischenräume von einander getrennt 
bleiben. Nahe hinter ihnen stehen in 2. Reihe jederseits 13—14 ähn- 
liche aber noch kleinere Zähne in einer geschlossenen Reihe. — Die 
Zwischenkieferbarteln reichen über das Ende des Kopfes zurück und 
sind nur wenig kürzer als die oberen Barteln am Mundwinkel, die an 
ihrer Basis bandartig sich verbreitern und zurückgelegt über die Ein- 
lenkung der Brustflossen hinausreichen. Der untere Bartfaden des Mund- 
winkels ist an seinem Ursprunge mit dem oberen verbunden und mit 
dem Magen- oder Zwischenkieferbartel gleich lang, nach abwärts setzt 
er sich als Unterlippenfalte fort. Die Dornspitzen des Unterdeckels sind 
schwächer als bei der vorigen Art und stehen nur in 2facher Reihe. 
Die grösste Leibeshöhe kommt der Ya Kopflänge nahe und fällt in die 
Gegend des Ueberganges vom Hinterhaupte zum Vorderrücken. Die 
Dorsale steht um 1 Kopflänge dem Mundrande näher als dem Ende der 
Schwanzflosse und ist gleich hoch wie lang. Bald hinter ihr beginnen 
die von dicker Haut überhüllten oberen Rand- oder Pseudostrahlen der 
Caudale, deren Anzahl über 20 beträgt. Die Afterflosse beginnt etwas 
weiter zurück als die Dorsale, deren letztem Strahle gegenüber sie aber 
endet und mit der sie gleiche Höhe besitzt. Die Zahl der hinter ihr 
beginnenden unteren Stütz- oder Randstrahlen der Schwanzflosse ist 
geringer und beläuft sich nur auf 15—16; die Länge der gegliederten 
Strahlen der ebenfalls senkrecht abgestutzten Caudale beträgt 1 Kopf- 
länge. Der 1. Pectoralstrahl ist bereits gegliedert, aber noch ungetheilt 
und fadenförmig fast bis zur Kopflänge vorgezogen. Die Bauchflossen 
stehen etwas vor halber Totallänge, reichen zurückgelegt kaum bis zur 
Analgrube und somit auch kaum bis unter den Anfang der Rückenflosse. 

Färbung. Die Grundfarbe des Körpers ist olivengrün, Kopf und 
Rumpf sind mit zahlreichen schwärzlichen runden Flecken übersät, die 
ganze Unterseite und älle Flossen sind ungefleckt. An einem Exemplare 
gewahrt man, jedoch nur rechterseits, 16—20 vertikale blaulich weisse 
Parallelstreifen oder schmale Binden an den Seiten des Bauches, welche 


56 


die untere Hälfte des Rumpfes von den Brustflossen bis zur Anale ein- 
nehmen und nach rückwärts allmälich verschwimmen;; viele dieser Längs- 
streifen sind beiderseits von einer schwärzlichen Linie eingesäumt. 

Von dieser Art liegen uns nur 2 Exemplare von gleichem Fund- 
orte wie die vorige vor, von denen das grössere 3 7’ W. M. lange 
ohne Zweifel ein Weibchen ist, da ihm jede Spur einer Genitalpapille fehlt. 


Familie: Loricati. 
Gattung: Loricaria, Linn. 
1. Art: Lor. uracantha, n. — Taf. VI. Fig. 3. 


Char. Longitudo totalis ad illam capitis = 5 : 1, oculi diameter longitudi- 
nalis quintam capitis longitudinem adaequans;, radius terminalis lobi 
superioris pinnae caudalis osseus, valde incrassatus, porus pectoralis 


nullus; — taenia transversa lata nigrescens, truncum- retro pinnam 
dorsalem cingens. 
1! 
D. KtsA.03/5 done, 
1 


Die auffallende Verdickung des oberen Randstrahles der Schwanz- 
flosse in einen breiten Knochenstrahl, wie wir sie bei keiner Art in 
gleicher Weise kennen, bestimmt uns diese Art als neu anzusehen, ob- 
wohl sie übrigens bekannten Arten wie Zor. acuta C. V. und insbeson- 
dere Lor. castanea Cast. pl. 23 Fig. 4 im Umrisse des Kopfes sehr 
nahe steht. 

Die Totallänge verhält sich zu der des Kopfes wie 5:1, die Länge 
des letzteren zu seiner Breite = 1: °/ı und diese selbst gleicht dem halben 
Abstande der Analgrube von der Schnauzenspitze. Der vordere Augen- 
rand steht genau in halber Kopflänge, der Längendurchmesser des 
Auges sammt hinterem Ausschnitte beträgt Ys, der kürzere quere '/s 
der Kopflänge, die Stirnbreite zwischen den Augen 2 solcher queren 
Durchmesser. Die doppelten Narinen liegen in einer dreieckigen Grube, 
deren Längsdiameter dem des Auges gleicht; die Stirn zwischen den 
erhobenen Schildern des oberen Augenrandes ist flach, ungekielt, die 


57 


fein bezahnten Schilder des Kopfrandes ringsum greifen nur wenig nach 
der Unterseite über. Die grossen nackten Mundsegel sind an der Vorder- 
fläche stark papillös und bilden seitlich ein kurzes einfaches Bartel. 
Das hintere oder Unterkiefersegel ist in der Mitte schwach eingebuchtet 
und am Rande mit kurzen Zotten behängt. In beiden Kiefern stehen 
8—10 (vielleicht bis 12) ziemlich grosse Zähne, die tief gabelig in 2 lange 
braune Spitzen getheilt sind. — Das mediane Occipitalschild ist breit 
und geradlinig abgestutzt, von den 3 folgenden praedorsalen Schildern 
das letzte am grössten, keines derselben deutlich gekielt. Auch an den 
Seiten des Rumpfes sind die Kiele der beiden bei allen Arten gekielten 
Schilderreihen nur schwach, bleiben an 14—15 Schildern getrennt und 
blos an den letzten 12—13 Caudalen vereinigt. Der Bauch ist gänzlich 
beschildert und zwar vorne mit mehrmals 10 irregulären Schildchen in 
der Querreihe, die nach rückwärts allmälich grösser werden, so dass 
die letzte zwischen den Bauchflossen gelegene Querreihe nur noch aus 
3 Schildern besteht. 

Die Höhe der Dorsale ist geringer als 1 Kopflänge, ihr Ende genau 
2 Kopflängen von der Nasenspitze entfernt, die Länge der Strahlen 
nimmt gleichmässig ab und der letzte ist bis zur Basis gespalten. Die 
Bauchflossen entspringen unter dem Beginne der Dorsale, sind kurz und 
reichen blos.bis zum 1. Analstrahle zurück, die Brustflossen aber nicht 
einmal bis zu den Ventralen. Die etwas längere Afterreihe erreicht 
zurückgelegt das 6. Caudalschild hinter ihr. Die ersten ungetheilten 
Strahlen aller dieser Flossen sind zwar verdickt, an der Spitze aber 
gleichwohl biegsam und mit nur wenig stärkeren Zähnchen besetzt als 
die Kopf- und Rumpfschilder. An der Caudale, deren Länge zufolge 
der abgebrochenen Strahlenspitzen nicht genau anzugeben ist, erscheint 
dagegen der obere Rand- oder Hauptstrahl in einen so starken, com- 
pressen, völlig unbiegsamen Knochenstrahl verdeckt, wie diess bei keiner 
Art bekannt ist. Selbst bei dem jüngeren der beiden xemplare fällt 
diese Verdickung schon auf, von der sich selbst bei grossen und alten 
Individuen anderer Arten nur eine schwache Andeutung findet. Ueber- 
diess ist auch der-untere Endstrahl bei dieser Art dicker als gewöhn- 
lich, bleibt aber ‘doch weich und biegsam, 


Abh.d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 8 


58 


Ein Porus pectoralis fehlt wie bei Lor. laeviuscula, mit der unsere 
Art auch in der nackten Haut übereinstimmt, die zwischen den 6—7 
Randschildern des Bauches und der darüber liegenden unteren Reihe 
gekielter Schilder frei bleibt. Die 3 verlängerten Stützschilder, welche 
die Basis der Caudale überlagern, sind klein, das mittlere am kleinsten. 

Die Färbung ist verwaschen, doch hinter der Basis der Dorsale 
ein breites schwärzliches Querband erkennbar, dem bei 1 Exemplare 
weiter zurück noch Spuren eines 2. und 3. (so wie bei Lor. maculata) 
folgen. Weder am Kopfe noch am Rumpfe gewahrt man schwarze oder 
anders färbige Punkte und Flecken, nur an den Strahlen sämmtlicher 
Flossen sind schwärzliche verwischte Färbungen zu erkennen. 


Totallänge des grösseren Exemplares 5!) W. M. 


Fundorte. Aus Neu-Granada und dem Rio Chagres. 


2. Art: Lor. lima, Kner. 


In der I. Abtheilung der ‚„Panzerwelse des kaiserlichen Hofnatura- 
lienkabinetes zu Wien“ von Dr. R. Kner (Denkschriften der kaiserlichen 
Akademie, Jahrgang 1855) findet sich auf 8. 25 die kurze Beschreibung 
und auf Taf. 6 Fig. 1 die Abbildung dieser auf ein trockenes, schlecht 
erhaltenes Unicum begründeten Art vor, von dem auch die nähere An- 
gabe des Fundortes fehlt. Wir glauben nunmehr in 4 aus dem Rio 
Chagres stammenden Exemplaren diese Art wieder zu erkennen, obwohl 
sie, wie aus nachfolgenden Angaben erhellen wird, in mehreren Puncten 
nicht unwesentlich von jenem Unico abweichen, die jedoch allerdings 
auf Rechnung des mangelhaften Erhaltungszustandes fallen können. Da 
sie aber jedenfalls einander sehr nahe stehen, verzichten wir auf die 
Aufstellung unserer Exemplare als neue Art, die wir doch nur als 
fraglich bezeichnen könnten. 

Die Kopflänge ist etwas über 5mal in der Totallänge enthalten, 
die Breite desselben (ohne Bart) = ?/3 seiner Länge, der hintere Augen- 
randausschnitt mässig und bei den einzelnen Exemplaren ungleich gross. 
Der Abstand der Augen von der Schnauzenspitze beträgt 31/a—4, vom 
vorderen Rande der Nasengrube 1, die Stirnbreite zwischen beiden 1!/a 


59 


Augendurchmesser (ohne Ausschnitt).!) Der Umriss des Kopfes verhält 
sich fast genau wie bei Lor. lima, dessgleichen die Kopfschilder, nur 
sind die Kiele an dem medianen Oceipital- und den folgenden 2 Prae- 
dorsalschildern blos schwach angedeutet. Der dichte Schnurrbart an 
den Seitenrändern des Kopfes beginnt schon in einer Querlinie mit der 
Zahnreihe des Zwischenkiefers, nämlich 1 Augendiameter von der Nasen- 
spitze entfernt und reicht bis an den oberen Winkel der Kiemenspalte. 
Er besteht aus weisslichen borstenähnlichen dünnen Dornen mit feiner 
rückwärts gekrümmter Spitze, die wie bei Zor. barbata und den Ancistrus- 
Arten quer aufstellbar sind. In der Mitte ist dieser Schnurrbart am dich- 
testen und längsten, und hiedurch erscheint der Querdurchmesser des 
Kopfes in der Augengegend breiter als am Hinterhaupte, da hier die Borsten 
wieder kürzer werden. Der Bart greift auch an die Unterseite viel 
weiter über als bei Lor. barbata Kn. und stösst unmittelbar an die Eck- 
barteln an. Die Mitte der Nasenspitze bleibt nackt. — Das vordere 
Lippensegel ist kurz, das hintere gross, ungetheilt, dicht mit grossen 
rundlichen Papillen besetzt und am Saume ringsum mit kurzen Fransen 
behängt; die sehr deutlichen Eckbarteln erscheinen gleichfalls durch 
Papillen zottig. In jeder Kieferhälfte stehen beiläufig 10—11 gablig 
getheilte Zähne von mässiger Grösse. 

Die Zahl der Flossenstrahlen ist dieselbe wie bei andern Loricarien. 
Die Dorsale beginnt genau im 2. Drittel der Körperlänge und unter ihr 
stehen die Bauchflossen, welche bis zur Anale zurückreichen. Die 
Strahlen von allen 3 genannten Flossen sind fast gleich lang und zwar 
von ?/s Kopfeslänge. Die Brustflossen dagegen sind kürzer und reichen 
nur bis zur Einlenkung der Ventralen; ihr 1. verdickter, aber an der 
Spitze noch biegsamer Strahl ist gleich den folgenden an der Oberseite 
dicht mit einem Pelze nach vorne gekrümmter dünner Haken besetzt. 
Die längsten Strahlen der kleinen, schief abgestutzten Caudale messen 
nicht !/s der Totallänge, ihr oberer Rand- oder Hauptstrahl ist ein fast 


1) Bei dem trockenen Originalexemplare weichen diese Maassverhältnisse in folgender 
Weise ab: Körperlänge zur Kopflänge wie 4/2:1, Stirnbreite zwischen den Augen 2, Ab- 
stand derselben von der Schnauzenspitze 5, vom vorderen Rande der Nasengrube 2 Augen- 
diameter. Diese Differenzen dürften allerdings schwer blos aus dem Erhaltungszustande 
zu erklären sein. 


g* 


60 


eben so dicker Knochenstrahl wie bei der vorigen Art, läuft aber gleich- 
wohl in eine weiche biegsame Spitze aus, die sich nicht fadig zu ver- 
längern scheint. — Die Beschildung des Rumpfes verhält sich wie 
bei Lor. uracantha. Längs 15—15 Seitenschildern erstreckt sich der 
getrennte doppelte Kiel, der dann an eben so vielen (15—13) folgenden 
Schildern einfach erscheint. Zwischen der Rücken- und Schwanzflosse 
liegen 17—19, zwischen letzterer und der Anale 16—17 Schilder; die 
3 seitlichen Stützschilder der Caudale sind kurz, das mittlere am kleinsten. 
Ein kleiner aber deutlicher Porus pectoralis ist vorhanden. 

Färbung. Die Grundfärbung wie gewöhnlich; 2—3 dunkle Quer- 
binden zwischen der Dorsale und Caudale wie auch schwarze Flecken 
an den Flossen sind, obwohl nicht deutlich abgegränzt, hier gleichfalls 
wie bei der vorigen Art erkennbar. 

Totallänge des grössten Exemplares 7’. 


Von der zweiten Gruppe der Loricaten, den Hypostomiden, liegen 
uns 2 Arten vor, und zwar 1 Hypostomus in 3 Exemplaren aus Neu- 
Granada und 1 Ancistrus aus dem Rio Chagres. Ersterer stimmt zwar 
mit keiner bekannten Art völlig genau und stellt eine vermittelnde 
Form dar zwischen den hochköpfigeu Arten mit zugespitzter Schnauze 
und den flacheren mit schwach gekielten Kopfschildern und breiter ab- 
gerundeter Schnauze. Doch glauben wir ihn nur als Varietät von Hyp. 
plecostomus GC. V. ansehen zu dürfen, da er jedenfalls dieser weit ver- 
breiteten Art zunächst steht und nur in solchen Verhältnissen abweicht, 
die auch bei verschiedenen Individuen anderer anerkannter Species oft 
nicht unbedeutend schwanken und von denen wir die bemerkens- 
wertheren hervorheben wollen. 

Der Kopf erscheint bei unseren Exemplaren etwas niederer, da so- 
wohl der mediane Occipitalkiel, wie auch die seitlichen temporalen 
Kiele weniger scharf sind. Stellung und Durchmesser der Augen verhalten 
sich bei den 2 kleineren Individuen genau wie bei »plecostomus, bei dem 
grössten dagegen sind sie etwas kleiner und mehr als 4 Diameter von 
der Nasenspitze entfernt. Bedeutender erscheint aber die breitere Mund- 
spalte und demnach auch die grössere Zahl der Zähne in jeder Kiefer- 


61 


hälfte, die hier durchschnittlich 40 beiderseits beträgt, während Cuvier 
und Valenciennes beiläufig 30 für plecostomus angeben und in der Ab- 
handlung: ‚die Hypostomiden von Kner“ (Denkschriften der kaiser- 
lichen Akademie VII. Bd. 1854, pag. 14) nur von 16—18 aufrecht 
stehenden Zähnen in jeder Kieferhälfte gesprochen wird. Die Differenz 
in diesen Angaben ist so gross, dass man versucht sein könnte, in un- 
seren Exemplaren aus Neu-Granada etwa den Hyp. auroguttatus Natt. 
Heck. zu vermuthen. Doch unterscheidet sich dieser ganz bestimmt 
durch eine noch breitere und vorne kreisrunde Schnauze, gänzlichen 
Mangel von Kielen am Kopfe, sehr schwachen längs der Seiten, völlig 
abweichende Färbung und endlich durch noch viel längere Kieferstücke 
in deren jedem über 60 Zähne stecken. Das Bedenken, welches durch 
die Differenz in der Zahlenangabe der Zähne gegen die Deutung unserer 
fraglichen Exemplare als Hyp. plecostomus sich aufdrängt, verliert jedoch 
viel von seinem Gewichte, wenn man erwägt, dass die beweglichen 
dünnen Zähne der Hypostomiden überhaupt theils leicht ausfallen, theils in 
den vertieften Kiefern verborgen liegen und von denen daher bald einige 
Zähne mehr, bald weniger in die Augen fallen. Unter solchen Umständen 
dürfte es wohl nicht räthlich sein, die grössere oder kleinere Zahl von 
Zähnen allein als Unterscheidungsmerkmal von Arten zu benützen. An- 
dere verlässliche Anhaltspunkte, um unsere Exemplare von plecostomus zu 
trennen, vermögen wir aber nicht aufzufinden. (Vergleiche übrigens das 
in der citirten Abhandlung auf Seite 13 Eingangs der Beschreibung von 
Hyp. plecostomus Gesagte.) 

Der 2. uns vorliegende Hypostomide entspricht ohne Zweifel dem 
Ancistrus (Hypostomus) cirrhosus und kann höchstens als Varietät des- 
selben angesehen werden, indem er in allen Zahlen- und Maassver- 
hältnissen übereinstimmt, mit alleiniger Ausnahme der dem Auge etwas 
näher gelegenen Narinen, deren Abstand bei A. cörrhosus aus dem Rio 
branco und Gnapore meist 1Y2, hier aber nur 1 Augendurchmesser be- 
trägt (bei Anc. Karsteni Kröy. blos !/a Diameter). — Das Unicum ist 
ein erwachsenes Männchen. 


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9 E 


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Ueber die 


hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen 


der 


Süsswasserfische 


in den 


Staaten Panama und Ecuador. 


Ein Beitrag zur Zoogeographie Amerika’s 


von 


Prof. Moritz Wagner. 


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Ueber die 


hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen 


der 
Süsswasserfische 
in den 


Staaten Panama und Eeuador. 


«Ein Beitrag zur Thiergeographie Amerika’s 
von 


Dr. Moritz Wagner. 


Als der unbekannteste Theil von Mittelamerika sowohl hinsichtlich 
der Geographie und Ethnographie als der beschreibenden Naturgeschichte 
wurde noch vor wenigen Jahren das schmalste Land des Welttheils, 
jener langgestreckte Isthmus, bezeichnet, welcher von der Nordgrenze 
der Provinz Choco bis zur Südgrenze des Staates Costarica, zwischen 
7° und 9° N. B. und 77° und 83° W. L. v. Gr. sich ausdehnt und 
das Territorium der drei Provinzen Darien, Panama und Veragua um- 
fasst. Von ihren Binnengegenden bemerkte Humboldt: dass sie noch 
eben so wenig durchforscht seien wie das Innere von Afrika und 
Patagonien. Die Flora dieses Isthmusgebietes, dessen Flächeninhalt auf 
1465 deutsche Quadratmeilen geschätzt wird, also etwas grösser ist, 
wie der des Königreichs Bayern, ist zwar seitdem sporadisch durch den 
verdienstvollen Botaniker Dr. Berthold Seemann, den Begleiter der 
brittischen Herald-Expedition, untersucht worden; doch beschränkten 


sich seine Excursionen nur auf wenige Punkte der Südseeküste und der 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. I 


66 


Cordillere von Veragua. Die Fauna war ganz unerforscht geblieben. 
Mein dortiger einjähriger Aufenthalt hatte den besonderen Zweck, neben 
einigen hypsometrischen und geögnostischen Arbeiten, welche in den 
noch unexplorirten Gebirgsgegenden einigen Nutzen für die physikalische 
Geographie versprachen, auch über das Thier- und Pflanzenreich des 
Isthmus und deren geographischen Zusammenhang mit den Faunen und 
Floren von Südamerika einerseits, von Costarica und Guatemala ander- 
seits, so umfassende Beobachtungen anzustellen, als die ausserordentlich 
grossen Hindernisse von Seiten des Klima’s, der Bodenbeschaffenheit und 
der Bevölkerung gestatten würden. 

Die Sammlungen aus den verschiedenen Thierklassen, welche ich 
von dort an die zoologisch-zootomische Staatssammlung in München 
einsandte, sind ebenso wie die früher während der Jahre 1853 und 1854 
in den mittleren und nördlichen Staaten Centralamerika’s von mir ge- 
sammelten Wirbelthiere, Insekten und Conchylien seitdem verschiedenen 
kenntnissreichen Specialforschern zur Einsicht und systematischen Be- 
stimmung mitgetheilt worden.!) Es liegen hier vorläufig die Ergebnisse 
der Untersuchung meiner ichthyologischen Ausbeute durch Herrn Professor 
Rudolph Kner und Dr. Steindachner vor, denen zur nothwendigen 
Vergleichung das reiche ichthyologische Material des kaiserlichen Natura- 
lienkabinets in Wien zur Verfügung stand. Im Interesse der Zoogeo- 
graphie Amerika’s, wie der physischen Erdkunde überhaupt, halte ich 
es für angemessen, der descriptiven Abhandlung dieser ausgezeichneten 


1) Die Säugethiere und Amphibien aus Costarica, unter denen verhältnissmässig ziemlich viele 
neue Arten sind, hat Dr. Fitzinger in Wien bestimmt. Die Insekten, Land- und Süsswasser- 
conchylien aus den nördlichen Provinzen Centralamerika’s, welche der Staatssammlung in 
München einverleibt wurden, sind erst theilweise untersucht. Den Herren Cabanis, Peters, 
Jan verdanken wir die systematische Bestimmung der Vögel und Amphibien aus Panama 
und Ecuador. Herr Dr. Saussure in Genf hatte die Güte, die mühevolle Bestimmung der 
Hymenopteren, auf deren möglichst vollständige Sammlung ich wegen der Wichtigkeit dieser 
Insektenordnung für die Zoogeographie besondere Sorgfalt verwandte, zu übernehmen. 
Diesem geistvollen Naturforscher, welcher Mexiko mehrere Jahre bereiste, verdanke ich 
auch höchst interessante Mittheilungen über die geographische Verbreitung der. Hyme- 
nopteren Amerika’s, auf welche ich in einer später folgenden Abhandlung zurückkommen werde. 
Leider hat Herr Saussure über seine ichthyologische Ausbeute in Mexiko noch nichts veröffent- 
licht. Die Kenntniss der dorticen Süsswasserfische wäre zur Vergleichung mit den im 
Isthmus von Panama vorkommenden Formen für die Thiergeographie Amerika’s von be- 
sonderem Werth. 


67 


Ichthyologen eine eingehende Darstellung der hydrographischen Verhält- 
nisse von Panama und Ecuador und des davon abhängigen Vorkommens 
der Süsswasserfauna folgen zu lassen. 

Der Gebirgsbau und die Hydrographie des Isthmusstaates Panama, 
der durch seine Lage und Weltstellung für die Länder- und Völker- 
kunde überhaupt von unermesslicher Wichtigkeit ist, bietet auch für die 
geographische Verbreitung der Organismen ein ganz besonderes Interesse 
dar. Ein aufmerksamer Blick auf die Karte des westlichen Welttheils 
genügt, um die Eigenthümlichkeit der horizontalen Gliederung dieses 
Landes im Vergleich mit der Configuration von Nord- und Südamerika 
zu würdigen. Von einem Ocean zum andern reichend nimmt der Staat 
Panama den ganzen Querdurchmesser Amerika’s in dessen Centrum ein, 
bildet also das verbindende Glied der beiden Continentalhälften, welche 
einstmals getrennte Inseln waren.) 

Tierra firme, das ‚feste Land,“ war der Name, mit welchem die spa- 
nischen Geographen und Geschichtschreiber des 16. und 17. Jahrhun- 
derts die drei von Columbus entdeckten Provinzen Veragua, Panama 
und Darien bezeichneten, im Gegensatz zu den ‘abgetrennten Gliedern 
dieses Festlandes, der Inselwelt der Antillen, welche den Spaniern ein 
Jahrzehent früher bekannt geworden. Erst weitere zehn Jahre nach 
der Landung von Columbus in Veragua, als der kühne Vasco Nusez 
de Balboa 1513 die Cordillere von Darien überschreitend das stille 
Weltmeer entdeckt hatte, erkannte man, das diese „terra firme“ nur 
aus einem schmalen Isthmus bestand und den trennenden Damm von 
zwei Ozeanen bildete.) Wie er die direkte Schifffahrt vom karaibischen 


1) Zur näheren Einsicht in die Configuration und die hydrographischen Verhältnisse des 
Isthmus von Panama und Darien verweise ich auf die Specialkarte von H. Kiepert, welche 
nach der Originalkarte des Obristen Codazzi reducirt ist. Weniger genau sind in Betreff 
der Gebirgszüge und Flussläufe die Karten von Dr. Authenrieth und John Baily’s: 
„Map of Centralamerica.“ Von der Hydrographie der eigentlichen Landenge von Panama, 
des Isthmus von San Blas und der Provinz Chiriqui (West-Veragua) geben die Specialkarten, 
welche Dr. Petermann in den Jahrgängen 1861, 1862 und 1863 seiner geographischen 
Mittheilungen nach den Aufnahmen von Oberst Totten und von mir veröffentlichte , ein 
annähernd getreues Bild. 

2) Die drei ältesten Karten der „Tierra firme“ aus dem Atlas des Vaz Dourado, welche die 
kgl. bayerische Akademie der Wissenschaften nach einer im Besitze der kgl. Staatsbibliothek 
zu München befindlichen Handschrift v. J. 1580 herausgegeben, stellen, obwohl etwas plump 
und roh gezeichnet wie die meisten Karten des sechszehnten Jahrhunderts, die Dimensionen 


9* 


68 


Meer zur Südsee hemmt, so setzt dieser Isthmus, der im Mittel einen 
Durchmesser von 11 bis 12 geographischen Meilen hat und an- seiner 
schmalsten Stelle bis fast 7 Meilen sich verengt, der Wanderung und 
Vermischung der Organismen beider Meere eine Schranke, welche nur 
durch zufällige Umstände überschreitbar ist. 
Darwin hat in seinem inhaltreichen Werk: „über die Entstehung 
der Arten“ in den verschiedenen Kapiteln, welche die geographische 
Verbreitung der Thiere behandeln, unter anderm behauptet, dass die 
beiden von einer schmalen Landenge getrennten Ozeanfaunen nicht eine 
Art von Fisch, Weichthier oder Krustenthier gemeinsam hätten.!) Den 
Beweis für diese Annahme ist der berühmte Forscher, der die Landenge 
von Panama nicht selbst besucht hat, schuldig geblieben. Grössere 
Sammlungen von Seethieren sind an beiden Isthmusküsten noch nicht 
gemacht worden. Das Vorkommen der gleichen Süsswasserfische und 
Schnecken an den Flussmündungen beider Meere, derselben Species von 
Salzpflanzen an beiden Litoralgürteln und derselben Arten von strand- 
laufenden Coleopteren aus den Familien der Cicindeliden und Melasomen, 
welche sich niemals weit landeinwärs verbreiten, würde allein schon 
hinreichend gegen diesen absoluten Ausspruch einer vollständigen Faunen- 
verschiedenheit sprechen. Ich selbst habe aber am Strande beider 
Ozeane zum Theil dieselben Muschelspecies gesammelt und auf den Fisch- 
märkten von Aspinwall und Panama, also an beiden entgegengesetzten 
Küsten, auch einige wenige Fischarten von unzweifelhafter Identität 
bemerkt, denen die Eingebornen dieselben Namen gaben. Eine absolute 
Artentrennung beider Meeresfaunen, die doch nur eine verhältnissmässig 
schmale und niedere Schranke scheidet, wäre auch mit anderen Angaben 
Darwin’s hinsichtlich der zufälligen Verbreitungsmittel, deren sich die 
Natur bedient, in schroffem Widerspruch. Jene Angabe ist also nur für 


Centralamerika’s bereits mit einer vergleichweise annähernden Richtigkeit dar. Die Ver- 
engung des Continents westlich vom Golf von Uraba und die damit verbundene schroffe 
Aenderung der Küstenrichtung beider Ozeane ist auf diesen Karten bereits sehr bestimmt 
angegeben. Dagegen ist die Bewässerung der Binnengegenden, welche den spanischen 
Eroberern damals bekannter sein mussten als den jetzigen Bewohnern, in diesen Karten 
ganz vernachlässigt. Denselben Mangel zeigt die Karte Herrera’s vom Ende des sechszehnten 
Jahrhunderts, welche seiner: „Descripeion de la Audiencia de Panama‘ beigefügt ist. 


1) Ch. Darwin: über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzenreich S. 355. 


69 


die Seethiere an den Küsten von Guiana und Brasilien einerseits, von 
Peru und Bolivia anderseits, wo der südamerikanische Continent in seiner 
grössten Breite zwischen den beiden Ozeanen sich einkeilt, sicher erwiesen, 
nicht aber für die noch zu wenig erforschten Meeresfaunen an beiden 
Isthmusküsten. 

Wenn es aber auch nach meinen eigenen Beobachtungen unzweifel- 
haft ist, dass wenigstens die grosse Mehrzahl der Thiere im Golf von 
Panama von denen des karaibischen Meeres specifisch ebenso verschieden 
ist, wie die Fische und Weichthiere des rothen Meeres von denen des 
Mittelmeeres abweichen, und dass die Hauptursache dieser räumlichen 
Abgrenzung beider Ozeanfaunen in dem trennenden Damm der Land- 
enge liegt, so hat letzterer die Natur dagegen für die terrestrischen 
Organismen eine entgegengesetzte Rolle zugetheilt. Für die Wanderung 
der Landthiere und Landpflanzen war der Isthmus von Panama und 
Darien offenbar die einzige vermittelnde Hauptstrasse zwischen beiden 
Continentalhälften, die verbindende Brücke, auf der sich die Arten von 
Nord nach Süd und in umgekehrter Richtung durch Migration verbrei- 
teten. Den Organismen des Süsswassers aber setzte die eigenthümliche 
vertikale Gliederung des Landes, die dessen hydrographische Verhält- 
‚nisse bestimmte, eine nur theilweise überschreitbare Schranke, welche 
genügte, um für die Mehrzahl der hier vorkommenden Flussfischarten 
eine bestimmte Verbreitungsgrenze gegen die Flussgebiete Südamerika’s 
zu ziehen. 

Bevor ich in eine Skizze der Oberflächengestalt des Isthmus ein- 
. gehe, mögen mir über die Ursachen, wesshalb dieser wichtigste Theil 
des tropischen Amerika für die beschreibende Naturgeschichte so lange eine 
„terra incognita“ geblieben, einige eingehende Bemerkungen gestattet sein. 
Als Winke und Warnungen haben dieselben vielleicht für künftige Rei- 
sende, welche die Natur dieses höchst interessanten Landes studieren 
und als Sammler seine reichen Schätze ausbeuten wollen, einigen Werth. 

Klimatische Einwirkungen haben zweifelsohne sammelnde Forscher 
am meisten von einer Exploration dieser Provinzen abgeschreckt. Einige 
muthige Männer, welche den Gefahren trotzten, wurden nach kurzem 
Aufenthalt ein Opfer ihres Eifers. Das Klima des Isthmus stand schon 
seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts, wo die Gefährten von Diego 


70 


de Nicuesa und Rodrigo Colmenares!) und ihre Nachfolger unter Pe- 
drarias Davila, angezogen durch Columbus’ und Balboa’s ?) übertriebene 
Schilderungen von der Schönheit und dem Goldreiehthum dieser Länder, 
sich hier niederliessen und zu Tausenden hinsiechten, bis auf die neueste 
Zeit, wo der Bau der Panamaeisenbahn vielen Hunderten von arbeitenden 
Europäern, Chinesen und Kulis das Leben kostete, im übelsten Ruf. Mag 
die abschreckende Schilderung, welche die spanischen Geometer Don Jorge 
Juan und Don Antonio Ulloa in ihrem berühmten Werk?) vom Klima des 
Isthmus machten, auch Uebertreibungen enthalten, richtig ist jedenfalls 
ihre Bemerkung: die nächste Wirkung dieses Klima’s sei, die Kräfte des 
Europäers zu verzehren. Namentlich wurde der schöne von Columbus 
entdeckte Hafen Portobelo, welcher zur Zeit des Galionenverkehrs für 
die Ausfuhr der edlen Metalle Südamerika’s eine grosse Wichtigkeit 
hatte, als „Sepultura de los Europeos‘“ schreckhaft bezeichnet.*) That- 
sache ist, dass kein Abkömmling der weissen Race diesen verderblichen 
klimatischen Einflüssen ganz entgeht, die selbst für die Blendlinge der 
afrikanischen und amerikanischen Race nicht ohne Nachtheil sind. 
Wer hier auf einer pflanzenüppigen Erde in heissfeuchter Luft bei 
einer mittleren Jahrestemperatur von + 26° C. den giftigen Miasmen 
der Tiefregion nicht erliegt, fühlt doch bald ihre schädliche Wirkung. 
Die französischen Akademiker La Condamine und Bouguer, welche 
in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhundert die Landenge durchkreuzten, 
um in der Aequatorialzone ihre Gradmessungen auszuführen, fühlten 
sich von der Hitze so angegriffen, dass sie nicht einmal eine Höhen- 
messung der Wasserscheide zwischen beiden ÖOzeanen vollzogen, eine 
unverzeihliche Nachlässigkeit, wenn man die hohe Wichtigkeit dieser 
hypsometrischen Frage für die Geographie und den Weltverkehr be- 
denkt.) Oberst Lloyd im Auftrage Bolivar’s (1829) und der Ingenieur 


1) S. P. Martyr „De rebus oceanicis et novo orbe‘“ (1574 Cöln) lib. X. und Pascual de Anda- 
goya: „ Establiciementos de los Espanoles en el Darien.“ 

2) S. Las Casas II. Cap. 25. Historia del Almirante Cap. 95 und die Briefe von Vasco Nunez 
de Balboa an König Ferdinand in der Sammlung von Navarrete, Arch. de Ind. de Sevilla 1. 7. 

3) „Noticias secretas de America“ Cap. II. 

4) 5. I. E. Wappaeus, Handbuch der Geographie und Statistik S. 377. 


5) In La Condamine’s „Journal du voyage fait par ordre du Roi ä l’Equateur“‘ (Paris 1751) 
findet sich Seite 8 und 10 die umständliche Schilderung der Reise durch den Isthmus und 


1 


Napoleon Garella im Auftrage der französischen Regierung (1844) 
führten einige derartige Messungen aus, flohen aber schon nach einem 
Aufenthalt von einigen Monaten ein Land, dessen Klima ihre Thätigkeit 
lähmte und ihr Leben gefährdete.) Der Botaniker Edmonston, welcher 
die brittische Expedition des Schiffes Herald begleitete und einige Theile 
des Isthmus explorirte, erlag an der Küste von Choco dem Fieber (1846). 
Dr. Graham, ein amerikanischer Botaniker, der auch Darien bereiste, 
starb (1849) in Chagres nach wenigen Wochen. Der im Auftrage einer Ge- 
sellschaft brittischer Zoologen nach dem Isthmus geschickte ornitholo- 
gische Sammler Damiano Floresi starb nach.Gould’s Mittheilung schon 
nach wenigen Tagen seines Aufenthalts in dem ‚„Pestilenzland von Panama.“ 

Straın mit seinen Gefährten erlag bei seiner Ueberschreitung der 
Landenge von Darien zwischen der Caledonia-Bay und dem Golf von 
San Miguel (1854) dem Hunger und der Erschöpfung. ?) Nur der 
längere Zeit dort verweilende Botaniker Warscewicz aus Krakau (1845) 
und der verdienstvolle Reisende Dr. Berthold Seemann, Edmonston’s 
Nachfolger der Herald-Expedition (1847), kamen mit dem Leben davon, 
weil ihre Excursionen sich auf den minder ungesunden, aber auch 
pflanzenärmeren Theil an der pacifischen Abdachung beschränkten. 
‘ Nach kurzem Verweilen in der dortigen Tiefregion suchten beide Sammler 
die höheren Terrassen der Cordillere von Veragua auf, wo sie Gesundheit 
und Kräfte wieder herstellten. Dr. Seemann’s Herbarium und die von 
ihm publicirten Pflanzenbeschreibungen bilden den einzigen Beitrag, den 
wir bis jetzt über die Flora des Isthmus von Panama besitzen.”) Leider 
ist in seinem Werk die geographische Vertheilung der Vegetation un- 
berücksichtigt geblieben. 

Andere Ursachen, welche reisende Naturforscher von einer Explo- 
ration des Isthmusgebietes abschreckten, waren: die schwierige Zugäng- 


des anderthalbmonatlichen Aufenthalts in Panama. Die beiden französischen Akademiker 
waren mit den besten Instrumenten ausgestattet, schienen aber von der Wichtigkeit einer 
Kenntniss der Höhe des Scheitelpunktes zwischen beiden Ozeanen nicht einmal eine Ahnung 
zu haben. 

1) S. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge 2ter Band S. 521 u. ff. 

2) S. Strain’s Zug durch den Isthmus von Darien im 2ten Band der Zeitschrift für allgemeine 
Erdkunde S. 567. i 

3) The Botany of the voyage of. H. M. S. Herald during the years 1845—1851 by Berthold 
Seemann. 


72 


lichkeit der waldbedeckten Binnengegenden, der Mangel an grossen 
schiffbaren Flussgebieten und der bösartige Charakter der farbigen Be- 
völkerung. Dazu kam noch die enorme Theuerung aller Bedürfnisse, 
namentlich der Transportmittel. Seit der Entdeckung der Goldminen 
Californiens und dem Zuge von vielen tausend Emigranten durch die 
Landenge, hat diese Theuerung noch zugenommen. 

Diese Gründe erklären die äusserst unzureichende geographische 
und naturhistorische Kenntniss des Isthmusgebietes. A. v. Humboldt’s 
dringender Wunsch und Rath an die geographischen Gesellschaften von 
London und Nordamerika: die dortigen Untersuchungen vor Allem mit 
einer geodätischen und hypsometrischen Aufnahme des ganzen Längen- 
profils von der Provinz Choco bis Costarica anzufangen,!) wurde schon 
wegen des sehr bedeutenden Kostenaufwandes nie ausgeführt. Man 
hätte dazu einen gangbaren Pfad über die ganze Kammhöhe der Cor- 
dillere von Darien, Veragua und Chiriqui bahnen müssen. 

Die Hindernisse, welche der üppige tropische Waldwuchs in dieser 
Region, wo während des ganzen Jahres tägliche Regengüsse fallen, jeder 
Ortsbewegung entgegengesetzt, hat schon im 16. Jahrhundert der Jesuit 
Joseph Acosta, der erste Naturbeobachter des amerikanischen Fest- 
landes, eingehend geschildert.) Diese Schwierigkeiten sind heute noch 
grösser, wie zu jener Zeit, wo wenigstens theilweise die alten Fusspfade 
noch existirten, welche den Verkehr zwischen den halb civilisirten In- 
dianerstämmen vermittelten. Die damals noch in grosser Zahl das Land 
bewohnenden Eingebornen der terra firme sind schon im 16. Jahrhundert 
durch die spanischen Verheerungen und Misshandlungen zum grössten 
Theil verschwunden. 

Die republikanische Freiheit, welche hier dem Sturze der spanischen 
Herrschaft folgte, hat den Charakter der Bewohner, besonders der zahl- 
reichen Neger und ihrer Blendlinge, die das heisse Klima noch am 


1) S. A. v. Humholdt’s: Erläuterungen und Zusätze zu den „Ansichten der Natur‘ (1849) 
S. 391. 

2)_J. Acosta „historia natural de las Indias.“ Er versichert dort, allerdings nicht ohne Ueber- 
treibung, dass einer seiner Brüder von der Ansiedlung Nombre de Dios nach Panama vier- 
zehn volle Tage durch den Urwald wanderte „ohne bei der äussersten Dichtigkeit der 
Vegetation die Erde zu berühren oder die Sonne zu sehen, wenn er nicht die Baumwipfel 
bestieg.“ 


75 


besten vertragen, auf das tiefste verdorben. Die Folgen des kalifornischen 
Transits, der Bau der interozeanischen Eisenbahn und die Leichtigkeit 
des Geldgewinns kamen seit einem Jahrzehent dazu, die allgemeine De- 
moralisation zu steigern. Zur Lichtung des Urwaldpfades, zum Tragen 
des Gepäckes kann der Reisende die farbigen Einwohner nicht entbehren, 
aber sie sind arbeitsscheu, frech, diebisch, unzuverlässig in der Gefahr 
— für den wandernden Naturforscher, der sie für hohen Taglohn dingen 
muss, daher mehr eine Plage als eine Hülfe.!) 

Aus diesen Ursachen wird man begreifen, wesshalb die Geozoologie 
Amerika’s gerade in diesem schmalsten Theil des Welttheils ihre brei- 
teste Lücke offenbart. Professor Schmarda hat in seinem fleissig ge- 
arbeiteten Werke über ‚die geographische Verbreitung der Thiere‘‘ hin- 
sichtlich des Charakters der Fauna des eigentlichen Centralamerika fast 
nichts bemerkt, eben weil ihm jede Quelle darüber fehlte.?) Dass er 
dabei die Antillenfauna nach Mittelamerika gezogen, ist ein geographischer 
Missgriff, denn die Fauna der westindischen Inseln theilt mit der Thier- 
welt des Festlandes keineswegs den specifischen Charakter. Von den 
Süsswasserfischen der Insel Cuba z. B. reicht nicht Eine Art nach Pa- 
nama hinüber, und umgekehrt kommen hier nur Arten und selbst einige 
Gattungen vor, diein den Antillen gänzlich fehlen. Derselbe Fall wieder- 
holt sich vergleichweise bei allen Thierklassen, denen eine geringe Orts- 
bewegung eigen ist, z. B. bei den Skorpionen. und Landschnecken. 

In dem vortrefflichen Aufsatz, welchen Andreas Wagner über die 
geographische Verbreitung der Säugethiere in den Abhandlungen der 
Akademie veröffentlichte,?) ist fast von keiner südamerikanischen Art die 


1) Um z. B. nur einige Blüthen der „flor del espiritu santo“ (Peristeria alata), jener wunder- 
baren Orchidee, welche nur in den Sumpfgegenden von Gatun vorkommt, sich zu ver- 
schaffen, muss man dem Neger der sie holt, mindestens einen Piaster bezahlen. Jeder Fluss- 
fisch, den ich mir in den Binnengegenden des Landes verschaffte, kostete mich mit Ein- 
schluss von Weingeist und Transport im Durchschnitt 3 Pesos (15 Frances). So viele seltene 
neue Pflanzen und Thierarten auch noch jetzt das waldbedeckte Innere des Isthmus bergen 
mag, so wird doch kein reisender Naturforscher hoffen dürfen, durch den Geldwerth der 
gesammelten Objecte auch nur die Hälfte der enormen Kosten zu decken. 
„Die geographische Verbreitung der Thiere“ von Ludwig K.’Schmarda (Wien 1853) enthält 
S. 324—331 Bemerkungen über Mittelamerika, die sich weder auf den Isthmus von Panama 
noch auf die fünf Republiken im eigentlichen Centralamerika beziehen. Selbst hinsichtlich 
der Fischfauna der Antillen bemerkt Schmarda (S. 328): „meine Daten darüber sind so 
gering, dass es gewagt erscheinen würde, etwas Bestimmtes darüber zu sagen.“ 

3) Abhandlungen der k. bayer. Akademie der Wissenschaften, Jahrg. 1844. 
Abh. d. II. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 10 


2 


De 


74 


nördliche Grenze ihres Vorkommens gegen ÜCentralamerika, sowie die 
südliche Grenze der mexikanischen Arten gegen Guatemala mit Schärfe 
und Bestimmtheit angegeben, weil bei dem Mangel an Beobachtungen 
jede sichere Thatsache darüber fehlte. Gould hat in seiner grossen 
Monographie der Trochiliden nur die wenigen Arten beschrieben, die 
ihm Warscewiez und Floresi vom Isthmus zugeschickt hatten. Er fügt die 
Bemerkung bei: das Innere des Staates Panama sei in ornithologischer 
Beziehung noch eine vollkommene „terra incognita“. In den ornitholo- 
gischen Werken von Swainson, Gray, Bonaparte sind nur wenige 
eigenthümliche Vogelarten von Centralamerika, keine Art aus dem eigent- 
lichen Isthmus angeführt. Dieselbe Lücke zeigt sich in Betreff der 
Amphibien. In dem grossen Amphibienwerk von Dumeril und Bibron, 
welches so viele Arten aus den verschiedensten Ländern beschreibt, 
fehlt jede Angabe über die Erpetologie Centralamerika’s. Cuvier, der 
im Prospektus seines berühmten mit Valenciennes gemeinsam bearbei- 
teten Werkes „histoire naturelle des poissons‘ eine geographische Ueber- 
sicht des bedeutenden ichthyologischen Materials gibt, das ihm durch 
reichhaltige Zusendungen aus allen Weltgegenden geliefert wurde, macht 
von den Süsswasserfischen Centralamerika’s keine Erwähnung. Dieselbe 
zoogeographische Lücke zeigt der Günther’sche Catalog der Fische des 
brittischen Museums.!) Auch in den verschiedenen ichthyologischen 
Werken und Abhandlungen von Müller und Troschel, Kner, Agassiz, 
de Kay, Storer, Gill, Hoolbrock, Poey etc. ete., welche amerikanische 
Fischarten beschrieben, fehlt jede vergleichende Angabe hinsichtlich des 
Uebergangs und Zusammenhangs der Süsswasserfaunen von Südamerika 
mit denen von Mexico und Nordamerika durch den Isthmus von Panama. 

Die geographische Verbreitung der Süsswasserfische zeigt nach der 
Ausdehnung und Abgrenzung der Flusssysteme bald grosse und weite, 
bald auch ziemlich eng geschlossene Bezirke mit scharf bestimmten 
Grenzen für die einzelnen Arten. In der Regel aber ist die fluviatile 
Fauna von der Oberflächengestalt des Bodens, welche die Form, Aus- 
dehnung und Richtung der Flussgebiete bestimmt, abhängiger als die der 
meisten Landthierordnungen. Ausnahmen von sporadischem Vorkommen 


1) Dr. A. Günther: Catalogue of the Acanthopterygian Fishes of the collection of the british 
Museum. London: 1859. 


75 


identischer Fischarten ohne allen geographischen Zusammenhang in weit 
von einander getrennten Flusssystemen sind selten und dann immer aus 
natürlichen Ursachen zu erklären. Grössere Inseln, die von breiten und 
tiefen Meeren umgeben sind, wie Japan, Neu-Seeland, Madagascar, haben 
durchaus eigenthümliche Fischarten. Schroff ansteigende Hochgebirge, 
oder grosse dazwischen liegende Wüsten, welche die einzelnen Fluss- 
gebiete trennen, scheiden gleichfalls die Arten, doch nicht so vollständig 
wie breite Meere.) Man kann als eine allgemeine Thatsache annehmen: 
dass, je abgeschlossener ein Flussgebiet durch die Oberflächenform der 
umgebenden Landschaft, oder je unübersteiglicher die Scheidewand ist, 
welche es von anderen Flussgebieten trennt, desto eigenthümlicher sind 
in der Regel die darin vorkommenden Thierarten.?) In Gegenden aber, 
wo trotz der dazwischen liegenden Landschwellen oder Meere zwei ver- 


1) So z.B. sind die westlichen Alpen und die Centralalpen der Schweiz und Tyrols eine wahre 
Scheidegrenze für die Arten und selbst für manche Gattungen von Flussfischen, wie noch 
neuerdings Professor Dr. Kner in seiner Darstellung der geographischen Vertheilung der 
Süsswasserfische Oesterreichs nachgewiesen hat. Der Po und die Etsch, deren Quellen von 
denen des Rheins und des Inns nur durch Zwischenräume von geringer Breite, aber durch 
einen schroffen alpinen Höhenkamm getrennt sind, zeigen hinsichtlich der Fischfauna eine 
grössere Verschiedenheit von den letztgenannten Flüssen, als z. B. der Rhein von der 
Donau und selbst vom Dniester und Pruth. Der Kaukasus trennt die Fischarten des Kuban 
und Tereck von denen des Kur und Araxes ebenso vollständig, wie die Insekten und Land- 
schnecken von Cis- und Trans-Kaukasien. Sämmtliche Fischarten, welche ich i. J. 1844 
in Transkaukasien sammelte, sind von den europäischen Arten verschieden. Dagegen haben 
die Flüsse Kleinasiens und Armeniens an ihren nördlichen Gehängen dieselben Fischarten 
wie das östliche Europa, während das Flussgebiet des Euphrat an der Südseite der arme- 
nischen Gebirge nach der Untersuchung der ichthyologischen Sammlungen Kotschy’s durch 
Dr. Heckel in Mehrzahl ganz verschiedene Species besitzt. Erstere bemerkenswerthe That- 
sache zeugt für den einstigen Zusammenhang Europa’s und Asiens am Bosporus ebenso 
entschieden wie die geognostische Untersuchung der Meerenge. Das Vorkommen von Ver- 
tretern der Characinen, einer für Afrika und Amerika charakteristischen Fischfamilie, in 
den Flüssen Spaniens, lässt ebenso wie das Vorkommen anderer charakteristischer Thier- 
formen, die im übrigen Europa nicht auftreten, z. B. einer Affenart auf den Felsen von 
Gibraltar, des Ohamäleons, einer Amphisbaena, verschiedener Arten der Arachnidengattung 
Androctonus, der Käfergattung Sepidium und besonders vieler identischer Helix-Arten auf 
einen früheren Zusammenhang Spaniens und Nordafrika’s schliessen, bevor der spaltenartige 
Durchbruch der „Säulen des Herkules‘ erfolgte und durch Erosion erweitert wurde. 

2) Sehr auffallend zeigt sich diess z.B. bei den Fischen des Flusses Herirud in Persien, welcher 
Zuflüsse aus den nordöstlichen Gebirgen Persiens empfängt, aber weder das Meer noch den 
Binnensee von Tuschak erreicht, da allsein Wasser durch die künstlichen Bewässerungskanäle 
in dem trockenen Land aufgebraucht wird. Nach den Untersuchungen des Grafen Keyserling, 
welcher die russische wissenschaftliche Commission nach Herat begleitete, hat der Herirud durch- 
aus eigenthümliche Fischarten, welche sich ganz auf die Familie der Oyprinen beschränken. 


19* 


76 


schiedene Stromgebiete in grösseren Entfernungen von den gleichen 
Arten bevölkert sind, lassen sich in den meisten Fällen auch gewichtige 
geologische Gründe auffinden, die für einen früheren Zusammenhang der 
jetzt getrennten Flussgebiete und für eine beträchtliche Aenderung der 
Niveauverhältnisse während der jüngeren geologischen Perioden sprechen. 
Einige Ausnahmsfälle, wo es überaus schwer ist, das sporadische Vor- 
kommen von identischen Fischarten nach der Theorie: dass jede Art 
ursprünglich von einem gemeinsamen Mittelpunkt ausgegangen, zu er- 
klären, kommen allerdings vor. Die Ursachen solcher Anomalien liegen 
jedoch wie Darwin richtig bemerkt, höchst wahrscheinlich sowohl in 
früheren öfters wiederholten Veränderungen der Erdoberfläche, als auch 
in zufälligen Verschleppungen der befruchteten Eier durch die ver- 
schiedenartigen Transportmittel, über welche die Natur mittelst Strömun- 
gen, Stürmen, Wasservögeln etc. verfügt. 

Wenn wir den Gebirgsbau sowie die Richtung und Ausdehnung der 
Flussläufe in den Provinzen Darien, Panama, Veragua mit dem davon 
völlig verschiedenen Charakter der vertikalen Gliederung und der hydro- 
graphischen Systeme Südamerika’s vergleichen, so ist die Eigenthüm- 
lichkeit der Süsswasserfauna jener Provinzen vollkommen begreiflich. 
Ebenso erklären sie durch die plötzliche schroffe Aenderung in der Ober- 
Nächenform des Isthmus zwischen der Sierra del Penon grande und der 
Sierra Trinidad, wo in einer Länge von sieben geographischen Meilen 
die Gebirgskette verschwindet und durch niedrige Hügelgruppen (Cerros) 
ersetzt wird, die in Amerika bis jetzt einzig dastehende Thatsache: 
einer theilweise vorkommenden Identität der Flussfischarten auf beiden 
entgegengesetzten Gehängen der Wasserscheide.. Vor der Untersuchung 
meiner ichthyologischen Ausbeute durch Dr. Kner war kein Fall bekannt, 
der das Vorkommen der gleichen Fischarten an den Flussmün- 
dungen beider Ozeanküsten nachwies. 

Die Cordillere von Darien, welche von der Sierra del Sol unter 
8° N. B. und 79° 30m W. L. v. P. bis zu den Altos de Maria Enrique 
unter 9° 26m N. B. 81° 35m W.L. ununterbrochen von Ost nach West 
streichend fortsetzt, bildet für sich ein von den südamerikanischen Cor- 
dilleras de los Andes getrenntes selbstständiges Gebirgssystem.!) 


1) Ich habe diese geographische Thatsache, welche mit den älteren Ansichten Humboldt’s, 


77T 


Die Hydrographie zeigt mit der schroffen Umgestaltung in der 
horizontalen und vertikalen Configuration des Welttheils aus einem 
breiten von mächtigen Hochgebirgen durchzogenen Continent in einen 
schmalen und relativ niedrigen Isthmus sehr veränderte Verhältnisse. 
Die ausgedehnten Flussnetze, die grossen Stromgebiete Südamerika’s, 
welche noch in der Provinz Choco an dem wasserreichen Rio Atrato 
einen majestätischen Repräsentanten aufweisen, verschwinden selbst an 
der atlantischen Seite. 

Es zeigt sich in Darien und Veragua sogar eine auffallende Ano- 
malie gegen die hydrographischen Verhältnisse aller übrigen Länder 
Amerika’s, indem die in den atlantischen Ozean mündenden Flüsse einen 
beträchtlich kürzeren Lauf haben, minder wasserreich und für die Schiff- 
fahrt ungünstiger sind, als die Flüsse der pacifischen Abdachung. 

Von dem hydrographischen System des Rio Atrato und seinen süd- 
westlichen Confluenten sind die Höhenzüge geschieden, welche in der 
von Kiepert veröffentlichten Spezialkarte des Obersten Codazzi als 
Cerros de Nique und Cerros del espiritu santo bezeichnet sind. Die Er- 
hebungsaxe derselben ist von 8. S. W. nach N. N. ©. gerichtet. Dieser 
Höhenzug erscheint als der letzte südliche Ausläufer, welcher aus einer 
Querspalte gehoben und die Parallelrichtung der Isthmuscordillere recht- 
winklig schneidend im Norden an dieselbe sich anlehnt. Im Süden hat 
dieses hohe Querjoch an den Altos de Espave, die wahrscheinlich von 
jüngerem Ursprung sind, eine Art Fortsetzung bis gegen die Ozeanküste. 
Nach der Augenschätzung der wenigen Reisenden und Goldsucher, welche 
bis jetzt in die oberen Gegenden nahe der Wiege des Rio Tuira einge- 
drungen sind, hat dieser transversale Höhenzug eine mittlere Kammhöhe 
von etwa 2200‘, während die höchsten Gipfel bis gegen 3000’ empor- 
steigen. Es sind dieselben Berge, welche Vasco Nufez de Balboa, der 
Entdecker der Südsee, in seinen Briefen an König Ferdinand mit un- 
geheurer Uebertreibung sowohl in Bezug auf ihre Höhe als auf ihren 


der die Provinz Darien nie selbst gesehen, sondern nur nach mangelhaften Kartenzeich- 
nungen kannte, sowie mit den Darstellungen der geographischen Handbücher in Wider- 
spruch steht, in einer ausführlichen Abhandlung der „Berliner Zeitschrift für allgemeine 
Erdkunde“ (Jahrg. 1861) nachgewiesen. Professor Wappaeus hat sich zwar gegen meine 
dort angeführten Gründe ausgesprochen, ohne sie jedoch zu widerlegen. 


78 


Goldreichthum schildert.!) Sie waren damals stark bevölkert, sind aber 
jetzt einsame Wildnisse, und gehören zu den unbekanntesten Land- 
schaften des tropischen Amerika. 

Für die Hydrographie von Mittelamerika und die geographische 
Verbreitung der Fische, sind diese Cerros de Nique von besonderer Be- 
deutung, denn sie scheiden einerseits die süssen Wasser Dariens von 
den Confluenten des Rio Atrato, anderseits von den in die Südsee mün- 
denden Rio Tuira und bedingen auch gleichzeitig die eigenthümliche 
süd-nördliche Richtung im obern Lauf dieses Stromes und seiner Zuflüsse. 

Ohne diesen trennenden transversalen Höhendamm, welcher fast den 
ganzen Raum zwischen der Südsee und dem Golf von Uraba einnimmt, 
würde die Flussfauna von Darien und Panama mit der des Atrato gewiss 
identisch sein, während dieselbe auffallend verschieden ist, wie neuer- 
dings die Sammlungen des Dr. Arthur Schott aus dem Atratothal und 
die meinigen aus Panama beweisen. Sämmtliche Gewässer von den 
nördlichen Gehängen der Isthmuscordillere von Darien sind nur kleine 
Küstenflüsse, deren Quellen nicht über 10 Minuten eines Grades, also 
kaum 3 geographische Meilen von der Mündung entfernt entspringen. 
In Folge der starken Niederschläge auf der Kammhöhe sind sie gleich- 
wohl verhältnissmässig wasserreich. Im obern Lauf zeigen sie den ge- 
wöhnlichen Charakter der Gebirgsbäche, sind selbst für Canoes nicht 
schiffbar und arm an Fischen. Von einem Mittellauf kann bei so ge- 
ringer Ausdehnung keine Rede sein. Im untern Lauf sind sie höchstens 
bis eine geographische Meile landeinwärts mit Kähnen fahrbar. 


1) Das Schreiben, welches der Entdecker des grossen Oceans an König Ferdinand richtete 
findet sich in dem aus dem Archiv de Indias en Sevilla publieirten Dokumenten und ist 
aus Santa Maria am Golf von Uraba vom 20. Januar 1513 datirt. Nachdem Balboa dem 
König den Reichthum der dortigen Goldminen (der einst so ergiebigen Mincn von Canas, 
die man seit den Freibeutereinfällen im 17. Jahrh. nicht wieder gefunden) geschildert, schreibt 
er: „estas minas son en una tierra que hay una Sierra la mas alta del mundo & parescer 
y ereo que nunca se ha visto otra de tan gran altura.“ Es ist anzunehmen, dass Balboa, 
die Eingebornen von denen er diese Mittheilungen erhielt, falsch verstanden hat, und dass 
diese ihm von dem fernen Hochgebirge der Anden in der Provinz Cauca erzählten, welche 
sie selbst nur der Sage nach kannten. Die Kette, welche das Flussgebiet des Atrato von 
dem des Cauca trennt, wäre allerdings hoch genug, um die Uebertreibung eines Mannes, 
der sonst in seinen Briefen nur selten absichtliche Unwahrheiten sagte, begreiflich zu 
machen. Die Berge der Goldminen, welche die Flussgebiete Südamerika’s von denen Mittel- 
amerika’s scheiden, hat Balboa erst auf einem seiner späteren Züge in Darien selbst besucht. 


79 


Die Flüsse des südlichen Abfalles haben einen wesentlich verschie- 
denen Charakter. Bei den Hauptflüssen Rio Tuira und R. Chucunague 
beträgt die ganze Länge des Laufes 22 bis 24 geographische Meilen, 
also achtmal so viel wie die mittlere Länge der Flüsse, welche in das 
karaibische Meer münden. In der Hydrographie Amerika’s ist dieses 
relative Verhältniss ohne Beispiel. 

Der Rio Tuira, mit welchem der Rio Chucunaque sich vereinigt, 
hat sein Quellbezirk in dem bereits erwähnten Höhenrücken der Cerros 
de Nique unter 7PN.B. Er nimmt bis 8° 10° eine nördliche Richtung 
und biegt dann plötzlich nach Westen um. Die Höhe seines Quellgebietes, 
bis zu welchem noch kein Forscher vorgedrungen, ist nicht durch Mes- 
sung bekannt. Von Norden und Süden her empfängt er eine bedeutende 
Zahl von Nebenflüssen. Darien und Veragua gehören überhaupt zu den 
feuchtesten, wasserreichsten Landschaften, und es gibt sicher nur wenige 
Länder der Erde, die auf einem so eng begrenzten Raum eine gleich 
grosse Zahl von Flüssen und Bächen aufzuweisen haben.!) 

Der Rio Tuira und seine Confluenten sind in ihrem oberen Laufe 
wahre Gebirgsflüsse. Sie gehen meist durch enge Steilschluchten (Que- 
bradas) sind bei starkem Gefälle sehr reissend, voll Stromschnellen und 
rollen, besonders nach Gewitterregen, gewaltige Steinblöcke. In seinem 
unteren und mittleren Lauf ist der R. Tuira bis 7 Meilen von seiner 
Mündung schiffbar. Die Aufstauung durch die eindrängende Fluth des 
stillen Oceans reicht hier bis 5 Meilen, im R. Bayano bis 4 Meilen von 
der Mündung. Salziges Wasser aber dringt bis höchstens 2 Meilen ein 
und daher halten sich auch die Flussfische hier ohne Nachtheil auf, da 
die Oberfläche des Wassers nur leicht brakisch wird. 

Unter 90° 30m W.L. v. P. lehnt sich ein von Süd nach Nord streichen- 
des Querjoch an die Parallelkette der Isthmuscordillere an, und trennt das 
Quellgebiet des Rio Chucunaque von dem des R. Bayano. Die Höhe dieses 
Querjoches, welches noch kein Forscher betreten hat, wird auf nahebei 1300° 
bis 1500‘ geschätzt und ist jedenfalls beträchtlich niedriger als der früher 
erwähnte Höhenzug der Cerros de Nique, dem auch für die Hydrographie 


1) Eine vergleichende Betrachtung der Spezialkarten von Codazzi und Authenrieth und 
meiner 3 Karten des Isthmusgebietes von San Blas, der Landenge von Panama und der 
Provinz West-Veragua (Chiriqui) wird jeden Geographen von dieser Thätsache überzeugen. 


s0 


und Geozoologie eine viel wichtigere Rolle zufällt. Der R. Chepo ist 
der bedeutendste Zufluss des R. Bayano und sein oberer Lauf nähert 
sich den Quellen des wichtigen R. Chagres bis auf 1'/ Meilen, dem 
R. de los Madrofos der Nordseite bis auf '2 Meile. Sie entspringen 
sämmtlich aus einem waldbedeckten Längenthal, dessen Inneres noch 
nicht durchforscht ist. Den südlichen Rand desselben habe ich mit 
meinem Freund Dr. Joseph Kratochwil während einer Reise, die wir 
gemeinschaftlich in das früher noch ebenso unbekannte Gebirge von 
Chepo unternahmen, genau untersucht. Dieses Längenthal war einstmals 
ebenso wie die Kesselthäler von Matachin und Paraiso in der eigent- 
lichen Landenge von einem Süsswassersee bedeckt, bis der Druck des 
Wassers die Kette im Norden von Chepo durchbrach, dieselbe durch all- 
mählige Erosion vertiefte und durch die Spalte des R. Mamoni entleerte. 

Der R. Chagres, der in demselben Längenthal entspringt, nimmt 
anfangs eine südwestliche Richtung, durchbricht dann im Centrum der 
Landenge das kreisrunde Erhebungsthal von Matachin und wendet 
sich durch deren Senkung in nordöstlicher Richtung nach dem karaibi- 
schen Meer. 

In der Landenge von Panama tritt dann jene merkwürdige Gebirgs- 
lücke auf, welche zwischen der Sierra del Penon grande unter 81° 48° 
W.L. v.P. bis zur Sierra Trinidad unter 82° 12° das niedrige Mittel- 
gebirge Dariens von dem Hochgebirge Veraguas trennt und eine beträcht- 
liche Depression durch das ganze Längenprofil der Erhebungsaxe des 
Isthmus in einer Ausdehnung von nahezu 7 geographischen Meilen 
darstellt.!) 

Mit dem Verschwinden der Cordillere und der Veränderung in den 


1) Die vertikale Gliederung, wie die hypsometrischen und geognostischen Verhältnisse in dem 
Quer- und Längendurchschnitt der Landenge, welche Napoleon Garella nur sehr mangel- 
haft beschrieben, habe ich in einem umfassenden Bericht, den ich im Jahre 1860 an die 
Königl. Akademie der Wissenschaften zu erstatten die Ehre hatte, ausführlich geschildert. 
Ich beziehe mich auf einen Auszug dieses Berichts, den ich in meinen „Beiträgen zu einer 
physisch-geographischen Skizze des Isthmus von Panama“, dem Ergänzungshefte der „geo- 
graphischen Mittheilungen von Dr. Petermann“, veröffentlichte. Die Spezialkarte, welche 
dieser ausgezeichnete Geograph nach den zum grössten Theil vom Oberst Totten und dem 
amerikanischen Ingenieur Trautwein, zum kleineren Theil aber von mir ausgeführten karto- 
graphischen und hypsometrischen Aufnahmen, meiner Abhandlung beigefügt hat, veranschau- 
licht diese Verhältnisse. 


81 


l 

plastischen Formen des Bodens, auf welchem in der erwähnten Länge 
statt eines zusammenhängenden Kettengebirges nur vulkanische Hügel- 
gruppen stehen, tritt auch in den hydrographischen Verhältnissen des 
Landes eine vollständige Aenderung ein. Man sieht auf der von Kiepert 
herausgegebenen Spezialkarte des Obersten Codazzi, dass durch ganz 
Darien von den Cerros de Nique bis zur Sierra del Penon grande alle 
bedeutenderen Rinnsale des süssen Wassers den Lauf nach dem stillen 
Ozean nehmen. Die nördlichen Küstengewässer haben, wie gesagt, einen 
ganz kurzen Lauf, bilden keine eigentlichen Flussnetze und sind nicht 
schiffbar. Hier aber zwingt die durch eigenthümliche geologische Vor- 
gänge veränderte Gestalt der Oberfläche den Rio Chagres, der nach dem 
Rio Bayano der wasserreichste Fluss der Provinz Panama ist, zuerst in 
südlicher Richtung durch das kreisrunde Erhebungsthal von Matachin 
und unterhalb Cruces, wo er sich dem stillen Ozean bis auf 3 geogra- 
phische Meilen nähert, durch die Hügellücke zwischen Cerro Caravali 
und Cerro Pelado in nordwestlicher Richtung nach dem karaibischen 
Meer sich zu wenden. Von beiden Seiten fliessen ihm viele Confluenten zu. 
Sein beträchtlichster Tributärfluss ist der Rio Trinidad, der aus der 
Cordillere von Veragua kennt. 

In der Provinz Veragua, deren nordöstlicher waldbedeckter Theil noch 
heute in seinem Innern geographisch fast eben so unbekannt ist, wie zur 
Zeit als Columbus dort die erste spanische Niederlassung am Belenflusse 
gründete, ändern sich die vertikale Configuration des Landes und mit 
ihr die Bewässerungsverhältnisse abermals, auffallend. Die Cerros de las 
piedras, del Espav& und de la Yaya bilden die letzten isolirten Kuppen, 
welche in der Depression der Landenge emporragen. Mit der Sierra 
Trinidad unter 8° 54m N. B. und 79° 51m W. L. v. Gr. beginnt ein 
anderes Erhebungssystem. Statt der Hügelgruppen und Kesselthäler 
von Panama erscheint wieder eine regelmässige Gebirgskette, welche 
höher ist und gegen Norden noch schroffer abfällt als die Isthmuscor- 
dillere von Darien. In ihrer westlichen Fortsetzung geht dieselbe in 
ein wirklich alpines Hochgebirge über mit einer mittleren Kammhöhe 
von 4800 engl. F. während einzelne Gipfel wie der Cerro de Saniago 
bis 9000‘ und der Vulkan von Chiriqui bis 11000’ emporsteigen. Krystal- 


linische Schiefer und granitische Gesteine, die in der eigentlichen Land- 
Abh. d.II.C1. d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 41 


82 


enge durch trachytische und basaltische Gebilde ersetzt sind, kommen 
wieder häufig vor und scheinen auf der Kammhöhe der Wasserscheide 
sogar vorherrschend anzustehen. 

Die Kamm- und Gipfellinie dieses Gebirgs nähert sich der Parallel- 
richtung und zeigt erst in Westveragua (Chiriqui) einen plötzlichen Ueber- 
gang in die Richtung von S. O. nach N. W. fast ühereinstimmend mit 
der Cordillerenrichtung von Costarica. Beträchtliche Depressionen des 
Gebirgs, tief einschneidende Passsenkungen, fehlen. Es scheint wenigstens 
im östlichen und mittleren Theil der Provinz keine Aussicht vorhanden, 
eine günstige Einsattelung zu entdecken, welche für eine künstliche 
interozeanische Wasserverbindung einige Chancen darböte. Zwischen 
den Meridianen 80 und 81 zweigt sich ein transversaler Höhenzug in 
südöstlicher Richtung ab und trägt wesentlich zur Bildung der grossen 
Halbinsel Azuero bei, welche weit nach Süden in den stillen Ozean 
hineinragend bis zum siebenten Parallel sich erstreckt. 

Die Provinz Veragua steht gleichfalls unter dem Einfluss des nord- 
östlichen Passatwindes, zu dessen Wirkung während der Regenzeit die 
ascendirenden feuchten Luftströmungen an der Südseeküste hinzukommen. 
Sie ist ebenso wasserreich wie die Provinz Darien. Es gibt zwar kein 
grösseres, weit verzweigtes, vielgestaltiges Flussnetz, dagegen eine be- 
trächtliche Zahl von Gebirgs- und Küstenflüssen, die in ihrem obern 
Lauf durch tief eingeschnittene Steilschluchten, die sogenannten Quebra- 
das oder Barrancas abfliessen, deren Entstehung und Form Humboldt 
zuerst genau schilderte. Sie stimmen in ihrer Form mit den Barrancas 
der Cordillere von Mexiko, welche neuerdings Henri de Saussure in 
seiner hydrologischen Skizze des östlichen Mexiko vortrefflich beschrie- 
ben hat,!) wesentlich überein. 

Die Flüsse der südlichen Abdachung von Veragua haben in ihrem 
oberen Lauf den gewöhnlichen Charakter reissender Gebirgsflüsse. Die 
Steilheit der senkrechten Barrancaswände machen das tief eingefurchte 
Bett stellenweise unzugänglich. In ihrem unteren Lauf sind es Küsten- 
flüsse, in deren Mündung die hier hoch ansteigende Fluth des stillen 
Oceans mächtig hineindringt und das Flusswasser bis zu einer Entfer- 


1) „Coup d’oeil sur P’hydrologie du Mexique‘“ par Henri de Saussure (Gen&ve 1862) mit Karte. 


83 


nung von 10 Seemeilen aufstaut. An den grösseren Flussmündungen 
ist das süsse Wasser bis auf 4 Seemeilen landeinwärts in brakisches 
Wasser: verwandelt. In der Mitte des Landes ändert der transversale 
Ausläufer der Cordillere im Departement Azuero die Richtung der Flüsse, 
welche von diesem Höhenzug einestheils in östlicher, anderntheils in 
westlicher Richtung in das grosse Weltmeer fliessen. 

Die hydrographischen Verhältnisse des westlichen Veragua (Departe- 
ment Chiriqui) sind von den mittleren und östlichen Distrikten der 
Provinz etwas verschieden. Ich habe solche an einem andern Orte 
bereits ausführlich geschildert.!) Die meisten Gewässer fliessen in der 
grösten Ausdehnung ihres Laufes durch flaches Land und nehmen mehr 
den Charakter von Küstenflüssen an. In ihrem oberen Lauf sind die 
Rinnsale tief eingefurcht zwischen den senkrechten Wänden von durch- 
waschenem Gestein. In schäumenden Katarakten oder wild brausenden 
Rapids durchströmen sie diese Barrancas. In ihrem mittlern Lauf be- 
dem Eintritt in die Savanne, die sich als Längengürtel am Fuss der 
Cordillere hinzieht, vermindert sich die Tiefe der Rinnsale. Bei geringem 
Gefälle nehmen auch die Stromschnellen ab. Das Bett wird breiter, der 
Uebergang weniger schwierig. Im Vergleich mit der atlantischen Seite 
zeigt die pacifische Abdachung entschieden günstigere Verhältnisse für 
die Binnenschifffahrt. An den grössten Flüssen dringt die Fluth des 
Oceans 10—12 Seemeilen von der Mündung einwärts und erleichtert 
die Einfahrt von Barken und selbst von Zweimastern. 

Diese hohe Fluth des stillen Oceans, welche das süsse Wasser fast 
bis an den Fuss der Cordillere aufstaut, hat an den grösseren Fluss- 
mündungen zur Bildung eines wahren Netzes von sogenannten Esteros mit- 
gewirkt, welche sowohl für die Küstenschifffahrt als für die geographische 
Verbreitung der Organismen des Meeres und der Flüsse, die sich hier be- 
gegnen, eine grosse Wichtigkeit haben. Es sind kleine Buchten mit 
brakischem Wasser, durch natürliche Kanäle in verschiedenen Rich- 
tungen verbunden. Sie gewähren den kleinen Küstenfahrzeugen gute 
Ankerplätze und erleichtern ungemein den Verkehr zwischen den ein- 
zelnen Küstenniederlassungen. 


1) S. M. Wagner „Physisch geographische Skizze der Provinz Chiriqui“ mit Karte in den „Mit- 
theilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt‘ Heft IV Jahrgang 1863. 
IE* 


84 


Die drei Provinzen Darien, Panama und Veragua liegen innerhalb 
der Isothermen von 25—26° Cels. Die mittlere Temperatur des Wassers 
in.den meisten Flüssen der Tiefregion bis 1200’ Höhe, die ich unter- 
suchte, schwankt in der trockenen Jahreszeit von +22—25°C. In der 
Regenzeit, wo die Flüsse durch starke Gewitterregen- oft hoch an- 
schwellen, sinkt die Temperatur gewöhnlich um einige Grade tiefer. In 
der Region über 2000‘ geht die Temperatur der Gebirgsbäche bis auf 
18 Centigrade und in der Regenzeit sogar noch tiefer. Sehr reissende 
Flüsse mit seichtem Bett und starkem Gefälle wie der Rio de las Piedras 
bei Bugaba zeigen besonders während der Regenzeit eine etwas niedri- 
gere Temperatur. 

In Uebereinstimmung mit den geschilderten physischen Verhältnissen 
des Landes zeigt die ichthyologische Fauna des ISthmus von Panama fol- 
gende charakteristische Züge: 

1) Die vorkommenden generischen Typen sind ausschliesslich tropisch.") 

2) Die Familien der Chromiden, Characinen und Siluriden sind ver- 
hältnissmässig am meisten vertreten. Dagegen fehlen die Familien der 
Cyprinen und Esocen und die in Nordamerika reich vertretene auch in 
Südamerika und auf den Antillen vorkommende Familie der Perciden 
gänzlich. 

3) Die Fauna zeigt im Verhältniss zur geringen Artenzahl eine be- 
deutende Mannigfaltigkeit der Formen. Das Verhältniss der vorkom- 
menden Familien zu den Arten ist wie 2 zu 5, während es in Mittel- 
europa wie 1 zu 6, in Nordamerika wie 1 zu 8 ist. 

4) Die vorkommenden Gattungen stimmen mit den südamerikanischen 
im Wesentlichen überein mit Ausnahme der Gattung Chalcinopsis, welche 
dem Isthmus eigenthümlich. anzugehören scheint. Dagegen sind viele 
in Südamerika vorkommende Fischgattungen in den Flüssen des Isthmus 
nicht vertreten. Gymnotinen, welche noch im R. Atrato vorkommen, 
fehlen im Isthmusgebiet. 

5) Die Zahl der Arten ist im- Vergleich mit den Flussfaunen Süd- 
amerika’s sehr gering, was sowohl durch die geographische Abgeschlossen- 


1) Die Gattung Pimelodus erinnert zwar an verwandte Formen in den nördlicheren und ge- 


mässigten Zonen, doch erscheinen dieselben dort nur wie aus dem Süden eingewanderte 
Fremdlinge. 


85 


heit des Isthmus, als durch die geringe Ausdehnung der Flussnetze 
erklärbar ist.!) 

6) Alle vorkommenden Arten sind Raubfische d. h. solche die nur 
animalische Nahrung aufnehmen und theils Krusten- und Kerbthiere, 
theils andere Fische verzehren. Pflanzenfressende Fische, wie die in 
Europa und Asien so zahlreich vertretenen Arten der Karpfenfamilie, 
fehlen gänzlich. 

7) Die Mehrzahl der vorkommenden Arten ist dem Lande eigen, 
oder wenigstens anderwärts noch nicht nachgewiesen. 

8) Die Minderzahl der vorkommenden Arten hat das Isthmusgebiet 
mit den östlichen Flüssen des tropischen Theiles von Südamerika gemein. 
Dieselben Arten scheinen dagegen am westlichen Abhang der Anden von 
Neugranada, Ecuador, Peru, Bolivia ganz zu fehlen. 

9) Die Zahl der Individuen ist, sowohl im Verhältniss zur Zahl der 
Gattungen und Arten als im Vergleich mit den Süsswasserfaunen von 
Süd- und Nordamerika sehr gering — ein Umstand der dem ausschliess- 
lichen Vorkommen von gefrässigen Raubfischarten, die sich gegenseitig 
vertilgen, und besonders der geringern Tiefe und Ausdehnung der Flüsse, 
die den schwächeren Fischen das Entrinnen vor ihren stärkeren Gegnern 
erschwert, zuzuschreiben ist. 

10) Die vorhandenen Arten überschreiten in Mehrzahl die Wasser- 
scheide und kommen an beiden entgegengesetzten Gehängen vor. Die 
Verbreitungslinie (Invasionslinie nach Darwin) geht also hier sowohl von 
Ost nach West, als von Nord nach Süd, während sie sowohl in Süd- 
amerika wie im eigentlichen Nordamerika vorherrschend nur der meri- 
dionalen Richtung folgt. Ob dieses Vorkommen sich an den verschie- 
denen tiefsten Depressionen des ganzen centralamerikanischen Isthmus 
(in den Landengen von Nicaragua und Tehuantepec) wiederholt, dürfte 


1) Man darf als allgemeine Thatsache annehmen: je länger der Lauf eines Stromes ist, und 
je mehr wasserreiche Tributärflüsse ihm aus verschiedenen Himmelsgegenden zufliessen, 
, desto grösser ist auch die Artenzahl der Fische. Die grösste Mannichfaltigkeit an Formen 
sowohl wie an Sippen zeigen zweifelsohne solche Ströme, welche wie der Amazonas und 
Orinoko in der Parallelrichtung fliessend, zahlreiche Confluenten von Nord und Süd und 
aus verschiedenen Höhen, also Zuflüsse aus sehr verschiedenen Klimaten empfangen. Im 
Isthmus von Panama sind die hydrographischen und klimatischen Verhältnisse unendlich 
beschränkter und einförmiger. Daher auch die geringe Artenzahl. 


86 


aus Gründen der Analogie in den ‘geologischen und hydrographischen 
Verhältnissen anzunehmen sein, ist aber noch nicht mit Sicherheit nach- 
gewiesen. 

Für die Zoogeographie Amerika’s ist letztere durch meine Beobach- 
tungen und Sammlungen im Isthmus von Panama zum erstenmal erwie- 
sene Thatsache einer Kreuzung der Invasionslinien der Arten, welche 
hier sowohl in der Richtung der geographischen Länge wie der Breite 
sich fortziehen, von besonderer Wichtigkeit. Dieselbe beschränkt sich 
hier nicht blos auf die Süsswasserfische, sondern zeigt sich auch bei 
allen übrigen Thierklassen, und noch mehr bei den Pflanzen. Eine 
genaue Einsicht in die horizontale und vertikale Configuration wie in 
die hypsometrischen Verhältnisse der Landschaften zwischen der Man- 
zanillobai und dem Golf von Panama dürfte diese von allen übrigen 
Ländern Süd- und Nordamerika’s abweichende Verbreitungsrichtung der 
Organismen begreiflich machen.!) 

Die ausserordentliche Verengung des Isthmus und die Senkung seiner 
Oberfläche, wie solche hier durch den ganzen Quer- und Längendurch- 
schnitt zwischen beiden Oceanküsten stattfindet, das plötzliche Ver- 
schwinden der Gebirgskette, die geringe Höhe und Breite der Querjöcher 
und Landschwellen (Lomas), welche die vulkanischen Hügelgruppen und 
Kesselthäler verbindend die Wasserscheide bilden, der vorherrschende 
nordöstliche Passatwind, der hier das ganze Jahr ohne Unterbrechung 
über die Landenge hinstreicht, die in die Flüsse tief eindringende Fluth 
beider Oceane, die tägliche Wanderung der Wasservögel von einem 
Meeresgestade zum andern — all’ diese Verhältnisse und Umstände waren 
hier seit undenklichen Zeiten sowohl der freien als der unfreiwilligen 
Wanderung der Organismen, dem Austausch der Formen zwischen beiden 
Küstenstrichen, günstiger als an irgend einer andern Stelle Amerika’s. 
Daher auch diese auffallende Erscheinung einer Kreuzung der Verbrei- 
tungslinien der meisten Arten. 

Der Querdurchmesser des Welttheils, welcher 5 Breitegrade weiter 
südlich noch nahezu 150 geographische Meilen beträgt, vermindert sich 
in der Landenge zwischen der Manzanillobai und dem Golf von Panama 


1) S. die Totten’sche Specialkarte mit den von mir beigefügten Höhenangaben des Quer- 
und Längenprofils in Petermann’s Mittheilungen, Jahrgang 1860. 


87 


auf 8 geographische Meilen. Die Höhe der Hügelgruppen sinkt in dem 
ganzen Längenprofil der Depression zwischen 79° 29° und 79° 51‘ 
W. L. v.Gr. nach dem Mittel meiner dort ausgeführten barometrischen 
Messungen auf 206 Meter. Das Mittel der Passsenkungen auf 13) 
Meter. Die Breite des trennenden Dammes der Wasserscheide zwischen 
dem Rio Obispo (Zufluss des Rio Chagres) und den in den Golf von 
Panama mündenden Rio Grande reduzirt sich auf Y/s geogr. Meile, die 
Höhe seines Scheitelpunktes auf 287 engl. Fuss. 

Vergleicht man diese Verhältnisse der senkrechten Gliederung mit 
denen von Südamerika, wo ein kolossales Hochgebirge in einer vor- 
herrschend meridionalen oder von 8. S. Ost nach N. N. West gerichteten 
Linie ununterbrochen durch den ganzen Continent streicht und einer 
Wanderung der Organismen in ostwestlicher Richtung eine fast unüber- 
steigliche Schranke setzt — wo also die grössten Gegensätze gegen die 
Oberflächengestaltung des Isthmus walten — so darf es nicht befremden, 
wenn hier die Verbreitungslinien der Arten von den dortigen so auf- 
fallend abweichen. 

Nicht nur die mit leichten Bewegungsorganen ausgestatteten Formen, 
sondern selbst die schwerfälligsten Land- und Süsswasserthiere haben 
hier ihrem Trieb nach Nahrung und Fortpflanzung folgend oder durch 
den „Kampf um das Dasein‘ gedrängt den Weg von einer Tiefregion 
der Küste zur andern über die schmale und niedrige Schranke der 
wasserscheidenden Höhe leicht zu finden vermocht. Es ist unter den 
gegebenen Verhältnissen dem Zoologen vollkommen begreiflich, selbst 
ein so langsam und schwerfällig sich bewegendes Säugethier wie das 
Faulthier (Bradypus didactylus) welches bekanntlich in den östlichen 
Urwäldern von Brasilien und Guiana häufig vorkommt, aber an dem 
Westabhang der Anden fehlt, hier an der Küste der Südsee von Veragua 
und Costarica wiederzufinden. Es ist ebensowenig zu verwundern, wenn 
die trägen Giftschlangen der Gattungen Lachesis und Elaps, dieselben 
Species der Alligatoren, Scorpionen und Coleopteren, und selbst die 
nämlichen Land- und Flusswasserschnecken mit den gleichen Arten von 
Flussfischen an beiden Küstenstrichen erscheinen. In Südamerika fehlt 
dagegen die Identität der Faunen von Ost und West für alle Thierklassen. 

Wenn man das Vorkommen und die Lebensweise gewisser tropischer 


88 


Fischformen wie z. B. die höchst eigenthümlich und sonderbar gestaltete 
Familie der Panzerwelse (Loricata)') beobachtet, denen es in dem Schlamm 
der halb trocken liegenden Rinnsale der Flüsse während der regenlosen 
Jahreszeit noch ganz behaglich ist, und die ausser dem Wasser Tage 
lang leben und auf dem Lande sich leicht bewegen können, so ist für 
solche Fischarten die Ueberschreitung einer schmalen Wasserscheide 
selbst durch willkürliche Bewegung nicht undenkbar. 

Dazu kommt hier die Natur durch zufällige Transportmittel der 
Verbreitung auf eine sehr verschiedenartige Weise zu Hülfe.?) Fisch- 
fressende Pelekane und andere Wasservögel, welche in der Landenge 
von Panama täglich schaarenweise von einer Flussmündung zur andern 
fliegen — eine Thatsache, deren hier schon Garella erwähnte ?) — können 
zur Verbreitung des befruchteten Laiches, den sie an den Federn, im 
Kropfe oder im Magen führten, sehr wesentlich beigetragen haben. Eine 
durch sichere Beobachtung nicht nur im tropischen Amerika, sondern 
auch in Ostindien, China, auf den Sundainseln u. s. w. erwiesene That- 
sache ist die öfters wiederholte Erscheinung von Fischregen in Folge 
von Wasserhosen, Drehstürmen u. s. w. Auch Muscheln — Krabben — 


\ 

1) S. die monographische Abhandlung über die Panzerwelse von Dr. Rudolph Kner im Band 
VIund VII der Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, wo der selbständige 
von den ächten Siluriden getrennte Familiencharakter der Loricaten mit Scharfblick nach- 
gewiesen ist. Schon Johannes Müller hatte in seiner vortrefflichen Abhandlung: „über die 
Ganoiden und das natürliche System der Fische‘ bemerkt, dass die Familie der Siluriden 
in zwei Gruppen zerfalle: in ächte Siluri und Loricacinen. 


2) Auf wie mannichfaltige Weise die Natur für die Verschleppung und Ausbreitung der Or- 
ganismen sorgen kann, darüber gibt Darwin in den inhaltreichen Capiteln „über die 
geographische Verbreitung‘ viele neue, interessante Aufschlüsse. Ich erwähne unter den 
vielen Beobachtungen dieses geistvollen Forschers nur folgende: Darwin legte in ein 
Aquarium einen Entenfuss, an welchem sich die aus den Eiern geschlüpften kleinen Süss- 
wasserschnecken so fest hängten, dass sie kaum abgeschabt werden konnten. Diese kleinen 
Weichthiere lebten an dem Eintenfuss in feuchter Luft noch 12—20 Stunden lang. „Wäh- 
rend dieser Zeit, bemerkt Darwin, kann eine Ente oder ein Reiher wenigstens 600—700 
engl. Meilen weit fliegen und sich wieder in einem Sumpfe oder Bache, vielleicht auf einer 
ozeanischen Insel niederlassen.“ (s. Charles Darwin „über die Entstehung der Arten“ 
S. 390). Diese Beobachtung wäre allein schon hinreichend, gewisse Einwürfe von Agassiz 
gegen die Migrationstheorie der Thierarten besonders in Bezug auf Süsswasserthiere zu 
widerlegen. 


3) In der Brochure: „Projet d’un canal de junction de l’ocean pacifique et de l’ocean atlan- 
tique & travers l’Isthme de Panama.“ (Paris 1845). 


39 


Frösche-Regen sind unmittelbar nach solchen meteorischen Phänomenen 
öfters beobachtet worden.!) 

Die Bildung von hohen Wasserhosen bei heftigen Gewittern ist an 
den Flussmündungen des centralamerikanischen Isthmus, besonders am 
karaibischen Meer, eine häufige und für kleine Fischerbarken gefährliche 
Erscheinung, welche bereits Columbus während seiner vierten Entdeckungs- 
reise 1505 an der Küste von Veragua erlebt und geschildert hat’?) Der 
Nordostpassatwind kann, wenn er hier zur Sturmesstärke sich steigert, 
kleine Thiere und Pflanzensamen, so auch Fischeier, welche von Wasser- 
hosen emporgehoben worden, über die schmale Landenge hinüberführen. 
Dass der Passatwind bei Verbreitung des Fischlaiches in der von ihm 
festgehaltenen Richtung mitwirkt, dafür scheint auch der grössere Arten- 
reichthum in den Flüssen der pacifischen Abdachung zu sprechen. 

Endlich kommt bei der Verbreitung der Fische noch der Umstand 
in Betracht, dass die Bewässerungsverhältnisse während der jüngsten 
geologischen Perioden (von den obersten neogenen Bildungen der Land- 
enge bis zu den Alluvialbildungen der jüngsten Tuffe und Conglomerate) 
einer weitern Ausbreitung der Fischarten günstiger waren als die 
gegenwärtige Vertheilung der Flussrinnsale. Nicht nur die Kesselthäler 
von Matachin und Paraiso bildeten damals kleine Seebecken, sondern 
auch ein grosser Theil der südlichen Savannenzone der Provinzen Darien 
und Veragua scheint in jener Zeit noch von süssen Wassern überfluthet 
gewesen zu sein. Es gab Verbindungen zwischen den Flüssen, die seit- 
dem durch Hebungen der Küste und durch Alluvialbildungen längst 
unterbrochen sind. 

Folgende Fischarten habe ich in den Flüssen beider Gehänge der 
Wasserscheide vorkommend beobachtet?) und zwar im brakischen Wasser 


1) S. hierüber die interessanten Bemerkungen von Professor H. G. Bronn in dessen „Allge- 
meiner Zoologie“ S. 172 u. 272 und die Mittheilungen von Dr. Schmarda in dessen Werk: 
die geographische Verbreitung der Thiere S. 193 bis 196. 

2) Las Casas Il c. 14. Hist. del Almirante Cap. 49. 

3) Die Fischarten des Rio Chagres, des Rio Bayano und der Flüsse von der pacifischen Ab- 
dachung West-Veragua’s habe ich mit Ausnahme einer einzigen Species, dieichmir nicht ver- 
schaffen konnte, ziemlich vollständig gesammelt. Wenigstens wussten mir die erfahrensten 
Angelfischer unter den Indianern und Cholos mit Ausnahme des Ronqueoro keinen Flussfisch 
zu nennen, der meiner Sammlung fehlte. Dagegen sind mir die Fische der Nordseite von 
Veragua und Darien unbekannt geblieben. Es ist indessen nicht sehr wahrscheinlich, dass 
die dortige Fischfauna von der des Rio Chagres wesentlich abweicht. 

Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 12 


90 


der Mündungen: Acanthias vulgaris Risso. ‘Dajaus elongatus Kn. St. Dajaus 
monticola ©. V., Dajaus nasutus Kn.; im süssen Wasser des mittleren 
Flusslaufes: Macrodon brasiliensis (?) Spix., Acara coeruleopunctata Kn. St., 
Heros Sieboldü Kn. St., Xiphophorus Gillü Kn. St., Chalcinopsis striatulus 
Kn. St., Tetragonopterus aeneus Günth., Tetragonopterus Gronovü C. \V., 
Pimelodus cinerascens Günth., Loricaria uracantha Kn. St., .Loricaria 
lima Kn., Hypostomus plecostomus C. V. 

Der atlantischen Seite des Isthmus, dem Rio Chagres und seinen Neben- 
flüssen scheinen ausschliesslich nur Pimelodus modestus Günth. und Aneis- 
trus cirrhosus Kn. anzugehören. Auf die südliche (pacifische) Abdachung 
beschränkt sind die von den Herren Kner und Steindachner als neu auf- 
gestellten Arten: Pristipoma humile, Eleotris picta, Engraulis macrolepidota, 
Engraulis Poeyi, Bagrus arioides, Heros altifrons. Letztere ausgezeichnete 
Art findet sich weder im Rio Bayano, noch im Rio grande der Südseite, 
sondern ausschliesslich nur in den südlichen Flüssen des Departement 
Chiriqui (West-Veragua).!) 

Wie weit am südlichen Ende des Isthmus die Kreuzungslinie der 
Artenverbreitung nach Ost und West auseinander läuft, ist mir nicht 
gelungen mit voller Sicherheit zu ermitteln. Doch glaube ich sowohl 
aus geographischen Gründen als wegen der plötzlichen Veränderung der 
Fischnamen in der Provinz Choco annehmen zu dürfen, dass die er- 
wähnten Cerros de Nique unter 79° 50‘ W. L. v. P. die Grenzscheide 
der Süsswasserfauna von Panama bilden. Die im Rio Chucunaque vor- 
kommenden Fische führen noch dieselben Namen wie im Rio Bayano, 
aber in den Flüssen Rio Cacique und Rio Apogado jenseits der Wasser- 
scheide kommen bei den Eingeborenen von Choco bereits andere Benen- 
nungen vor. Auch die Bemerkungen von Gill über die ichthyologische 
Ausbeute des Dr. Schott im Atratostrom und in den kleineren Flüssen 
von Choco lassen auf eine wesentliche Verschiedenheit der Fauna dieser 
von Darien scharf abgegrenzten Provinz schliessen.?) 


1) Nach diesen genaueren Angaben des Vorkommens sind einige kleine Irrthümer, die sich 
in die‘ vorhergehende Abhandlung der Herren Kner und Steindachner hinsichtlich der 
Fundorte eingeschlichen haben, zu berichtigen. Wo dort „Neu-Granada‘‘ als Fundort ge- 
nannt wird, ist immer der Isthmusstaat Panama gemeint, der zum Gebiet der Republik 
Neu-Granada gehört. 

2) S. Lieutenant Michler’s; „Report of his survey for an interoceaniec ship canal near the Isthmus 


91 


In westlicher Richtung geht die Verbreitungslinie der Fischarten 
durch den ganzen Savannenstrich von Veragua, wo mehrere der früher 
getrennten Flussgebiete noch zu Anfang der quarternären Periode zusammen- 
hingen. Im westlichen Veragua (Departement Chiriqui) verschwinden 
bereits mehrere Fischarten, wie Acara coeruleopunctata und Loricaria lima, 
während einige neue Species auftreten, wie der erwähnte Heros altifrons, 
und in den höheren Flussgegenden der von den Eingeborenen Ronqueoro 
benannte Fisch, von dem ich mir leider kein Exemplar verschaffen konnte. 

Für die ökonomischen Verhältnisse sind nur folgende Arten von 
einigem Belang: der Savalo (Chalcinopsis striatulus), der grösste Fluss- 
fisch, von dem ich Exemplare bis zur Schwere von 24 Pfund sah, 
und der namentlich für die Indianer in den Binnengegenden ein 
wichtiger Gegenstand der Nahrung ist; nächst ihm die sogenannte 
Sardina (Chaleinopsis chagrensis), welche in grosser Zahl die Flüsse 
beider Gehänge bevölkert und besonders für die Alligatoren eine 
Hauptnahrung ausmacht; dann der Barbu (Pimelodus cinerascens), der 
wie die vorhergehenden Arten auch in der Cordillere von Darien und 
Veragua vorkommt und bis zu beträchtlicher Höhe hinaufgeht. Der 
Savalo wird von den Indianern am Bayano und von den San-Blas-India- 
nern gewöhnlich mit dem Speer gestochen, in dessen Führung diese 
Eingebornen eine ausserordentliche Geschicklichkeit besitzen. Im untern 
Theil der Flüsse kümmern die Eingebornen sich wenig um den Fisch- 
fang, da die Nähe des Meeres den Fischern einen viel ausgiebigern Fang 
an der Küste bietet. 

Der gefrässigste Raubfisch der Flüsse ist der sogenannte Bocaperro 
(Macrodon brasiliensis Spix), den die vielen konisch spitzigen Zähne auch 
als solchen verkünden. Er beisst mit Wuth an jeden animalischen Köder 
und verletzt mit seinem Biss nicht selten badende Menschen. Der Ari- 
zagua (Loricaria lima und Loricaria wracantha) wird nicht gegessen. Das 


of Darien. Appendix H. The Fishesby Theodore Gill.“ p. 251—259. Obwohl in diesem 
Anhang nur die Familien und Gattungen der im Atratostrom und Zuflüssen vorkommenden 
Fische, nicht die Arten, angeführt sind, so erkennt man doch daraus eine höchst merk- 
würdige Verschiedenheit des generischen Charakters selbst bei der Familie der Characinen, 
von welcher Herr Gill die von Spix aufgestellten Gattungen Pacw und Leporinus und die 
Gattung Astyanaz Girard erwähnt, die im Isthmus von Panama nicht vorkommen, während 
die von mir beobachteten Gattungen von Dr. Schott nicht gefunden wurden 


2 


92 


- 


fremdartige, ich möchte sagen dämonische Aussehen des Panzerwelses 
gibt ihm unter den Eingebornen eine gewisse Popularität. Es knüpfen 
sich an denselben verschiedene sonderbar klingende Sagen, z. B. dass 
er weit landeinwärts marschire, und ebenso gut in der Luft wie im 
Wasser lebe, dass er Büsche ersteigen und Töne hervorbringen könne. 
Was von diesen Sagen wahr ist, konnte ich nicht mit Genauigkeit er- 
mitteln. Ich habe mehrere dieser Panzerwelse in Moos eingehüllt halbe 
Tage lebend ausserhalb dem Wasser aufbewahrt, aber selbst als ich sie 
mit einer Messerspitze reitzte und verwundete, nichts von einem Ton 
gehört. Dass der Fisch auf dem Lande sich ohne Schwierigkeit von 
der Stelle bewegt, habe ich bestätigt gefunden. Der Panzerwels beisst 
nie an den Köder der Angel, sondern wird mit den Händen an sehr 
seichten Stellen des Flussbettes gefangen, wo er wie die Krebse fast 
unbeweglich unter Steinen liegt. Ein Exemplar der kleineren Art 
fand ich in einem verfaulten hohlen Baumast an einer ganz seichten 
schlammigen Stelle des Rio Chagres umgeben von Fischeiern und win- 
zigen Fischen, die eben aus den Eiern schlüpften. Ich hielt dieselben 
für seine eigene Nachkommenschaft, welche der still liegende Fisch zu 
behüten und zu schützen schien. Eine genaue Untersuchung der winzig 
kleinen Fische durch Herrn Professor von Siebold ergab jedoch, dass 
sie einer andern Gattung angehörten. Es ist daher eher anzunehmen, 
dass der im Wasser schwerfällige Panzerwels die Eier anderer Fische 
im Schlamme aufsucht, um sie zu verzehren. Sonst sind kleine Krebse 
die beliebteste Nahrung der Raubfische dieser Flüsse und die gewöhn- 
lichen Köder der Angelfischer. 

Die Süsswasserfische, welche ich aus dem Staate Ecuador (Süd- 
amerika) an die zoologische Staatssammlung in München einsandte, und 
deren Namen in der vorhergehenden descriptiven Abhandlung angeführt 
sind, stammen theils aus dem Rio Guayaquil, theils aus den verschiedenen 
Confluenten, welche diesem wasserreichen Strom von den Anden der 
Provinzen Pichincha, Leon und Chimborazo zufliessen. Sie gehören mit 
Ausnahme der beiden kleinen alpinen Welsarten (Brontes prenadilla und 
Arges cyclopum), welche die Wasserscheide überschreitend in den höchsten 
Gebirgsbächen beider Gehänge vorkommen, ausschiesslich dem westlichen 
Abfall des Gebirges an. Die in den Flüssen Pastassa und Napo der Ost- 


93 


» 


seite vorkommenden Fischarten sind von denen der Westseite specifisch 
ebenso verschieden wie die Amphibien, Mollusken und Insekten. 

Das hydrographische System von Ecuador will ich nur kurz schil- 
dern, da dieser Theil von Südamerika weder für die Thiergeographie 
des Welttheils, noch für die physische Erdkunde überhaupt dieselbe 
Wichtigkeit hat wie der Isthmusstaat Panama. In Betreff des Rio 
Guayaquil und seiner vielen Nebenflüsse, verweise ich auf die älteren 
Karten von Maldonado, Humboldt, Wisse, und auf die neueste 
Specialkarte von Dr. Villavicencio. Diese Karten lassen allerdings in 
Betreff der genauen Zeichnung der Flussläufe des Westens wie des 
Ostens sehr viel zu wünschen übrig; denn die genannten Forscher haben 
nur einen verhältnissmässig kleinen Theil des Binnenlandes wirklich be- 
treten. Die vielen Krümmungen, welche sie z. B. dem wasserreichen 
Rio Daule geben, der nördlich vom Hafen Guayaquil in den grossen 
Strom einmündet, sind ebenso hypothetisch wie die regelmässigen 
Schlangenwindungen der Flüsse in der Provincia oriental, deren Inneres 
noch beinahe ganz „unbekanntes Land“ ist. Doch geben diese Karten 
wenigstens von den allgemeinen Verhältnissen des Bewässerungssystems 
an den westlichen Gehängen der obengenannten Gebirgsprovinzen, sowie 
der Küstenprovinzen Guayapuil, Esmeraldas und Manabi einen annähernd 
richtigen Begriff. | 

Beide Andesketten und die Doppelreihe der grossen Vulkane von 
Ecuador, die an den Rändern der Ketten sich erheben, sind durch 
Längenthäler geschieden, welche bei Quito und Tacunga die Form von 
Plateaus annehmen. Diese Längenthäler waren noch zu Ende der Dilu- 
vialzeit von ausgedehnten Süsswasserseen bedeckt. In den obersten fast 
horizontal gelagerten Tuffschichten bei Ambato, Quito, Tacunga, fand 
ich die Schalen derselben Arten von Land- und Süsswasserschnecken, 
die dort noch heute lebend vorkommen. Die allmählige Entleerung 
dieser Seen begann höchst wahrscheinlich mit dem Durchbruch der 
basaltischen Gesteine in der östlichen Kette (Pastassathal), durch welche 
tiefe Querrisse in dem Gebirgsbau erfolgten. Im Laufe der Zeiten ver- 
tiefte das abfliessende Wasser diese Querthäler durch allmählige Erosion. 

Unter einander sind die Plateaus des Andes durch Querjöcher von 
mässiger Höhe getrennt, Die Wasserscheide der beiderseitigen Fluss- 


94 


® 


systeme wird nur an wenigen Punkten durch die Kette der Anden selbst, 
in den meisten Fällen durch niedrige Landschwellen ın den Hochthälern 
gebildet. Es berühren sich die nach beiden Oceanen fliessenden Quell- 
bäche namentlich in den Umgebungen der Berge Chimborazo, Cotopaxi 
und Tunguragua so nahe, dass der Reisende sich dort mit leichter Mühe 
das von Dr. Tschudi erwähnte eigenthümliche Vergnügen machen kann: 
aus dem Wasser, das nach dem atlantischen Ocean zu fliessen bestimmt 
ist, ein Glas zu füllen und es zu einem Zufluss des stillen Weltmeeres 
zu tragen. 

Diese Terrainverhältnisse machen die Identität der Süsswasserfauna 
beider Gehänge für die höchsten Regionen von 9500’ bis 13,400° er- 
klärbar. In den mittleren Regionen ändern sich diese Verhältnisse. 
Von 6000° abwärts beginnt daher auch eine sehr bestimmte Trennung 
der beiderseitigen Faunen von Ost und West, und diese Trennung zeigt 
sich in der Tiefregion noch schärfer ausgeprägt. 

Die Wiegen aller Flüsse dieses Landes liegen innerhalb der eigent- 
lichen Aequatorialzone, wo eine wirklich trockene Jahreszeit nicht existirt. 
Die Unterbrechung des Regens (im Juni und Juli) dauert anhaltend kaum 
6 Wochen. Diese Umstände erklären den Wasserreichthum der west- 
lichen Flüsse ungeachtet ihres kurzen Laufes. Alle grösseren Flüsse, 
die im Andesgebirge entspringend zwischen 35° S. B. und 2° N. B. in 
den stillen Ocean münden, bilden gegen die Mündung breite und tiefe 
Ströme. Der Rio Guayaquil unterhalb der Stadt dieses Namens über- 
trifft den Mississippi bei New-Orleans an Breite und steht ihm an Tiefe 
nur wenig nach. 

In ihrem oberen Laufe sind die westlichen Flüsse der Anden sehr 
reissend, mit häufigen Katarakten, oft zwischen den steil abfallenden 
Felswänden tiefer Barrancas eingeklemmt, für Fahrzeuge meist unzu- 
gänglich und arm an Fischen. Gegen den mittleren Lauf aber sind die 
grösseren dieser Flüsse, namentlich Rio Daule und R. Babahoyo, deren 
Vereinigung den R. Guayaquil bildet, bereits beträchtliche Ströme und 
ziemlich reich an Fischen, Amphibien und Krustenthieren. Die sandigen 
Ufer und Inseln der Flüsse wimmeln von grossen schwarzgrauen Alliga- 
toren, deren Zahl vielleicht in keinem andern Flussgebiet der Welt be- 
trächtlicher ist als hier. Im untern Lauf fliessen die Wassermassen 


95 


träge dahin, sind mit dem salzigen Wasser des Oceans gemischt und 
werden bis auf 8 geographische Meilen von der Mündung durch dessen 
eindringende Fluth aufgestaut. Hier ist die Individuenzahl der Fische 
ausserordentlich gross. Indessen bilden die Seefische, deren Kiemen 
sich leichter an das brakische Wasser gewöhnen, als die der Flussfische, 
bei weitem die Mehrzahl der vorkommenden Arten. Sehr beträchtlich 
ist namentlich an den breiten Flussmündungen die Zahl der grossen ge- 
frässigen Raubfische. Die Rückenflossen gewaltiger Haie, die mit der 
Fluth stromaufwärts schwimmen, sieht man sehr häufig über dem Wasser- 
spiegel neben den gepanzerten Rücken der furchtbaren Alligatoren, 
welche stromabwärts an den Haifischen vorüberschwimmen ohne mit 
ihnen in Kampf zu gerathen. 

Vergleicht man mit den Flussnetzen der Westseite das hydrogra- 
phische System der östlichen Gehänge, deren Flüsse sämmtlich in den 
Maraäon (Amazonenstrom) sich ergiessen, so erkennt man hier abweichende 
physische Verhältnisse, die auf die Verbreitung der Süsswasserthiere 
einen wesentlichen Einfluss übten. 

Die Rios Pastassa, Tigre, Napo’etc. brausen in ihrem oberen Lauf 
mit überaus starkem Gefälle durch tief eingefurchte Schluchten, deren 
Wände meist senkrecht gegen das Flussbett abfallen. Ehe sie das Bett 
des Riesenstroms, der sie sämmtlich aufnimmt, erreichen, fliessen sie in 
ihrem mittleren Lauf durch die mit dichten Urwäldern bedeckten Ter- 
rassen, Hochthäler und Tiefebenen der Provincia oriental, wo selten ein 
Tag ohne Regen vergeht. Hinsichtlich der Länge ihres Laufes über- 
treffen sie die westlichen Flüsse um das dreifache. Von den in ihrem 
mittleren Lauf vorkommenden Fischen ist nichts sicheres bekannt. Die 
von mir im Pastassathal gesammelten Arten gingen leider im Laufe der 
überaus beschwerlichen Reise, die man dort zu Fuss in Begleitung in- 
dianischer Träger machen muss, sämmtlich zu Grund.!) Sie waren von 


1) Exeursionen von den Plateaulandschaften der Anden von Ecuador nach den Urwäldern der 
Provineia oriental gehören zu den mühseligsten und gefährlichsten Reisen im tropischen 
Amerika und sind überaus kostspielig.. Man bedient sich dazu der sogenannten Canelos- 
oder Napo-Indianer als Träger. Feindliche, heidnische Indianer, die mit vergifteten Pfeilen 
schiessen, wohnen erst im mittleren Theile der Flussgebiete ziemlich zahlreich. Der Natur- 
forscher und Sammler findet dort reiche Ausbeute, hat aber auch mit allen Hindernissen 
und Qualen des tropischen Waldlebens zu kämpfen. Der Transport der Sammlungen wird 


96 


den Fischarten, welche ich später im Rio Guayaquil sammelte, ebenso ver- 
schieden wie sämmtliche Amphibien, Insekten und Mollusken, die ich 
in besser conservirten Zustand von meinen Sammlungen in den Waldge- 
genden des östlichen Abfalles der Anden gerettet habe. Auch im Rio 
Napo, dem wasserreichsten Fluss der Ostseite, sind die zahlreich vor- 
kommenden Fische nach einer mündlichen Mittheilung von Dr. Jameson 
in Quito, der sich lange in der Provincia oriental aufgehalten, von denen 
der Westseite gänzlich verschieden. 

All’ diese östlichen Tributärflüsse des Rio de las Amazonas nehmen 
an einem Stromgebiet Theil, welches das grösste nicht nur Amerika’s, 
sondern der ganzen Erde ist. Die ihm von Süden zufliessenden Con- 
fluenten erstrecken sich durch 14 Breitegrade, und es sind Flüsse da- 
runter, welche die Donau und die Wolga an Wassermasse übertreffen. 
Von den nördlichen Zuflüssen strömen die längsten durch sieben Parallel- 
kreise. Das ganze Stromgebiet des Amazonas wird (nach mittleren 
Schätzungen) zu 106,000 DO Meilen angenommen, während das Strom- 
gebiet des Mississippi zu höchstens 49,000 DM., das des Ganges zu 
27,000 DOM. geschätzt wird, und das der Donau nur 14,650 OD) M. umfasst. 

Die Zuflüsse des Amazonas kommen aus sehr verschiedenen Regionen 
der Anden bis 14,600 P. F. Höhe herab, wo die mittlere Temperatur 
des Wassers selbst unter dem Aequator auf +3° C. fällt, während in 
der heissen Tiefregion der Provincia oriental nahe der Einmündung der 
Rios Napo und Pastassa in den Maraion die mittlere Temperatur des 
Wassers auf + 23° C. und darüber steigt. Die ausserordentliche Ver- 
schiedenheit der physikalischen Verhältnisse dieses unermesslichen Fluss- 
gebietes bedingt die grosse Mannigfaltigkeit seiner Fauna. Bei dem 
Austausch der Formen auf einem so weiten Gebiet durch freie und un- 
freiwillige Wanderung ist der Formenreichthum der östlichen Flüsse 
des Staates Ecuador ebenso natürlich erklärbar wie die verhältniss- 
mässige Formenarmuth der westlichen Flüsse. 

Die Fischfauna an der Westseite der Anden vom Ecuador zeigt in 
ihrem Charakter und Vorkommen folgende wesentliche Züge: 


besonders auf den Gehängen der Cordilleren durch die Bodenbeschaffenheit und die überaus 
grosse Feuchtigkeit erschwert. 


97 


1) Die Familie der Characinen, welche im tropischen Amerika die 
eigentlichen Salmoneer vertritt, erscheint in der untern und mittlern 
Region vorherrschend. Die merkwürdige Familie der @ymnotinen, welche 
im Isthmus von Panama fehlt, ist durch die ausgezeichnete Gattung 
Sternopygus vertreten.!) Die Familie der Siluriden ist in den höheren 
Regionen ausschliesslich repräsentirt. 

2) Die Formen »der Tiefregion (unter 1000‘ Meereshöhe) deuten 
ähnlich wie bei den anderen Thierklassen auf nahe Verwandtschaft mit 
den Fischgattungen von Brasilien und Guiana; in den mittleren Regionen 
aber (bis 7000°) treten mehr eigenthümliche Genera auf. In den höchsten 
Regionen kommen ausschliesslich nur eigenthümliche, bizarr gestaltete, 
generische Formen vor. 

3) Hinsichtlich der Arten ist die Süsswasserfauna von Westecuador 
von der Ostseite Südamerika’s (Brasilien und Guiana) ebenso verschieden, 
wie von der Fauna des Isthmus von Panama. 

4) Die Artenzahl ist im Vergleich mit den Flussfaunen des östlichen 
Südamerika gering; die Individuenzahl ist nur im untern Lauf der Flüsse 
sehr gross. Eigentliche Seefische sind im brakischen Wasser, soweit 
die Fluth des Oceans eindringt, weitaus vorherrschend. 

5) Die Verbreitung der Arten zeigt in vertikaler Richtung auf den 
verschiedenen Höhenstufen bestimmtere Grenzen als in horizontaler Rich- 
tung. Die alpinen Formen gehen noch etwas höher hinauf (bis 13,400’ 
im Norden des Chimborazo), als in Peru und Bolivia, wo die eigenthüm- 
lichen Arten der Gattung Orestias aus der Familie der Zahnkarpfen im 
Titicaca See zwischen 16 und 17° S. B. nur bis 12,600 P. F. vor- 
kommen.?) Hinsichtlich der Höhe ihres Aufenthaltes werden die kleinen 


1) S. die Diagnose dieser interessanten ausschliesslich auf Südamerika beschränkten Gattung 
in den Horis ichthyologieis von J. Müller und F. H. Troschel, 3. Heft. Gill erwähnt im 
Anhang zu Michler’s Report unter der Fischausbeute des Dr. Schott vom Atrato einer 
„schönen neuen Art der Gattung Sternopygus.“ Dort wäre also das nördlichste bis jetzt 
bekannte Vorkommen der Gymnotinen in Amerika. 


2 


— 


Die in den höchsten Andesbächen von Peru und Bolivia vorkommenden Arten der Gattung 
Trichomycterus, welche Pentland entdeckte und Valenciennes in vol. 18 seiner hist. nat des 
poissons beschrieb, reichen vielleicht bis nahe an die obere Region der Prenadillen, wenn 
die Angaben Pentland’s, der das Vorkommen von Trichomycterus gracilis bis zur Höhe von 
14000 engl. F. im See Compucila beobachtet haben will, genau sind. Trichomyeterus Incae 
aus dem Rio Guatanei bei Cuzco erreicht nicht diese Höhe. Eben so wenig der von Hum- 
Abh.d.I1. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 13 


98 


Welse der Anden einzig nur von den Süsswasserthieren im Norden des 
Himalaya übertroffen, wo sie in den kleinen Seen und Flüssen von 
Tibet bis über 14,000° erscheinen. 

6) Die horizontale Verbreitungslinie der Süsswasserfische dehnt sich 
hier vorherrschend nach der geographischen Länge aus. Ihre südliche 
Grenze findet sie an der immer trockner werdenden Küste von Peru 
bereits unter 5° S. B. bei dem transversalen Ausläufer der Cordillere 
von Santa Amatape. Die nördliche Grenze ist unbestimmt. Doch ist 
es wahrscheinlich, dass sie nicht über die Provinz Choco von Neu- 
granada 5°—7° N. B., deren Fauna freilich noch sehr wenig unter- 
sucht ist, hinausgeht. 

Für die Tiefregion der Flüsse bis 1000° sind besonders bezeichnend 
der seltsam gestaltete Sternopygus macrurus M. Tr.!) und Chalceus atro- 
caudatus Kn. St. Dagegen scheinen Trichomyceterus laticeps Kn. St. und 
Trychomycterus taenia Kn. St. mehr der mittlern Region (zwischen 1000 
und 6000°) anzugehören. Aus der Familie der Oharacinen kommen hier 
die beiden ausgezeichneten Formen: Pseudochalceus lineatus Kn. St. und 
Saccodon Wagneri Kn. St. vor. Nur auf die oberen Regionen von 7000— 
13,400‘ beschränkt sind die Arten: Arges Oyclopum Humb. und Brontes 
prenadilla ©. V. i 

Letztere höchst merkwürdige Formen der in der Aequatorialzone 
vorkommenden alpinen Welse wurden schon im vorigen Jahrhundert 
von Ulloa erwähnt, aber erst ein halbes Jahrhundert später von Hum- 


boldt entdeckte Eremophilus Mutisii aus der Hochebene von Bogota, wo dieser sonderbar 
gestaltete Fisch nach Humboldt’s Angabe in der Region von 8000 bis 9000° vorkommt. 
Derselben Region gehört auch der Pescado negro in den Anden von Popayan (Astroblepus 
Grixalvii Humb.) an, der bis jetzt der einzige Repräsentant dieser merkwürdigen Gattung 
ist, welche nach Valenciennes den Uebergang von den Silwriden zu den Cypriniden ver- 
mittelt. 

1) Die „Horae ichthyologicae“ von J. Müller und H. Troschel bezeichnen (Heft 3. S. 14) 
als das Vaterland dieses Fisches einfach: „Südamerika“ ohne nähere Angabe ob von der 
Ostseite oder Westseite des Continents. Bloch, der dieselbe Art als Gymnotus macrurus 
beschrieben und abgebildet hat, gibt als Fundort Brasilien an. Ich halte diese Angabe für 
einen Irrthum, denn ein gleichzeitiges Vorkommen desselben Flussfisches an der Ost- und 
Westküste Amerika’s ist sonst ohne Beispiel (mit Ausnahme von Fischen, die wie Centro- 
pomus undecimalis C. V. nur an den Mündungen im Brakwasser leben). J. Müller und 
Troschel bemerken übrigens bei Beschreibung des Sternopygus macrurus: „das Bloch’sche 
Exemplar haben wir nicht vorgefunden‘“! 


99 


boldt, der sie für identische Arten hielt, gesammelt und unter dem Namen Pime- 
lodus Oyclopum beschrieben. Beide Arten, die sich äusserlich sehr ähn- 
lich, aber von ungleicher Grösse sind, werden von den Eingebornen 
Prenadilla genannt und kommen in den Andesbächen, besonders in den 
kleinen Seen dieses Hochgebirges in grosser Menge vor, sind also durch- 
aus nicht auf unterirdische Höhlenwasser und kleine Kraterseen allein 
beschränkt, wie man früher glaubte. Ausser den zweispitzigen Zähnen 
im Unterkiefer zeichnen sich diese Fische noch durch kleine Stacheln 
aus, mit denen der erste Strahl der Brust- und Bauchflossen unterhalb 
besetzt ist. Dadurch werden die Fische befähigt, in den steilen Gebirgs- 
bächen gleichsam zu klettern. Sie scheinen sich vorzugsweise von kleinen 
Dipteren zu nähren, die hier in keiner Jahreszeit fehlen, und deren 
häufiges Vorkommen selbst über die Grenze der Schneelinie hinauf am 
Chimborazo bereits von Humboldt angeführt wurde. Die gefrässigen, 
schwach sehenden kleinen Fische beissen übrigens an den verschiedensten 
Ködern und werden von den Indianerbuben selbst mit gebogenen Steck- 
nadeln, an denen sie Würmer und Schnecken befestigen, mit Leichtig- 
keit aus dem Wasser gezogen. In den kleinen Weihern und Lachen, 
auch an den seichten Stellen der Seen werden sie von den Indianern 
mitunter auch in Sieben gefangen, wie bereits Ulloa erwähnte.!) 

Die ungemein grosse Anzahl der Prenadillen, besonders in den 
Seen und Bächen der Provinz Imbabura, sowie in einigen Seen der 
Provinz Chimborazo, wo ich die höchste Verbreitung der Fische in senk- 
rechter Richtung beobachtete,?) hat wohl vorzüglich darin ihren Grund, 


1) Antonio de Ulloa „Noticias americanas“ (Madrid 1792) p. 239. 


2) Nur an der Nordseite des Chimborazo (Hacienda Cunayaco) fand ich die kleinere Art Brontes 
prenadilla "m der bedeutenden Höhe von 13,400‘ in kleinen Weihern und stehenden Wassern, 
nicht in den fliessenden Bächen. Arges Cyclopum geht vielleicht nur bis 12,600‘. Die Region 
von 8000 bis 10,000‘ scheint jedoch beiden Arten am besten zu behagen, denn am zahl- 
reichsten ist ihr Vorkommen in den Seen und Bächen der Provinz Imbabura, welche dieser 
Region angehören. Im See von Colta bei Alt-Riobamba in der Provinz Chimborazo, dessen 
Wasserspiegel nach meiner barometrischen Messung 10,340 P. F. über dem stillen Ozean 
liegt, kommt nur die grössere Art (Arges Oyclopum) in dem einsamen Gebirgssee, am Fusse 
des Altarberges (Capac-urcu) in der Höhe von 11,525‘ dagegen nur die kleinere Art (Brontes 
prenadilla) vor. Ihr gemeinsames Vorkommen findet daher nicht in allen Gewässern statt. 
Das stehende Wasser von Weihern, und besonders die ruhigen Becken von Kraterseen, 
scheinen beide Arten dem fliessenden Wasser vorzuziehen. In sehr reissenden Gebirgs- 
bächen von starkem Gefälle sucht man in den höheren Regionen die Prenadillen vergebens. 


19> 


100 


dass dort kein anderer grösserer Raubfisch vorkommt, der sie vertilgt. 
Auch fehlen dort grössere fischfressende Wasservögel. Die Prenadillen 
haben also fast keinen Feind und Vernichter, denn selbst der Indianer 
achtet sie gering wegen ihrer Kleinheit und ihres eckelhaften Aussehens. 
Obwohl ihr Geschmack ziemlich gut ist, bilden die Prenadillen doch keinen 
wesentlichen Gegenstand der Nahrung, die der Anbau des Getreides und 
der Ueberfluss an Schafen den Eingeborenen dort reichlich gewährt. 

Vergleicht man die Fischfauna der oberen alpinen Region der Cor- 
dilleras de los Andes in Höhen von 8000° bis 13,400° mit den Fischen 
der oberen Alpenregion Europa’s in Höhen von 5000' bis 7000‘, so er- 
gibt sich dort wie hier aus ähnlichen physikalischen Ursachen ein fast 
gleiches ichthyologisches Resultat, nämlich: grosse Armuth an Formen 
und grosser Reichthum an Individuen. Die höchst gelegenen 
grösseren Süsswasserbecken Europa’s, die Seen von Ober-Engadin im 
Canton Graubündten, besitzen nur 3 Fischarten, welche den Familien 
der Salmoneer und COyprinen angehören. Europa’s Gewässer sind also 
unter 46° N.B. in so hoher Lage an Formen nicht ärmer wie die Hoch- 
seen der Anden unter den Tropen.!) Der grosse Titicacasee Peru’s in 
einer Höhe von 12,490’, die Seen Mexiko’s in Höhen von 6000‘ bis 
8000° haben eine ebenso einförmige Fauna wie die Alpenseen der 
Schweiz. Die Natur scheint sonach in Regionen, wo bei stark abneh- 
mendem Luftdruck die mittlere Temperatur auf 5° C., die des Wassers 
auf 4° C. sinkt, selbst unter dem Aequator die Fähigkeit zu verlieren, 
irgend eine Mannigfaltigkeit von Organismen hervorbringen zu können. 
Die Fauna der Amphibien, Kruster, Weichthiere ist auf diesen Andes- 
höhen ebenso arm wie die Fischfauna. 


Die Angabe Boussingault’s von einem Vorkommen der Prenadillen am Cotopaxi bis zur 
Höhe von 15,000‘ ist ein Irrthum. In dieser Höhe gibt es nur Eis und Schnee. Selbst in 
der Höhe von 13,000‘ fand ich am Cotopaxi in den Bächen keine Fische mehr. 


1) C Th. v. Siebold bemerkt in einem lehrreichen Aufsatz über die Fische des Ober-Engadins 
(Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft zu Samaden 1863): „die 
Artarmuth der Fischfauna hängt dort mit der hohen Lage der Inngewässer zusammen, 
welche noch ganz den Charakter von eiskalten Gletscherbächen und Hochseen zeigen, in 
denen ausser der niedern Temperatur zugleich die Armuth an Pflanzen, welche auch im 
Wasser die Mannigfaltigkeit des thierischen Lebens vermitteln helfen, sich in auffallender 
Weise bemerkbar macht.“ Aehnliche physikalische Bedingungen haben also in den Alpen 
Europa’s wie in den Anden Südamerika’s die gleiche Wirkung auf die Organismen. 


101 


Ueber das Vorkommen der Prenadilla in den Anden ist so viel 
seltsames und fabelhaftes von einigen spanisch-amerikanischen Schrift- 
stellern mitgetheilt und von A. v. Humboldt nacherzählt worden, dass 
hier einige berichtigende Bemerkungen wohl an rechter Stelle sein dürften. 

Die von Humboldt aus den Umgebungen des Chimborazo und 
Cotopaxi mitgebrachten und beschriebenen Fische'), haben nicht nur bei 
den Ichthyologen, sondern bei den Naturforschern überhaupt durch die 
Mittheilung, dass sie bei den grossen Eruptionen der Feuerberge von 
Quito in ungeheurer Zahl aus den Kratern ausgeworfen werden, ein 
aussergewöhnliches Interesse erregt.?) Schon der äussere Habitus der 
Fische erschien so fremdartig und sonderbar, dass selbst der geübte 
Scharfblick Cuvier’s nicht wusste, was er aus denselben machen, an 
welcher Stelle seines ichthyologischen Systems er die räthselhaften Fische 
einreihen sollte.?) Namentlich ist die Form der gabelartig zugespitzten 
und etwas umgebogenen Zähne so eigenthümlich paradox, dass der 
erfahrene Ichthyolog Valenciennes bemerkt: keine andere Gattung, nicht 
nur von der zahlreichen Familie der Welse, zu welcher die Gattungen 
Arges und Brontes am Ende doch gehören, sondern überhaupt kein an- 
derer Fisch habe diesen eigenthümlichen Zahnbau.*) 

Dass die Prenadillen wirklich bei verschiedenen Eruptionen der 


1) Es ist mir nicht bekannt, ob die von Humboldt gesammelten Exemplare der Fischarten 
aus den Anden sich noch im Berliner Museum vorfinden oder mit anderen naturhistorischen 
Sammlungen des berühmten Forschers durch Schiffbruch verloren gegangen sind. Valen- 
ciennes hatte nur die ihm von Boussingault überbrachten Exemplare von Brontes prenadilla 
zur Untersuchung vor sich und kannte den Arges cyclopım und den von Humboldt am 
Vulkan Purac& bei Popayan entdeckten Astroblepus Grixalvii (beschrieben in den Obs. zool. 
Tom. I pag. 19), den Cuvier gleichfalls -für eine „der sonderbarsten und merkwürdigsten“ 
Fischformen hielt, nur aus der Humboldt’schen Abbildung. Noch heute zählen diese kleinen 
Siluriden der Andes zu den grössten Seltenheiten in den ichthyologischen Sammlungen, 
weil sie bei ihrer Zartheit schwer zu conserviren sind und guter Weingeist in Quito und 
Popayan nicht zu finden ist. Selbst das sehr reiche ichthyologische Kabinet in Wien 
erhielt von mir die ersten Prenadillen. Die Mehrzahl der von mir mit grösster Sorgfalt 
behandelten Exemplare ist jedoch leider während der Reise zu Grund gegangen. 

2) S. Histoire naturelle des poissons par leBaron de Cuvier et. A. Valeneiennes Tome 15 p- 325 

3) Valenciennes äussert sich darüber im Cap. XIII T. 15 seiner hist. nat. des poiss. folgender- 
massen: „Il a fallu que les hesitations füssent bien grandes et que les difficultes füssent 
assez fortes puisque M. Cuvier, si habile & saisir les rapports les plus eloignes des &tres, 
n’a pas 0s6 fixer une place & ces poissons dans ses deux editions du regne animal.“ 

4) Ibid. T. 15 p. 333: „aucun autresilure ne nous a encore offert !exemple de cette dentition 
et je dirais möme aucun autre poisson.“ 


102 


Vulkane Imbabura, Carahuirazo und Cotopaxi (nicht aber der Vul- 
kane Sangay und Tunguragua, wie Valenciennes irrig bemerkt) 
massenhaft ausgeworfen worden sind, ist eine durch historische Zeug- 
nisse hinreichend erwiesene Thatsache. Solche Fischauswürfe gehören 
aber keineswegs zu den regelmässigen, oft vorkommenden Wirkungen 
der Vulkane von Quito, wie der genannte Ichthyolog nach Humboldt’s 
Mittheilungen annimmt, sondern es sind seltene zufällige Erscheinungen, 
deren traditionelle Erinnerung sich nur in der Provinz Imbabura, nicht 
aber in den Umgebungen des Cotopaxi und der übrigen Vulkane er- 
halten hat. Keiner von den dort lebenden Bewohnern hat diese Erschei- 
nungen jemals selbst beobachtet. Manche intelligente Männer bezweifeln 
sie ganz. Ich habe mich sowohl in den Umgebungen des Cotopaxi, wo 
ich mit Hülfe meines Freundes Professor Carlos Cassola in Tacunga 
einige hypsometrische Arbeiten bis zur Höhe von 16,600 P.F. ausführte, 
als am Fusse der Vulkane Imbabura, Carahuirazo und Tunguragua be- 
deutend längere Zeit aufgehalten, als Humboldt, Bonpland und selbst 
Boussingault. Nach möglichst genauer Untersuchung der dortigen vul- 
kanischen Wirkungen und Gebilde, sowie nach ruhiger Prüfung der 
schriftlichen und mündlichen Traditionen über die Fischauswürfe, bin 
ich zur Ueberzeugung gekommen, dass dieses Phänomen nur als be- 
gleitende Erscheinung wässeriger Ausbrüche, in den meisten 
Fällen wahrscheinlich bei Entleerung von Kraterseen in Folge von Erd- 
stössen und Bildung von Schlammströmen (lodozales) stattgefunden hat. 
Bei grösseren vulkanischen Feuereruptionen von glühenden Schlacken 
und Asche mit gewaltigen Dampfexplosionen, wie sie der Sangay und 
Cotopaxi noch heute in grossartigster Weise zeigen, kommen Fischaus- 
würfe nicht vor, und sind deren auch nie beobachtet worden. 

Die von Humboldt angeführte Katastrophe, welche am 19. Juni 1698 
der Vulkan Carahuirazo (nicht Cargueirazo, wie Humboldt irrig schreibt) 
zeigte, wo der Gipfel des Berges mit gleichzeitigen Erdstössen einstürzte, 
der Kratersee sich entleerte und ein wässeriger Schlammstrom mit einer 
trachytischen Masse, welche heute noch fast ganz'unverändert ist, in 
einer Ausdehnung von 4 Leguas bandartig nach der Hochebene von 
Ambato sich ergoss, war keine Feuereruption, sondern eine jener wäss- 
rigen kalten Schlammausbrüche, welche, ähnlich dem berühmten Moya- 


103 


auswurf bei dem Erdbeben von Pelileo und Riobamba 1797, an den 
Vulkanen der Anden von Ecuador oft vorkommende Erscheinungen sind. 

Jener Schlammstrom des Carahuirazo, der in der breiartigen Erd- 
masse auch eine Menge Prenadillen enthielt, konnte diese Fische wohl 
aus dem entleerten Kratersee oder von den Bächen, die er verstopfte, 
und deren Wasser sich mit der Schlammmasse mischten, in die Tiefe 
geführt haben. Wenn diese Fische in unterirdischen Wasserbecken 
wirklich vorkommen, so ist ihr Auswurf nur durch die mechanische 
Gewalt der Erdstösse zu erklären, durch welche senkrechte Spaltenrisse 
an den Vulkanen entstehen, nicht durch wirkliche Dampferuptionen aus 
dem Krater. 

Aehnliche ausgedehnte Schlammströme, in Form und Länge den 
wirklichen Lavaströmen ähnlich, aber von ganz anderer Beschaffenheit 
der Grundmasse, zeigen die Umgebungen des Vulkans Imbabura und 
selbst des Cotopaxi. Es sind breiartige wässerige Ausbrüche, die stets 
nur bei Erschütterung der Vulkane durch Erdbeben entstehen. Sie 
dürfen nicht mit feurig flüssigen Lavaströmen, wie solche die Vulkane 
Italiens: und Islands regelmässig, in den Anden von Ecuador nur die 
Vulkane Antisana und Tunguragua ausnahmsweise zeigen, verwechselt 
werden. Ihre erdige, kothähnliche Masse besteht grösstentheils aus 
zerriebenen und zertrümmerten Theilchen von jener Varietät des Trachyts, 
den man Andesit genannt hat, und enthält eine Menge von kleinen 
Oligoklas- und Hornblende- oder Augitkrystallen. Ueber diese eigenthüm- 
lichen, wässerigen, schlammigen, kalten Eruptionen, an welchen durch- 
aus nicht immer schmelzende Schneemassen betheiligt sind, wie Humboldt 
später irrthümlich anzunehmen geneigt war, und über die breiartigen 
Lodozales, die aus ihnen hervorgehen, habe ich an einem andern Ort 
bereits zuverlässiges und ausführliches mitgetheilt.') 

A. v. Humboldt, der eingesteht, dass er die Fischauswürfe der 
Vulkane von Quito nie selbst gesehen, sondern nur aus den confusen 
Angaben der Eingebornen davon gehört und „in den Archiven der 


1) S. die Abhandlung: „über einige wenig bekannte Vulkane im tropischen Amerika im Heft XI 
Jahrg. 1862 der Mittheilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt‘ Die von mir 
mitgebrachte Masse aus verschiedenen Lodozales wurde von Herrn Professor Blum in Heidel- 
berg mineralogisch untersucht und lieferte das angegebene Resultat. 


104 


kleinen Provinzialstädte‘‘ darüber gelesen habe, gibt in seinen „Beobach- 
tungen aus der Zoologie“ 8.42 und 43 über diese Erscheinung fol- 
gende sonderbare Mittheilungen. ,„Cotopaxi und Tunguragua,“ schreibt 
Humboldt, ‚werfen die Fische bald aus dem Krater, bald aus Seiten- 
klüften, stets aber in Punkten aus, die viertausend fünfhundert, bis 
fünftausend Meter über dem Meer erhaben sind..... Sehr merkwürdig 
ist, dass von den vielen tausend Fischen, welche man in wenigen Stunden 
mit Strömen von kaltem und süssem Wasser vom Cotopaxi herab- 
kommen sieht, kein einziger verunstaltet und so beschaffen ist, dass 
man glauben könne, er sei einem hohen Wärmegrad ausgesetzt gewesen. 
Diese Betrachtung ist um so auffallender als das Fleisch dieser Thiere 
sehr weich ist und der Vulkan oft zugleich eine dieke Rauchsäule aus- 
stösst. Einige Indianer versichern sogar, dass die Fische, indem sie an 
dem Abhange der vulkanischen Kegelberge herabgleiten, bisweilen noch 
lebendig sind.“ 

Der Vorwurf, den man dem berühmten Naturforscher und 
Reisenden ungeachtet seiner unermesslichen Verdienste um die phy- 
sikalische Erdkunde und Naturgeschichte Amerika’s wiederholt ge- 
macht hat: dass er den märchenhaften und übertriebenen Aussagen 
von Eingebornen, die sich oft ein Vergnügen machen, den Fremden 
absichtlich zu belügen, doch manchmal zu viel Gewicht beilegte, scheint 
hier wirklich begründet. Kein Beobachter hat jemals einen Fischaus- 
wurf aus dem Krater des Cotopaxi gesehen; kein Beobachter konnte 
ihn je sehen. Denn noch ist überhaupt kein Mensch dem Krater dieses 
Feuerbergs für eine hinreichende Beobachtungszeit nahe genug gekommen. !) 


1) Humboldt und Bonpland i. J. 1803, Boussingault und Hall i. J. 1831 versuchten den Coto- 
paxi von der Nordostseite zu besteigen zu einer Zeit, wo der Krater nicht die geringste 
Thätigkeit zeigte, also auch keine frischen eruptiven Schlamm- und Aschenauswürfe von 
ihnen beobachtet werden konnten. Die bewohnten Punkte liegen auch dort viel zu weit 
vom eigentlichen Eruptionskegel des Vulkans entfernt, um selbst nur die Möglichkeit ge- 
nauer Beobachtungen von dort zuzulassen. Die Ranchos de la Vacceria, wo ich bei dem 
ersten Besteigungsversuch mit Professor Cassola und Dr. Gallegos aus Tacunga eine Nacht 
zubrachte, bilden den höchsten zur Regenzeit bewohnten Punkt an der Südwestseite des 
Vulkans. Unser Barometer fiel dort auf 500 mm. bei + 7° C. und zeigte eine Höhe von 
11,400 P. F. über dem Meere an. Es sind Schäferhütten, die nur während der besten 
Weidezeit von den indianischen Hirten bezogen werden. Auch dort ist die Entfernung 
vom Auswurfskegel des Vulkans viel zu gross, um von den Eruptionsprodukten bei gewöhn- 


105 


Der Eruptionskegel des Cotopaxi erhebt sich in einer einsamen, fast 
unbewohnten Wildniss. Die nächste Hacienda von San Elias ist zwei 
Meilen vom Fusse des Kegels entfernt. Es fällt keinem Indianer ein, 
sich über die Schlackenwüste des Arenal, welcher den Eruptionskegel 
des Vulkans umgibt, hinaus zu verirren. Die Hacienda Chillo, von 
welcher Humboldt hörte, dass sie auch einmal einen Fischregen vom 
Cotopaxi empfangen habe, ist in gerader Richtung von diesem Vulkan 
sieben geopraphische Meilen, also fast zwei Tagreisen, entfernt. Wer möchte 
aus solcher Entfernung behaupten, dass die niedergefallenen Fische, die 
auch möglicherweise durch Windhosen, Wirbelstürme u. s. w. emporgerissen 
oder wahrscheinlicher durch Entleerung unterirdischer Wasser und kleiner 
Seen aus den nächsten Bergen bei Chillo gekommen, vom Krater des 
Cotopaxi auf so bedeutende Entfernung geschleudert worden seien? 
Wenn die Prenadillen wirklich durch die Schleuderkraft der Dampf- 
explosionen des grossen Feuerberges auf solche Entfernungen geworfen 
würden, wie wäre dann die gute Erhaltung der zarten Fische möglich, 
die ein geringer Druck der Hand zu einer unkenntlichen Masse zer- 
malmt ? 


licher Thätigkeit des Kraters etwas zu sehen. Erst auf der Höhe des Picacho — (Cabeza 
de Incas, wieihn Humboldt nennt, der ihn nur aus einer Entfernung von 3 Meilen mit dem 
Fernrohr betrachtete) — eines circusförmigen Trachytfelsens, wo wir am 23. Dezember 1858 
in einer Höhe von 14,416 P. F. auf dem Schnee übernachteten, ist man dem Krater und 
seinen täglichen Auswürflingen nahe genug, um das Spiel der vulkanischen Thätigkeit und 
die Natur der Auswürflinge genauer zu beobachten. Noch hat aber kein Beobachter in 
dieser Höhe, wo bei wechselnder Temperatur der Schauplatz der furchtbarsten Stürme und 
fast täglicher Gewitter mit Schneegestöber ist, auch nur einige Tage ausgehalten. Der 
Gouverneur Don Lorenzo Espinoza, ein Sohn des Landes, und der Pfarrer Vasquez von 
Tilipulo, der in den Archiven von Tacunga die genauesten Nachforschungen über alle Erup- 
tionen des Cotopaxi seit der spanischen Invasion gemacht hat, versicherten uns: dass wir 
die Ersten gewesen, die dem Feuerberg von der Südwestseite so nahe gekommen, und dass 
vor uns kein Beobachter über den Fuss des Picacho emporgestiegen sei. In der Höhe von 
16,645 P.F., wo die Heftigkeit des Gewitters und die Erschöpfung unserer Kräfte uns zur 
Umkehr zwangen, waren wir nach siebenstündigem Steigen über verschiedene frisch aus- 
geworfene wässerige Kothlavaströme (Lodozales) gekommen, deren Beschaffenheit ich genau 
untersuchte und von denen ich Proben an Herrn Professor Bunsen in Heidelberg zur Ana- 
lyse einsandte. Es fand sich darin keine Spur von Organismen. Der Krater, welcher stark 
rauchte, warf auch einigemale Schlacken empor, die auf den Gehängen des Kegels herab- 
rollten, in Mehrzahl aber in den rauchenden Schlund zurückfielen. Bei grossen Eruptionen 
des Cotopaxi, die nur drei- bis viermal in jedem Jahrhundert stattfinden, fliehen selbst die 
Bewohner von San Elias, Die ganze Hochebene ist dann in Finsterniss gehüllt, die Asche 
fällt bis dreissig Meilen in der Runde, und die Donnersalven des Kraters werden noch in 
Entfernungen von 200 spanischen Meilen gehört. (S. Humboldt: „Vue des Cordilleres“ p. 46.) 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. f 


106 


Die Fischauswürfe, welche mitunter die wässerigen Eruptionen be- 
gleiteten, sind wohl in den meisten Fällen die Folgen der gleichzeitigen 
Entleerung fischreicher Kraterseen gewesen, die durch Risse und Ein- 
stürze geöffnet, ausflossen; aber solche Fischmassen kommen nicht bei 
allen wässerigen und schlammigen Durchbrüchen zum Vorschein. Das 
grosse Erdbeben von Quito im März 1859 war an verschiedenen Stellen 
von unterirdischen Schlammausbrüchen begleitet. Ich habe die Gebilde 
dieser Ausbrüche am Vulkan Pichincha, wo sie stattfanden, unmittelbar 
nach dem Ereigniss genau untersucht, in der weichen andesitischen 
Masse aber keine Spur von Fischen gefunden. Bei wirklichen vul- 
kanischen Feuereruptionen können Fischauswürfe aus dem Krater nicht 
stattfinden. Sie würden, wenn das Vorkommen solcher Fische in der 
hohen Temperatur des vulkanischen Heerdes thätiger Feuerberge über- 
haupt möglich wäre, durch die Gewalt der Dampfexplosionen zu einem 
Brei zermalmt, gänzlich zerstört und unter den Auswürflingen sicher 
nicht mehr als organische Wesen erkannt werden. Unter den Eruptions- 
produkten des Cotopaxi, der sich zur Zeit meines dortigen Aufenthaltes 
in starker Thätigkeit befand, bemerkte ich keine Spur von Fischen, 
und bei den Indianern der Gegend war jede Erinnerung von Fischaus- 
würfen erloschen. 

Das Vorkommen der Frenadillen in den unterirdischen Höhlen 
und Wasserbecken selbst der ausgebrannten Vulkane ist überhaupt nur 
Hypothese, keine Gewissheit. Unterirdisch lebende Höhlenfische, wie 
der in den Gewässern der Mammuthhöhle in Kentucky (Nordamerika) 
vorkommende Amblyopsis spelaeus, haben eine Hautbedeckung über den 
kleinen Augen, sind also wirklich blind, was die Prenadilla nicht sind.!) 
Humboldt beruft sich zwar zur Unterstützung seiner Hypothese des 
unterirdischen Aufenthalts der Prenadillen auf eine Mittheilung des Cor- 
regidor von Ibarra, die folgendermassen lautet: ‚dass die Prenadillen 
im Innern des Berges Imbabura leben, erkennt man daran, dass bei dem 
Dorf San Pablo die Indianer sie in einem Bache fangen, da wo er aus 


1) Die kleinen Fische aus der Familie der Oyprinoiden, welche in den artesischen Brunnen der 
Sahara aus den Tiefen des Erdinnern vom Wasserstrahl emporgerissen werden, sind aller- 
dings nicht blind. Es ist aber zu vermuthen, dass die unterirdischen Wasserbecken dort 
mit Tagwassern in Verbindung stehen. 


107 


dem Felsen ausbricht.“!) Diese Mittheilung scheint mir jedoch keines- 
wegs ein Beweis für das unterirdische Vorkommen der Fische. Ich 
verweilte in Begleitung des Herrn Valdivieso von Quito mehrere Tage 
in San Pablo am Fusse des Imbabura und habe den erwähnten Bach 
bis zu seiner Quelle untersucht. Eine mit demselben communicirende 
Höhle konnte ich weder finden, noch habe ich von deren Existenz ge- 
hört. Der Bach, der in beträchtlicher Höhe am Vulkan entspringt, er- 
giesst sich in den See von San Pablo, der voll von zahllosen Prenadillen 
ist. Der kleine Fisch, den die Natur, wie erwähnt, mit Stachelflossen 
wie zum Klettern versehen hat, kann vom See aufwärts selbst über 
ziemlich schroffe Stellen des Baches mit Leichtigkeit bis zu dessen Quelle 
gelangen. 

Humboldt selbst hat sich die Fragen gestellt: wie es möglich, 
dass diese Fische in der hohen Temperatur der unterirdischen Wasser 
von thätigen Feuerbergen. leben können? Wie es möglich, dass so 
weiche und zarte Geschöpfe bei der furchtbaren Gewalt, mit welcher 
die heissen Dämpfe glühende Schlacken einige tausend Fuss über den 
Krater emporschleudern, nicht völlig zerstört würden? Mit diesen Ein- 
würfen ‘scheint mir Humboldt seine eigenen Mittheilungen von Fisch- 
auswürfen als begleitende Erscheinungen wirklicher Fruptionen, die er 
nach der vorhandenen Sage nacherzählt und nicht selbst beobachtet 
hat, hinreichend widerlegt zu haben. 

Boussingault hat bei Uebersendung einiger Prenadillen an Valen- 
ciennes zwar die alte Sage von den Fischauswürfen des Cotopaxi wieder- 
holt, ohne jedoch während seines Besuchs an diesem Feuerberg die 
Erscheinung selbst gesehen, oder näheres darüber von lebenden Augen- 
zeugen gehört zu haben. In den verschiedenen wissenschaftlichen Auf- 
sätzen, welche dieser berühmte Physiker als Ergebnisse seines mehr- 
jährigen Aufenthalts in den südamerikanischen Anden publicirte, hat er 
sich über die angeblichen Fischeruptionen der Vulkane von (Quito nie- 
mals bestimmt ausgesprochen. 

A. v. Humboldt hat den dürftigen historischen Documenten über 
dieses Phänomen offenbar mehr Werth beigelegt, als sie verdienen. Die 
spanischen Creolen sind, ebenso wie die Cholos und Indianer, stets zu 


1) A. v. Humboldt „Beobachtungen aus der Zoologie“ 8. 47. 
14* 


108 


Erdichtungen und Uebertreibungen geneigt, besonders wenn es sich von 
aussergewöhnlichen Naturereignissen handelt. Auffallend ist es immerhin, 
dass der gelehrte französische Akademiker La Condamine, welcher 6 
Jahre (1736—1742) in den Umgebungen der Vulkane von Quito mit 
wissenschaftlichen Arbeiten verweilte, bei seinen Bemerkungen über den 
Cotopaxi, Sangay, Tunguragua etc. mit keiner Sylbe ihrer Fischeruptionen 
erwähnt, was er gewiss nicht unterlassen haben würde, wenn er davon 
gehört hätte. 

Don Antonio Ulloa, der mit ihm eine Reihe geodätischer Arbeiten 
dort ausführte, erwähnt in seinem Capitel über die Fische zwar das 
Vorkommen der Prenadilla in den Gebirgsbächen von Quito, sagt aber 
nichts von einem Auswurfe derselben durch die Vulkane.!) 

Pater Velasco in seiner ‚historia del Reino de Quito‘ erwähnt 
einzig nur der Fischauswürfe des Vulkans Imbabura, der auch, sowie 
die ganze Provinz, seinen Namen davon hat.?) Derselbe Verfasser, der 
es übrigens mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nimmt, und dessen 
Angaben kein volles Vertrauen verdienen, versichert sogar: er selbst 
sei bei einem dieser Fischauswürfe auf halber Höhe des Berges in Ge- 
fahr gewesen, durch den Gestank der ausgeworfenen Fische zu er- 
sticken.?) Velasco bezeichnet aber weder das Jahr, wo er diese Er- 
scheinung miterlebte, noch beschreibt er dieselbe in umständlicher klarer 
Weise, was er sicher gethan haben würde, wenn er wirklich Augenzeuge 
derselben gewesen, und sie nicht blos nach Hörensagen wiederholt hätte. 

Manuel Villavicencio bemerkt in seiner „Geografia‘‘ ebenso wie 
P. Velasco ausdrücklich: dass der Vulkan Imbabura stets nur wässerige 
Eruptionen gehabt habe, und dass die Fischauswürfe entweder aus unter- 
irdischen Höhlenwassern, oder möglicherweise auch aus den zu Tag gehen- 
den Gewässern der Schluchten des Berges gekommen seien.) 

Zum Schluss dieser Abhandlung wollte ich eine übersichtliche Dar- 
stellung der geographischen Vertheilung der Süsswasserfische Amerika’s 
nebst einer kurzen Charakteristik der einzelnen ichthyologischen Reiche 


1) Antonio de Ulloa: noticias americanas. Ent IX sobre los Pescados. 

2) Imbabura ‚„Fischmutter.“ Imba werden im dortigen Qquichuadialekt die Prenadillas ge- 
nannt. Bura heisst Mutter. S. P. Velasco historia natural del Reino de Quito p. 11. 

3) Ibid. $. 2 Montes y volcanes S. 11. 

4) Manuel Villaviceneio: Geografia de la Republiea del Ecuador. p. 57. 


109 


dieses Welttheils vom hohen Norden der arktischen Zone bis zur Süd- 
spitze Patagoniens beifügen. Indem ich jedoch die ichthyologische 
Literatur, soweit ich solche in der hiesigen Staatsbibliothek vorfand, 
eingehend studierte und verglich, fand ich die materiellen Schwierigkeiten 
theils wegen der Unvollständigkeit der Untersuchungen in weiten Länder- 
gebieten, theils wegen der Lückenhaftigkeit der hier vorhandenen Lite- 
ratur so gross, dass ich diese Arbeit auf eine spätere Zeit verschieben 
muss. Herr Professor Kner in Wien hatte die besondere Güte, eine 
Reihe von Fragen, welche ich über dieses Thema an ihn richtete, aus- 
führlich zu beantworten, wofür ich ihm hiemit meinen wärmsten Dank aus- 
drücke. Die schätzbaren Mittheilungen dieses kenntnissreichen Forschers 
werde ich in einer spätern Abhandlung benützen. Hier gebe ich zum 
Schluss nur noch einige Bemerkungen über die bisherigen Untersuch- 
ungen in Amerika, und über die dort noch vorhandenen geographischen 
Lücken in der Naturgeschichte der Fische. 

In Nordamerika zeigt sich die grösste geographische Lücke in der 
Kenntniss der Süsswasserfauna nördlich vom 54° N. B. bis zu den 
Küsten des Eismeeres. Die Fische des grossen Sklavensees, des Bären- 
sees und des Mackenziestromes sind noch völlig unbekannt. Ebenso 
wenig wissen wir über die Fauna der Flüsse im russischen Nordamerika, 
und in dem zum weiten Ländergebiet des brittischen Amerika gehörigen 
Caledonia westlich von der Kette der Rocky Mountains. 

Die Süsswasserfauna des östlichen Theils von Nordamerika, südlich 
vom 50. Parallel, ist verhältnissmässig gut erforscht. Indessen ist uns 
kein nordamerikanisches Fischwerk bekannt, welches hinsichtlich der 
Gründlichkeit,. Schärfe der Beobachtung und kritischen Sichtung der 
aufgestellten Arten dem vortrefflichen Werk C. Th. E. v. Siebold’s: ‚‚Die 
Süsswasserfische von Mitteleuropa‘ an die Seite zu stellen wäre. Auch 
in Bezug auf die Lebensweise der Fısche hat kein amerikanischer Ich- 
thyolog einen gleichen Reichthum an Beobachtungen geliefert. Es wäre 
namentlich zu wünschen, dass die amerikanischen Werke uns eine ähn- 
liche tabellarische Uebersicht der geographischen Verbreitung der Süss- 
wasserfische geben würden wie Siebold’s Buch. 

Um die nähere Kenntniss der Fische in den beiden grossen Fluss- 
gebieten des Mississippi und des Sanct Lorenzstromes, sowie der vier 


110 


grossen zusammenhängenden Binnenseen, haben sich besonders Mitchill, 
Lesueur, de Kay, Smith, Storer, de la Pilay, Richardson, Gill, 
Girard, Agassiz anerkennungswerthe Verdienste erworben.!) Der letzt- 
genannte Forscher, welcher die Fische Amerika’s und Europa’s gleich 
gründlich untersuchte, hat den wichtigen Ausspruch gethan: dass Amerika 
und Europa, trotz der grossen Aehnlichkeit in den meisten generischen 
Formen, doch nicht eine identische Species von Süsswasserfischen ge- 
meinsam besitzen. Diese Thatsache beweist, dass die Trennung Amerika’s 
und Europa’s, für deren früheren Zusammenhang manche gewichtige 
geologische Gründe sprechen, jedenfalls älter ist, als die Entstehung der 
gegenwärtigen Artenformen. Die wenigen Säugethiere, Vögel und In- 
sekten, welche Nordamerika mit KEuropa gemein hat, sind als eingewan- 
derte Arten zu betrachten. 


Viel weniger explorirt als Canada und der östliche Theil der Ver- 
einigten Staaten hinsichtlich der Süsswasserfauna ist Californien, welches 
ganz verschiedene Species, zum Theil andere Genera und selbst eine 
eigenthümliche Familie von Flussfischen besitzt. 


. Die Kenntniss der Fische Nordamerika’s reicht südlich nicht über 
Florida und Texas, also nicht über 26° N. B. hinaus. Die Fischarten 
des Rio Grande del Norte sind noch ebenso wenig bekannt, wie die in 
den Gebirgs- und Küstenflüssen von Ost- und Westmexiko vorkommenden 
Arten. In Mocigno’s Werk sind nur Seefische von der mexikanischen 
Golfküste beschrieben und abgebildet. Die in Aussicht stehende Unter- 
suchung der ichthyologischen Sammlungen des Dr. Saussure aus Mexiko 
durch Professor Kner dürfte daher eine sehr wesentliche Lücke in der 
Ichthyologie Amerika’s ausfüllen. Mexiko ist für die geographische 
Verbreitung der Süsswasserfische von hoher Wichtigkeit; denn dort ist 
die äusserste nördliche Grenze ausgezeichneter tropischer Formen wie 
die der Familien der Oharacinen und Loricaten, sowie die südliche Grenze 


1) Es wären ausser den Genannten noch manche Andere, besonders reisende Naturforscher 
und Sammler zu nennen, welche sich um die Ichthyologie Nordamerika’s verdient gemacht 
haben. Ich erwähne hier nur die hervorragendsten Namen. Leider ist es mir bis jetzt 
noch nicht gelungen, eine vollständige Einsicht in die ganze ichthyologische Literatur 
Amerika’s zu gewinnen, welche, wie gesagt, sehr zerstreut und in der Staatsbibliothek 
Münchens nur fragmentarisch vorhanden ist. 


111 


der Esocinen, Cypriniden und der eigentlichen Salmoneer mit Wahrschein- 
lichkeit zu finden. 

Von den Antillen ist die Fischfauna der Insel Cuba durch Gund- 
lach’s Sammlungen, Parra’s und Poey’s descriptive Beiträge bekannter 
geworden. Auch die Süsswasserfauna der besonders an Weichthieren 
reichen Insel Jamaica ist durch brittische Sammler ziemlich gut bekannt. 
Die Ichthyologie von Hayti und den übrigen westindischen Inseln ist 
dagegen noch sehr unzureichend erforscht. Seit den älteren Fischsamm- 
lungen von Ricord auf San Domingo, von Leford und Achard in 
Martinique und Guadeloupe und von dem unglücklichen französischen 
Reisenden Pley in Portorico ist von dort nur wenig zu unserer Kunde 
gekommen. 

Aus Guatemala hat Günther eine kleine Anzahl neuer Fischarten 
beschrieben. Ueber die Süsswasserfauna von Honduras, San Salvador, 
Nicaragua und Üostarica wissen wir fast nichts. Die von mir dort 
während der Jahre 1853 und 1854 gesammelten Fische sind theils durch 
Mangel an gutem Weingeist verdorben, theils bei dem Einsturz des von 
mir bewohnten Hauses durch das Erdbeben vom 16. April 1854, welches 
die Hauptstadt San Salvador gänzlich zerstörte, mit vielen anderen ge- 
sammelten naturhistorischen Gegenständen zu Grund gegangen.!) Die 
vorhergehende Abhandlung über die Panamafische bildet daher den ein- 
zigen wesentlichen Beitrag zur Kenntniss der Süsswasserfauna Central- 
amerika’s. 

Südamerika vom 11° N. B. (Mündung des Magdalenenflusses) bis 
35° 8. B. (Mündung des Rio de la Plata) ist wenigstens in seinen öst- 
lichen Theilen, wo die grössten und fischreichsten Flussgebiete der 
Welt auftreten, viel besser bekannt als Mittelamerika. Um die Er- 
forschung der dortigen Süsswasserfaunen haben sich ziemlich viele unter- 
nehmende Reisende besonders dadurch verdient gemacht, dass sie, nicht 
ohne grosse Mühe und Opfer, ein bedeutendes Sammelmaterial für die 


1) Ein Theil meiner Sammlungen, welche ich im Landhause des preussischen Viceconsuls 
Kronmeier aufbewahrt hatte, ist zwar dem Ruin entgangen, konnte damals aber wegen 
gänzlichen Mangels an Transportmitteln nicht nach dem stillen Ocean gebracht werden, 
wo ich nach der Katastrophe noch einen Monat in der Hacienda des Herrn Walter Bogen 
am Wechselfieber leidend verweilte Die Stadt San Salvador war nicht nur Ruine, sondern 
auch eine von der Bevölkerung ganz verlassene Einöde geworden. 


112 


grösseren ichthyologischen Werke lieferten. Ich erwähne nur die Samm- 
lungen von Dr. Schott im Atratogebiet, von Boussingault und Humboldt 
im Magdalenenfluss, die sehr interssante ichthyologische Ausbeute der Ge- 
brüder Schomburgk in Guiana, das bedeutende Material der französischen 
Sammler Richard, Leblond, Poiteau, Leschenault und Doumerc- 
in der französischen Colonie Cayenne, die überaus reichhaltigen Samm- 
lungen der berühmten Reiseforscher Spix,') Martius, Delalande, Prinz 
von Neu-Wied, Auguste Saint Hilaire, Natterer im Stromgebiet 
des Amazonas und in anderen Flüssen Brasiliens, d’Orbigny’s und Bur- 
meister’s zahlreiche Untersuchungen im Rio de la Plata und Neben- 
flüssen u. s. w. Die neuen Arten, welche von diesen und anderen 
älteren und neueren Reisenden in Südamerika entdeckt wurden, sind 
theils in den Anhängen der Reisewerke, theils in verschiedenen ichthyo- 
logischen Werken und Abhandlungen beschrieben. 

Südlich von der Mündung des Rio de la Plata hat die amerikanische 
Ichthyologie nur wenige sporadische Mittheilungen aufzuweisen. Von 
Patagonien kennt man nur die Küsten und Flussmündungen. Das ganze 
unermessliche patagonische Binnenland, welches durch 13 Parallelkreise 
und 10 Meridiane zwischen beiden Oceanen sich ausdehnt, ist in natur- 
geschichtlicher Beziehung noch ‚unbekanntes Land.“ 

Die Süsswasserfauna der höchsten Andesregionen, von Neu-Granada, 
Ecuador, Peru, Bolivia, ist durch Humboldt, Boussingault und be- 
sonders durch Pentland näher bekannt geworden. Sie ist überaus arm 
an Fischarten. Die sonderbaren Gattungen Arges und Orestias, welche 
dieser Region ganz eigenthümlich angehören, sind besonders von Pent- 
land in den höchsten Seen und Flüssen Bolivias durch Entdeckung 
ausgezeichneter Arten bereichert worden. 

Eine weite geographische Lücke in der Kenntniss der Süsswasser- 
fische bietet der westliche Theil Neu-Granadas vom 2° bis 7O N. B. 
Ob Dr. Schott bei Begleitung der letzten nordamerikanischen Expedition 
seine Untersuchungen auf die in den stillen Ocean mündenden Flüsse 


1) Cuvier hat in seiner „histoire d’ichtyologie“ p. 239 mit besonderer Anerkennung die Ver- 
dienste von Spix um die Förderung der Naturgeschichte der Fische hervorgehoben, sowohl 
durch die Entdeckung vieler neuer Arten, als auch durch die in seiner „Cephalogenesis‘ 
(München 1815) niedergelegten scharfsinnigen Ansichten über den anatomischen Bau der 
Fischköpfe. 


113 


der Provinz Choco ausgedehnt hat, ist mir nicht bekannt. Südlich vom 
zweiten Parallel bilden die wenigen Arten, welche von meinen grössten- 
theils verdorbenen Sammlungen aus der heissen Region gerettet wurden, 
die einzigen Anhaltspunkte zur ichthyologischen Kenntniss jener unge- 
sunden Gegenden. Tschudi’s Fischsammlungen in Peru sind sämmtlich 
zu Grunde gegangen. Poeppig hat, so viel mir bekannt, von dort keine 
Fische mitgebracht. Ueber die Süsswasserfische Peru’s ist mit Aus- 
nahme einer Abhandlung von Quichenot in der Revue zoologique 1847 
und der im grossen Reisewerk von Castelnau beschriebenen Fischarten 
nichts zu unserer Kenntniss gekommen. Die westlichen Staaten Süd- 
amerika’s vom 3—26°S.B. bieten daher in dieser Beziehung noch sehr 
beträchtliche Lücken dar. 

Chile’s Süsswasserfauna ist nur durch Claude Gay’s verdienst- 
volles Werk näher bekannt geworden. Seine umfassenden naturhisto- 
rischen Untersuchungen gehen jedoch südlich nicht über den 43° 8. B. 
hinaus. Alle Gebirgsflüsse, welche von da bis zur Magellanstrasse aus 
den Cordilleren herab nach kurzem Lauf in den stillen Ocean fallen, 
sind in hydrographischer wie in zoologischer Hinsicht noch gänzlich 
unerforscht. 

Ein allgemeines vergleichendes Gemälde der geographischen Ver- 
theilung der Fische in den Meeren und süssen Gewässern unserer Erde 
fehlt noch. Dasselbe würde ungeachtet der noch sehr fragmentarischen 
Kenntniss der Ichthyologie in sehr weiten Länderstrecken, wie auch 
Bronn in seiner „allgemeinen Zoologie“ bemerkt, eine zwar schwierige, 
aber für die Thiergeographie höchst wünschenswerthe und gewiss dank- 
bare Aufgabe sein. 


Abh. d. II. C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. f 15 


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Neue 
Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte 


des 


Meerschweinchens 


Prof. Dr. Th. L. W. Bischoff, 


Mit vier Tafeln Abbildungen. 


Neue 
Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte 


des - 


Meerschweinchens 
von 


Prof. Dr. Bischoff. 


Im Jahre 1862 erschienen als Separat-Abdruck aus den Abhand- 
lungen der k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin „Beiträge zur 
Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens von C. B. Reichert‘, 216 
Seiten 4° mit 8 Kupfertafeln. 

Da diese „Beiträge‘‘ vorzüglich gegen die Angaben meiner zehn Jahre 
früher ‚erschienenen Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens ge- 
richtet sind, so hat vielleicht Mancher erwartet, dass ich mich bereits 
längst, über diese Berichtigungen geäussert haben würde, und mein Still- 
schweigen ist wahrscheinlich wesentlich als Zugeständniss betrachtet 
worden. 

Indessen war ich zu. jener Zeit mit anderen Arbeiten beschäftigt, 
auch fehlte es mir lange Zeit hier, an Meerschweinchen und ich schwieg, 
weil ich nicht, ohne erneute objektive Prüfung die Sache besprechen 
wollte. War es doch sehr wahrscheinlich, dass der zweite Beobachter, 
dem ich wenigstens den Weg gezeigt hatte,-in vielen Punkten glück- 


118 


licher und richtiger gesehen hatte als ich, so wie ich mich wieder sei- 
ner Leuchte bedienen wollte, um meinen früher eingeschlagenen Weg 
dadurch zu erhellen. 

Ausserdem erwartete ich fernere Mittheilungen von C. B. Reichert 
erscheinen zu sehen; denn diese „Erste Abtheilung‘“ reicht in der That 
nur bis zum 13. Tage der Entwicklung des Eies, bis zum Auftreten des 
Embryo, nach welchem doch ein grosser und wesentlicher Theil der Ei- 
genthümlichkeit des Entwicklungsganges des Meerschweinchen-Eies erst 
seinen Ausdruck und seine Erklärung findet. 

Unterdessen 'konnte ich mir; wieder eine Meerschweinichenzucht an- 
legen, und habe so im Laufe des letzten Jahres durch Untersuchung 
von einigen dreissig Thieren während der ersten 14 Tage der Trächtig- 
keit die Möglichkeit gefunden, C. B. Reicherts und ‚meine früheren An- 
gaben auf’s Neue objektiv zu prüfen. Ich bin mir bewusst, dabei mit 
dem besten Willen verfahren zu sein. Konnte und kann mir doch nur 
daran gelegen sein, eine scheinbare Anomalie in dem Entwicklungsgange 
der Säugethier-, ja so weit wir sie kennen, selbst der Wirbelthier-Eier 
überhaupt wo möglich aus dem Wege geräumt zu sehen. Ich hatte 
diese Anomalie nicht ausgedacht und erfunden, sie hatte sich mir wider 
Willen aufgedrängt, und kein Vorurtheil oder Liebling der Phantasie 
‘hatte mein Urtheil dabei bestochen. 

Desshalb kann ich auch unbefangen sagen, dass ich über mehrere 
Punkte von C. B. Reichert gerne Belehrung angenommen und empfangen 
habe, und gerade diese sind es, die mich vorzüglich bestimmen, noch 
einmal das Wort zu ergreifen. Denn diese Punkte, in welchen wir einig 
sind, werden wohl als gesichertes wissenschaftliches Material betrachtet 
werden können, während die bestehenbleibenden Differenzen fortfahren 
werden unsere Leser zu nöthigen, zwischen unseren Personen zu ent- 
scheiden, bis ein dritter oder vierter selbstständiger Beobachter den 
Auschlag gibt. 

Leider sind diese Differenzpunkte die wesentlicheren und zahlrei- 
cheren geblieben. Ich habe mich nicht überzeugen können, dass C. B. 
Reichert bei seinen Widersprüchen gegen mich in seinen Angaben und 
Folgerungen objektiv geblieben ist. Vielmehr glaube ich mich über- 
zeugt zu haben, dass die Neigung zum Widerspruch vorherrschend war, 


119 


und dass die Liebe zu seiner Theorie ihn veranlasst hat, Verschieden- 
heiten in dem Entwicklungsgange des Meerschweinchen-Eies zu läugnen 
oder zu übersehen, welche faktisch vorhanden sind, und auch von ihm 
nicht beseitigt werden konnten. 

Es liegt in der Natur der Sache, dass meine Darstellung die Form 
einer Anti-Kritik der Reichert’schen. Ausstellungen meiner früheren Ar- 
beit annehmen muss, und folge ich dabei eben diesen Ausstellungen, 
wie sie von ihrem Autor erhoben worden sind. 


Abgesehen von der Einleitung, welche der Aufzählung meiner un- 
glaubwürdigen Angaben über die Entwicklung des Meerschweinchen-Eies 
gewidmet ist, ist dann der erste Widerspruch, den €. B. Reichert mir 
angedeihen lässt, dass man ein völlig reifes zum Austritte aus dem Eier- 
stocke bereites Säugethier-Ei an einem sogenannt strahligen Discus, d.h. 
an. der Umwandlung der das Ei in dem Graaf’schen Follikel umhül- 
lenden runden Zellen (die ich aber jetzt nicht mehr Zellen, sondern Pro- 
toplasten nenne, weil sie keine häutige Hülle besitzen) in spindelför- 
mige erkennen könne. Zwar läugnet Reichert nicht vollkommen die 
Richtigkeit meiner Aussage, dass der Discus eines völlig reifen Eies ein 
eigenthümliches Ansehen habe, allein er bemüht sich, sehr ausführlich 
den Beweis zu führen, dass dieses nicht von der erwähnten Metamor- 
phose jener Protoplasten herrühre, sondern der strahlige Discus reifer 
Eier ein „optischer Betrug“ sei, und behauptet anderer Seits, dass dieses 
Ansehen auch bei dem Discus nicht ganz reifer Eier beobachtet werde, 
daher „die Verwerthung des Strahlenkranzes als Zeichen reifer Eichen 
ihre Beschränkung erleide“. Allein gerade aus letzterem Grunde muss 
ich auf meiner früheren Aussage beharren, welche sich mir auf’s Neue 
durch Beobachtung der Eierstöcke brünstiger Fischottern, Marder und 
Füchse immer wieder bestätigt hat. Ich habe mehrere dieser Fälle be- 
nutzt, um die Einwürfe Reicherts gegen meine Erklärung des eigenthüm- 
lichen Ansehens solch ganz reifer Eier zu prüfen, und habe Andere und 
mich auf’s Neue überzeugt, dass ausser der vollsaftigeren Beschaffenheit 
der Protoplasten des Discus, dieselben entschieden spindelförmig ge- 
staltet sind, und dieses Ansehen keineswegs durch Zerren oder Druck 


120 


veranlasst ist. Es mag sein, dass man durch solche Einflüsse die ver- 
schiedensten Formen hervorbringen kann, eben weil diese Protoplasten 
keine mit Membranen umgebenen Zellen sind; allein ich habe die Eier 
sehr vorsichtig mit scharfen und feinen Nadeln unter der Loupe so be- 
handelt, dass neben solehen Kunstprodukten ein guter Theil dieser Ge- 
bilde unverzerrt auf und an der Zona sitzen blieb, und man dabei ihre 
spindelförmige Gestalt ganz intact erkennen konnte. 

Ich halte also sowohl das Ansehen als auch die Erklärung des 
strahligen Discus reifer Säugethiere-Eier gegen die Einwürfe 0. B.- Rei- 
cherts fest. 

Von geringerer Bedeutung ist die von der meinigen abweichende 
Angabe Reicherts, dass das Bersten eines Graaf’schen Follikels bei dem 
Meerschweinchen in der Regel, unter 40 Fällen 30mal, mit einem Blut- 
austritt begleitet sei. Denn da er diese Behauptung auf ganz kleine 
nur mit der Loupe oder selbst nur mit dem Miskroskope wahrnehm- 
bare Häufchen von Blutkörperchen beschränkt, so habe ich keine Ver- 
anlassung ihr zu widersprechen. Meine gegentheilige Aussage gilt für 
einen Bluterguss und eine Erfüllung des geplatzten Graaf’schen Bläs- 
chens mit einem Blut-Extravasate, wie sich dasselbe an dem Eierstocke 
des Menschen und des Schweines als Regel bildet. Dieses findet sich, 
wie ich auch schon gegen Pflüger hervorgehoben habe, bei keinem der 
sonst von mir untersuchten Thiere; beiKaninchen nur zuweilen bei ein 
und dem andern Follikel, ist aber bei Jenen Norm und keine Folge me- 
chanischer Unbilden. 

Ebenfalls ohne Bedeutung, aber eine merkwürdige Neigung zum 
Widerspruch constatirend, ist eine Aeusserung C. B. Reicherts p. 112: 
dass die Kaninchenweibchen den Bock nicht früher zulassen, bis die 
Brunst eingetreten, d. h. die Zeit, in welcher „nicht etwa, wie Bischoff 
angibt, die jetzt erst heranreifenden, sondern bereits reifen Eichen aus- 
gestossen werden“. Ich möchte doch wohl wissen, wo ich gesagt hätte, 
dass die Zeit der Brunst nur die der heranreifenden und nicht auch 
die der bereits reifen Eier sei? und ebenso möchte ich wohl wissen, 
wie Reichert die Zeit der heranreifenden und die der bereits reifen Eier 
so scharf von einander unterscheiden und trennen will, dass er nur: 
letztere die Zeit der Brunst nennen könnte? Dagegen wollte ich wohl, 


121 


dass C. B. Reichert seinen Ausspruch: „dass es nicht abzuläugnen sei, 
dass die Begattung auf die Zeit des Berstens der Follikel einwirke“, 
besser begründet hätte, als durch die blosse Redensart, dass dieses Ber- 
sten von vermehrtem Zudrange des Blutes zu dem Follikel, und dieser 
Zudrang von den aufregenden Wirkungen der Begattung auf das Mutter- 
thier abhängig sei. Diese Redensarten hört man sehr häufig, und wahr- 
scheinlich hat sie Reichert von Professor Eichstedt in Greifswald auf- 
genommen, welcher der beredetste Vertreter dieser Ansicht ist. Ich 
würde sie wie bisher keiner Beachtung zur Widerlegung als bedürftig 
erachten, weil sie unlogisch und unwissenschaftlich ist, wenn ich nicht 
allerdings zu meiner Verwunderung eine ähnliche Aeusserung von einem 
unserer scharfsinnigsten Naturforscher gerade auf dem Gebiete der Ent- 
wicklung, K. E. v. Baer, in seiner vor Kurzem erschienenen Selbstbio- 
graphie p. 437 gefunden hätte. Daher mag Folgendes zur Erörterung 
dieses Einwurfes, dass die Begattung oder auch nur die Gegenwart des 
Männchens einen Einfluss auf die Reifung und Ablösung eines Eies aus 
dem Eierstocke ausübe, dienen. 

Die Thatsachen, welche die Beobachtung nicht nur bei den Thieren 
mit äusserlicher, sondern auch mit innerer Befruchtung zum Beweise 
des Satzes liefert, dass die Eier in den weiblichen Organismen und Or- 
ganen ohne alle Gegenwart und Mitwirkung des Männchens, sei es bei 
der Begattung oder in irgend einer andern Weise allmählig reifen, und 
endlich ihre Bildungsstätte verlassen und ausgesondert werden, sind so 
zahlreich, so über alle Abtheilungen und Arten der Thiere verbreitet, 
mit solcher Evidenz und Sicherheit dargethan, dass an der Allgemein- 
heit, d. h. an der Gesetzlichkeit dieses Vorganges gar nicht gezweifelt 
werden kann, ja auch selbst von Denjenigen, die dennoch an diesem 
Gesetze mäklen zu sollen glauben, wirklich nicht gezweifelt wird. Sie 
meinen nur, es gäbe doch auch noch Erscheinungen , welche zeigen, 
dass die Männchen und die Begattung auch einen Einfluss darauf aus- 
üben. :Wenn dieser Einwurf so gehalten wird, dass er zugesteht, 
die Ercheinung an‘ und für sich ist vollkommen unabhängig von dem 
Männchen, dieses aber kann doch förderlich darauf einwirken, so wird 
dadurch nicht mehr gesagt, als wenn man sagen würde, eine gute Er- 
nährung, günstige Verhältnisse der Temperatur und des Klimas haben 


ebenfalls einen Einfluss auf die Reifung und Loslösung der Eier, und 
Abh. d. II. C1. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 16 


122 


diese vielleicht einen noch grösseren als die Gegenwart des Männchens 
und die Paarung. Und wirklich steht auch gar Nichts entgegen, dem 
Männchen in diesem Sinne einen Einfluss einzuräumen. Denn es ist ge- 
wiss und bekannt, dass der Gesammtcharakter und Habitus des weiblichen 
Organismus sich erst dann vollkommen ausbildet, wenn derselbe den ganzen 
Kreis der geschlechtlichen Funktionen durchlaufen hat, daher möglicher 
und höchstwahrscheinlicher Weise der weibliche Eierstock erst dann das 
volle Maass seiner individuellen Thätigkeit entwickelt, wenn auch der 
männliche Einfluss auf die weibliche Individualität, namentlich durch die 
Begattung, sich geltend gemacht hat. Allein dieser Einfluss enthält, 
wie Erfahrung. und Experiment. gezeigt haben, keine nothwendige 
‚Bedingung zur Erfüllung der gesetzmässigen Funktion des Eierstocks, 
er ist also nicht wesentlich, kann und sollte daher nie zur Anzwei- 
felung dieses Gesetzes benutzt werden. i 

Ich kann in diesem Verfahren nur noch den Ueberrest der alten 
falschen Lehre sehen, dass die Begattung die Reifung und Loslösung 
der Eier bedinge, von welcher sich namentlich Diejenigen nicht los- 
sagen können, welche in den den Zeugungsakt begleitenden Empfin- 
dungen und Gefühlen noch ein Hauptmoment desselben erblicken. Diese 
die Zeugung sichernden Gefühle sind freilich für Thiere und die grosse 
Zahl der Menschen die Hauptsache bei derselben. Der wissenschaftliche 
Naturforscher aber erkennt in ihnen nur einen Nebenumstand, freilich 
sehr wesentlich und nothwendig, um die eigentlichen Bedingungen und 
Gesetze der Zeugung zur Wirksamkeit zu bringen, allein letztere voll- 
ziehen sich im gegebenen Falle auch ohne jene Empfindungen und Ge- 
fühle und sind also im Sinne der Wissenschaft Nebensache. Es ist die 
Aufgabe und Sache des Naturforschers, diese Dinge auseinander zu hal- 
ten, die der Laie und Ungebildete durcheinander wirft. Nie und in kei- 
nem Falle würden wir je zur Einsicht und Aufstellung eines” Naturge- 
setzes kommen, wenn wir nicht die nothwendigen und die nur 
mitwirkenden Ursachen einer Erscheinung von einander zu unter- 
scheiden und verschieden zu würdigen lernten; denn es wird wohl kaum 
irgend eine auffallendere und allgemeiner wirksame Naturerscheinung 
geben, die nur allein von einer einzigen Ursache ausschliesslich hervor- 
gebracht würde. 


123 


Fragen wir uns, was die Erkenntniss des hier in Rede stehenden, 
die .Zeugung beherrschenden Gesetzes der selbständigen Entwicklung 
und Loslösung des weiblichen Eies so viele Jahrhunderte verhindert und 
verzögert hat, so ist dieses offenbar der Mangel wissenschaftlicher Me- _ 
thode bei der organischen Naturforschung, den ich im Vorstehenden 
_ auch bei dem gegen das Gesetz der spontanen Evolution erhobenen Ein- 
wurf rüge; denn an den hinreichenden Thatsachen zur Erkenntniss’ des 
Gesetzes, hat es eigentlich schon seit lange nicht gefehlt. Aber die 
Befangenheit in die Nebensachen, der ausschliessliche Blick auf die et- 
was verwickelten Verhältnisse bei den Säugethieren und Menschen, machte 
diese Erkenntniss des Gesetzes unmöglich, bis auch hier die entschei- 
denden Thatsachen der Beobachtung dureh meine Versuche geliefert 
wurden. Jetzt, nachdem es durch dieselben ganz entscheidend erwiesen 
ist, dass in den verschiedensten Ordnungen der Säugethiere die Brunst, 
die Reifung und Loslösung der Eier eintritt, ohne dass das Männchen 
dabei irgendwie concurrirt, nachdem ferner die anatomische Ueberein- 
stimmung der Brunst mit der Menstruation des Weibes auf das voll- 
ständigste dargethan ist, kann man es nur als einen ganz unwissen- 
schaftlichen Anachronismus bezeichnen, wenn Jemand Thatsachen über 
den Einfluss der Begattung auf die Ovulation beibringen will, um deren 
Spontaneität zu bezweifeln und zu beeinträchtigen. 

Wenn wir wissen, dass bei den weiblichen Thieren der Reifungs- 
und meistens auch der Lösungsprozess der Eier aus dem Eierstock der 
Begattung vorhergeht, so ist von selbst klar, dass letztere nicht die 
Ursache des ersteren sein kann. Bei dem Menschen könnte die Un- 
abhängigkeit der Begattung von jenem Reifungs- und Lösungsprozess 
der Eier möglicher Weise einen Einfluss auf jene Vorgänge im Eier- 
stock ausüben, da sie ihnen vorhergehen kann und oft vorhergeht. Al- 
lein grade hier hat die Erfahrung Jahrtausende und Jahrhunderte vor 
jeder Einsicht und wissenschaftlichen Erkenntniss in die betreffenden 
Vorgänge gelehrt, dass die Begattung keinen Einfluss auf die Vorgänge 
im Eierstock ausübt, da.die Menstruation, welche diese Vorgänge an- 
zeigt, im Grossen und Ganzen, wenn durch die Begattung keine Be- 
fruchtung herbeigeführt wird, ihren Typus unverändert beibehält, mag 


die Begattung erfolgen oder nicht. Es heisst hier den Wald vor lauter 
| t6> 


124 


Bäumen nicht sehen, wenn man vereinzelte Thatsachen eines Einflusses 
des Coitus oder geschlechtlicher Aufregung überhaupt auf die Menstrua- 
tion, als Gegenbeweise beibringen will. Derselbe kann indirekt sehr 
wohl zuweilen vorhanden sein und zugegeben werden, während die Ge- 
setzmässigkeit der Menstruation und spontanen Övulation davon ganz 
unabhängig besteht. 

Ebenso verhält es sich aber auch mit der näheren Beschränkung 
des Einwurfes gegen das Gesetz der spontanen ÖOvulation auf die Be- 
hauptung, dass die Begattung das Platzen des Follikels bei den Säu- 
gethieren bedinge oder befördere, ein Einwurf, auf den vorzugsweise 
Eischstedts und Reicherts Einreden zurücklaufen. Auch hier ist es von 
mir‘ bei Hunden, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten, Schafen und 
Schweinen experimentell bewiesen und kann an den Eierstöcken von 
Kühen, welche das ganze Jahr hindurch geschlachtet werden, leicht con- 
statirt werden, dass die Follikel platzen und gelbe Körper sich bilden, 
ohne dass die Begattung erfolgt ist. Es ist also ganz gewiss, dass der 
Prozess sich ganz unabhängig von der Begattung vollständig entwickelt. 
Wenn dieses als Regel und Gesetz feststeht, kann man daneben ganz 
gut zugeben, dass es einzelne Fälle geben kann, in welchen die durch 
die Begattung vielleicht vermehrte Blutanhäufung in den Genitalien und 
Eierstöcken eine etwas verzögerte oder erschwerte Eröffnung des Fol- 
likels befördert, obgleich davon bei der ausserordentlich kurzen Dauer 
der Begattung bei Kaninchen, Meerschweinchen, auch Rindern, Schafen, 
Hirschen etc. kaum die Rede sein kann. Ein solches Zugeständniss 
ändert und beeinträchtigt die Gesetzmässigkeit der spontanen Ovula- 
tion ebensowenig, als die zugestandene Möglichkeit, dass es vielleicht 
Fälle geben kann, in welchen sich der Follikel gar nicht eröffnet, ob- 
gleich bis jetzt kein solcher erwiesen ist. Denn es ist nicht wahr, wenn 
Eichstedt z. B. in seiner Schrift sagt, ich hätte solche Fälle beobachtet, 
und desshalb die Möglichkeit des Nichtplatzens reifer Follikel zugegeben. 
Ich habe nur gesagt, dass ich neben geplatzten Follikeln und gelben 
Körpern in demselben Eierstock auch noch angeschwollene Follikel be- 
obachtet habe, welche meiner Ueberzeugung nach diessmal nicht ge- 
platzt sein, sondern sich wieder zurückgebildet haben würden; ich habe 
aber nicht gesagt, dass diese Follikel reif gewesen und reife Eier ent- 


125 


halten hätten. (Entw.-G. d. Hundes p. 21.) Es ist diess so wenig der 
Fall, dass ich sogar die Möglichkeit einer solchen Beobachtung, wie sie 
Eichstedt an einer Stute und zweien Schafen angestellt haben will, be- 
zweifle. Er sagt, die Brunst sei bei ihnen vorübergegangen, dann seien 
sie getödtet worden, und er habe ungeplatzte, dem Platzen nahe Follikel 
gefunden. Nun sind die Brunstverhältnisse bei Thieren überhaupt, aber 
namentlich bei Pferden und Schafen, noch sehr wenig genau bekannt 
und nicht so leicht zu bestimmen, wann die Brunst anfängt und wann 
sie vorüber ist. Ja ich glaube, dass die betreffenden Männchen allein 
die Entscheidung darüber abzugeben vermögen. Ebenso ist es nicht 
leicht, ein sicheres Urtheil über die Reife eines Follikels und Eies zu 
fällen, und kenne ich kein anderes, als die von mir beobachtete Erschei- 
nung eines strahligen Discus. Ich verlange also, (dass ganz genau an- 
gegeben wird, wie sich Männchen und Weibchen zu einander benommen 
haben, um Anfang und Ende der Brunst zu bestimmen, und eine ganz 
genaue Angabe über die anatomische Beschaffenheit eines Follikels und 
Eies, ehe ich Angaben über Anfang und Ende der Brunst oder völliger 
oder unvollständiger Reife des Eies eine Autorität zuerkenne. Beides 
ist ‚von Eichstedt nicht geschehen. Allein ich gebe es wie gesagt 
als möglich zu, dass in einzelnen Fällen die Follikel uneröffnet bleiben; 
ich gebe es zu, nicht weil dieses Zugeständniss erwiesen wäre, sondern 
weil es die Gesetzmässigkeit des normalen Vorganges nicht beeinträch- 
tigt, weil es als anomales Verhalten vorkommen und möglicher Weise 
durch geeignete Maassregeln beseitigt werden kann. 

Ebensowenig wird man Reichert zugeben können, dass seine Beob- 
achtungen bei Kaninchen, den Einfluss der Begattung auf das Bersten 
der Graaf’schen Follikel darthun. Von zehn Kaninchenweibchen, zu 
denen ‚täglich der Bock eine Stunde hinzugelassen wurde, tödtete er 
fünf vor der 8. Stunde, die übrigen in der 9., 10. und 11. Stunde nach 
der unter seinen Augen vollzogenen Begattung; bei den ersteren waren 
die Eichen noch nicht aus den Graaf’schen Follikeln ausgetreten, bei 
‘ den letzteren fanden sie sich in den Faloppischen Röhren. Hiernach 
scheint es Reichert nicht abzuleugnen zu sein, „dass die Begattung auf 
die Zeit des Berstens der Graaf’schen Follikel eingewirkt hat, oder man 
müsste annehmen wollen, dass die Kaninchen jedesmal mit einem ge- 


126 


wissen Vorgefühl von der Zeit des Platzens der Graaf’schen Follikel zu 
dem Begattungsakt getrieben würden“. Letzteres scheint Reichert für 
absurd zu halten anzunehmen, während ich es für sehr begreiflich, ja 
unzweifelhaft erachte, dass in der That die Kaninchen, wie alle Thiere, 
das Männchen .erst auf einer gewissen Höhe der Brunst, d.h. des Rei- 
fungs-Prozesses der Eier und des Berstungs-Prozesses der Follikel zur 
Begattung zulassen, und erst in einer gewissen Zeit nach diesem Au- 
genblick jene Prozesse so weit gediehen sind, dass es zum wirklichen 
Aufbruche der Follikel kommt. Darauf übt die Begattung gar keinen 
Einfluss aus, und es ist mir wirklich ganz unerklärlich, wie Reichert 
einen solchen darin erkennen will. Uebrigens ist aber auch diese ganze 
Versuchsmethode vollkommen unzuverlässig. Der Bock wird alle Tage 
eine Stunde zu dem Weibchen gesetzt und während dessen beobachtet. 
Es liegen also 23 Stunden dazwischen. Dieses ist eine sehr lange Zeit 
für den bei verschiedenen Thieren zu verschiedenen Zeiten. möglicher 
Weise beginnenden Reifungs-Prozess der Eier und Follikel. Bei dem 
einen Weibehen kann möglicher Weise dieser Prozess schon in der näch- 
sten Stunde nach der, Trennung so weit vorgeschritten sein, dass das 
Weibchen jetzt die Begattung zulassen würde. Bei dem anderen da- 
gegen ist möglicher Weise erst unmittelbar vor der nächsten Ver- 
einigung von Weibchen und Männchen dieser Höhepunkt des Reifungs- 
Prozesses eingetreten. Die Eier beider Weibchen sind 23 Stunden in 
ihrem Reifungszustand von einander verschieden, und demgemäss wird 
auch der Austritt aus dem Graaf’schen Follikel zu einer verschiedenen 
Zeit stattfinden. Denn hierüber entscheidet eben der Reifungszustand 
und nicht die Begattung. Der Versuch kann also in solcher Weise gar 
nicht angestellt werden. 

Weit mehr geeignet hiezu erscheinen mir die Meerschweinchen, bei 
denen umgekehrt Reichert viel grössere Schwierigkeiten erblickt. Bei 
den Meerschweinchenweibchen wird nämlich die Zeit des Eintretens der 
Brunst viel genauer durch die Geburt bezeichnet. Würden sie sich alle 
sogleich nach der Geburt belegen lassen, so würde man wohl Versuche 
anstellen können, ob der Austritt der Eier früher erfolge, wenn man 
die Begattung sogleich zulässt, oder wenn man sie noch längere Zeit 
verhindert. Aber ich habe leider erfahren, dass erstere Bedingung nicht 


\ 


127 


immer gegeben ist. Bei den meisten Weibchen wird wirklich sogleich 
nach der Geburt oder wenigstens innerhalb der ersten drei Stunden da- 
nach, wie ich früher angegeben, die Begattung vollzogen; bei andern 
aber gehen oft 8, 10, 12 Stunden vorüber, ehe das Weibchen dem fort- 
währenden Drängen des Männchens nachgibt. Offenbar, weil in Bezieh- 
ung auf die Zeit der Geburt, der Reifungs-Prozess der neu auszustos- 
senden Eier nicht bei allen Weibchen gleich weit fortgeschritten ist. 
Daher können auch hier solche Versuche nicht gemacht werden. * 

Es ist interessant zu sehen, wie ein geistreicher Forscher diese 
Dinge zu einer Zeit betrachtete, wo von einer Einsicht in dieselben noch 
gar keine Rede war. In dem Corollarium der zweiten Scholie des im 
Jahre 1828 erschienenen ersten Theiles seiner Entw.-Gesch. der Thiere 
P- 150 sagt v. Baer: 

„Man muss, wie es scheint, in der Paarung oder gegenseitigen Ein- 
wirkung beider Geschlechter wieder einen doppelten Akt, die Begattung 
und die Befruchtung, sowie eine doppelte Wirkung unterscheiden; die 
erste besteht darin, die Frucht der Herrschaft des weiblichen Eierstockes 
zu entziehen, die zweite ihr individuelles Leben zu geben. Für die er- 
stere scheint das männliche Geschlecht nur insofern thätig, als es den 
weiblichen Geschlechtsapparat zu einer höheren aussondernden Thätig- 
keit aufregt. Dem aufbewahrenden weiblichen Charakter wird die männ- 
liche aussondernde Richtung mitgetheilt. Eben desshalb kann das 
Aussondern des Eies zuweilen auch ohne Paarung erfolgen, indem die 
Einwirkung des Männchens durch andere Verhältnisse ersetzt wird. 
Dieses geschieht jedoch um so seltener, je höher das Leben der Thier- 
form entwickelt ist. Die Graaf’schen Bläschen der Säugethiere scheinen 
nicht ohne Begattung oder ihre analoge Reizung des weiblichen Ge- 
schlechtsapparates sich zu öffnen“. Jetzt folgen Beispiele. von Vögeln, 


. Fischen, Schmetterlingen etc. und dann schliesst v. Baer: „Aus Allem 


geht hervor, dass das Heraustreiben des Eies allerdings durch den weib- 
lichen Geschlechtsapparat bewirkt wird, dass dieser aber in der Regel- 
durch die Einwirkung des männlichen Geschlechtes dazu aufgeregt wird, 
dass aber auch wohl andere Aufregungen den Einfluss des männlichen 
Geschlechtes ersetzen können.“ 

Man kann in der That keinen schöneren Beweis von der Abhängig- 


128 


keit unserer Erkenntniss von den Thatsachen, und der Gefahr des Irr- 
thums ohne dieselben, sobald wir uns nur auf geistreiche Combination 
‚verlassen, sehen. Wenn aber, wie jetzt in dieser Frage, die Thatsachen 
gegeben sind, dann erlauben es die Gesetze einer logischen Methode 
nicht mehr, das erkannte Gesetz möglichen Modifikationen desselben 
wieder aufzuopfern. Man kann und muss solche modificirenden Ein- 
flüsse anerkennen, aber nie aus dem Gesichtspunkte, dass sie selbst die 
Bedingungen der Erscheinung abgeben. 

Pag. 113 bestreitet weiter ©. B. Reichert Leuckarts und meine An- 
gabe, dass man nach der Begattung bei den Meerschweinchenweibchen 
die Scheide und den Muttermund mit einer zähen, weissen, undurch- 
sichtigen Substanz vollgestopft finde, welche wir für das Absonderungs- 
produkt der Saamenblasen erklärt haben. Nach ihm ist dieses nicht 
der Fall, sondern dieser Pfropf rührt von dem abgestossenen und durch 
den Verschluss der Schamspalte zurückgehaltenen Epithel der Scheide 
her. Nur der Widerspruchsgeist konnte Reichert antreiben, auch hier 
wieder Opposition zu machen, da er von einer ganz anderen Sache redet 
als wir. Wir haben unsere Aussage hicht von einer verschlossenen, 
sondern von der durch die Geburt geöffneten und von allem abgestos- 
senem Epithel entleerten Scheide und von einem Stoff gemacht, von 
dessen Identität mit dem Inhalte der Saamenblasen wir uns überzeugt 
hatten. Hat C. B. Reichert etwas Anderes und zu einer anderen Zeit 
beobachtet, so ist das seine Sache, ich widerspreche ihm nicht; aber 
er soll desshalb nicht sagen, wir hätten eine unrichtige Beobachtung 
gemacht. Ich mache mich anheischig dieselbe jederzeit, wenn das Männ- 
chen nicht durch zu häufige Begattung seine Saamenblasen entleert hat, 
und unmittelbar nach der Begattung für Jeden zu constatiren. Werden 
letztere beiden Bedingungen nicht eingehalten, wie das wahrscheinlich 
bei Reichert der Fall war, so wird die Beobachtung nicht gemacht 
werden. 

Bereits an einem andern Orte (Ueber die. Ranzzeit des Fuchses und 
die erste Entwicklung seines Eies, sowie: Ueber die Placentabildung der 
Marder. Sitzungs-Berichte der bayr. Akad. d. Wissenschaften v. 13. Juni 
1863 p. 51 u. v. 13. Mai 1865 p. 347) habe ich den Widerspruch be- 
seitigt, den C. B. Reichert p. 115 gegen meine aus Beobachtungen bei 


129 


Hunden und Meerschweinchen abgeleitete Aussage erhoben, dass Fälle 
vorkommen, wo die aus dem Eierstocke einer Seite ausgetretenen Eier 
in das Uterushorn der andern Seite 'überwandern, um sich hier festzu- 
setzen. Die Thatsachen, welche ich hierüber besonders an dem zuletzt 
genannten Orte beigebracht habe, überheben mich jeder Widerlegung 
der von Reichert erhobenen Einreden und Zweifel, von denen sich be- 
sonders merkwürdig diejenige ausnimmt, ‚dass ich die Wanderung nicht 
gesehen habe.“ Ich wünsche, dass Reichert nur seinen Scharfsinn da- 
ran üben möge, uns die Kräfte und Mittel zu demonstriren, wodurch 
diese Ueberwanderung und Vertheilung der Eier in passende Zwischenräume 
des Uterus bewerkstelligt wird; die Thatsache steht über allen Zweifel fest. 

Pag. 116 findet sich ferner die Aeusserung Reicherts: „Auch bei 
ausgestossenen Kanincheneiern habe ich, Bischoff entgegen, einen ausge- 
prägten Discus proligerus niemals gesehen.‘‘ Ich möchte wohl wissen, 
wo ich jemals gesagt habe, dass das Kaninchenei auch noch im Eileiter 
einen „ausgeprägten‘ Discus besitze. Ich habe gesagt und sage noch: 
Entw.-Gesch. des Kanincheneies p. 52: „Die Eier sind zunächst noch 
von den Zellen des Discus und der Membr. granulosa umgeben, allein 
diese haben ihr früheres spindelförmiges Ansehen verloren, erscheinen 
wieder rund, und man bemerkt sehr bald an ihnen, dass sie in der 
Auflösung begriffen sind, wobei ihre scharfen Gränzen verwischen, und 
sie untereinander wieder zusammenzufliessen scheinen.‘ Ist da von einem 
ausgeprägten Discus die Rede? Wie war es möglich, daraus einen 
Gegenstand des Widerspruches zu machen?! 

Wiederum findet sich p. 118 der Ausspruch: „Bischoff hält die 
Befruchtung der Eichen auch am Eierstock innerhalb des Graafschen 
Follikels für möglich. Der Beweis ist von dem Verfasser nicht geliefert.‘ 
Ist nicht auch das ein sehr gesuchter Widerspruch! Was ist da für 
ein Beweis zu liefern? Ich habe die Gegenwart von Spermatozoiden 
auf dem Eierstocke vor Austritt der Eier zuerst constatirt, und Reichert 
selbst will dasselbe bei Kaninchen gesehen haben (p. 117). Wir wissen 
ferner, dass die Eier durch die Dotterhaut hindurch befruchtet werden, 
und die Spermatozoiden auch ohne Mickropyle durch dieselbe hindurch- 
dringen. Es ist weiter gewiss, dass die Tunica propria ovarii und die 


Membrana Folliculi sich an der zukünftigen Aufbruchsstelle des Follikels 
Abh. d. I. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 17 


130 


immer mehr und mehr verdünnen, bis dass sie an einem Punkte end- 
lich ganz verschwinden. Endlich sind Eierstockschwangerschaften, wenn 
gleich sehr selten, meiner Ansicht nach, dennoch erwiesen. Genügt das 
Alles nicht um zu sagen: Ich halte eine Befruchtung der Eier im Eier- 
stocke für möglich? Den weiteren Beweis zu verlangen, heisst wohl 
ohngefähr ebensoviel, als zu verlangen, dass man die Eier wandern 
sehe! Uebrigens habe ich schon an einem anderen Orte, (Henle und 
Pfeufers Archiv Bd. XXIII 1865 p. 268,) die mir zugeschriebene Lehre 
zurückgewiesen, dass die Säugethiereier immer und nur im Eierstocke 
befruchtet würden, und gezeigt, dass ich diese Ansicht nur sehr kurze 
Zeit, eben nach der Entdeckung der Spermatozoiden auf dem Eierstock, 
festgehalten, später in der bestimmtesten Weise berichtigt habe. 

In Beziehung auf die weiteren Veränderungen der Eier im Eileiter 
findet C. B. Reichert keine Veranlassung von meinen Angaben abzu- 
weichen, ausser natürlich in der Beurtheilung des sogenannten Furchungs- 
prozesses oder der Dottertheilung. Diese Dotterkugeln sind und bleiben 
ihm Zellen d. h. Gebilde, die eine festere äussere Hülle, einen Inhalt 
und einen Kern besitzen, und die letzten und kleinsten derselben wer- 
den nach ihm unmittelbar zum Aufbaue des bläschenförmigen Keimes, 
d. i. seiner Umhüllungshaut verwendet. In Beziehung auf den ersten 
Punkt findet es Reichert nicht nöthig und geeignet sich besonders gegen 
mich zu wenden, obgleich ich zu allererst in meiner Entw.-Gesch. der 
Säugethiere und der Menschen 1842 p. 57 und fortwährend die Gegen- 
wart von umhüllenden Membranen um die Dotterkugeln in Abrede ge- 
stellt habe. Auch ich halte es nicht für nöthig, diesen alten Streit hier 
nochmals zu erneuern, da er trotz Remackscher Gärbungsexperimente 
und Reichertscher Faltenphänomene zu meinen Gunsten entschieden 
worden ist. Auch über die Frage ob man die Kugeln im physiologi- 
schen Sinne Zellen nennen solle, habe ich mich genügend dahin aus- 
gesprochen, dass ich das Wort Zelle historisch, als auf anatomischer 
Basis construirt, nur für solche Gebilde für gerechtfertigt erachte, 
welche wirklich eine selbstständige nachweisbare Hülle besitzen. Haben 
sie keine solche, oder haben sie dieselbe noch nicht, so nenne ich 
sie Protoplasten, obgleich diesen, und gerade diesen, der physio- 
logische Begriff der Zelle als Elementarorganismus sicher zukommt. 


181 


Dagegen muss ich mich bestimmter über die zweite Behauptung 
Reicherts aussprechen, dass die letzten Dottertheilungskugeln direct zum 
Aufbaue des bläschenförmigen Keimes verwendet werden. Reichert er- 
blickt in meiner Angabe, dass der im Furchungs- und Theilungsprozess 
begriffene Dotter des Meerschweincheneies am 5. und 6. Tage durch 
Vereinigung sämtlicher Dotterkugeln sich wieder in eine homogene 
Masse verwandle, eine Abweichung, welche ‚die bekannten typischen 
Vorgänge bei der Entwicklung eines Wirbel- und Säugethiereies nicht 
sowohl modificire, als sogar wesentlich alterire‘“ und indem er annimmt, 
dass das von mir Fig. 9 dargestellte Ei dieses Stadiums das Einzige 
sei, auf: welches ich meine Ansicht gebaut, nimmt er keinen Anstand, 
dasselbe für ein gequetschtes Ei zu erklären, dessen Theilungskugeln 
zerstört worden seien. 

Ich habe indessen p. 23 meiner Schrift ausführlich mitgetheilt, 
dass ich die von mir aufgestellte Ansicht erst nach oftmals wieder- 
holter Beobachtung dieses Stadiums, nach sorgfältigster Berücksichti- 
gung aller bei dem Auffinden und der Behandlung der betreffenden 
Eier stattgefundenen Verhältnisse, endlich auch nach Spaltung oder 
Sprengung der Zona und genauester Untersuchung der ausgetretenen 
Dottermasse, ausgesprochen habe, sowie dass Prof. Leuckart ganz mit 
mir einverstanden war, dass keine zufälligen und nachtheiligen Einflüsse 
an den betreffenden Eiern die Dotterkugeln: zerstört haben konnten. 
Ich habe ferner damals schon meine analogen Beobachtungen beim Ka- 
ninchen und Hunde erwähnt, bei welchen ich auf dem analogen Sta- 
dium ebenfalls Eier fand, deren Dotter nach Ablauf der Theilung ein 
ganz. gleichartiges Ansehen darbot, auf welches ich aber damals kein 
besonderes Gewicht gelegt hatte. Später kamen meine Beobachtungen 
bei dem Rehe hinzu, bei welchem das Ei nach Ablauf der Dottertheilung 
41/g Monat lang in diesem, wenn man will, amiorphen Zustande des 
Dotters verbleibt, und ich zweifle auch nicht, dass ich den gleichen 
Zustand ebenfalls bei dem Fuchseie beobachtete, obgleich hier die nicht 
mehr ganz frische Beschaffenheit des untersuchten Uterus, mir keinen 
so bestimmten Ausspruch erlaubte. (Vgl. Sitzungsberichte d. bayer. Aka- 
demie der Wissenschaften 1863, Bd. U, 1, p. 50.) 


Wenn wir nun ferner bedenken, dass von mehreren Beobachtern 
17* 


132 


auch bei den Eiern anderer Thiere, z. B. von Lereboullet bei Lymnaeus 
stagnalis und dem Flusskrebs, von W. Thomson bei Asterocantion vio- 
laceus nach Ablauf der Dottertheilung eine Wiederverschmelzung aller 
Dotterelemente beobachtet wurde; dass es ferner ganze Thierklassen, 
Arachniden und Insecten gibt, bei deren Eiern nach übereinstimmenden 
Beobachtungen die Dottertheilung ganz fehlt und sich der Embryo di- 
rect aus den in dem Dotter sich bildenden Zellen oder Protoplasten auf- 
baut: so wird es, wie ich denke, Niemand so auffällig wie Reichert 
finden, dass sich wahrscheinlich auch bei dem Säugethierei ein kurz 
vorübergehendes Stadium findet, wo sich nach vorausgegangener Dotter- 
theilung, die Dotterelemente wieder zu einer Masse vereinigen, aus wel- 
cher dann erst die eigentlichen Bildungszellen oder Protoplasten her- 
vorgehen. 

Alle diese Beobachtungen stören freilich die jetzt zum Dogma er- 
hobene Lehre, dass alle Zellen in der Welt vonveiner einzigen Urzelle 
durch Theilung oder endogene Zellenbildung abzuleiten sind, besonders 
wenn man einst zugeben wird, was man eben desshalb auch jetzt noch 
hartnäckig bestreitet, dass das Ei selbst keine Zelle, sondern ein schon 
sehr zusammengesetzter Körper, ein Zellenderivat ist. An und für sich 
aber dürfte schwerlich etwas „auffälliges‘“ in der aus Beobachtungen 
abgeleiteten Lehre sein, dass die Dottermasse nur ein Oytoblastem ist, 
in welchem erst nach innigerer Vermengung seiner Elemente unterein- 
ander und mit dem eingedrungenen männlichen Saamen, durch die Thei- 
lung der Zellenbildungsprozess zum Aufbaue des Embryos oder seines 
blasenförmigen Keimes beginnt. Ich sehe mich wenigstens vorläufig an 
der Hand meiner und Anderer Beobachtung veranlasst, an dieser Lehre 
noch festzuhalten, und dagegen diejenige aufzugeben, welche ich früher, 
auf noch mangelhafte Beobachtungen gestützt, zuerst aufgestellt habe 
und die Reichert jetzt gegen mich vertheidigt. 

Als ein interessantes Beispiel der Art und Weise wie Reichert die 
Beobachtungen Anderer gegen die Seinigen abwiegt, kann ich ferner 
nicht unterlassen, die p. 119 vorkommenden Aeusserungen Reicherts 
über die von mir an dem Dotter des Kaninchen- und dann auch in Ge- 
meinschaft mit Leuckart an dem des Meerschweinchen-Eies in dem ersten 
Drittheil des Eileiters vor der Dottertheilung beobachteten Rotationen 


133 


zur Sprache zu bringen. Er hat diese Rotationen nicht gesehen; es 
wäre, sagt er, allerdings möglich, aber nicht wahrscheinlich, dass die 
Cilienbekleidung des Dotters eine ganz kurze Zeit, etwa 1—1/2 Stunden 
vorhanden sei; aber sagt er: „ich muss darauf dringen, dass man diese 
in Rede stehende Rotation nicht völlig gleichstelle mit den beiden an- 
deren, die mit Sicherheit nachgewiesen sind; nämlich mit der längst 
bekannten, die erst im spätern Entwicklungsstadium durch Flimmer- 
zellen embryonaler Anlagen bewirkt wird, und mit den bei Hechteiern 
auch zur Zeit des Furchungsprozesses schon vorkommenden Schwan- 
kungen, die zu Folge meiner Beobachtungen durch die rythmischen 
Contractionen des Nahrungsdotters entstehen.‘ Wenn ich nun auch in 
Beziehung der ersten Klasse dieser Bewegungsphänomenen nichts gegen 
diese Antithese Reicherts derselben gegen meine Angaben sagen will, 
weil sie allerdings durch eine sehr grosse Zahl von Beobachtern all- 
seitig festgestellt und sehr leicht zu constatiren sind, so frage ich doch: 
Wesshalb sind meine Angaben beim Kaninchen- und Meerschweinchen- 
Eie nicht völlig gleichzustellen mit denen ©. B. Reicherts beim Hecht- 
ei?! die auch Niemand weiter bis jetzt constätirt hat? Hat Reichert 
ein grösseres Privilegium der Glaubwürdigkeit als ich? Ist dieses nicht 
ein Beispiel jenes Hochmuthes , den man schon früher in seinem 
Verfahren kaum verkennen konnte? Ist es ferner nicht bemerkens- 
werth, dass während C. B. Reichert es sich nicht versagen konnte, in 
„Ih. Bi- 
schoff hat seine auf Anregung Leuckarts und zum Theil mit ihm 
unternommenen Untersuchungen veröffentlicht“, er jetzt bei dieser Gele- 
genheit der Rotationen kein Wort von Leuckart sagt, während ich doch 
pag. 18 ausdrücklich angegeben habe, dass dieser gewiss sorgfältige 
und vorurtheilsfreie Beobachter an dem von mir aufgefundenen betref- 
fenden Eie diese Rotationen zuerst sah?! 

Ich komme jetzt zu einem Punkte, in welchem ich am liebsten 
eine ausführliche und gründliche Belehrung durch C. B. Reichert em- 
pfangen hätte, nämlich zu der Lücke, welche ich in meinen Beobach- 
tungen über die Entwicklung des Meerschweincheneies am Ende des 
sechsten oder Anfang des siebenten Tages, wie ich glaubte, gelassen 
hatte. Ich hatte am 4. 5. und 6. Tage Eier in dem Uterus beobachtet, 


den ersten Zeilen seiner Einleitung die Bemerkung zu machen: 


134 


welche noch nicht an ihre bleibenden Stellen gelangt, darin noch leicht 
als Eier zu erkennen waren, dass sie noch ihre Zona besassen, und der 
Dotter entweder in Kugeln getheilt oder diese wieder zu einer Masse 
zusammengeflossen waren. Doch hatte ich bereits erkannt, dass die 
Zona in ihren Umrissen sehr unbestimmt geworden war und ihrer Auf- 
lösung nahe geschienen. Alsdann hatte ich weiter am Ende des 6. und im 
Laufe des 7. Tages an der Epithelröhre des Uterus eine kleine zapfen- 
artige Hervorragung beobachtet, von welcher die Folge lehrte, dass sie 
jedenfalls das Ei war oder enthielt, und ich hatte aus diesen Beobach- 
tungen geschlossen, dass das Ei oder vielmehr sein Dotter, nachdem 
die Zona sich aufgelöset, in einen kleinen Divertikel oder in eine Mün- 
dung einer Uterindrüse gerathen sei, in welcher es sich nun festgesetzt 
und in eine Fusion mit den Zellen der Epithelröhre getreten sei. 

Da ich aber bei anderen Säugethieren beobachtet hatte, dass deren 
Eier, nachdem sie aus dem Eileiter ‘in den Uterus gelangt sind, sich 
ehe sie sich an irgend einer Stelle des letztern festsetzen, in doppel- 
wandige kleine wasserhelle Bläschen von !/a—2‘* Durchmesser verwan- 
deln, so ist es sehr begreiflich, dass ich auch bei dem Meerschweinchen 
nach einem solchen Stadium der Eibildung suchte, ehe sich dessen Ei 
festsetzte. Wirklich glaubte ich auch am Ende des sechsten Tages kleine 
Bläschen im Uterus gefunden zu haben,- welche diesem Stadium ent- 
sprächen, und bildete einige derselben Fig. 10—16 meiner Entw.-Gesch. 
des Meerschweinchens ab. Weil ich mich aber darin nicht sicher fühlte, 
ob diese Bläschen auch wirklich Eier gewesen, so beklagte ich es, dass 
auf diesem Stadium meine Untersuchungen eine Lücke darböten, wegen 
der grossen Schwierigkeit, die äusserst kleinen und. durchsichtigen Eier 
des Meerschweinchens in dieser Zeit, kurz vorher ehe sie sich festsetz- 
ten, aufzufinden. 

Es ist sehr begreiflich und war sehr zu wünschen, dass C. B. Rei- 
chert seine Aufmerksamkeit und Bemühungen ganz vorzüglich dieser 
scheinbaren Lücke meiner Beobachtungen zuwendete. Wirklich versichert 
derselbe auch, die vollständigste Reihe befruchteter Eichen von dem Ein- 
tritte in die Tuben bis zur Einkapselung in die Gebärmutter zur Ansicht 
erhalten, dadurch einen sichern Halt für seine Beobachtungen, der mir 
gefehlt habe, gefunden, und zunächst den von mir begangenen auffäl- 


135 


ligen Irrthum beseitigt zu haben, dass der Dotter sich wieder in eine 
formlose Masse nach dem Ablauf der Theilung umwandle (p. 103). 


Ich kann versichern, dass ich mich aufrichtig gefreut haben würde, 
wenn ich diese Versprechungen Reicherts in der Einleitung zu seiner 
Schrift, im Verlaufe derselben erfüllt gefunden hätte. Allein wenn gleich 
Reicherts Untersuchungen gewiss dazu beigetragen haben und beitragen 
werden, das Bild des merkwürdigen Entwicklungsganges des Meerschwein- 
cheneies fester zu stellen, und das Schwankende, welches in meiner 
ersten Darstellung desselben wegen seiner Neuheit und Abweichung von 
dem bisher Bekannten geblieben war, wesentlich zu beseitigen, so muss 
ich dennoch offen bekennen, dass dieses keineswegs durch irgendwelche 
wesentliche neue Thatsachen und Beobachtungen, sondern nur durch 
Berichtigung einiger unwesentlicher Irrthümer, hauptsächlich aber auch 
durch Bestätigung der auch von mir schon angegebenen Ver- 
hältnisse geschehen ist. 


Dass zu diesen Irrthümern nicht meine Angabe über das Ende und 
Ziel der Dottertheilung gehört, habe ich schon erörtert. Denn das Sta- 
diıum, um welches es sich dabei handelt, ist von mir vollständig und 
wahrscheinlich öfter als von Reichert beobachtet worden. Die Zahl der 
von mir am 4. 5. und 6. Tage untersuchten Meerschweinchen beläuft 
sich jetzt auf 18 bis 20. Und dass auch die spätern Stadien keine Be- 
rechtigung geben zu der Behauptung Reicherts, dass die Bildungsdotter- 
zellen, welche in die embryonale Anlage übergehen, die direkten Nach- 
kommen der zuerst entstandenen Furchungskugeln seien, wird noch 
weiter zu erörtern sein. 


Wohl aber gehört zu den von mir wenigstens als möglich ausge- 
sprochenen und von Reichert berichtigten Irrthümern, dass die eigen- 
thümlichen bläschenartigen Körper, welche ich am Ende des sechsten 
Tages öfter im Uterus sah und Fig. 10—16 abbildete, Eier sein könn- 
ten. In der That habe ich mich neuerdings wiederholt überzeugt, dass 
diese Gebilde nur der Schleimhaut des Uterus angehören und eigenthüm- 
liche Produkte der Elemente derselben sein müssen; denn ich fand sie 
zugleich mit den ausser ihnen vorhandenen wirklichen Eichen, und 
ziehe also die ihnen als möglich, beigelegte Bedeutung zurück. Ob sie 


136 


Ueberbleibsel der Decidua und Placenta aus vorausgegangenen Schwanger- 
schaften sind, wie Reichert p. 131 sagt, weiss ich nicht. 

Allein vergebens würde man nach den von C. B. Reichert in der 
Einleitung und an anderen Orten gemachten Aeusserungen glauben, dass 
er Beobachtungen über Verhältnisse und Zustände der Eier in der Zeit 
vom Ende des 6. und Anfang des 7. Tages mittheile, welche mir ent- 
gangen seien. Pag. 115 sagt er selbst, dass er nach vielen vergeblichen 
Bemühungen nur zweimal so glücklich gewesen sei, die Eichen nach 
ihrer Zerstreuung in dem Uterus zu entdecken, und auch da nicht alle, 
welche nach der Zahl der Corpora lutea vorhanden sein mussten. Eines 
derselben hat Reichert in seiner Fig. 11 dargestellt; es zeigt die soge- 
nannte Brombeerform des Dotters und die Zona in eine dünne Schichte 
eiweisartiger Substanz umgewandelt, welche er für ein Residuum der 
zum grössten Theile aufgelösten Zona hält. 

Dieses Stadium habe ich aber ebenfalls gesehen, Kasd ebenfalls an- 
gegeben, dass die Zona kaum mehr vorhanden war, und es ist durchaus 
nicht richtig, wenn Reichert an der erwähnten Stelle p. 115 sagt, ich 
habe die wahren Eichen nach erfolgter Zerstreuung und Vertheilung in 
dem Gebärmutterhorn gar nicht gefunden. Ich habe sie vielmehr sehr 
oft zu dieser Zeit und wenn auch nicht immer ohne Abschaben des 
Uterusepithels, doch zuweilen auch ohne das gefunden, und ihre Be- 
schaffenheit gradeso wie Reichert beobachtet und beschrieben und Fig. 9 
abgebildet, nur wie ich glaube, noch einen Schritt weiter, den er nicht 
gesehen, nämlich wo ‘die Brombeerform des Dotters verloren gegangen 
ist, und der Dotter sich wieder in eine homogene Masse verwandelt hat. 

Auch das nächste Stadium, welches alsdann Reichert gesehen, be- 
schrieben und Fig. 12 abgebildet hat, in welchem der Dotter schon in 
der Epithelröhre des Uterus eingekapselt liegt, habe ich ebenfalls oft 
gesehen, ebenfalls beschrieben und Fig. 17 genau ebenso wie er abge- 
bildet, so dass‘ die von ihm gegebene Reihe nicht um ein Titelchen voll- 
ständiger, ja wie ich glaube unvollständiger als die meinige ist, da er 
dasjenige Stadium, wo der Dotter wieder eine homogene Masse bildet, 
nicht gesehen hat. 

Allein den wesentlichen Nutzen habe ich, und wie ich nicht zweifle, 
auch die Wissenschaft durch diese Bestätigung und Wiederholung meiner 


137 


Angaben durch ©. B. Reichert gewonnen, dass es nun gewiss ist, dass 
zwischen diesen beiden zuletzt: genannten Stadien, nämlich dem Ver- 
schwinden der Zona und der Einkapselung des Dotters in der Epithel- 
röhre des Uterus, kein wesentliches Zwischenstadium mehr liegt, wie 
ich, wenn noch befangen durch die bei anderen Säugethieren beobach- 
teten Verhältnisse, voraussetzte, @ifrig suchte und schmerzlich vermisste. 
Es ist sehr wichtig und erfreulich, dass die Bearbeitung dieses 
Gegenstandes durch Reichert gezeigt hat, dass meine Sorge und mein 
Glaube nichtig waren. Es fehlt Nichts in dem Gange meiner Beobach- 
tungen; allein ebenso gewiss ist es auch, dass Reichert keine Lücke 
derselben ausgefüllt hat, und es ist eine merkwürdige Täuschung von 
ihm, wenn er pag. 104 seiner Schrift sagt: die Entdeckung der wahren 
Eichen im Uterus am 6. und 7. Tage nach der Befruchtung seien für 
die Erfolge seiner langjährigen Untersuchungen über die Entwicklung 
der Meerschweinchen von unberechenbarem Werthe vewesen; erst seit 
diesem Funde hätten seine Beobachtungen einen sichern Halt gefunden, 
so wie es andererseits nicht bezweifelt werden könne, dass die Lücke 
in meinen Beobachtungen den wesentlichsten Einfluss auf meine Auf- 
fassung der spätern Bildungsvorgänge gehabt habe. Wenn letzteres auch 
wirklich der Fall war und ist; wenn es auch nothwendig den grössten Ein- 
fluss nicht nur auf meine sondern auf eines Jeden Auffassung der spätern 
Bildungsvorgänge des Meerschweincheneies haben muss, dass bei ihm 
jenes Stadium der Eibildung, welches ich vermisst hatte, fehlt, so hat 
doch Reichert eben auch Nichts weiter als dieses Fehlen dieses Stadiums 
bestätigt, er hat durchaus nichts Positives an die Stelle des von mir 
Vermissten gesetzt, weil in der That Nichts vorhanden ist, als was ich 
bereits ebenfalls gesehen hatte. Reichert täuscht sich und Andere wenn 
er glaubt und angibt, es sei ihm zu beobachten geglückt, was ich nicht 
gesehen, und er besitze dadurch einen grossen Vorsprung vor mir. Er 
hat nur gesehen und bestätigt, dass hier Nichts weiter zu beobachten 
war und das war und ist allerdings auch von Wichtigkeit. 
Ich komme nun zu der Fixirung und Einkapselung des Eies durch 
die Uterinschleimhaut. Ich gebe es gerne zu, dass Reichert in der Er- 
kenntniss und Beschreibung dieser Uterinschleimhaut und des Vorganges 


dieser Einkapselung in einigen Punkten das Richtigere getroffen hat, 
Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 18 


138 


als ich. Erstens nämlich hat er ganz Recht, dass die Drüsen der Ute- 
rinschleimhaut nicht, wie ich gesagt, nur etwas stärker entwickelte Fol- 
liculardrüsen sind, sondern sie sind in der That ganz ordentlich ausge- 
bildete Utriculardrüsen wie in der Uterinschleimhaut anderer Thiere. 
Reichert hat sie auf seinen beiden ersten Tafeln ganz richtig, nur etwas 
zu steif und zu stark contourirt, abgebildet. Von ihnen geht auch die 
gleich weiter zu besprechende starke Entwicklung der Uterinschleimhaut 
zur Decidua aus, obgleich sie sich nicht dabei etwa erweitern oder et- 
waige Zotten des Eies aufnehmen. 

Zweitens war es, wie ich jetzt glaube, auch nicht ganz richtig wenn 
ich gesagt hatte, das Ei scheine sich mir in einer Ausstülpung der 
Epithelröhre des Uterus oder in der Mündung einer Uterindrüse festzu- 
setzen und zu entwickeln. Vielmehr glaube ich jetzt, dass es richtiger 
ist, wenn Reichert sagt, dass sich das Ei in einem durch die starke 
Entwicklung der es umgebenden Schleimhautparthie abgekapselten Theile 
der ursprünglichen Uterinhöhle ausbildet. Was ich als „kegelförmige 
Ausstülpung der Epithelialröhre‘‘ bezeichnete, ist in der That keine solche 
sondern der durch die eigenthümliche Art der Wucherung der Uterin- 
schleimhaut um das Ei herum abgeschnürte oder abgekapselte Theil der 
ursprünglichen und von ihrem Epithel überzogenen Uterinhöhle, es ist 
Reicherts „epitheliale Kapsel der Decidua‘‘ Fig. 12 De. oder vielmehr 
„Körper der epithelialen Kapsel‘ Fig. 16, 17, 19, 20. Dec. 

Allein Reichert bemüht sich ganz mit Unrecht, diese Verschieden- 
heit meiner und seiner Darstellung pag. 138 als eine so grosse darzu- 
stellen, dass es ein fruchtloses Bemühen sei, bei so differirenden An- 
sichten auf Spezialitäten einzugehen. Er unterlegt mir die Ansicht, als 
wenn ich gesagt hätte, die ganze das Ei später umgebende Schleimhaut- 
kapsel sei ein Divertikel des Uterus oder eine Uterindrüse, und meint 
abermals meine Präparationsmethode sei Ursache einer so irrigen Auf- 
fassung. Alles dieses sind aber selbstgeschaffene Einbildungen. Ich habe 
überall p. 27 und 28 klar und bestimmt ausgesprochen, dass eine starke 
lokale Entwicklung der Uterinschleimhaut das Ei als Decidua umschliesse, 
und unter Abschluss von der übrigen Höhle des Uterus, einkapsele. 
Nur darin, dass diese abgekapselte Stelle ursprünglich nicht ein Diver- 
tikel der Uterinhöhle, sondern ein Theil derselben selbst ist, besteht 


139 


eine Differenz zwischen meiner und Reicherts Auffassung, und ich gebe 
ihm darin Recht. 

Weit wichtiger dagegen ist nun die Frage und die Differenz un- 
serer Ansichten in der Beantwortung derselben, wie sich das Eichen in 
dieser abgekapselten und abgeschnürten Stelle der Uterinhöhle verhält, 
ja Reichert hat dieselbe und ihre Bedeutung so gut wie ganz über- 
gangen. Das Auffallende und Abweichende, dass sich das Eichen hier 
nicht in der Gestalt eines kleinen 1 oder 2 Linien grossen wasserhellen, 
die abgeschnürte Stelle der Uterinhöhle erfüllenden, im Anfang noch 
freien, dann aber bald mit der Uterinschleimhaut in eine innige Ver- 
bindung tretenden, einfachen oder doppeltgeschichteten Bläschens, sondern 
nur als Dotterkugel und zwar diese in der innigsten Verbindung mit 
nur einer Stelle der abgekapselten Uterinhöhle findet, dieses Auffallende 
und man kann wohl sagen Unerklärliche in dem Verhalten des Meer- 
schweincheneies, hat; Reichert gar nicht erörtert. Unsere Darstellungen 
und Abbildungen dieses Verhaltens sind aber ganz übereinstimmend. 
Pag. 138 sagt Reichert: Es (das Ei) liegt hier regelmässig in dem ab- 
gerundeten Endstücke des Zapfens, genau dessen Höhle erfüllend, und 
pag. 139 das Eichen liegt so fest in dem Zapfen, dass es mir. wenig- 
stens nicht gelungen ist, dasselbe ohne Zerstörung frei herauszubringen. 
Meine Fig. 17, 19 und 24 zeigt dieses Verhalten ganz genau ebenso 
wie Reicherts Fig. 12, in deren Beschreibung er Deu. den zapfen- 
förmigen Vorsprung der epithelialen Kapsel, in welchem das befruchtete 
Ei liegt, nennt. Aber wie das Ei in diese Lage kommt, wesshalb es 
‘nicht frei und lose in dieser Kapsel liegt, sondern immer nur an einer 
und derselben Stelle und zwar fest, davon sagt Reichert kein Wort. 
Und doch waren und sind es diese Umstände, die mich bewogen, von 
einer Einlagerung des Eies in die Mündung einer Uterindrüse und von 
einer Verschmelzung oder Fusionirung des Dotters mit einer Stelle der 
Uterinschleimhaut zu sprechen. 

Da sonach die Thatsache von uns Beiden ganz gleich beschrie- 
ben feststeht und bestehen bleibt, Reichert aber für dieselbe gar keine 
Erklärung gibt, so finde ich gar keinen Grund von der meinigen abzu- 
weichen, und bleibe also bei meiner Auffassung dieses eigenthümlichen 


Verhaltens, dass der Dotter des Eies, nachdem die Zona verschwunden 
18* 


140 


ist, sich mit einer Stelle des Epithels der Uterinschleimhaut auf das 
innigste vereinigt, mit ihr verschmilzt und ihr gewissermassen die 
Fähigkeit ertheilt, sich nun weiter zu dem Eie und Embryo auszubilden. 

Ja es scheint mir jetzt sogar möglich zwischen dieser Fixirung des 
Meerschweincheneies, an einer ganz beschränkten Stelle der Uterinhöhle, 
und der ersten Fixirung anderer Säugethiereier z. B. des Hundes und 
Kaninchens in dem Uterus eine grössere Uebereinstimmung zu erblicken, 
als man auf den ersten Blick glauben möchte. 

Ich habe gezeigt, dass bei den genannten beiden Thieren an der 
Oberfläche. der bis zu einem Umfang von 2—3 Linien ausgedehnten 
Zona pellucida die ersten Anfänge der Zotten erscheinen, welche zu 
dieser Zeit die Fixirung des Eies im Uterus in der Art bewirken, dass 
die Eier jetzt nicht unverletzt aus dem Uterus herausgebracht werden 
können, auch bei der grössten Vorsicht. Die Uterinanschwellung, wo 
die Eier liegen, sinkt bei Eröffnung des Uterus unter Entleerung einer 
gewissen Menge einer wasserhellen Flüssigkeit zusammen, und an dieser 
Stelle findet man dann fiei die noch ansehnlich kleinere, sehr zarte und 
vollkommen durchsichtige Keimblase. Ich habe es dann für möglich 
gehalten, dass sich später das äussere Blatt dieser Keimblase, das 
animale Blatt oder nach Entwicklung des Embryo und des Amnion, 
die seröse Hülle, mit dieser mit der Uterinschleimhant durch die Zotten 
in Verbindung getretenen Zona oder Dotterhaut vereinige, und noch 
später, wenn auch die Allantois an die Oberfläche des Eies getreten sei, 
mit dieser das Chorien bilde. Doch habe ich es zugleich unentschieden 
gelassen, ob man sich diesen Vorgang als eine Vereinigung oder als’ 
eine unmerkliche Substitution vorzustellen hat, wobei das ältere Gebilde 
sich auflöset, während das jüngere an dessen Stelle tritt, also die seröse 
Hülle an die Stelle der Zona oder Dotterhaut, und das Gefässblatt der 
Allantois an die Stelle der serösen Hülle. Nur daran habe ich festge- 
halten und halte fest, dass die erste Fixirung der Eichen bei Hunden 
und Kaninchen unter Entwicklung von Zotten, deren histologische Tex- 
tur ich ganz genau beschrieben und abgebildet habe, erfolgt. 

C. B. Reichert nun hat freilich wiederholt und so auch jetzt wieder 
p. 193 seiner vorliegenden Schrift über das Meerschweinchen, diese 
meine Angaben in Abrede gestellt, und beschuldigt mich, dass ich Nieder- 


141 


schläge des Excretes der auf die Zona pellucida des schon stillstehenden 
Eichen ausmündenden Uterindrüsen, festere Bestandtheile der sogenannten 
Uterinmilch, oft Krystalle und gewöhnlich keine, oder doch nur Reste 
zerstörter Zellen enthaltend, für solche Zotten gehalten habe. Diese 
starke Zumuthung weise ich einfach mit der Ueberzeugung zurück, dass 
Reichert eben das Stadium in der Entwicklung der Hunde- und Kaninchen- 
Eier, wo diese Zotten auf der Zona schon hervorgekeimt sind, die 
Eichen sich aber noch lösen lassen, nicht beobachtet hat. Ich habe 
dasselbe oftmalen und neuerlich wieder bei dem Fuchs-Ei gesehen, An- 
deren gezeigt, und selbst Reicherts Zumuthung einer Verwechslung mit 
Niederschlägen in Betracht gezogen, aber dieselbe nur ganz unbegründet 
finden Können. 

Wahrscheinlich nun aber scheint es mir, dass die bereits in der 
Auflösung begrifiene, gewissermassen klebrige Zona des Meerschweinchen- 
Eies benützt wird, um dieses sehr kleine Eichen in der verhältniss- 
mässig viel weiteren Uterinhöhle zu fixiren, und dass sich jetzt die 
Keimblase unter Beibehaltung dieser Fixirung auf Kosten eines Theiles 
des Dottermateriales entwickelt. Ich sehe mich um so mehr veranlasst, 
an dieser Vorstellung festzuhalten, da sie allein die Brücke zu dem 
Verständniss der nun weiter folgenden Stadien in der Entwicklung bil- 
det, dessen Schwierigkeiten Reichert ebenfalls einfach stillschweigend 
umgangen und sich nur wieder an solche Punkte gehalten hat, in 
denen er mir widersprechen zu können und sie nach seinen Theorien 
deuten zu können geglaubt hat. 

Ehe ich indessen zu jenen weiteren Entwicklungs-Zuständen über- 
gehe, will ich zuvor noch bemerken, dass ich gar keinen Grund auf- 
finden kann, weshalb Reichert die sich verdickende und das Ei ein- 
kapselnde Uterinschleimhaut als Decidua reflexa bezeichnet. Decidua 
oder Decidua vera ist nach der jetzt und auch durch Reichert fest- 
gestellten Erkenntniss der Verhältnisse, die während einer Schwanger- 
schaft, ja bei dem menschlichen Weibe auch schon während einer Men- 
struation !), entwickelte innere Schleimhaut-Oberfläche des Uterus, die 


1) Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, folgende Bemerkung einzuschalten: 
Herr Professor Pflüger in Bonn hat so eben in einem Hefte: Untersuchungen aus dem 
physiologischen Laboratorium zu Bonn 1865 pag. 52 einen Aufsatz: Ueber die Bedeutung 


142 


Membrana uteri interna evoluta, namentlich auch ihre Drüsenschichte. 
Decidua reflexa ist die von dieser entwickelten inneren Oberfläche des 


und Ursache der Menstruation veröffentlicht, welcher dem Leser die unliebe Alternative 
stellt, ob er die in demselben beobachtete Haltung als eine Folge literarischer Unwissen- 
heit, oder als einen Versuch absichtlicher Beeinträchtigung der Leistungen Anderer be- 
trachten soll. Ersteres sieht einem deutschen Professor, wenigstens früherer Zeit, ebenso 
unähnlich, als letzteres der traurigen Art deutscher Charaktere angemessen ist, welche zu 
nichts lieber die Hand bieten, als die Verdienste eines Landsmannes zu beeinträchtigen. 

Gleich zur Einleitung seines Aufsatzes sagt Hr. Pflüger: Schon Nägel&e habe eine Be- 
ziehung der Menstruation zur Brunst der Thiere erkannt, und dann hätten erst Negrier 
und Andere?!! den Satz ausgesprochen und begründet (sic!), dass eine spontane Lösung 
der Eier aus dem Ovarium auch beim Menschen existire. Mit diesen „Anderen“ wird 
denn auch mein Anspruch auf den Beweis dieses Satzes abgefertigt, so dass mein Name in 
dem ganzen Aufsatze sich kein einzigesmal erwähnt findet. 


Was meinen verdienstvollen alten Lehrer und nachmaligen Collegen Nägele betrifft, 
mit welchem ich diese Frage öfter besprochen, so machte er keine Ansprüche auf die 
Priorität, nicht einmal der Idee der Uebereinstimmung zwischen der Brunst der 
Thiere und der Menstruation des Weibes, denn er wusste, was Herr Pflüger nicht zu 
wissen scheint, dass schon Aristoteles und nach ihm viele Andere, z. B. Mauricau, Buffon, 
F. Cuvier ete. denselben Gedanken geäussert. Was aber meinen Anspruch auf den Beweis 
der Richtigkeit dieses Gedankens gesenüber den neueren Untersuchungen von Pouchet 
Duvernoy, Negrier, Raciborsky, Gendrin, William Jones, R. Lee, Paterson und Anderer, 
welche Hr. Pflüger ebenfalls wenig zu kennen scheint, betrifft, so halte ich es für über- 
flüssig, darüber ein Wort zu verlieren, da schwerlich das Gedächtniss anderer Physiologen 
und Aerzte so kurz ist, dass sie meine Abhandlung vom Jahre 1844 bereits vergessen 
haben. 


Allein Herr Pflüger lässt es bei diesem gewissenhaften Verschweigen meines Antheiles 
an dem endlichen Verständniss des Wesens der Brunst und der Menstruation nicht, be- 
wenden, sondern indem er sich die Mühe giebt, die Hauptsache zur Nebensache, und die 
Nebensache zur Hauptsache zu machen, den Vorgang in dem Kierstock als etwas Un- 
wesentliches, die Veränderungen der inneren Oberfläche und die Blutung in dem Uterus 
als das Wesentliche der Menstruation hinzustellen, macht er sogar den Versuch, sich die 
wahre Einsicht in die Bedeutung dieser Vorgänge in dem Uterus zuzuschreiben, indem er 
sie als eine unabhängig von der Befruchtung vor sich gehende Vorbereitung des Uterus 
zur Aufnahme des Eies darstellt. Die Menstruation ist demnach nach Hrn. Pflüger: „Der 
Inoculationsschnitt der Natur zur Aufimpfung des befruchteten Eies auf den mütterlichen 
Organismus.“ So gewissenhaft wie oben Nägele als Autor für die Idee der Ueberein- 
stimmung zwischen Brunst und Menstruation, nennt hiebei Herr Pflüger als seine Vor- 
gänger für diese Inspiration den „feinsinnigen“ Aristoteles und Pouchet, und da ihm selbst 
alle eigenen Beobachtungen fehlen, so lässt er sich von seinem Freunde und Collegen 
C. Otto Weber berichten, dass derselbe nach seinen zahlreichen pathologisch-anatomischen 
Erfahrungen, bei jeder Menstruation eine Decidua gebildet gesehen habe. Mit diesen ge- 
wissenhaften Citaten und Relationen überhebt sich Hr. Pflüger der lästigen Erwähnung, 
dass schon in der alten Bezeichnung der Decidua als „Nesthaut‘, Nidamentum, seine glän- 
zende Entdeckung ausgesprochen war; dass sodann Coste, Dr. Meckel, Ino Dalton, Janzer, 


143 


Uterus ausgehende, das Ei selbst umhüllende Wucherung derselben. 
Von einem Vorgange letzterer Art ist bei dem Meerschweinchen gar 
keine Rede. An jeder Stelle, wo sich ein Ei festsetzt, tritt eine und 
zwar sehr starke Entwicklung und Wucherung der Uterinschleimhaut 
und ihrer Drüsen ein, welche das Ei gradezu umgiebt und einkapselt. 
Dieses ist einfach eine Decidua oder Decidua vera, aber keine reflexa. 
Nach einer von Reichert p. 129 gemachten Aeusserung scheint derselbe 
die Bezeichnung Decidua vera nur für eine über die Uterinschleimhaut 
des ganzen Uterus sich ausdehnende Verdickung und Wucherung der- 
selben gestatten, eine partielle nur das Ei einschliesende, aber nur eine 
reflexa nennen zu wollen. Allein für diese Definition ist gar kein Grund 
vorhanden und sie widerspricht der geschichtlichen Entwicklung und 
dem eingeführten Gebrauche der genannten Bezeichnungen. Es muss 
zunächst eine Decidua vera geben, ehe es eine Decidua reflexa geben 
kann. Letztere findet sich in der That mit Ausnahme vielleicht der 
ebenfalls einen Uterus simplex besitzenden Affen, Fledermäuse und 
Edendaten nur bei dem Menschen; alle mit röhrenförmigem Uterus ver- 
sehenen Thiere zeigen nur eine partielle, das Ei umgebende Entwick- 
lung der Uterinschleimhaut, nur eine Decidua vera und keine reflexa. 
Bei dem Meerschweinchen ist diese Wucherung der Uterinschleimhaut 
um das Ei herum ganz besonders »tark, und ich kann dieselbe hier 
nur einfach als Decidua oder wenn man durchaus eine speziellere Be- 
zeichnung will, Decidua vera nennen. 

Ich komme nun auf den Zustand des Eies des Meerschweinchens 
am 7. Tage an der durch die beginnende Wucherung der Uterinschleim- 


Judee, Tyler Smith, Raciborsky, Maier und manche Andere über das Vorhandensein einer 
Decidua bei jeder Menstruation discutirten, und dass endlich auch ich, durch Mittheilung 
von dreizehn in Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift N. F. Bd. IV. Hft. 1 p. 129, 1854 be- 
schriebenen und genau ausgeführten Sectionen von während der Menstruation verstorbenen 
Personen, das Verhältniss dieser Bildung einer Decidua während der Menstruation auf- 
geklärt habe. 

Alle diese Dinge sind noch so neuen Datums und so allgemein bekannt, dass man es 
bezweifeln kann, ob es der Mühe werth gewesen, ein Wort darüber zu verlieren. Allein 
da es ernstlich scheint, dass Hr. Pflüger neuerdings seine Entdeckungen auf dem Gebiete 
der Entwicklungsgeschichte zu machen beabsichtigt, so war es nöthig, ihn daran zu 
erinnern, dass er dabei mit den Arbeiten Anderer etwas gewissenhafter und ehrlicher 
verfahren muss. 


144 


haut abgeschnürten Stelle der Uterinhöhle zurück. Der Dotter liegt 
hier, wie wir gesehen, nach meinen und Reicherts vollkommen überein- 
stimmenden Beohachtungen, an der Spitze einer: der Mesenterialanheftung 
des Uterus gegenüberliegenden kegelförmig gestalteten Stelle oder Ab- 
schnürung des Epitheliums der Uterinschleimhaut genau befestigt. Diese 
Stelle wächst nun in den folgenden Tagen bis zum 12. und 13. zu 
einem etwa zwei Linien langen und durchsichtigen Cylinderchen aus, 
welcher an seiner Basis angewachsen ist, durch Blutgefässe mit den 
Gefässen der Decidua in Verbindung steht, und bis zu der genannten 
Zeit den Dotterrest ziemlich unverändert an seiner Spitze trägt. Am 
14. Tage geht der Cylinder unter verhältnissmässig stärkerem Wachsthum 
in ein Bläschen über, welches zur Embryonalanlage und Amnion wird. 
Der Embryo senkt sich allmählich in die runde Eiblase hinein und auf 
dieser verbreiten sich die Nabel- oder Darmblasen-Gefässe, während die 
Allantois die Nabelgefässe an die Stelle trägt, wo der Cylinder an 
seiner Basis mit der Uterinschleimhaut oder vielmehr mit der Decidua 
bereits durch Blutgefässe verwachsen war. 

Dieser hier kurz dargestellte Fortgang in der Entwicklung des 
Meerschweinchen-Eies veranlasste mich nicht nur, sondern er zwang 
mich zu dem Schlusse, dass der genannte von einem sehr geringen 
Anfang aus sich entwickelnde zarte und hohle Cylinder das Ei sei, dass 
er das Analogon der sogenannten Keimblase anderer Säugethiereier sei, 
die sich hier nur in anderer Weise und in einer eigenthümlichen und 
sonderbaren Verbindung mit dem Epithelium oder der Schleimhaut, 
resp. Decidua, des Uterus entwickele. 

Reichert hat nun in der factischen Darstellung dieses Entwicklungs- 
ganges, obgleich er ihn nicht so weit verfolgt hat, Nichts Wesent- 
liches geändert; er hat ihn nur, was ich abermals sehr willig aner- 
kenne, in einigen Stücken genauer als ich verfolgt. Dieses betrifft 
namentlich die Art und Weise, wie der erwähnte Cylinder an seiner 
Basis mit der Decidua verwächst und die Blutgefässe an ihn übergehen. 
Er hat gezeigt, wie die Decidua, nachdem sie zuerst vorzüglich an den 
Seiten und an dem freien Rande des Uterus sich entwickelt hat, dann 
auch von der Mesenterialseite aus stärker wuchert, die Anfangs noch 


145 


übrig gebliebene Parthie der Uterinhöhle verschliesst, den oben er- 
wähnten kegelförmigen Zapfen der Epithelröhre dieser Stelle, an dessen 
Spitze sich der Ei-Cylinder mit dem Dotter befindet, Reicherts Epithelial- 
Kapsel der Decidua, verdrängt, und. wenn diese Wucherung an die Basis 
des Cylinders angelangt ist, auch noch eine Strecke weit an der innern 
Oberfläche derselben fortwuchert und die Blutgefässe an diese Stelle 
führt. Er nennt diesen letzteren Vorgang das „Hineinwachsen eines 
lamellenartigen Fortsatzes des Schleimhautsubstrates der Decidua ins 
Innere und an die Innenfläche des Körpers des genannten Oylinders. 
Seine der Natur entnommenen und schematischen Abbildungen stellen 
diesen Vorgang genauer, als ich ihn geschildert habe, dar, und ich 
stimme seinen Angaben im Allgemeinen bei, obgleich ich glaube, dass 
er den Vorgang zu sehr schematisirt hat. 

Allein der ausserordentlich wichtige Unterschied zwischen Reicherts 
und meiner Auffassung des hier vorliegenden Stadiums ist nun der, dass 
während ich, wie gesagt, den erwähnten Cylinder für das Ei, für das 
Analogen der Keimblase anderer Säugethiere erkläre, Reichert denselben 
nur als einen zapfenförmigen Fortsatz der epithelialen flaschenförmigen 
Kapsel der Decidua betrachtet, in dessen Spitze allein das befruchtete 
Eichen liegt. Merkwürdiger Weise hebt Reichert diesen fundamentalen Unter- 
schied zwischen meiner und seiner Auffassung im Ganzen nur wenig 
hervor. Pag. 138 sagt er: „Die von Bischoff so genannte Keimblase 
ist meine epitheliale Kapsel der Decidua reflexa. Dass dieselbe keine 
Keimblase ist, auch keine Fusion mit dem Ei gemacht hat, werde ich 
in. der Folge auseinandersetzen.“ Allein einmal ist es nicht richtig, dass 
das Gebilde, welches ich mit der Keimblase anderer Säugethier-Eier 
parallelisire, Reicherts ‚‚epitheliale Kapsel“ ist, sondern es ist sein 
„Zapfen oder Fortsatz der epithelialen Kapsel“, und sodann habe ich 
überall vergeblich nach der „Auseinandersetzung“ gesucht, durch die 
meine Ansicht als irrig erwiesen würde. Er wiederholt nur pag. 161, 
dass ich die Entstehung und Bedeutung der epithelialen Kapsel seiner 
Decidua reflexa nicht erkannt habe und pag. 164 referirt er abermals 
meine Ansicht und die Gründe, die mich zu derselben bewogen, allein 
er widerlegt sie nicht, sondern hängt ihr nur den Satz an, der wohl 


vorzüglich nur durch meine Arbeiten nachgewiesen worden ist, dass ‚die 
Abh. d. 11. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 19 


146 


Geschichte gelehrt habe, dass die Fortschritte in Betreff der Bildungs- 
Geschichte der Säugethiere sehr wesentlich davon abhingen, ob man 
die der Gebärmutter und dem Embryo angehörenden Theile genau von 
einander zu trennen und zu unterscheiden vermochte.‘ Auch findet 
sich daselbst noch die Aeusserung: „Die auffällige Erscheinung, dass 
die Decidua reflexa mit ihrer epithelialen Kapsel zum Voraus eine 
Form ausbildet, die auf diejenige berechnet ist, die der Embryo mit 
seinen Dependenzen später einnimmt, diese Erscheinung war es, welche 
Bischoff und auch mich früher zu der Ansicht verleitet, dass die 
epitheliale Kapsel das Ei sei.‘ 

Vergebens aber habe ich nach Thatsachen oder auch nur nach 
einer Erörterung in der ganzen Schrift Reicherts gesucht, durch welche 
es erwiesen würde, dass diese meine und seine frühere Auffassung 
falsch sei, ja es findet sich in der That nirgends eine Darlegung, wie 
sich denn nun nach Reicherts Meinung die Sache eigentlich verhält. 
Denn dadurch, dass er einfach behauptet, meine Keimblase sei nur ein 
Fortsatz der epithelialen Kapsel der Decidua, werden meine Gründe für 
die Natur dieses Gebildes als Keimblase doch nicht beseitigt. Sie liegen 
ganz einfach darin, dass dieses Gebilde sich continuirlich in das in 
späterer Zeit ganz unzweifelhafte Ei umwandelt. Vom 13. bis 14. Tage 
ab geht die bis dahin cylindrische Form in die runde über; an der 
freien Seite der so entstandenen Blase entwickelt sich der Fruchthof 
und der Embryo, der sich bald in sie einsenkt; sie trägt an ihrer 
inneren Fläche, so weit sie nicht angewachsen ist, das Gefässblatt und 
die Ausbreitungen der Vasa omphalo mesenterica und die sogenannte 
Vena terminalis; an ihre angewachsene Seite wendet sich die Allantois 
mit den Nabelgefässen und bildet die Placenta, kurz sie ist in späterer 
Zeit unzweifelhaft das Ei und muss also auch früher als Ei betrachtet 
werden. 

Jn mir unverständlicher Weise wird dieses Alles indirect auch von 
Reichert anerkannt und zwar durch eine genauere Unterscheidung und 
Bezeichnung der einzelnen Theile des noch cylindrischen Eies oder 
seines Fortsatzes der epithelialen Kapsel, die ich sehr zweckmässig und 
richtig finde, und daher bereitwilligst annehme. Er unterscheidet näm- 
lich zunächst den ersten Abschnitt oder die Spitze des Cylinders, wo 


147 


der bis jetzt noch unveränderte Dotterrest liegt, ganz richtig als „die 
Zona des Fruchthofes“; den zweiten Abschnitt oder den mittleren 
Theil des Cylinders, an welchem sich später die Vasa omphalo mesen- 
terica ausbreiten, als die „Zona des Gefässhofes‘“ und den dritten 
untersten Abschnitt, mit welchem der Cylinder an die Decidua ange- 
wachsen ist, an welchem sich jetzt die Gefässe der Decidua und später 
die Nabelgefässe der Allantois zur Placenta-Bildung ausbreiten, als ‚„‚die 
Zona der Placenta‘“; aber wie Reichert dieses Alles mit seiner An- 
sicht zusammenreimt, dass der Cylinder das Ei selbst nicht sei, darüber 
vermisst man jede Erklärung. Da keicherts ganze Darstellung nur bis 
zum 14. Tage geht, von wo ab die Entscheidung in allen diesen 
Dingen eintritt, so war oder ist es vielleicht seine Absicht, seine 
Gründe und Erklärungen später zu geben. Wir werden dieses abwarten 
müssen; allein es war meiner Meinung nach ganz unthunlich, eine auf 
die schlagensten Verhältnisse gebaute Ansicht ohne Weiteres an die 
Seite zu schieben und eine andere an die Stelle zu setzen, ohne die 
Irrigkeit ersterer und die Richtigkeit letzterer irgendwie nachzuweisen. 

Vielleicht glaubt Reichert dieses indirect durch seine Aussprüche 
und Abbildungen über die Textur unseres Cylinders gethan zu haben, 
indem er demselben überall die Textur eines Epithels zuschreibt, ihn 
als aus deutlichen nut Membranen und Kernen versehenen, polyponal gegen- 
einander gediängten Zellen bestehend abbildet, ja ihm sogar in Text und 
Figuren (besonders Fig. 14) Fortsätze, die Epithelial- Auskleidungen 
der Uterindrüsen der den Cylinder einschliessenden Decidua-Kapsel, er- 
theilt. Allein ich sehe mich genöthigt, ihm in Alle Diesem zu wider- 
sprechen. Schon in meiner ersten Schrift habe ich gesagt, dass die den 
Cylinder zusammensetzenden Zellen nicht scharf begränzt, sondern un- 
ter einander verschmolzen seien. C. B. Reichert behauptet p. 157 seiner 
Schrift gerade das Gegentheil. Er glaubt meine Angabe dem Zusatz 
von Wasser zuschreiben zu können, welches in Folge von Diffusion die 
vollsaftigen Zellen sehr leicht zerstöre, so dass die Contouren der Zell- 
membranen nicht mehr aufzufinden seien; auch Weingeist zerstöre die 
Zellen leicht; in der Inhaltsflüssigkeit der Kapsel selbst könnten jedoch 
die Zellen unversehrt erhalten werden, sie seien polyedrisch begränzt, 


wie beim Epithelium des Uterus etc. 
19 


148 


Ich habe darauf zu erwidern, dass ich, wie ich auch schon oft 
genug angegeben habe, dergleichen zarte Texturverhältnisse nie, es sei 
denn zu besonderen Zwecken, unter reinem Wasser behandle und unter- 
suche, sondern, wenn ich kein Blutserum, Amnion oder Allantois- 
tlüssigkeit oder humor aqu@üs habe, mich stets einer Mischung von 
Wasser, Eiweiss und Kochsalz in den Verhältnissen bediene, dass Blut- 
körperchen und in diesem Falle z. B. auch die schönen Zellen der 
Decidua dadurch nicht verändert werden. Zweitens erkläre ich es für 
unmöglich, den hier erwähnten Eicylinder vom 7. bis etwa 12. Tage 
ohne Zusatz irgend einer künstlichen Flüssigkeit zur Anschauung und 
unter das Mikroskop zu bringen. Das Cylinderchen ist in dieser Zeit 
so zart, dass wenn man nicht unter einer Flüssigkeit arbeitet, dasselbe 
bei Eröffnung der Decidua-Kapsel gar nicht erkannt und noch viel 
weniger herausgefördert und unter das Mikroskop gebracht werden 
kann. Selbst in viel späteren Zeiten, wenn das Ei schon ansehnlich 
grösser, wird es nur sehr schwierig gelingen, einzelne Fetzchen der- 
selben ohne eine Zusatz-Flüssigkeit zu beobachten. 

Wenn ich nun aber einen Eicylinder des 8., 9., 10., 11. etc. Tages auf 
solche Weise unter einer Wasser-, Eiweis- und Salzmischung herausprä- 
parirt und mit grösster Vorsicht möglichst frisch und rasch unter 
das Mikroskop gebracht habe, so habe ich erstens miemals an 
demselben irgend einen der mir von der Epithelröhre des Uterus 
sehr wohl bekannten Epithel-Fortsätze der Uterindrüsen sehen können. 
Zweitens ist die Textur dieses Cylinders immer ganz ver- 
schieden von dem Uterus-Epithel. Dieses besteht immer aus kleinen 
dicht nebeneinanderstehenden Cylinderchen, an denen selbst ein Kern 
meist nicht zu erkennen ist. Dagegen ist drittens der Cylinder nicht 
aus mit Membranen versehenen Zellen, sondern aus Protoplasten zu- 
sammengesetzt, die aus einem hellen Kerne und einer denselben umgebenden 
ansehnlichen feinkörnigen gelatinosen Plasmaschichte bestehen. Sie und 
selbst ihre Kerne sind im ganz frischen Zustande sehr‘ schwierig zu 
erkennen; erst allmählig, wenn sie sich mehr contrahiren, treten Kerne 
und Contouren deutlicher hervor, zeigen aber immer sowohl im Zu- 
sammenhang als isolirt, dass sie keine umhüllenden Membranen besitzen, 
sondern nur dicht gedrängt nebeneinanderliegend und zusammenhaftend 


149 


den Cylinder darstellen. Erst wenn man heterogenere Flüssigkeiten, 
Chromsäure, Weingeist u. dgl. zusetzt, dann bilden sich an ihnen 
schärfere Contouren aus, ohngefähr so, wie Reichert sie abgebildet hat. 
Ich glaube daher, dass seine Darstellungen und Abbildungen durch 
solche Weingeist-Präparate entstanden sind, und dadurch auch die Täu- 
schung über Epithel-Fortsätze an dem Cylinder. Denn bei solchen in 
Weingeist erhärteten Präparaten bleibt in der That leicht äusserlich ein 
kleines Coagulums an dem Cylinder bei der Herausbeförderung aus der 
weichen und saftreichen Deeidua-Kapsel hängen, welchem man fälschlich 
jene Deutung geben kann. 

Ich komme daher zu dem Schlusse, dass, nachdem ich auf’s Neue 
durch eine grosse Anzahl von Beobachtungen meine früheren und jetzt 
C. B. Reicherts Angaben sorgfältig geprüft habe, ich bei meinem früher 
gezogenen Schlusse bleiben muss, dass der in Rede stehende Cylinder 
wirklich das Ei ist, und zwar das Analogon der sogenannten Keimblase 
anderer Säugethier-Eier. Während dieselbe aber bei diesen auf diesem 
Stadium noch frei als rundes Bläschen im Uterus liegt, ist sie beim Meer- 
schweinchen cylindrisch, und dieser Cylinder ist an seinem einen Ende 
mit der zur Decidua entwickelten, stark angeschwollenen Uterinschleim- 
haut schon sehr früh verwachsen. 

Ich wende mich nun zur Betrachtung und Erörterung der Spitze 
unseres Eicylinders oder der Zona des Fruchthofes, und hier ergeben 
sich allerdings abermals sowohl factische, als wie schon nach dem 
Vorausgegangenen nothwendig, sehr bedeutende deductive Unterschiede 
zwischen meiner und Reicherts Darstellung und Auffassung der Ver- 
hältnisse. 

Nach Reicherts Ansicht ist der dunkle Körper an der Spitze des 
Cylinders, wie schon erwähnt, das ganze Ei, der in eine gewisse An- 
zahl von Kugeln oder vielmehr Dotterzellen zerlegte Dotter, nachdem 
sich die Zona oder Dotterhaut aufgelöset hat. Er liegt in einem An- 
fangs kleinen, später sich immer mehr und mehr cylindrisch ausziehen- 
den Fortsatz der epithelialen Kapsel der Decidua, mit welcher er aller- 
dings auch nach Reichert so genau vereinigt ist, dass es ihm nicht ge- 
lang, beide von einander zu trennen. Da die Dotterzellen aus den 
Dotterkörnchen zusammengesetzt sind, so bilden sie nach Reichert eine 


150 


dichtere Masse; die Spitze des Cylinders erscheint daher bei durch- 
fallendem Lichte dunkler, und die Dotterkugel lässt sich zu jeder Zeit 
auf das deutlichste von der epithelialen Kapsel unterscheiden. Vom 
8. Tage ab soll sich dann am Mantel des Cylinders unterhalb der den 
Dotter umschliessenden Spitze eine anfangs seichte, dann aber etwas 
tiefer eindringende kreisförmige Furche oder Einschnürung ausbilden, 
und zugleich daselbst ein Vorsprung, wie ein queres Septum, in das 
Innere der Höhle des Cylinders hineindringen (pag. 154 und 155). 
Ob ein wirkliches Septum sich ausbildet, ist nicht bestimmt zu sagen; 
später, am 11. Tage, ist kein solches, sondern nur jener Vorsprung zu 
finden, auch die circuläre Einschnürung verliert sich mehr und mehr 
(p- 171 und p. 175). Dieses unvollständige Septum transversum bildet 
Reichert in seinen Figuren 24, 25,26, 29 und vor allen Fig. 36 zf‘ auf 
das bestimmteste ab. Vom 9. Tage ab soll sich sodann der bis dahin 
runde Dotter nach und nach in eine blattartige Schichte an der innern 
Wand der Spitze der epithelialen Kapsel bis zur Gegend des Septum 
transversum umwandeln und ausbreiten. Schon vom 10. Tage sondert 
sich an dieser blattartigen Schichte des Bildungsdotters an seiner gegen 
die Höhle des Cylinders gerichteten Oberfläche histologisch eine einfache 
epitheliumartige Zellenschichte aus, welche an der eirculären Abschnü- 
rung des Fruchthofes bald auch auf den ringförmigen Vorsprung des 
Septum transversum sich fortsetzt, und zuletzt eine völlige Scheidewand 
von der übrigen Höhle der epithelialen Kapsel hervorbringt. Der 
Bildungsdotter hat sich dann in ein Bläschen mit zwei ungleich dicken 
Hälften umgewandelt, deren dickere nach aussen gerichtet an der Innen- 
fläche der Spitze der epithelialen Kapsel anliegt, deren innere epithelium- 
artige die Zona des Fruchthofes von der Zona des Gefässhofes ab- 
schliesst. Das Ei, oder wie Reichert meint, richtiger der Embryo, stellt 
nunmehr ein Bläschen dar: Die dickere nach aussen gerichtete Schichte 
entwickelt sich zu dem Embryo, die feinere, dünnere ist seine von 
seinen anderen embryonalen Untersuchungen her bekannte Umhüllungs- 
haut, welche daher auch hier als Stütze für das sich zu dem Embryo 
umbildende Dottermaterial dient. Dass dieses Dottermaterial und der 
sich aus ihm entwickelnde Embryo entgegengesetzt zu dieser Um- 
hüllungshaut wie bei anderen Embryonen liegt, nämlich an der Aussen- 


151 


fläche der Umhüllungshaut, anstatt an der Innenfläche, und dass sodann 
der Embryo auch umgekehrt wie andere Embryonen schon von Anfang 
an seinen Rücken gegen die von dem Ei gebildete Höhle und seinen 
Bauch von derselben abgewendet kehrt, giebt keichert ohne Weiteres, 
aber ohne genauere Beschreibung der hier vor sich gehenden Entwick- 
lungsstadien zu. Durch ein weitläufiges und nichts weniger als klares 
Räsonnement (p. 195 u. ff.) glaubt er aber dennoch diese fundamentalen 
Unterschiede zwischen der Entwicklung des Meerschweinchens und der 
anderen Säugethiere grösstentheils wegdemonstriren zu können. Von 
der Bildung und dem Verhalten des Amnion und der Allantois ist in der 
Reichertschen Schrift nicht die Rede. 

Ich stelle es auch hier nicht im Mindesten in Abrede, dass 
Reichert die Umwandlung des in der Spitze des Eicylinders liegenden 
Restes des Dottermateriales in ein Bläschen genauer zu verfolgen ge- 
sucht hat als ich, indem ich damals froh war, dieses Factum an und 
für sich ermittelt zu haben, und die Art und Weise seiner Entwicklung 
nicht genauer verfolgte. Allein einmal das Wichtigste, nämlich das 
Auftreten eines Bläschens in der Spitze des Eicylinders und das Ver- 
halten des Embryo zu demselben, habe ich ebenso wie Reichert und er 
nicht anders als ich gesehen; in den Details aber, und natürlich noch 
mehr in der Interpretation des Beobachteten weiche ich auch jetzt noch 
auf das Wesentlichste von ihm ab, und konnte auch bei meinen erneuer- 
ten und sorgfältigsten Beobachtungen keinen Grund finden, von meinen 
früheren Angaben und Anschauungen wesentlich abzugehen. 

Zunächst muss ich Alles Das, was Reichert von der Entwicklung 
einer Abschnürung der Spitze des Eicylinders, seiner Zona des Frucht- 
hofes, und von der Ausbildung eines wenn auch nur unvollkommenen 
Septum transversum sagt, für irrige Auslegung einiger allerdings an 
dem Eicylinder wahrzunehmenden Verhältnisse erklären. 

Dass sich an dem Eicylinder zwischen Frucht- und Gefässhof sehr 
leicht eine Einschnürung ausbildet und bemerklich macht, geht auch 
aus meinen früheren Abbildungen, z. B. Fig. 25 u. 28 hervor und 
habe ich dieses auch bei meinen wiederholten Beobachtungen sehr oft 
beobachtet. Allein ich überzeugte mich dabei, dass diese Abschnürung 
nur eine Folge der durch die Berührung mit der Luft und zugesetzten 


152 


Flüssigkeit hervorgerufene Contraction der Protoplasten des ganzen Ei- 
Cylinders ist. Dass diese Protoplasten, sowie alle noch lebendigen Pro- 
toplasten contractil sind, d. h. dass sie sich bei ihrem Absterben und 
bei Berührung mit heterogenen Medien zusammenziehen und das Ge- 
bilde, welches sie zusammensetzen, verdichten, wird nun wohl jetzt, wo 
man dieser Contractilität den weitesten Spielraum überwiesen hat, von 
Niemandem bezweifelt werden. Wer sich mit embryonalen Beobachtun- 
gen beschäftigt, hat unzähligemale zu seinem Schaden Gelegenheit, diese 
kigenschaft zu beobachten, da sie die Ursache ist, dass viele dieser 
zarten, nur aus Protoplasten zusammengesetzten Gebilde sich zusammen- 
ziehen, verkleinern, undurchsichtiger werden, Falten bilden etc. und 
dadurch die sichere und deutliche Beobachtung sehr erschweren. Sind 
die Theile von verschiedener Dichtigkeit, so ziehen sie sich auch in 
verschiedenem Grade zusammen. Dieses ist aber gerade an der Spitze 
unseres Eicylinders der Fall, in welchem das übrige dichtere Dotter- 
material liegt. Daher entwickelt sich hier an seiner Gränze eine Ein- 
und Abschnürung von dem zarten und feinhäutigen’Cylinder. Ich habe 
mich hievon häufig überzeugt, wenn ich bei ganz frischen Präparaten 
unter einer Stativloupe unter Flüssigkeit (Wasser, kiweis und Salz) die 
Decidua-Kapsel öffnete und dem Eicylinder bloslegte. Dann war im 
Anfang jene KEinschnürung nicht vorhanden, aber sie bildete sich unter 
meinen Augen immer mehr und mehr aus und war mir sehr oft hinder- 
lich bei der Zeichnung des Präparates mit dem Prisma, weil sich die 
Grössenverhältnisse fortwährend änderten. Es ist begreiflich, dass am 
Weingeistpräparate, an welchem Reichert seine Beobachtungen vorzüg- 
lich machte, solche Ein- und Abschnürungen sich noch stärker heraus- 
gebildet haben mussten. Allein ganz frisch finden sie sich nicht; der 
Dotter liegt in der Spitze des Cylinders, dicht vereinigt mit der Zellen- 
oder Protoplasten-Schichte des Cylinders, von der er sich zwar aller- 
dings zu jeder Zeit unterscheiden lässt, von welcher ihn aber auch 
Reichert, wie er selbst zugiebt, zu dieser Zeit nicht ohne Verletzung 
trennen konnte. 

Es findet sich aber auch zu keiner Zeit weder ein unvollkommenes 
noch vollkommenes Septum in der Spitze des Eicylinders, welches die 
Zona des Fruchthofes von der des Gefässhofes abtrennte.. Ich habe 


153 


diese Frage so oft und so genau an frischen und an in Weingeist er- 
härteten Präparaten, an mit feinen Nadeln behandelten und an Durch- 
schnitten geprüft, dass ich nicht anstehen kann, die gegentheilige Aus- 
sage’ Reicherts für einen entschiedenen Irrthum zu erklären. 

Der in der Spitze des Eieylinders liegende auf den ersten Stadien 
noch solide Dotterrest bildet eine kugelige Masse und ragt daher: mit 
seiner einen convexen Hälfte in das Innere -des hohlen, mit einer 
Flüssigkeit erfüllten Cylinders hinein. Man sieht natürlich die Contour 
seiner Gränze, kann diese ‚aber nicht für eine membranöse Scheide- 
wand halten, da man‘ sie mit der übrigen Contour der Dotterkugel, 
welche von der Spitze des Eicylinders umfasst wird, in ununterbrochener 
Contiunität, deutlich von der Membran, dieser letzteren verschieden, 
wenngleich innigst mit ihr vereinigt, sieht, wie ich dieses schon früher 
in meinen Fig. 25 u. 28 deutlich dargestellt habe. Da wo die Mem- 
bran des Cylinders die Dotterkugel zuerst berührt, bildet sich die 
schon vorher erwähnte Einschnürung aus, und auf dem Durchschnitt 
betrachtet, sieht das einigermassen wie ein Vorsprung nach innen aus, 
welches Ansehen noch dadurch vermehrt wird, dass hier, wo die Pro- 
toplasten des Cylinders die Dotterkugel berühren, sie in der That etwas 
reichlicher entwickelt sind. Allein ein selbstständiger Vorsprung, der 
als ein Septum bezeichnet werden könnte, findet sich nicht. 

In dem darauf folgenden Stadium verwandelt sich allerdings, wie 
wir gleich weiter sehen werden, der Dotterrest in der Spitze des Ei- 
Cylinders in ein Bläschen, und der sogenannte Dotterhof ist dann durch 
eine zarte Membran , der inneren Hälfte dieses Bläschens, gegen die 
Höhle des Eicylinders abgegränzt. Aber diese zarte Membran gehört 
dem Bläschen selbst an, und wird nicht von einer zweiten, ausser ihr 
vorhandenen, einem Septum im Sinne Reicherts getragen, wie ich mich 
auf das zuverlässigste überzeugte, wenn ich Eier dieses Stadiums mit 
zwei feinen Nadeln unter der Loupe zerlegte, und dabei das Verhalten 
jenes Bläschens in der Spitze des Eicylinders genau beachtete. 

Vom 12. Tage an lässt sich dieses Bläschen aus der. Spitze des 
Eieylinders auslösen und am 13. Tage tritt durch das Auftreten einer 
das Gefässblatt des Eies bildenden Zellenschichte, welche ich sogleich 


weiter beschreiben werde, wieder ein Schein und eine Möglichkeit einer 
Abh.d.II Cl.d. k Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. - 20 


154 


Annahme einer sich ausbildenden oder vorhandenen Scheidewand auf. 
Allein auch hier belehrt die genauere Untersuchung, dass eine solche 
nicht vorhanden ist. Reichert brauchte aber als Träger für seine so- 
genannte Umhüllungshaut, welche sonst auf eine unbegreifliche Weise 
quer durch den Eicylinder hätte hindurchwachsen müssen, ein solches 
Septum, und so hat er Verhältnisse, die einen Schein eines solchen 
darbieten, zu Gunsten desselben gedeutet, während es sich in Wirklich- 
keit nicht findet. 

Allein auch die Veränderungen, welche sich vom 12. Tage an an 
dem Dotterrest selbst ausbilden, und welche Reichert als eine membran- 
artige Ausbreitung der Dotterzellen an der Innenfläche der Spitze 
seines epithelialen Fortsatzes der Decidua, und als histologische Son- 
derung eines Theiles derselben an der Innenfläche dieser Schichte als 
Umhüllungshaut beschreibt, sehe ich mich auf Grund meiner jetzt 
wiederholten sehr sorgfältigen Beobachtungen genöthigt, ganz anders 
darzustellen als Er. 

Der Dotterrest bildet vom 7. bis 10. Tage in der Spitze des Ei- 
Cylinders eine etwas dunklere solide Masse, deren histologische Be- 
schaffenheit sich schwierig festsetzen lässt, weil sie von der Membran 
des Eicylinders umgeben ist. Im Anfange schien sie mir eine homo- 
gene Körnermasse zu sein; später aber besteht sie aus Protoplasten, 
d. h. aus Kernen, welche von einer körnigen Plasmaschichte umgeben 
sind, aber ohne trennende Membranen. Der Unterschied in der Dichtig- 
keit dieser Dottermasse von dem übrigen Eicylinder ist nicht so gross 
wie er nach Reicherts und auch nach meinen Zeichnungen erscheint. 
Reichert hat die seinigen, wie es scheint, nach Weingeist-Präparaten 
anfertigen lassen, wovon die Masse geronnen und dichter ist; bei den 
meinigen ist es Fehler der Darstellung, welche aus dem Bestreben nach 
Deutlichkeit hervorgegangen. Aber gewiss ist diese Masse bis zum 
10. Tage nicht hohl. 

Am 10. Tage aber fängt diese Dottermasse an, sich in ihrem 
Innern aufzuhellen, offenbar durch eine mit gleichzeitiger Zunahme 
ihres Durchmessers begleiteten Verflüssigung in ihrem Innern, während 
ihre Peripherie sich mehr consolidirt. Diese Verflüssigung im Innern 
erfolgt aber nicht im Centrum, sondern mehr in und an der gegen das 


155 


Innere des Cylinders gelegenen Hälfte der Dottermasse, so dass deren 
Resultat genau dasselbe Ansehen und dasselbe Product liefert, welches 
Reichert in seiner Fig. 34, auch 35 und 36, aber in letzteren wieder 
viel zu scharf schematisirt dargestellt hat. Der grösste Theil der 
Dottermasse ist an der Oberfläche der Spitze des Cylinders zu einer 
Schichte ausgebreitet, während der gegen die Höhle des Cylinders hin- 
gewendete sich in eine feine, jetzt aus wirklichen kernhaltigen Zellen 
bestehende Membran umgewandelt hat. Dieses lässt sich auch so aus- 
drücken: der Dotterrest hat sich in ein Bläschen umgewandelt, dessen 
eine diekere Hälfte nach aussen gerichtet an der Innentläche der Spitze 
des Eicylinders anliegt, die andere, sehr feine, gegen das Innere des 
Cylinders hinsieht, und sich quer durch denselben hindurchzieht. 

Am 11., 12. und 13. Tage wächst mit dem ganzen Cylinder auch 
das in seiner Spitze gelegene Bläschen ansehnlich, und es gelang mir 
in dieser Zeit jetzt mehrmals, dasselbe von dem ÖOylinder abzulösen, 
indem ich letzteren mit feinen Nadeln spaltete, sein Inneres darlegte, 
und nun das Bläschen von innen abtrennte. Dieses konnte indessen, 
wie ich vom 12. Tage ab bestimmter erkannte, nicht anders geschehen, 
als indem ich eine feine Membran zerriss, welche das Bläschen an der 
innern Oberfläche des Cylinders festhielt. 

Als ich diese Beobachtung zuerst machte, glaubte ich es mit dem 
Septum von Reichert zu thun zu haben. Allein ich überzeugte mich 
bald, dass die nach Innen gerichtete Lamelle des Bläschens ganz einfach 
war und aus einer einfachen Schichte von Zellen bestand, während die 
das Bläschen festhaltende Membran von dessen Rändern sich längs 
der Innenfläche des Cylinders in den sogenannten Gefässhof weiter 
hinabzog. Endlich bewirkte der Zufall, dass ich ein solches Ei einst 
erst 18 Stunden nach der Tödtung des Mutterthieres untersuchte. Bei 
diesem hatte sich nun von den Rändern des in der Spitze des Eicylin- 
ders liegenden Bläschen an, von der Innenfläche des Cylinders eine 
Strecke weit eine zarte Membran ganz abgelöst, und hieng gewisser- 
massen von den Rändern des Bläschens frei in den Cylinder herein. 
Bei Ablösen des Bläschens aus der Spitze des Cylinders sah ich jetzt, 
dass diese zarte Membran an dem Bläschen sitzen blieb, und in seine 


obere dickere Lamelle überging. 
20* 


156 


Ich beobachtete dann jetzt auf’s Neue wie früher, dass vom Ende 
des 13. Tages an in der oberen Schichte des Bläschens sich die Em- 
bryonal-Anlage, anfangs fast rund, dann mehr. birnförmig bemerklich 
macht. In ihrer Längenaxe tritt die Primitivrinne auf und mit ihr zu- 
gleich wuchert das untere Ende der Embryonal-Anlage über die Grän- 
zen des Bläschens in einem Fortsatze hervor, der sich in Zukunft als 
die Allantois kund giebt. 

Die Embryonal-Anlage selbst begränzt und gestaltet sich rasch 
schärfer zu dem Körper des Embryo, in welchem ‘man Kopf und 
Schwanzende, Rücken- und Bauchfläche, und das sich entwickelnde Me- 
dullarohr mit den primitiven Hirnblasen und die Wirbelanlagen unter- 
scheiden kann. 

Da die erste Spur der bestimmter als solche erkennbaren Em- 
bryonalanlage, in der nach Aussen gerichteten Hälfte des oft genannten 
Bläschens in der Spitze des Eicylinders auftritt; ‘da ferner die innere 
Hälfte dieses Bläschens im weiteren continuirlichen Fortgange entschie- 
den das Amnion ist, so habe ich mich früher so ausgedrückt, dass ich 
das Bläschen in der Spitze des Eicylinders nach der v. Baer’schen 
Lehre als das animale Blatt der Keimanlage bezeichnete, welches‘ sich 
hier bei dem Meerschweinchen in der Form eines Bläschens direct aus 
dem Dottermaterial bildet. 

Ich muss an der Hand der Thatsachen, soweit sie mir zu erkennen 
möglich war, bei dieser Anschauung bleiben. 

Da ferner der Embryo, so wie er etwas schärfer ausgebildet ist, 
so liegt, dass er seine Rückenfläche, welche seitlich in das Amnion 
übergeht, gegen die Höhle dieses Amnion und die des Eieylinders 
überhaupt hingewendet hat, seine Bauchfläche aber nach Aussen, wo 
die äussere Membran des Eicylinders in die sich entwickelnde Visceral- 
höhle des Embryo sich fortsetzt, so sagte ich, dass bei dem Meer- 
schweinchen die Schichten der Keimanlage in Beziehung: zu ‘der von 
ihnen umschlossenen Höhle umgekehrt liegen, wie bei den übrigen bis 
jetzt näher bekannten Säuge- und Wirbelthieren: die vegetative Lage 
nämlich nach Aussen, die animale nach Innen. ' Die vegetative bildet 
den vom 7. bis zum 13. Tage das Ei allein darstellenden Cylinder. 
Die animale erscheint während dieser Zeit als noch unentwickelte 


157 


Dottermasse in der Spitze des Cylinders und gestaltet sich sodann so- 
gleich ‘zu 'einem ‚Bläschen, dessen eine Hälfte sich ‚zum Körper des 
Embryo, die andere zum Amnion entwickelt. Jetzt habe ich mich nun 
auch noch überzeugt, dass auch die dritte Keimschichte, das sogenannte 
Gefässblatt, sich alsbald mit dem Auftreten der Embryonalanlage in 
dem 'animalen Blatte ausbildet, und zwar an der richtigen Stelle, zwi- 
schen vegetativem und animalem Blatte, indem es von den Rändern des 
animalen Bläschens aus an der Innenfläche des vegetativen Blattes 
immer weiter herabwächst, bis zu dessen Anwachsungsstelle an der 
Decidua. In ihm entwickelt sich denn auch sogleich am 15. Tage die 
Area vasculosa mit der Vena terminalis, daher ich es schon oben als 
ganz begründet erklärte, wenn Reichert diesen Abschnitt des Eicylinders 
als Gefässhof bezeichnete. 

Ich deute hienach, wie man sieht, die an dem Meerschweinchen- 
Ei thatsächlich zu beobachtenden Verhältnisse nach wie vor im Sinne 
der v. Baer’schen Blättertheorie des Keimes. 

Kehren wir nun zu (. B. Reichert zurück, so ist zuerst zu bemer- 
ken, dass sich über alle zuletzt erwähnten Vorgänge in seiner Schrift bis 
jetzt Nichts findet. ‚Er verfolgt die Entwicklung des Eies nur bis zur 
Entwicklung jenes Bläschens in der Spitze des Eicylinders. Von dem 
Auftreten des Embryo, von der ‚Entstehung und Bildung des Allantois 
und des’ Amnion ist nirgends die Rede. Aber er anticipirt doch zur 
Deutung der Theile und der Bestimmung jenes Bläschens die Verhält- 
nisse so weit, dass er die umgekehrte Lage des Embryo zu den Ei- 
theilen im Vergleich mit anderen Säugethieren zugiebt. Pag. 195 sagt 
er: „Der Rest des Bildungsdotters liegt beim Hunde und Kaninchen wie 
bei allen bisher beobachteten Wirbelthieren an der Innenfläche, beim 
Meerschweinchen dagegen, wie es scheint, an der Aussenfläche der Um- 
hüllungshaut.“ Und. Pag. 197 wiederholt er: „Die Hohlräume des 
bläschenförmigen Embryo der Meerschweinchen und’ der übrigen Säuge- 
thiere haben also nicht die gleiche Lage“, und so noch an mehreren 
anderen Stellen. Allein indem er an der nach Innen gewendeten Fläche 
meiner Embryonal-Anlage eine epitheliale Lage, seine Umhüllungshaut, 
sich hat ausscheiden und bilden lassen, die auch jetzt wieder die Stütze 
und der Träger für den sich bildenden Körper und Rücken des Em- 


158 


bryo sein würde, so glaubt er, dass alle diese Verschiedenheiten nicht 
viel auf sich hätten, sondern der Entwicklungstypus auch bei dem Meer- 
schweinchen gewahrt und bestätigt sei. 

Ich bin nun zwar keineswegs dieser Ansicht. Wäre aber die Um- 
hüllungshaut, wie Reichert behauptet, ein Gegenstand der Beobachtung, 
so könnte man sich vielleicht mit ihm vereinigen, denn seine Theorie 
ist im Ganzen gar nicht so verschieden von der v. Baer’schen, und ge- 
fällt sich nur in anderen und nicht sehr deutlichen und verständlichen 
Redewendungen. Allein so wie früher oft schon bei Vögel- und Säuge- 
thier-Eiern, so habe ich mich auch jetzt wieder bei diesen ‚Meer- 
schweinchen vergebens bemüht, die Zellenschichte, welche den peri- 
pherischen Theil des animalen Blattes, später das Amnion, darstellt, als 
ein selbstständiges, histologisch gesondertes Gebilde, über die übrige 
Keimanlage hinweg zu verfolgen. Es ist mir dieses weder mechanisch 
noch optisch gelungen. Sowohl an frischen Präparaten, und zwar an 
diesen ganz vorzüglich, als auch an erhärteten und an feinen Durch- 
schnitten derselben, ist es mir nie geglückt, die Zellenschichte des ani- 
malen Blattes weiter, wie bis an den Rand der Embryonal-Anlage als 
solche zu verfolgen. Hier geht sie unmittelbar in das Material dieser 
Embryonal-Anlage, welches noch nicht aus Zellen, sondern nur aus 
Protoplasten besteht, über und ich läugne es durchaus, dass sich über 
dieselbe eine noch so zarte selbstständige Zellenschichte hinüberzieht. 

Man kann zwar an der Einbryonal-Anlage und vorzüglich an ihren 
parietalen Rändern eine sie nach aussen begränzende und in die peri- 
pherische Ausbreitung des animalen Blattes übergehende Schichte, von 
dem ihr zunächst anliegenden Material der Embryonal-Anlage unter- 
scheiden; allein diese äussere Schichte ist doch untrennbar mit der 
Embryonal-Anlage vereinigt, und gehört zu ihr zum Mindesten ebenso, 
wie die Haut zum fertig gebildeten Körper gehört. Will man sie ab- 
lösen, so gelingt dieses nur durch Zusammenhangstrennung, und gegen 
die Axe des Embryonalkörpers zu gar nicht, sondern hier reisst das 
etwa getrennte Häutchen unvermeidlich ab. 

Man muss daher glauben, dass allerlei Täuschungen an gehärteten 
Präparaten C. ‘B. Reichert zu ‘dieser Annahme einer Umhüllungshaut 
Veranlassung gegeben haben, z. B. Verwechselung mit dem schon sehr 


159 


früh sich entwickelnden und der Embryonal-Anlage anfangs sehr dicht 
anliegenden Amnion. Namentlich hier bei den Meerschweinchen kann 
ich mich nicht enthalten, die Vermuthung auszusprechen, dass Reichert 
einen solchen, und wie ich glaube, wirklich sehr verzeihlichen Irrthum 
begangen. Wenn nämlich die Präparate im Weingeist gehärtet sind, so 
verschwindet leicht erklärlich der bläschenförmige Zustand des animalen 
Blattes. Die geringe Menge Flüssigkeit zwischen der Embryonalanlage 
und dem nach Innen gegen die Höhle des Eicylinders gerichteten zar- 
ten zelligen Theile oder dem Amnion ‚geht verloren, und letzteres legt 
sich so dicht auf die Embryonal-Anlage, selbst wenn diese schon ihre 
Rücken-Wülste und in ihr die Wirbelanlagen entwickelt hat, ja es zieht 
sich dasselbe mit einer feinen Falte in die noch offene Primitivrinne 
und den noch nicht geschlossenen Medullar-Kanal hinein, dass, wenn 
es nun durch sehr feine und vorsichtige Manipulationen gelingt, dieses 
zarte Blättchen abzuheben, oder man es bei Durchschnitten über die 
Embryonal-Anlage sich wegziehen sieht, man vor Täuschungen nur dann 
gesichert ist, wenn man eben die ganze Geschichte gewissermassen des 
Präparates kennt, und es unter seinen Händen entstehen lassen hat. 

Ich läugne also hier wie anderwärts die Existenz von Reicherts 
Umhüllungshaut, und glaube, dass ihre Annahme auf einer Täuschung 
beruht. Und hierin stehe ich nicht allein. 

Der Berichterstatter der K. Preuss. Akademie der Wissenschaften 
über die im Jahre 1842 eingelaufenen Beantwortungen der von der 
Akademie gestellten Preisfrage, über die Entwicklungsgeschichte des 
Embryo der Säugethiere (wahrscheinlich Joh. Müller) äusserte in seinem 
Referate (Sitzungsberichte im Monat Juli 1842 p. 218) über meine ein- 
gesendete Arbeit: es scheine noch an einem hinreichenden Beweise zu 
fehlen, dass sich das ÜCentralnerven-System als eine Ablagerung im 
Innern der von dem Körper des Embryo gebildeten Primitivrinne bilde. 
Hiezu sei eine Revision der Beobachtungen am Frosche nothwendig, wo 
sich wegen der schwarzen Farbe der äussersten Dotterschichte allein 
das Verhältniss dieser Schichte mit einiger Sicherheit zu den darunter 
liegenden Gebilden aufklären lasse. Wenn diese schwarze Membran über 
die Leisten weggehe, welche die Kämme begränzen, wenn es richtig sei, 
dass der die Rinne bedeckende Theil der schwarzen Haut beim Schliessen 


160 


zum Kanal mit abgeschnürt werde, und wenn dieser Rest hernach im 
Innern des hohlen Rückenmarkes gefunden werde, so sei damit die An- 
sicht der Ablagerung nicht wohl zu vereinigen. Unzweifelhaft hatte der 
Berichterstatter dabei zugleich im Sinne, dass eine derartige Beobach- 
tung auch über die Existenz der von dem zweiten Bearbeiter der Preis- 
frage, Reichert, aufgestellten Lehre einer Umhüllungshaut entscheiden 
werde, obgleich er dieses nicht ausdrücklich angiebt. 

Diese Entscheidung ist nun aber durch alle Angaben späterer 
Beobachter, mit denen ich vollkommen übereinstimme , . gegeben. 
Einer der unpartheiischsten Forscher, Professor Ecker, sagt in der Be- 
schreibung der 23. Figur der 23. Tafel seiner Erläuterungstafeln zur 
Physiologie, welche einen Froschembryo vom 13. Tage darstellt; „Die 
Primitivrinne ist vollständig geschlossen und zu einem Kanal, dem 
Wirbelrohr, umgewandelt, dessen innerste Lage, das Medullarrohr, 
sich zum Gehirn und Rückenmark umwandelt.“ Auch Remak (Entw. 
der Wirbelthiere p. 149) und Kölliker (Entwicklungsgeschichte p. 72), 
obgleich sie in der Statuirung eines sogenannten Hornblattes als oberster 
Keimschichte alle Veranlassung hatten, den Reichert’schen Ansichten 
beizutreten, läugnen sowohl für den Frosch- als auch für den Hühner- 
Embryo ganz bestimmt das Eingeschlossenwerden einer epithelartigen 
Lage in die Primitivrinne und das Medullarrohr. Am allerbestimmtesten 
hat aber neuerdings v. Baer (Selbstbiographie p. 411) gerade. beim 
Frosch jenes von J. Müller aufgestellte Kriterium für die Reichert’sche 
Umhüllungshaut zurückgewiesen. v. Baer bestreitet die frühere Vor- 
stellung, als bilde sich das Rückenmark durch eine Art Gerinnung in 
dem Kanale der Rückenplatten, und will diese Bildung als eine Ab- 
lösung, gleichsam eine Abblätterung von der inneren Fläche der Rücken- 
platten beider Seiten aufgefasst sehen. Er sagt: „der Beweis dieser 
Entstehungsweise lässt sich am Embryo des Frosches mit Evidenz zei- 
gen. Hier ist nämlich die ganze Oberfläche des werdenden Embryo 
schwarz gefärbt. So sind denn auch die Rückenplatten, die im Frosche 
wie gerundete, Anfangs weit von einander abstehende Wülste entstehen, 
von beiden Seiten schwarz. Sie rücken bald näher aneinander und ver- 
wachsen am oberen Rande. Der Kanal, der dadurch gebildet wird, ist 
zuvörderst ganz schwarz ausgekleidet. Sehr bald aber ‘nimmt die 


161 


Schwärze ab, und durch fortgehende Umbildung der Kügelchen, aus 
denen die ganzen Seitenplatten bestehen, wird der Farbestoff mehr ver- 
theilt. Man kann nämlich hier bald eine innere Schichte, welche auf- 
fallend grau ist, von der äusseren Schichte ablösen, diese innere Schichte 
ist nichts Anderes als das Rückenmark, das erst allmälig durch vor- 
gehende innere Umwandlung weiss wird.‘ 

Ich würde diesen ganzen Vorgang der Bildung des Medullarrohres 
in der Rinne und dem Kanale der Rückenplatten als einen Process histo- 
logischer Sonderung und Entwicklung bezeichnen ; jedenfalls aber geht 
aus diesen übereinstimmenden Angaben hervor, dass Reicherts Umhüllungs- 
haut als eine die Rückenfläche der Embryonal-Anlage überziehende epi- 
theliale Zellenschichte nicht existirt. 

Damit fällt denn aber auch das ganze Räsonnement, durch welches 
Reichert die Verschiedenheit und Eigenthümlichkeit in dem Entwicklungs- 
Gange des Merrschweinchen-Eies und Embryo in seinen ersten Stadien 
wegzudemonstriren versucht hat. Wäre aber auch seine Umhüllungshaut 
und die Bestimmung, welche er ihr gegeben, eine Thatsache der Beob- 
achtung, so werden sich die Eigenthümlichkeiten des Entwicklungs- 
Ganges des Meerschweinchen-Eies nur einfach auf diese Umhüllungshaut 
übertragen, sonst aber ganz dieselben bleiben. Dem ist auch gar nicht 
dadurch abgeholfen, dass die Umhüllungshaut gar nicht bei dem 
Aufbaue des Embryo benutzt wird. - Der Embryo oder auch schon der 
Keim (die Keimhaut, Bildungsdotter, nach Reichert) behält dieselbe ab- 
weichende Lage zu dem Eie wie nach meiner Darstellung, die Rücken- 
seite ist nach Innen, die Bauchseite nach Aussen gewendet. Nur die 
relativen Verhältnisse der immaginären Umhüllungshaut sind gerettet; der 
Rücken bleibt ihr zugewendet, der Bauch von ihr abgewendet. Darauf 
kam es Reichert bei seiner Deutung der Verhältnisse an. . Die Um- 
hüllungshaut musste gerettet werden, für welche freilich nach meiner 
Darstellung gar keine Möglichkeit mehr übrig war. 

Aus allem Gesagten geht also hervor, dass wenn auch Reichert 
einzelne Vorgänge in der Entwicklung des Meerschweinchen-Kies etwas 
genauer verfolgt hat, er doch nichts wesentlich Anderes und Neues 
beobachtet hat, als ich. Allein er hat das Beobachtete anders, und 


natürlich .im Sinne seiner früheren Ansichten, gedeutet. Diese 
Abh.d. II. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 21 


162 


Deutungen aber halte ich einestheils für willkührlich, anderen- 
theils für geradezu falsch. Die Reichert’sche Schrift leistet daher 
nicht, was sie in ihrem Eingang so emphatisch und mit so vie- 
lem Vorwurf für meinen Unverstand verspricht. Der Unterschied 
in der typischen primitiven Anlage, wie Reichert sich ausdrückt, zwi- 
schen dem Meerschweinchen und anderen Säugethieren bleibt vorläufig 
noch bestehen, bis etwa ein Anderer glücklicher nicht nur als ich, son- 
dern auch als Reichert, ihn durch neue Thatsachen wegräumt, welche 
Reichert nicht geliefert hat. 

Doch kann ich nicht umhin, zum Schlusse hier einige Sätze der 
letzten von unserem grossen Embryologen K. E. v. Baer erschienenen 
Abhandlung über Paedogenesis zu citiren, welche derselbe in Beziehung 
auf,die verschiedenen und oft sehr von einander abweichenden Zeugungs- 
formen ausspricht. Derselbe sagt p. 295: „Wir präsumiren, dass ver- 
wandte Thiere auch einen sehr ähnlichen Entwicklungsgang durch- 
machen müssen. Haben wir mit dieser Annahme Recht oder Unrecht? 
Mir scheint, wir haben mit der Annahme selbst Recht, in der Anwen- 
dung aber kommen wir in Gefahr, Unrecht zu haben. Wir haben doch 
schon eine Menge Abweichungen von dem Verlaufe, der Regel zu sein 
scheint, kennen gelernt ...... Mir scheint daraus hervorzugehen, 
dass alle diese Verschiedenheiten nicht so gross sind, als sie scheinen, 
und dass sie nur auf die Einleitung der organischen Entwicklung sich 
beziehen, diese aber dann nach bestimmten Typen mit geringen Varia- 
tionen vor sich geht.“ 

Mir scheint es sich so auch mit der ersten Entwicklung des Meer- 
schweinchen-Eies zu verhalten. Sie ist allerdings merkwürdig verschie- 
den von der anderer Säugethiere und es wäre wohl der Mühe werth 
zu wissen, welche Gründe dafür vorhanden sind. Allein diese Verschie- 
denheiten betreffen doch vorzüglich nur die Einleitung zu der Entwick- 
lung, welche sodann in so vollständiger Uebereinstimmung mit der an- 
derer Säugethiere fortschreitet, dass sehr bald selbst das ganze Ei fast 
gar keine Unterschiede von dem anderer verwandter Thiere, z. B. von 
dem der Kaninchen darbietet. 


b 


Beschreibung der Abbildungen. 
Tab. VI—X. 


Ich habe die nachfolgenden Abbildungen, sowohl nach der Natur, als in einer schemati- 
schen Darstellung gegeben, um die Umwandlung des Dotters des Meerschweinchen-Eies in seiner 
Verbindung mit der Epithelröhre des Uterus in die Keimblase, so wie die Entwicklung des 
Dotterrestes in das den Fruchthof und das Amnion darstellende Bläschen, in einer noch vollstän- 
digeren Uebersicht zu geben, als dieses in meiner ersten Schrift geschehen ist. 

Wer die Fig I—VIIIA. der drei ersten Tafeln, welche ganz naturgetreu das Object in zehn- 
maliger Vergrösserung geben, unmittelbar nebeneinander betrachtet, für den kann kein Zweifel 
sein, dass das ganze Ei Fig. VIII A. aus der kleinen runden Hervorragung an dem abgeschnürten 
Vorsprunge der Epithelröhre in Fig. I A. hervorgegangen ist. Und wer ebenso die Figuren 
I— VII B. u. C. und IX A. und B. der Reihe nach zusammenstellt, der wird eine Uebersicht der 
Umwandlung der Dottermasse von Fig. IB. in das die Embryonal-Anlage, den Embryo und das 
Amnion darstellende animale Bläschen gewinnen können; so gut wie sich diese zarten Entwick- 
lungsvorgänge bildlich wiedergeben lassen. Die Unbestimmtheit und der dennoch dabei ganz be- 
stimmte Charakter der Elementar-Zusammensetzung dieser zarten Gebilde bietet zu grosse 
Schwierigkeiten für die künstlerische und technische Darstellung, als dass sie sich in den Abbil- 
dungen vollkommen überwinden liesen. Diese Darstellungen sind immer plump, rauh, massiv 
und steif gegen die äusserste Zartheit des natürlichen Objectes. Aber ich glaube, dass es 
dennoch geglückt ist, zu zeigen, wie der Ei-Cylinder und die Dottermasse aus Protoplasten be- 
stehen, die aus einem hellen Kerne und ihn umgebenden körnigen Plasmaschichte ohne umhül- 
lende Membranen zusammengesetzt sind. Erst in Fig. VII B. fängt ein Theil dieser Protoplasten 
an, sich mit Membranen zu umgeben, also in Zellen überzugehen. 

Fig. I A. stellt ein Stück der Epithelröhre aus dem Uterus eines Meerschweinchen vom 
siebenten Tage nach der Begattung dar. Durch die beginnende Decidua-Anschwellung der 
Uterinschleimhaut ist der mittlere Theil dieses Stückes der Epithelröhre bereits an der freien 
Seite des Uterus zapfenartig abgeschnürt und in der Spitze des Zapfens sitzt der von seiner 
Zona schon entblösste Dotter. 

Fig. IB. Ist die äusserste Spitze dieses Zapfens der Epithelröhre mit dem in ihr einge- 
schlossenen Dotter 400mal vergrössert. Der Dotter ist umschlossen von den hier jetzt stark 
wuchernden Protoplasten der Epithelröhre und ist mit denselben so vereinigt, dass er sich nicht 
ohne Zerstörung der Hülle oder des Dotters von ihnen trennen lässt. r: 

21° 


164 


Fig. I. Zeigt nur das gewöhnliche Cylinder-Epithel, aus welchem die übrige Epithelröhre 
des Uterus ausser an der Stelle, wo der Dotter sich festsetzt, zusammengesetzt ist, woraus schon 
ersichtlich ist, dass die Entwicklung dieser Stelle zu dem nachherigen Eicylinder nicht als ein 
einfacher Epithelfortsatz betrachtet werden kann, wie Reichert will. 


Fig. II A. Stellt diese bereits zu einem verhältnissmässig langen zarten Cylinder ent- 
wickelte Stelle der Epithelröhre 10mal vergrössert vom 10. Tage dar. Der Cylinder sitzt noch 
auf der kegelförmig durch die Wucherung der Decidua abgeschnürten Stelle der Epithelröhre 
des Uterus. Er trägt an seiner Spitze den Rest der Dotterkugel. 


Fig. III B. Zeigt diese Spitze des Eicylinders mit der Dotterkugel 400mal vergrössert. 
Die Elemente der Dotterkugel, kernhaltige Protoplasten mit einer körnigen Plasmaschichte ohne 
umhüllende Membranen, zeigen noch keine besondere Anordnung, sondern sie sind einfach von den 
den Cylinder selbst zusammensetzenden Protoplasten umschlossen. Der Cylinder ist unterhalb 
der Dotterkugel etwas eingeschnürt in Folge der Contraction seiner Elemente, wodurch hier 
allerdings eine Abtheilung, die man als den Dotterhof bezeichnen kann, hervorgebracht wird. 
Allein es findet sich hier durchaus keine Scheidewand, kein Septum, wie Reichert angegeben. 

Fig. IV A. ist ein Eicylinder 10mal vergrössert vom 11. Tage. Er ist ansehnlich gewachsen; 
die kegelförmige Abschnürung ‘der Epithelröhre des Uterus, auf der er sass, ist durch die Deeidua- 
Wucherung der Schleimhaut des Uterus von der Mesenterialseite her verdrängt worden. Es hat 
sich von dieser Wucherung aus auch eine Protoplasten-Schichte an der inneren Eläche des Ei- 
Cylinders vorgeschoben, in der sich auch schon Blutgefässe, die mit denen der Decidua zusammen- 
hängen, entwickelt haben. Die Placentarzona des Eieylinders ist dadurch bestimmt und von der 
mittleren oder der Zona des Gefässhofes geschieden. 

Fig. IVB. Die Spitze dieses Eieylinders 400mal vergrössert. Alles verhält sich wie früher; 
nur bemerkt man, dass die Dottermasse sich in der Mitte etwas aufzuhellen anfängt. 


Fig. VA. Ein wenig älteres Ei, in welchem die Isolirung des Eicylinders von der kegel- 
förmigen abgeschnürten Epithelröhre des Uterus bis auf einen fast nur aus Blutgefässen, welche 
hier nicht dargestellt sind, bestehenden Stiel fortgeschritten ist. Doch sieht man auch hier die 
den Placentarhof bezeichnende an der Innenfläche des Eieylinders wuchernde Protoplasten-Schichte. 


Fig. V B. Zeigt die Spitze dieses Eicylinders 400mal vergrössert, an welchem es mir ge- 
lungen war, mit feinen Nadeln sowohl die äussere Schichte (das zukünftige vegetative Blatt) 
über den Dotterrest herüber abzustreifen, als man jetzt auch sehr deutlich erkannte, dass dieser 
Dotterrest hohl war und sich in eine Blase (das zukünftige animale Blatt) umzuwandeln anfieng. 


Fig. VIA. u. B. Bedürfen kaum einer Beschreibung, denn sie zeigen nur bei 10- und 
400maliger Vergrösserung wie sowohl der Eicylinder fortwächst, als auch der Dotterrest in seiner 
Spitze sich allmählig immer mehr in eine Blase umwandelt. 


Fig. VII A. u. B. zeigen ein Ei vom 12. Tage 10mal und 400mal vergrössert, wo diese 
blasenartige Gestaltung’ des Dotterrestes nun schon sehr ausgesprochen war. Ein Theil der 
Dotterprotoplasten hatte sich zu einer der Oberfläche des Cylinders zugewendeten dickeren Schichte 
gestaltet, welche ein eigenthümliches gestreiftes, wohl nur durch die Anordnung der Protoplasten 
hervorgebrachtes, Ansehen an sich trug. Der gegen die Eihöhle hin gerichtete Theil der Dotter- 
protoplasten hatte sich dagegen jetzt mit Membranen umgeben, und bildet eine feine Membran 
(das zukünftige Amnion). Der Dotterrest hatte sich also jetzt zu dem blasenartig gestalteten 
animalen Blatte umgewandelt, welches an seiner gegen die Oberfläche gewendeten Hälfte den 
Fruchthof, oder, wenn man will, die Embryonal-Anlage, an seiner gegen die Eihöhle hin gerichte- 
ten Hälfte des Amnion darstellt. 


Fig. VIII A. B. C. zeigen die unmittelbare Richtigkeit dieser Anschauungsweise von 
Fig. VII. Denn sie stellen Eier vom 13. Tage dar, wo man sich direct überzeugt, dass erstens 


165 


der Eicylinder, der nun schon anfängt, eine rundliche Blase zu werden, wirklich das Ei ist, und 
zweitens, dass der in seiner Spitze gelegene Dotterrest sich in ein Bläschen verwandelt hat, in 
dessen nach aussen gelegenem Theile sich die Embryonalanlage mit der Primitivrinne und der 
bereits hervorwuchernden Allantois befindet, während der nach innen gerichtete Theil eine äus- 
serst zarte Membran darstellt, welche beide unmittelbar zusammenhängen und in einander über- 
gehen. Die Seitenansicht Fig. VIII B. darf nicht missverstanden werden. Sie soll nur zeigen, 
dass auch jetzt noch die Spitze des Eicylinders nicht ganz verstrichen ist, sondern dass das sich 
hier gebildet habende Bläschen des animalen Blattes, überzogen von der Membran des Eicylinders 
selbst, noch eine Uhrglasförmige Hervorragung bedingt. Fig. VIII C. zeigt die Embryonal- 
Anlage grade von oben mit der Primitivrinne und der Allantois-Wucherung an dem untern Ende 
20mal vergrössert; der Ring in der Peripherie der Embryonalage bezeichnet die Gränze des 
Amnion. 

Fig. IX A. Zeigt nun den aus der Embryonalanlage schon deutlich entwickelten Embryo 
von der Aussenfläche des Eies. Man sieht von hier aus in die Leibeshöhle hinein, während 
das dieselbe auskleidende vegetative Blatt den Kopf und Schwanz des Embryo nebst der Allantois 
überzieht. An der Innenfläche des vegetativen Blattes ist bereits der Gefässhof in dem Gefäss- 
blatt sowie im Embryo der Herzkanal in der Entwicklung begriffen. 


Fig. IX B. "Zeigt einen Embryo dieses Stadiums von der Innenfläche der Eiblase Man 
sieht von hier den Rücken des Embryo mit schon geschlossener Primitivrinne und sich entwickeln- 
dem Medullarrohr nebst mehreren sogenannten Wirbelplättchen. Der Rücken des Embryo ist 
von dem Amnion bekleidet; man sieht die Ausdehnung des Gefässhofes und die in den Zwischen- 
raume zwischen vegetativem und Gefässblatt einer- und Amnion mit Embryo andererseits, hinein- 
wachsende Allantois. 

Die Figuren der vierten Tafel Tab. X stellen schematische etwa 5mal vergrösserte Durch- 
schnitte durch den Uterus dar, um das Verhalten des Eies zu der Schleimhaut des Uterus und 
der sich aus ihr entwickelnden Decidua darzustellen. 


I. Ist ein Querdurchschnitt des Uterus. Die Schleimhaut (blau) ist ansehnlich dick und 
zeigt ein gegen die Höhle concentrisch gerichtetes gestreiftes Ansehen von den in ihr "befind- 
lichen Uterindrüsen. Die Uterushöhle bildet nur eine enge Spalte und in dem oberen Winkel 
des Durchschnittes sitzt das Eichen, welches nur hier noch immer viel zu gross erscheint, da es 
in diesem Zustande keine '/ss Linie misst, also hier nicht grösser als Ys Linie sein dürfte. 

Ib. Ist ein Längsschnitt auf demselben Stadium. Die Uterinschleimhaut ist um das Ei 
herum-noch nicht verdickt, die Uterinhöhle daher hier noch nicht verengend, und das Ei liegt 
noch ganz frei. 

Von II—IV sieht man aber, wie die Schleimhaut sich an der Stelle, wo das Ei liegt, immer 
mehr und mehr verdickt und daher das Ei in einen sich immer mehr und mehr von der Uterin- 
böhle abschliessenden Divertikel der Epithelröhre zu liegen kommt. In I liegt das Ei noch 
ganz in der unveränderten Spitze dieses Divertikels, welcher wie ein kleiner zapfenartiger Vor- 
sprung der Epithelröhre erscheint. 

In III ist dieser Zapfen nicht nur durch fortschreitende Abschnürung durch die stärker 
entwickelte Schleimhaut grösser geworden, sondern aus seiner Spitze wächst nun der Eicylinder, 
oder die aus dem vegetativen Blatte gebildete Keimblase (grün) hervor, welche an ihrer Spitze 
den noch unveränderten Dotterrest trägt. 

Dieses Alles ist in IV nur weiter fortgeschritten. In V ist die Entwicklung der Schleim- 
haut zur Decidua schon so weit vorgerückt. dass die Uterinhöhle an dieser Stelle unterbrochen 
und der zapfenartige, das Ei tragende Ueberrest des Epithelröhre schon ganz abgeschnürt ist. 
Zugleich fängt die Decidua an, sich von der Mesenterialseite des Uterus mit ihrem Blutgefässe 
in diesen zapfenartigen Ueberrest der Epithelröhre hineinzubilden, was in Vl schon so weit fort- 


166 


geschritten ist, dass dadurch der Zapfen verschwindet, die Blutgefässe aber sich jetzt auch in 
den Cylinder hineinzuziehen beginnen. 

In VII ist dieses Alles soweit gediehen, dass der der Epithelröhre angehörende, das Ei 
früher tragende Zapfen ganz verschwunden ist. Der Eicylinder ist an seiner Basis mit der 
Decidua verwachsen und trägt eine Strecke weit Blutgefässe; in seiner Spitze liegt der Dotter- 
rest, der sich jetzt in ein Bläschen umzuwandeln beginnt. Der Eicylinder zerfällt dadurch in einen 
Fruchthof (die Spitze); in einen Gefässhof (dieMitte) und einen Placentarhof (die untere 
festgewachsene, Blutgefässe tragende Basis). 

In VIII hat der Eicylinder jetzt eine mehr runde Gestalt angenommen. Das aus dem Dotter- 
rest entstandene Bläschen an der freien Seite erweiset sich als dem animalen Blatte der Keim- 
blase entsprechend, denn in seiner nach Aussen gelegenen Hälfte ist die Embryonal-Anlage mit 
der Allantois (gelb) aufgetreten, die nach Innen gerichtete Hälfte ist das Amnion. Zugleich hat 
sich auch das Gefässblatt (ziegelroth) an der Innenfläche des vegetativen Blattes zu entwickeln 
angefangen. 

In IX ist nun schon der Körper des Embryo deutlich entwickelt. Da er mit seiner Bauch- 
seite nach Aussen gerichtet ist, und hier die äussere Hülle des früheren Eicylinders in ihn zur 
Bildung des Darmes übergeht, so wird es dadurch entschieden, dass diese äussere Lage des Ei- 
Cylinders, welche sich in III zuerst zu entwickeln anfängt, das vegetative Blatt der Keimanlage 
ist. An seiner inneren Seite hat sich das Gefässblatt mit den VYasa omphalo mesenterica weiter 
entwickelt, und reicht bis an die Stelle, wo der Eicylinder mit der Decidua verwachsen ist. 
Hier entsteht die Vena terminalis. Der Embryo ist nach wie vor von dem Amnion umschlossen 
und die Allantois wächst stark, um alsbald die angewachsene Stelle des Eies zu erreichen und 
hier die Placenta zu bilden. 


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Ueber die 


geographischen Verhältnisse 


der 


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C. F. Meissner. 


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Ueber die 


geographischen Verhältnisse 


der 


Lorbeergewächse 


von 


C. F. Meissner. 


Eine natürliche Pflanzengruppe gewinnt aus selbstverständlichen 
Gründen für die Pflanzen-Geographie erst dann Interesse und Bedeutung, 
wenn sie eine gewisse Grösse und Ausdehnung hat, d. h. wenn sie in. 
einer namhaften Zahl von Arten oder Individuen oder beider zugleich 
und in einer gewissen räumlichen Ausdehnung, sei es zerstreut über 
mehrere Gegenden der Erde, oder aber auf einzelne Theile derselben 
beschränkt und mehr concentrirt auftritt, und ihre Bedeutung wird eine 
um so grössere sein, je mehr sie in einer oder mehreren dieser Be- 
ziehungen ein grösseres Verhältniss zeigt und dadurch dem speziellen 
Vegetationscharakter eines Landes oder Welttheils einen spezifischen Zug 
verleiht. Es muss daher bei dem Studium der geographischen Verhält- 
nisse einer Familie stets die Ausmittelung des numerischen Verhaltens 


derselben, d. h. der Zahl der Arten, der quantitativen Proportion der 
22* 


170 


Individuen und des Grades der Dichtigkeit ihres Vorkommens, ob spo- 
radisch, diffus, oder aber gesellig und massenhaft zusammengedrängt, — 
also das, was wir die statistischen Verhältnisse nennen können, — 
die erste Grundlage und den Ausgangspunkt der Untersuchung bilden. 
Natürlich müssen aber die Ergebnisse unvollkommen ausfallen, so lange 
noch so viele und grosse Theile der Erde nicht einmal geographisch, 
geschweige denn naturhistorisch, erforscht sind, und so lange wir selbst 
von solchen, die wir zu den Bekannten zu zählen pflegen, doch in 
letzterer Hinsicht nur eine mangelhafte Kenntniss besitzen, indem wir 
weder die absolute Zahl der in ihnen vorkommenden Arten der betref- 
fenden Familie, noch die genauen Grenzen ihrer Verbreitungsgebiete 
mit Sicherheit anzugeben vermögen... Wenn wir indessen. annehmen, dass 
unsere geographische und naturhistorische Kenntniss der fünf Welttheile 
in jedem einzelnen — Europa ausgenommen — ungefähr auf gleicher 
Stufe der Vollkommenheit (oder, richtiger gesagt, der Mangelhaftigkeit) 
stehe, so könnte die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass das Er- 
gebniss unserer pflanzen-geographischen und statistischen Untersuchungen 
doch wenigstens in proportionaler Beziehung ein annähernd richtiges 
sein werde; allein diese Folgerung kann dennoch falsch sein, denn es 
ist denkbar und — wenn auch nicht gerade sehr wahrscheinlich — 
doch immerhin möglich, dass in einem Welttheile, in welchem bis jetzt 
nur sehr wenige oder gar keine Glieder irgend einer Familie gefunden 
worden, dereinst Gegenden angetroffen werden, in welchen der Natur- 
forscher durch ein ganz unvermuthet zahlreiches Auftreten derselben 
‚überrascht wird. Beispielsweise möge hier daran erinnert werden, dass 
Robert Brown!) im Jahre 1818 es als beachtenswerth hervorhob, dass 
von der sonst so artenreichen und verbreiteten Gattung Begonia und 
von der ganzen Laurineen-Familie (mit einziger Ausnahme der Gattung 
Cassytha) noch keine einzige Art auf dem Festlande von Afrika ge- 
funden worden, während doch unter den diesem Continente nahe 
liegenden Inseln die Canarischen und Mascarenischen nebst Madagascar 
mehrere Laurineen und die Letztgenannte auch einige Begonien auf- 


1) Obs. on the Herb. ete. of Congo, etc. R. Brown’s Verm. Schr. 1. p. 290. R. Brown Misc. 
Bot. Works, ed. Ray-Society 1. p. 150. 


171 


zuweisen hätten. Es konnte demnach die Abwesenheit dieser Pflanzen- 
formen als ein spezifischer, obgleich negativer, Zug in die phytogeo- 
graphische Charakteristik des afrikanischen Festlandes aufgenommen 
werden. Heute.aber ist dieser Zug nicht mehr gültig, nachdem zuerst 
in Südafrika durch Drege u. A.!) und später auch im tropischen West- 
Afrika von Currer und Mann mehrere Arten sowohl von Begonia ?) als 
auch von Laurineen®) (aus den Gattungen Oryptocarya, Mesphilodaphne 
und ÖOreodaphne) entdeckt worden sind. Sehr wahrscheinlich werden 
auch in dem tropischen Ost-Afrika, dessen Flora sich schon mehr dem 
‚an Begonien und Laurineen reichen Indien nähert, dereinst noch mehr 
Arten aus den genannten zwei Gruppen und vielleicht auch aus anderen 
Familien, die man bisher als dem Continent von Afrika ganz fremd 
betrachtet hat, aufgefunden werden. 


® 


Was nun speziell die Laurineen betrifft, so ist es aus mehrfachen 
Gründen nicht wahrscheinlich, dass die nachstehenden Angaben über die 
Vertheilung und Verbreitung der Gattungen und Arten auf der Erde 
und über das Verhältniss der Familie zur Landesflora durch künftige 
Forschungen eine wesentliche Modification erleiden werden. 


Bis zum Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts waren nur so 
wenige Lorbeergewächse bekannt, dass sie eine der kleinsten Gruppen 
im natürlichen Systeme bildeten. Wie bedeutend aber ihre Zahl seither 
angewachsen ist, mag nachstehende Uebersicht der von den hauptsäch- 
lichsten systematischen Schriftstellern aufgeführten Lauraceen*) zeigen. 


1) Vgl. DC. Prodr. XV, 1. p. 384, n. 297—299. 
2) Ebendas. p. 315, n. 100 u. p. 392, n. 320. 
3) Ebendas. p. 74, n. 28, 29; p. 118 u. 510, n. 31; p. 130, n. 88—90. 


4) Wir bemerken ausdrücklich, dass unter diesem Namen die Familie der Lorbeergewächse 
auch hier vollkommen in dem gleichen Umfange zu verstehen ist, wie wir sie in DC. 
Prodr. XV, 1. aufgefasst und dargestellt haben, d. h. mit Einschluss der Gyrocarpeae und 
Cassytheae, nur dass wir die wenigen seit 1862 hinzugekommenen neuen Arten noch ein- 
geschaltet haben. 


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5 


172 


RR, ; Summa Verhältniss 
Die ihnen bekannten | & „® a el ar Tea 
a 22 eae 
Autoren. Zeit. dr E58 Zunahme. Be a dsy 
: nm gamen. | Phanerogamen. 
spec. £ 
Linne 1764 Laurus ..... u eirca 248» 
(Sp. pl. ed. III.) Tomex ... Ki 13 9000 k 
Cassytha ..... 1 
Laurus 26 
Lamark excludendi 5 um 11 sp., in 25 Jahr. fast verdoppelt. 
21 
(Diet. Encycl. 1789 Agathophyllum . 1 
Vol. II) Gyrocarpus.... 1 24 
Cassytha ..... 1 
Laurus ...... 34 j ; 
illden 4 Agathophyllum 1 seit Lamark, in 10 Jahren, um 19 sp. 
w euor 1799—1809| Tomex ...... 3 40 |, Linne „35 RD 17,052 = 1EA2,7... 
(Sp- pl.) Gyrocarpus..... 1 d. h. mehr als verdreifacht. 
Cassytha ..... 1 
Laurus ...... 40 Bi 
pP Adenostemum .. 1 seit Linne, in 41 Jahren, um 41 sp., 
ersoon Agathophyllum . 1 d. h. mehr als vervierfacht. y 
(Enchirid.) 1805 Listaea (Tomex) . 10 54 | seit Lamark, in 16 Jahren, um 30 sp., 25,949 | — 1:38,4... 
Gyrocarpus.... 1 d. h. mehr als verdoppelt. 
Cassytha ..... 1 
seit Linne, in 61 Jahren, um 85 sp., 
Sprengel 8 d. h. mehr als versiebenfacht. 
(Syst. Veg. et Curae 1825 98 | seit Willdenow, in 26 Jahren, um 58 sp. 
poster.) d. h. mehr als verdoppelt. 
Laurin. genuinae 
Chr. 6. Nees e Seel seit Linne, in 72 Jahren, um 391 sp., 
5 Esonheck 1836 Gyrocarp. 2 „ d. h. ver-31-facht. 
= - Sassytleae 1, 404 | seit Willdenow, in 37 Jahr., um 372 sp.. 
(Syst. Laurin.) m d. h. mehr als verzehnfacht. 
deduct. deducend. 8 
Lindley Laurin. ..... 450 8 s.Linn., in 89 Jahren, um 452, d. h. fast ver-36-, = 
(Veget. Kingd. 1853 Gyrocarp. ... 6,8 465 =. Spreng., in28 Jahr., um 367, mehr als verfünf-\5 80,440 —— 14.147259 m 
Ed. III) Cassytheae 9)|© s. Willdenow, in 54 J.,um 425, „ „  verelf- J# 
Laurineae öl gen. 912 
Meissner an Gyaltarp. je a seit Linne, in 98 Jahr., um 959, fast 'ver-75- circa 
(DC. Prodr. XV. I.) Cassyth. . In 29 1 972 | 7 wine n 5 2 08 verat 68 
- 1 © Bögen) Ei 5 Ders, riD Ze en, as, 1 ver-18- | & 100,000 == 1:102,9... 
” .„ 37 220 74, t Bar 
Addendae . 1865 Bla SE 520 00.00 en ns N DO 487. mehr oe 


I} 


173 


So sehen wir denn, dass die Zahl der den Botanikern bekannt ge- 
wordenen Laurineen in Zeit von hundert Jahren in stetiger, wenn auch 
nicht rascher Progression dergestalt zugenommen hat, dass diese Familie, 
die vor 60 Jahren noch zu den allerkleinsten zählte, nunmehr als eine 
Gruppe mittleren Ranges oder, genauer ausgedrückt, fünfter Grösse 
erscheint. !) | 


1) Zum Behufe einer bestimmteren Eintheilung und Rangordnung der Pflanzenfamilien nach 
ihrer Artenzahl möchten wir etwa folgendes Schema vorschlagen, wobei wir grossentheils 
Lindley’s Schätzung (Veg. Kingd. ed. III, p. 797 sq.) zu Grunde legen, obgleich wir die- 
selbe in vielen Fällen und besonders in der Endsumme für bedeutend zu niedrig halten. 
Da die Artenzahl einer Familie wesentlich von dem Umfange, in welchem Letztere auf- 
gefasst wird, abhängig ist, so bemerken wir noch, dass wir die dicotyledonischen Familien 
fast durchgehends in der in DC. Prodr. gegebenen Begrenzung angenommen haben. 


I. Familien 1. Grösse, d.h. von mehr als 6000 Arten, z. B. Compositae, Leguminosae, 


Gramineae. 

I. — 2. -— ,d.h. von 3000—6000 Arten, z.B. Filices, Orchideae, Euphor- 
biaceae. . 

II. _ 3. — „d.h. von 2000—3000 Arten, z. B. Cyperaceae, Labiatae, 
Rubiaceae. 

IV. — 4. — „d.h. von 1000—2000 Arten, z. B. Liliaceae, Scrophulariaceae, 


Umbelliferae, Rosaceae, Myrtaceae, Melastomaceae, Caryo- 
phylleae, Crucif., Ranunculae. 


v. — d. — „d.h. von 500-1000 Arten, z. B. Irideae, Piperaceae, Amen- 
taceae, Lauraceae, Solaneae, Apocyn., Asclepiad., Ericaceae, 
Malpighiaceae, Malvaceae etc. 


v1. — 6. °—  ,d.h. von 200-500 Arten, z. B. Scitamineae, Amaryllideae, 
Urticaceae, Artocarpeae, Rhamneae, Anonac. etc. 
vn. _ 7. —  , von 100—200 sp., z. B. Bromeliac., Smilaceae, Coniferae, Me- 
nispermac., Guttiferae etc. 
VI. —_ 8. — „von 50—100 sp., z. B. Pandaneae, Myristie., Turnerac., Au- 


rantiac. etc. 


IX. —_ 9. —  ,von 10-50 sp., z. B. Cycad., Burmanniac., Pontederiac., 
Elaeagneae etc. 


X. _ 10. — „von 1—10 sp., z. B. Butomeae, Nelumbiac., Sarraceniac., 
Saurureae, Ceratophylleae, Rhizoboleae etc. 


. 


174 


Die Gesammtzahl der Lauraceen, die wir gegenwärtig unterscheiden, 
indem wir den 957 in DC. Prodr. enthaltenen Arten noch 15 seither 
publieirte hinzuzählen, beträgt also 972), welche sich ‘auf die drei 


Unterordnungen und 55 Gattungen also vertheilen: 


1) Es ist kaum nöthig, zu bemerken, dass diese Zahl nicht als eine absolut zuverlässige, fest- 
stehende betrachtet werden kann, da sie wesentlich von dem Grade der Vollständigkeit und 
Genauigkeit unserer Kenntniss der Arten und von unseren Ansichten und Grundsätzen für 
die Abgrenzung derselben abhängen. Das aber glauben wir hier mit Nachdruck hervor- 
heben zu müssen, dass die Feststellung. der Diagnostik der Gattungen und ‘Arten kaum in 
irgend einer anderen Familie so grosse Schwierigkeiten darbietet, wie bei den Lauraceen, 
welche in der That eine der durch die unzweideutigsten und 'unveränderlichsten Merkmale 
charakterisirten und daher am schärfsten begrenzten, ächt natürlichen Gruppen ausmachen. 
Die Schwierigkeit liegt zunächst darin, dass bei dem strengen Festhalten der Familien- 
glieder an dem nicht sehr viele Abwandlungen zulassenden Generaltypus (klappig auf- 
springende Antheren, einsaamige Frucht mit hängendem, eiweisslosem Saamen, fleischige, 
plan-convexe Saamenlappen, nach oben gerichtetes Würzelchen, einfache, ganzrandige, 
stipellose Blätter etc.) nur wenige und untergeordnetere, meist minutiöse (an trockenen 
Exemplaren oft schwer zu erkennende), zuweilen selbst schwankende Bauverschiedenheiten 
übrig bleiben, um danach die Gattungen und Arten zu trennen; ferner auch darin, dass 
gewisse. wesentliche Merkmale meist nicht gleichzeitig vorhanden sind, sondern erst in 
späteren Lebensstadien der Pflanze erscheinen, wie die specielle Beschaffenheit des Frucht- 
kelchs und der Fruchthülle; und endlich auch in dem Umstande, dass sehr viele Laurineen 
diöcisch sind und wir in den Herbarien sehr oft nur Exemplare des einen Sexus antreffen, 
die uns folglich nicht sämmtliche Charaktere der Species darbieten und uns somit über 
die Gattung, zu der sie gehört, in Zweifel lassen. Ja einige Fälle scheinen sogar das Vor- 
kommen eines gewissen Dimorphismus der Blüthen und Blätter, je nach dem Sexus der 
Individuen, anzudeuten, wodurch für die Entscheidung der Frage: ob solche Exemplare 
zur gleichen Art gehören, oder nicht, eine Schwierigkeit entsteht, die wohl nur mittelst 


sorgfältiger und wiederholter Beobachtung an der lebenden Pflanze zu lösen sein dürften. 


Subordo I. Laurineae. 
Tribus I. Perseaceae. Species Trib. III. Oreodaphneae. 
1. Cinnamomum (nob.)......- 65 . 
2. Alseodaphne Nees....... 8 ne ee Bes 
3. Phoebe Nees ......... 41 39. Strychnodaphne N "Oi 
4. Machilus Rumph.....-.. 18 33. Cartfibromioda ed2pH ‚nase! 
5. Sn en Hals gr” ar 34, Nectandra Nees, . h ] i 
TURN II IHINO Henn 35. Pleurothyrium Nees. ..... 
7. Haasia Blume 16 3 5 
a en eu Are 36. Dieypellium’Nees“. ...... 
8. Beilschmiedia Nees 6 . 8. 7 0 RO 
9. Apollonias Nees. „+ „y- 7,7 2 38. Sassafridium nob. ....... 
10. Hufelandia’Nees. . .. . ... 4 39. Goeppertia Nees 
11. Nesodaphne J. D. Hook ... 2 40. Smoha a 
5 | . Symphysodaphne Rich. .... 
12, ‚Boldu Feuill. . . +... u; Io 41. Synandrodaphne nob. ! .. .. 
Trib. II. Cryptocaryeae. 
do lchsandrän. slenlor) .nsazeı 1 f \ 
14. Adenostemum Pers... ... 1 Trib. IV. Litsaeaceae. 
15. Cryptocarya 1 apa] DI Hrspryer Fee 41*) Subtrib. I. Tetranthareae. 
16. Cyanodaphne Bl... . ... ..- 3 
17..Caryodaphne Bl. ....... 4 42. Tetranthera Jacq........ 
3: Brdandra BR. Br... z'-zar- 6 43. Oylicodaphne Nees. .. .... 
232 Dietyodaphne 'Bl2 . . 2... 7 44. Dodecadenia Nees. ...... 
20. Ampelodaphne nob.. .... - 3 45. Actinodaphne Nee... .... 
te Njouea Aubl. . . „oc. n.- 7 464 Hatsaea Jus. .....:... 
29. Silvaea Mans0. .-..- .... I 
23. Acrodichdiüm Nees.: .. ... 13 Subtrib. II. Daphnidi 
24. Aydendron Nees, ....... 38 Er on. 
25. Misanteca Ch. & Schl. ..... 1 47. Daphnidium Nees....... . 
26. Bihatklar nob. me it 48. Polyadenia Nees. ...... £ 
27. Mespilodaphne Nees. ..... 54 49. Laurus Toum..... 2.2... 
28. Nemodaphne nob.. ...... 1 BRsfämerula Biker 4 
29. Agathophyllum Juss. ..... 5 >) Lmdera Thumb. I. ...... 
185 
Summa Subordinis I........ 924 
Subordo II, Gyrocarpeae. | species Subordo III. Cassytheae.- 
52. Gyrocarpus Jacg. . 0... B Si Cassythäide ‚ini damaslaıan. sie 
53. Sparattanthelium Mart..... 7. 7 ‚ 
32 lllısera. Blume. .. =... 7 
19 
Summarium. Spocios 
Imaupnenene. nee ee 924 
MIC ynocarpeae.. „ns 19 
ulig, Terry ie De ee 29 
972 


1) Die allzu zweifelhafte C. dubia HBK. ist hier nicht mitgezählt. 


Abh. d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


23 


Species 


125 


—-] 
Derre| DH om —ı 


— 


| 


SD 
ng 
de) 


17 
1 
2 

16 

14 


265 


Species 


29 


176 


Diese Uebersicht zeigt, dass die meisten Gattungen, nämlich 35, 
eine sehr geringe Artenzahl (unter 10, ja sogar 11 Gattungen nur eine 
Species) und nur 20 eine grössere (13 bis 125 sp.) besitzen. 

Ueber die geographische Vertheilung und Verbreitung der 
Lauraceen, sowohl nach den fünf Welttheilen, als nach Haupt-Breitezonen, 
habe ich beiliegende Tabelle!) entworfen, aus welcher sich folgende 
Verhältnisse ergeben, die wir hier besonders hervorheben müssen. 


I. Vertheilung nach den fünf Welttheilen. 


1. Europa. 
Unser "Welttheil besitzt nur eine einzige Art, Laurus nobilis, 
welche, wenn auch vielleicht in frühester Zeit?) aus Kleinasien einge- 
wandert, jetzt wenigstens im Mediterraneischen Gebiete gänzlich ein- 
heimisch geworden ist. 
2. Asien. 
Aus diesem Welttheil, mit Inbegriff seiner. sämmtlichen Inseln °), 
kennen wir 27 Gattungen?), zusammen mit 445 Arten: 
Trib. I. Perseaceae: Cinnamomum. . . ... 64 Arten. 
*Alseodaphne kr 'n 3“ na 
Phoebe.“ a; = 27. ae 
*Machilus &# !.......@mil8 
=Nethaphoebes, "7... 9 


EHaasia'.- ES... 2.08% ailöcahe 
Fbeilschmiediaser..- > .„auE0} SEE 
Apollonias@e en 0 1 5 

8 Gattungen 150 Arten. 


1) Es ist hiebei zu bemerken, dass solche Arten, deren Heimath allzu ungewiss, wo nicht 
ganz unbekannt ist, natürlich nicht mitgezählt wurden, und dass hingegen solche Arten, 
welche in mehreren Verbreitungsgebieten vorkommen, auch in jedem derselben einge- 
tragen wurden, woraus natürlich folgt, dass die Addition der Artenzahlen einer Gattung 
auf der Tabelle oft eine höhere Zahl ergiebt, als die wirkliche Artenzahl der betreffenden 
Gattung beträgt, wie z.B. bei Persea, Cryptocarya, Oreodaphne, Tetranthera etc. 

3) Er kömmt bekanntlich schon in der griechischen Mythologie vor und wird schon von 

Dioscorides angeführt. 

Wir zählen dazu auch das sonst gewöhnlich zu Australien gerechnete Neu-Guinea, weil 

seine Flora von derjenigen des Indischen Archipels nicht zu trennen ist. 

4) In den nachstehenden Listen bezeichnet das vor den Namen gesetzte Sternchen diejenigen 
Gattungen, welche dem betreffenden Welttheil eigenthümlich sind. 


3 


— 


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* eugissen "ac 


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"oydoag, wayug \ "don, wayug 


"VITVULSOV "VOL V 


177 


Von diesen 8 Gattungen kommen 5 nur in Asien vor, während es 
drei mit andern Welttheilen gemein hat, nämlich Phoebe mit Amerika, 
Cinnamomum mit Australien und Apollonias mit den Canarischen Inseln. 


Trib. I. Cryptocaryeae. Cryptocarya . . . . . 21 Arten. 
F6yanodaphner. . "7, Um Rh 
Varyodapbne.. ı. ..:.,2 m 
Indianern ee. Try 
Dietgodapknei. Aa RN Toy 
"Bihanian boss). ug Wananıkashbhout,, 
35 Arten. 


Von den sechs Gattungen kommen drei ausschliesslich nur in Asien, 
zwei (Caryodaphne und Endiandra) auch in Australien, und eine in allen 
Welttheilen (ausser Europa) vor. 

Trib. II. Oreodaphneae, fehlt in Asien gänzlich. 


Trib. IV. Litsaeaceae. Tetranthera . . . . 84 Arten. 
Cylieodaphne-.).. 1. 44: „ 
*Dodecadenia . . . . 1 er 
Actinodaphne .. 2. 1..1#7%...,/ 
Libsaea, 38 ins. börreneans 27. is 
=Daphnidium) .. Sesssandmn! 5 
Polyadeusl". . .\. 1 2 
’ Kaurusem.h, Wu ın 1 * 
”Aperalau n. DRFTILESOTGNGT.. „, 
ee ARD 

250 Arten. 


Es kommen somit fünf Gattungen ausschliesslich nur in Asien, 
zwei (Actinodaphne und Litsaea) in Asien und Australien, 
eine (Laurus) in Asien, Europa und den Canarischen Inseln, 
eine (Lindera) in Asien und Nordamerika, und 
eine (Tetranthera) in Asien, Australien und Amerika vor. 
Trib. V. (Subord. II.) Gyrocarpeae. Gyrocarpus 2 Arten. 
TIheera "977 5, 
Erstere Gattung hat Asien mit Australien und Amerika gemein, 
Trib. VI. (Subord. III.) Cassytheae. Cassytha (1 Art), welche 


Gattung auch in Australien, Afrika und Amerika, vorkömmt. 
23° 


3. Afrika. 


Sein ganzer Continent, nebst den Canarischen und Mascarenischen' 
Inseln und Madagascar, zählt an Lauraceen 8 Gattungen, zusammen 
mit 25 Arten: 

Trib. I. Perseaceae.!) Persea, 4. ‚Hand. Art | auf den Canarischen 

Apollonias , 1, Inseln. 

II. Cryptocaryeae. Cryptocarya 2 Arten in Südafrika. 
Mespilodaphne 11 Art., auf d. Festlande u. d. Inseln. 
*Aoathophyllum 3 Arten, nur auf Madagascar. 

III. Oreodaphneae: nur Oreodaphne 3 Arten, auf d. trop. Festlande. 

IV. Litsaeaceae, nur Laurus 1 Art, auf den Canarischen Inseln. 

V. Gyrocarpeae, bis jetzt in Afrika noch nicht gefunden. 

VI. Cassytha 3 Arten. 


Afrika hat demnach nur eine ihm ausschliesslich eigene Gattung 
(Agathophyllum) hingegen zwei mit Asien, Australien und Amerika 
gemein (Cryptocarya und Cassytha), zwei mit Asien allein (Apollonias 
und Laurus), und drei mit Amerika (Persea, Mespilodaphne u. Oreodaphne). 


” 


” 


4. Australien. 


In Neuholland, Tasmania und den Südsee - Inseln zählen wir 
10 Gattungen, zusammen mit 56 Arten, nämlich: 


Trib. I Perseaceae. Cinnamomum u.) Akte: 
"Neaspoddjahnel! . 2’. 2 „ 
3 Arten. 
„ .H. Cmmptocaryeae. Cryptosaszya* . . .10°, 
| Caryodaphne . Dur, 
Endiandra: Tower rd 5, 
11» 
(„. IH. Oreodaphneae, fehlen gänzlich.) 
„ IV. Litsaeaceae. Perrantheran Pe Gh, 
Actinodaphne . ., 1, 
4 Litspemuuehto?. bau ‚uote 2nt 
I 
s. ‚nV aygrocarpeae,i Gyzoearpusıc;) (4 haosah, 
„ VI. Cassytheae. Cassyabasıı Br... 2a 
ZLEET. 
56 Arten. 


1) Die allzuzweifelhafte Hufelandia ? thyrsiflora von Madagascar ist hier nicht mitgezählt. 


179 


Australien hat somit nur eine ihm eigenthümliche Gattung (Neso- 
daphne), dagegen fünf mit Asien gemein (Cinnamomum, Caryodaphne, 
Endiandra, Actinodaphne und Litsaea), zwei mit Asien, Afrika und 
Amerika (Cryptocarya und Cassytha), zwei mit Asien und Amerika 
(Tetranthera und Gyrocarpus). 


5. Amerika, 


mit Inbegriff der Westindischen Inseln, besitzt an Lauraceen 32 Gattungen, 
zusammen mit 447 Arten: 
Trın. L ‚Derseaceae.  Phoebe, .... ;., 44 Arten 
Berkea. 6 00 
Intelandia,;,. .., 63 
OA N. Weed 


69 Arten. 
„» 1. Cryptocaryaee. *Icosandra 
*"Adenostemum  . 
Cryptocarya . 
*Ampelodaphne 
* Ajouea. | 
*Silvaea i 
*Acrodiclidium 
* Aydendron 
*Misanteca. . 
Mespilodaphne 
*Nemodaphne . 


— 


[3%) 
HoOwHlVom m 
S 


> 
ul SC) 
Ss 


— 
[0) 


Dep Deo oo Pr ID 


„» ll. Oreodaphneae. Oreodaphne 
*Gymnobalanus 
*Strychnodaphne.. 
*Camphoromoea . 
*Nectandra. 
*Pleurothyrium 
*Dicypellium 
*Sassafras . 
*Sassafridium . 
"Goeppertia 
*Symphysodaphne 
*Synandrodaphne 


1 


m 


246 " 
432 Arten. 


180 


Transp. 432 Arten. 


Trib. IV. Litsaeaceae. Tetranthera . . + Arten. 

Bindera gr]: Eure re2muBs 

6,0754 
„  V. Gyrocarpeae;: Gyrocarpus .. 1 ,„ 
*Sparattanthelium Ta: 

Sa 

„». Vi: Gassytheae, Cassytha . ......:. za 2, 

447 Arten. 


Amerika besitzt unter allen Welttheilen die grösste Anzahl ihm 
ausschliesslich eigener Gattungen, nämlich 22, oder mit Hufelandia 23, 
wenn nämlich die sehr zweifelhafte Hufelandia ? thyrsiflora Nees, wie 
zu vermuthen, nicht zu dieser Gattung gehört. Mit Asien hat es zwei 
Gattungen gemein, Phoebe und Lindera; mit Afrika drei Gatt., Persea, 
Mespilodaphne und ÖOreodaphne; mit Asien und Australien zwei Gatt., 
Tetranthera und Gyrocarpus; mit Asien, Afrika und Australien zwei 
Gatt., Oryptocarya und Cassytha. 

Amerika zeichnet sich ferner dadurch aus, dass in ihm sämmtliche 
Unterordnungen und Tribus der Lauraceen vertreten sind, während in 
Asien und Australien die Oreodaphneae und in Afrika die Gyrocarpeae '!) 
gänzlich fehlen. In der Zahl der Gattungen und Arten stehen sich 
Amerika und Asien ziemlich gleich und nehmen den ersten, Afrika 
hingegen den letzten Rang ein, wenn wir nämlich von Europa ganz 
absehen, das mit seiner einzigen Lorbeerart hier um so weniger in 
Betracht kommen kann, als dieselbe vielleicht keine ursprünglich ein- 
heimische ist. ?) 

Vergleichen wir nun die Gesammtzahl der Lauraceen eines jeden 
einzelnen Welttheils mit derjenigen der ganzen Familie, so erhalten wir 
folgendes Ergebniss: 


Es verhalten sich die Lauraceen zur ganzen Familie (972 Spec.) 
Asiens (445 species) 12229. ; 
Afrikas (25 species) 058,9 3. - 
Australiens(56 species) A 
Amerikas (447 species) — ul 222... 


1) Es ist indessen wahrscheinlich, dass im tropischen Ostafrika und den seiner Küste nahe 
liegenden Inseln dereinst noch Gyrocarpeae und vielleicht auch Arten von Oreodaphne und 
Tetranthera werden entdeekt werden. 

2) Dass manche Laurineen-Arten in grosser Anzahl von Individuen vorkommen und wohl 
auch einen namhaften Bestandtheil der Wälder ausmachen, leidet keinen Zweifel; hingegen 
ist uns nicht bekannt, dass irgend welche als eigentliche plantae gregariae auftreten und 
allein ganze Wälder oder Gebüsche bilden. 


Das Verhältniss der Tribus in den 
Gesammtzahl der Lauraceen, sowohl in jedem Welttheile, als auch zu 
der Summe der ganzen Familie zeigt uns nachstehende Tabelle. 


einzelnen 


Welttheilen zu 


181 


der 


Es verhält sich die Artenzahl 


in den einzelnen 


zu der Summe 


zu der Totalsumme 


ae as Welttheilen a d. Welttheile | d.ganz.Famil. 
I. Perseaceae ia Asien (150 sp.) I 500er 1989 #9 1:6,5... 
> „.| Afrika (2 sp.) =1:112,50 |=1:12,04 |=1:486,0 
a ' Australien (8 5B.). | —1.275,0 =1:6,2 = 1:324,0 
„ Amerika (69 sp.) |=1:3,3. = elle 
II. Cryptocaryeae von Asien (35 sp.) —=1.5,3 =1:125 .|—1:27,74.. 
„ , Afrika (16 sp.) =1:11,4 =1:1,5...|=1:60,75 
„; | Australien. (17 sp.) |=1:10,9:..|=1:3,3... \=1:57,3... 
„ | Amerika (157. sp.) |=1:1,4... |=1:3,33... | =1:8,3... 
III. Oreodaphneae von Asien — 
er Australien 
„ |, Afrika (3 sp.) =1:83,0 |=1:8,. =1:324,0 
„ | Amerika (246 sp.) |=1:1,786...|=1:1,53... =1,14:3,15 
IV. Litsaeaceae von| Asien (250 sp.) |=1:1,1 =1:1,52...|=1:3,8... 
„ | Afrika (1 sp.) — 12263,089) 29.250 27 12972 
„ | Australien (9 sp.) |=1:29,4...|=1:6,1..:. '=1:108,0 
„ | Amerika (6 sp.) |=1:44,0... |=1:74,0 = 1:162,0 
V. Gyrocarpeae von| Asien (9 sp.) —1:2,1 =1:49,5.../=1:108,0 
„ | Afrika — 
„ | Australien (3 sp.) |=1:6,1... =1:8,1 = 1:324,0 
„ | Amerika (8 sp), |=1:2,2..,|=1:55,9...|=1:121,50 
VI. Cassytheae von, Asien (1 sp.) —=1:29,0 |=1:445,0 |=1:972,0 
„., Afrika (3 sp.) =1:9,3...1=1:8,1 =1]:324,0 n 
„| Australien (24 sp.) |=1:1,20 |=1:2,33...|=1:40,50 
„ ' Amerika (1 sp.) =1:29,00 |=1:447,00 |=1:972,00 


182 


II. Vertheilung nach den Hemisphären. 
Die östliche Halbkugel (Europa, Asien und Afrika mit ihren 
Inseln, nebst Neuholland und Neuguinea) besitzt 30 Gattungen, zusam- 
men mit 518 Arten, nämlich: 


I. Perseaceae, 8 Gattungen, 149 Arten, 
II. Cryptocaryeae 8 is 74 N 
III. Oreodaphneae 1 ; ee 
IV. Litsaeaceae 10 r DEE > 
V. Gyrocarpeae 2 > Fi N x 
VI. Cassytheae 1 u 28 


Von obigen 30 Gattungen gehören 21 ausschliesslich der öst- 
lichen Hemisphäre an, nämlich Alseodaphne, Machilus, Nothaphoebe, 
Haasia, Beilschmiedia, Apollonias, Nesodaphne, Caryodaphne, Cyano- 
daphne, Endiandra, Dietyodaphne, Bihania, Agathophyllum, Cylicodaphne, 
Dodecadenia, Litsaea, Daphnidium, Polyadenia, Laurus, Aperula und 
Illigera. i 

Die westliche Halbkugel (Amerika mit seinen Inseln und die 
Südsee-Inseln) besitzt 36 Gattungen, mit 459 Arten. 


I. Perseaceae 7 Gattungen, 74 Arten, 
ll. Cryptocaryeae. 11 h, BR. 
III. Oreodaphneae 12 R 2467 „ 
IV. Litsaeaceae 3 a5 ae 
V. Gyrocarpeae 2 ® Ser 
VI. Cassytheae 1 „ DL, 


Von diesen 36 Gattungen kommen 25 nur in der westlichen Hemi- 
sphäre vor, nämlich Nesodaphne bloss in Neu-Seeland; Persea, Hufe- 
landia, Boldu, Icosandra, Adenostemum, Ampelodaphne, Ajouea, Silvaea, 
Acrodiclidium, Aydendron, Misanteca, Nemodaphne, Gymnobalanus, 
Strychnodaphne, Camphoromoea, Nectandra, Pleurothyrium, Dicypellium, 
Sassafras, Sassafridium, Goeppertia, Symphysodaphne, Synandrodaphne 
und Sparattanthelium, nur in Amerika. Die übrigen 10 Gattungen 
hingegen kommen in beiden Hemisphären vor, nämlich: 

Cinnamomum, Phoebe, Actinodaphne und Lindera auch in. Asien; 
Tetranthera und Gyrocarpus auch in Neuholland; Mespilodaphne und 


183 


Oreodaphne auch in Afrika; Cryptocarya und Cassytha auch in Asien, 
Afrika und Neuholland. Es zählt also die westliche Halbkugel 5 Gat- 
tungen mehr und hingegen 60 Arten weniger, als die östliche, und 
während in Letzterer die Öreodaphneae auf ein Minimum gesunken sind, 
bilden dieselben in Ersterer die stärkste Tribus und halten der arten- 
reichsten Abtheilung der östlichen Hemisphäre, nämlich den Litsaeaceae, 
das Gegengewicht, welche hingegen in der westlichen Halbkugel nur 
äusserst schwach vertreten sind. 


II. Vertheilung nach den Öontinenten und Inseln.') 


Die Verhältnisse der continentalen und insularen Vertheilung der 
Lauraceen haben wir in den folgenden Tabellen zusammengestellt. 


Continent von Inseln von 


Asien: Afrika: | Australien: 


| | 8 En 
role ale) 8.2 
Sun Sa IE .|88 35 IEkeiine- 
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II | 
r | || 
Perseaceae 47. 0 65 115 9.110: 71 | 90 2 0 | | 10 2522 57322107 105 
| | 
COryptocaryex]) 8 3 


{3} 


Oreodaphnex]| 0 


Litsaeaceae 77 


0 
Gyrocarpeae | 2 0 


Cassytheae I 1 3 


1) Neuholland wird als Continent angenommen, nicht bloss seiner Grösse wegen, sondern 
auch weil es in seinen klimatischen und Vegetations-Verhältnissen mehr einen continen- 
talen als einen insularen Charakter zeigt. 


Abh.d. II. Cl. d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 24 


184 


Es verhalten sich demnach die 
Aller Continente 
. in Asien Afrika Australien Amerika a ae 
Perseaceae ER den _1,00:2,00 0:2,09 | 1,54:1,65 | 6,50:1,00 |—1,25:1,06 
nsulares 

Cryptocaryeae = 72 500:3,51 1:24,09 71717,020,075112.05.7,00) 225-508 
Oreodaphneae _ 3,0:0,0 ——  |10,75:1,00 |= 10,75: 1,00 
Litsaeaceae ———- —1,00:2,65| 0,0:1,0°1,00:1,50 | "7,0:0,00°=1,00:2,50 
Gyrocarpeae —— =1llV2300 —— 3,0:0,0 | 8,00:0,00 |=2,00:1,00 
Cassytheae —— [—1,00:29,00| 3,0:1,0 | 24,0:1,0 | 1,00:0,00?|— 29,0:1,0 


sämmtliche Lauraceae Continentales zu den sämmtlichen Insulares nahezu — 1,30:1,10. 


Als vorherrschend continentale Gattungen sind zu bezeichnen: 
in Asien: Machilus, in Amerika: Phoebe, Persea, Acrodiclidium, Ayden- 
dron, Mespilodaphne und sämmtliche Oreodaphneae; als ausschliess- 
lich continentale: für Asien: Dodecadenia und Polyadenia, für Ame- 
rika: Boldu, Icosandra, Adenostemum, Ampelodaphne, Ajouea, Silvaea, 
Misanteca und Sparattanthelium. 


Vorherrschend insulare Gatttungen sind: in Asien: Cinna- 
momum, Alseodaphne, Phoebe, Nothaphoebe, Haasia, Cryptocarya, Dietyo- 
daphne, sämmtliche Litsaeaceae (ausgenommen Dodecadenia und Polya- 
denia) und Iligera; in Amerika keine. 


Ausschliesslich insulare Gattungen sind: in Asien: Cyano- 
daphne, Caryodaphne, Bihania; in Amerika: Nemodaphne und Sym- 


physodaphne. 


Von einigen Gattungen kommen einzelne Arten sowohl auf dem 
Festlande als auf den Inseln vor), nämlich 


1) Da diese Arten auf der Tabelle sowohl bei den Continenten als den Inseln mitgezählt, die 
Arten von ungewissem Vaterland hingegen weggelassen sind, so stimmt natürlich die 
angegebene Totalsumme der einzelnen Tribus mit der wirklichen absoluten Artenzahl 
derselben nicht genau überein. 


185 


ın Asien in Amerika 
von Cinnamomum 5Sp von Persea 1 Sp. 
Alseodaphne 1 — Mespilodaphne 1 — 
Phoebe 4 — Öreodaphne 1 — 
Machilus 3 — Gymnobalanus 1 — 
Cryptocarya 2 — Nectandra 3 — 
Tetranthera 7— Goeppertia 1 — 
Cylicodaphne 2 — Cassytha 1 — 
Actinodaphıne 4 — N 
Litsaea 2 — 
Gyrocarpus 1 — 
Cassytha 1 — 
3» 


Diese Thatsache, dass in Asien eine mehr als dreimal grössere Zahl 
identischer Arten sowohl auf dem Festlande, als auf den Inseln vor- 
kömmt, als in Amerika, kann nicht überraschen, wenn man bedenkt, 
dass ein grosser Theil des tropischen Continents von Asien aus Küsten- 
gebiet und Halbinseln besteht und sich daher klimatisch wenig oder 
gar nicht von den zunächst liegenden Inseln unterscheidet, zwischen 
welchen und dem nahen Festlande überdiess die Uebertragung von 
Früchten und Sämereien durch die Wellen, Winde und Vögel sehr 
begünstigt ist. Daher rührt denn auch ohne Zweifel die bekannte 
grosse Uebereinstimmung der Flora der Halbinsel Malacca mit derjenigen 
der Sunda-Inseln, und der Flora des südlichen Theils der vorderen 
Halbinsel mit derjenigen von Ceylon. 

Dass endlich hinsichtlich des continentalen und insularen Vorkom- 
mens der Lauraceen Asien und Amerika sich entgegengesetzt ver- 
halten, indem bei Ersterem die überwiegend grössere Artenzahl auf die 
Inseln, bei Letzterem hingegen auf den Continent fällt, erklärt sich 
einfach aus dem weit grösseren Verhältniss, in welchem in Asien das 
Gesammtareal der Inseln zum Festlande steht, als diess in Amerika der 
Fall. ist. 


24* 


186 


IV. Vertheilung nach den Breiten-Zonen. 


Da das Verbreitungsgebiet der Lauraceen, soweit wir es kennen, 
in beiden Hemisphären nicht über den 40° oder 43° N.B. und den 45° 
S. B. (Chilo&) hinausreicht, so ist die ganze arktische und antarktische 
und selbst der nördlichste Theil der temperirten Zone vollständig davon 
ausgeschlossen. Wir nehmen darin 5 Zonen an, deren Grenzen wir in 
specieller Rücksicht auf die Lauraceen folgendermaassen bestimmen. 

1. Die Aequatorial-Zone, in Amerika zwischen 0O—18°N.B. und 
50 8. B. liegend, also 23 Breitegrade umfassend, in Asien aber von 
0—18° N. B. bis 11° S. B. reichend und 29 Breitegrade einschliessend. 
Es umfasst also diese Zone in Amerika das ganze Gebiet, welches 
Grisebach!) unter dem cisäquatorialen Südamerika und äquatorialen 
Brasilien, nebst dem nördlichen Theile seines „tropisch - südamerikani- 
schen Anden-Gebietes‘‘ begreift, mithin Central-Amerika, Columbien, 
Venezuela, die Guyanas, das ganze Gebiet des Amazonenstroms, Ecuador 
und das nördliche Peru. In Asien gehören zu derselben der südliche 
Theil der vorderen Halbinsel nebst Ceylon, Hinter-Indien bis ungefähr 
zum südlichen China, die Halbinsel Malacca und der ganze indische 
Archipel mit Neu-Guinea und den Philippinen, also ungefähr Grise- 
bachs?) „Asiatische Aequatorial-Flora“. — Afrika dürfen wir, 
da es uns erst drei Laurineen aus dieser Zone geliefert hat, füglich hier 
ausser Acht lassen. 

2. Die nördliche äussere tropische Zone, zwischen dem 
18 und 23° N. B. liegend, besteht in Amerika aus einem continen- 
talen Theil oder dem Mexicanischen Florengebiete und aus einem 
insularen, dem Westindischen Reiche°), in welchem wir auch die 
südlichsten Inseln, selbst Trinidad, mitbegreifen, obgleich letztere, wie 
Grisebach sehr richtig bemerkt, schon eine grosse Uebereinstimmung 
mit der Flora von Venezuela und Guyana zeigt. In Asien hingegen 


1) Die Vegetationsgebiete der Erde, übersichtlich zusammengestellt von Prof. A. Grisebach, 
in Petermann’s Geogr. Mittheilungen, 1866, II, p. 51. 

2) Griseb. a. a. O. p. 48. 

3) Griseb. a. a. O. p.50. 


187 


ist diese Zone fast rein continental und umfasst den grösseren Theil 
von Vorder-Indien, die nördliche Hälfte der Halbinsel, Bengalen, Silhet, 
das Birmanische Reich mit dem südlichen Theil von China nebst Hong- 
kong. !) 

3. Die südliche äussere tropische Zone zwischen 5 und 
20° S. B. fällt für Asien ganz weg und begreift in Amerika den 
grössten Theil von Brasilien (bis zur Provinz St. Paul) nebst Bolivien 
und dem südlichen Peru, also Grisebach’s ?) „transäquatoriales Brasilien“ 
und theilweise sein tropisch-südamerikanisches Anden-Gebiet; von Afrika 
gehören hieher Madagascar und die Mascarenen; von Australien die 
nördliche Hälfte Neuhollands bis ungefähr zur Breite der Moreton-Bay. 

4. Die südliche aussertropische Zone, zwischen 23 und 
40—43° S. B., fällt in Asien ebenfalls weg; in Amerika besteht sie aus 
zwei sehr verschiedenen Gebieten, dem cisandinischen (Südbrasilien 
und den La Plata-Staaten) und dem transandinischen (Chile, . bis 
Chilo&); in Afrika aus dem Kaplande bis Natal, und in Australien begreift 
sie Neu-Seeland, Tasmanien und Süd-Neuholland ungefähr bis zur Breite 
der Moreton-Bay. \ 

5. Die nördliche aussertropische Zone, zwischen 23 und 
40 bis vielleicht 43° N.B., fällt für Australien und vielleicht auch für 
den Continent von Afrika weg (bis jetzt wenigstens hat Letzterer aus 
dieser Zone noch keine einheimische Lauracee geliefert. Es gehören 
hieher die Azorischen und Canarischen Inseln mit Madeira; ferner in 
Asien Nepal und Kamaon bis an den Himalaya, Bootan, Khasya, Assam, 
der ganze östliche Theil von China nördlich von Canton, und die Japa- 
nische Inselgruppe; von A.merika die nördliche Hälfte, vou Californien, 
Texas und Florida an bis zum südlichen Canada. ?) 

Wir müssen hier ausdrücklich daran erinnern, dass diese Zonen- 
Eintheilung keineswegs durchgehends als eine durch bestimmte Breiten- 


1) Wir vereinigen hier die von Grisebach mit Recht unterschiedenen Gebiete des trockenen 
und des feuchten Indischen Monsuns, weil sie uns hinsichtlich der Laurineen keinen 
bestimmten Unterschied zeigen. : 

2) a. a. O.p 47. 

3) Wir fassen also hier die von Grisebach a. a. O. p- 49 getrennten drei Gebiete der Wälder 
und Prairien und Californiens in Eines zusammen. 


188 


grade und parallel laufende Linien scharf abgegrenzte gedacht werden 
darf, sondern dass die einzelnen Vegetations-Zonen grösstentheils durch 
allmählige Uebergänge in einander fliessen und unter verschiedenen 
Längengraden oft Gürtel von sehr verschiedener Breite darstellen. 
Mehr als durch die blosse Entfernung vom Aequator wird der Vege- 
tationscharakter einer Zone durch die Configuration des Landes und die 
verschiedenen sein Klima bedingenden Verhältnisse (Höhenlage, Entfer- 
nung vom Meere, Reichthum oder Armuth an Gewässern, herrschende 
Winde u.s. f.) bestimmt, so dass innerhalb einer und derselben Breiten- 
zone oft mehrere Gebiete nebeneinander liegen, deren Klima und Vege- 
tationscharakter weit von einander abweichen, wie z.B. das Hoch- und 
Tiefland von Mexico und die nordwestlichen Theile von Südamerika, 
während hingegen zwei aneinander grenzende Breitenzonen in beiden 
Beziehungen oft kaum einen merklichen, wenigstens keinen schroffen 
Unterschied darbieten, wie z. B. in Neuholland und Südamerika, wo 
hingegen die Floren des westlichen und östlichen Theils einer und 
derselben Breitenzone (z.B. von Swan River und Port Jackson, Peru 
und Brasilien, Chile und Buenos Ayres) in hohem Grade differiren. 

So interessant und wichtig indessen die Unterscheidung und Ver- 
gleichung bestimmt definirter Gebiete in Beziehung auf ihre Gesammt- 
flora ist, so erscheint sie dagegen hinsichtlich der speciellen Verbreitung 
einzelner Familien oft von geringem Werth und oft auch kaum durch- 
führbar. Ganz besonders gilt diess von den Lauraceen. Bei der. grossen 
Einförmigkeit ihres Typus lassen sie von einer Zone, von einer Region 
zur andern nur untergeordnete, durchaus nicht auffällige, den Charakter 
nicht wesentlich modificirende Abänderungen .wahrnehmen und scheinen 
in den einzelnen Gebieten mehr der Zahl als der Art nach eine ver- 
schiedene Rolle zu spielen. Immerhin mögen die Ergebnisse unserer 
Untersuchungen über diese Verhältnisse übersichtlich zusammengestellt 
hier Platz finden. !) 


1) Wir können nicht umhin, hier an die grosse Ungenauigkeit und Oberflächlichkeit zu er- 
innern, mit welcher fast alle früheren und leider auch noch manche neuere Sammler und 
Autoren bei Angabe der Fundorte verfahren sind, indem sie meist nur das Land (z. B. 
Brasilien, Guyana, Peru ete., oder gar nur „America austr., India oceid. oder orient.‘ u. s. w.) 
nennen, aber von dem speciellen Fundort (Höhenlage, Waid- oder Flur-, Sumpf-Gegend u. dgl.) 
gar nichts sagen. So lesen wir z. B. auf den Zetteln der aus Kunth’s Herbar herrührenden 


189 


Zonen. ee a 
Tropische. Aussertropische. der 
1. II. II. IV. vet art con Lach 
Aequator. | Nördliche. | Südliche. | Südliche. | Nördliche. Tropisch. , AUsser- 
0-18°N.B | 18-23° |50d.11-23°| 23-40-43° | 23-40-43° tropischen. 
0-5-11°8.B.| N.B SeBbnpäS.B. N.B. n » 
von 
Amerika . 232 105 134 47 8 471 55 
Asien... .306 89 — = 80 395 80 
Afrika .. 4 —_ 12 5 4 16 9 
Australien — — 25 33 — 25 33 
542 194 171 85 92 907 177 
Es verhalten sich demnach: 
Die drei tropischen Zonen (zusammen 907 Sp.) zur Summe 
aller Zonen (1084)... ba..." . Ber = 1:29 
Die drei tropischen Zonen zur Summe böider ausser- 
tropischen Zonen . . N ee 
Die Aequatorial-Zone zur Summe aller a aechen Zonen — kail,ka; 
Die Aequatorial-Zone von Amerika zu der von Asien . == 1:1,33. 
Die drei tropischen Zonen von Asien zu denselben von 
Amerika |‘; h ee re eh 
Die beiden südlichen tra Beauh ler: Zonen zu 
beiden nördlichen. .. . An er — 71416, 
Die südliche kExtra- -Aequatorial- Zone ink Su zur Rötsilenislen — 22.16 
Die nördliche Extra-Aequatorial-Zone allein zur Aequa- 
DEREN ER EEE N EN ÄRREENEE 11 .. == 1:21.97, 


Sellow’schen Pflanzen (und noch dazu nicht einmal von Sellow’s eigener Hand geschrieben) 
bloss die Angabe „Brasil. trop.‘“ oder „Brasil. merid.“, oder „Brasil. trop. et merid.“, so 
dass es ganz ungewiss bleibt, ob die betreffenden Pflanzen ausserhalb oder innerhalb des 
Wendekreises oder der Aequatorial-Zone gesammelt wurden. Wir haben solche Arten nach 
Wahrscheinlichkeitsgründen eingereiht, können aber für die Richtigkeit unserer Annahmen 
natürlich nicht unbedingt einstehen. Leider mussten wir daher auch von dem vergeblich 
angestellten Versuche abstehen, die Lauraceen in die enger begrenzten „Florenreiche“ 
einzureihen, die von Schouw, Bentham u A. und am naturgemässesten von Martius (Hist. 
Palmar.) aufgestellt worden sind. 


190 


In Amerika | 


besitzen die einzelnen Zonen: 


Genera Tropische. Aussertropisch. 
5 ; I. I. II. IV. V: 
endemica. non endemica. ‚ Aequator. Nördliche | Südliche. Südliche. | Nördliche 

Ehoebe +... . 5 6 2 2 — 

Perseal nt 20 9 18 b) 1! 

Hiitplandiay ey Bl. 2 1 — _ _ 

Boldueg ee a 1 — — = 2 — 

Ic 0Bandra See ne. een — — — - 1 — 

Adenostemume ...: EN: ee = = = 1 _ 

Cryptocarya. 3 — 4 1 —_ 

Ampelodaphne=. welt... „te u 3 ”» — = —= 

Aolearn US. ee. le (ee 3 = 4 = — 

Sa) Tri Ra een a ea lan — 1 — u 

Arerodichdum Er one | 6 5 12 — — 

Aydendeon 1-2 77 25 3 9 1 — 

Misanteca. se Slee., . se = 1 j# in = 

Mespilodaphne 17 = 26 8 _ 

Nemodaphner seem ne. —E 1 SE == — 

Oreodaphne . 69 53 15 11 _ 

Gymnobalanısı enlae bie alt. 3% 6 ST 2 1 — 

Strychnodapime. . ann, u 2.00% 1 — 1 1 — 
Cämphoremoear.e mar eu... 2 7 = = 
Neetandra a? » MAUS HI AIRIDEN 1% 45 10 33 8 
Pleurothgmium;; - ..\gerkoh- my. 8 = 717 Fu 

Dicypellium ER | 1 — _ — —_ 

Sassafras AH N REN == = — = 2 

Sassatriditum.. 2. eine Baer Se 1 > er e2. RS 

Goeppertia .. 8 | nen. dere: 5) z 2 l — 

Symphyspdaphne |.=. 2.0... Sr 1 - an — 

Synandrodaphne®. In Amer 1. Sr 1 al Ar = = 

Tetranthera 1%. 7 3 ax m 2 

Jänderaz .. eis .1: ER IF FT ir 2 

Gyrocarpus . 1 (1) —_ —_ —_ 

Sparastanthelium.. |... 2... 3 — 4 — — 

Cassytha.r. .... 10 1 (1) (1) Sa Bi 

232 105. | 134 47 8 


Anmerkung. Manche Arten kommen sowohl innerhalb als ausserhalb der Wendekreise vor, 
und wurden daher in mehreren Zonen eingetragen, so z. B. 4 Persea, 6 Oreodaphne, 


5 Mespilodaphne, 1 Aydendron. 


Es stimmt daher in diesen Tabellen die Additions- 


summe nicht immer mit der wirklichen Artenzahl der betreffenden Gattung überein. 


In Asien 
besitzen die einzelnen Zonen: 


Generı 


endemica. 


Alseodaphne .... 


Machilus 


Nothaphoebe . . . 


Haasia 


Cyanodaphne ... . 


Dietyodaphne. . . 


Bihania 


Cylicodaphne ... . 


Dodecadenia . 


Daphnidium 


Polyadenia .... 


non endemica. 


Apollonias .. 


Cryptocarya. . . 


Caryodaphne .. . 


Endiandra 


Actinodaphne . 
Litsaea 


Tropische. 


I 


Aequator. 


II. 
Nördlich. 


IH. 
Südliche. 


IV. 
Südliche. 


191 


Aussertropisch. 


V. 
Nördlich. 


(1) 
6 | 


or 


Anmerkung. Einzelne Arten kommen sowohl innerhalb als ausserhalb des Wendekreises vor 
und sind daher auch in beiden Zonen mitgezählt, z. B. 3 von Cinnamomum, 3 von 
Machilus, 5 von Tetranthera, 1 Cylicodaphne, 2 Actinodaphne, 1 Litsaea, 2 Daphnidium 
und wahrscheinlich noch mehrere andere. 


Abh.d.1I.Cl.d.k. b. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


25 


192 


In Afrika 
besitzen die einzelnen Zonen: 
Genera Tropische. Aussertropisch. 
i . ER I. III. IV. V. 
endemica. non endemica. | Aequator.| Nördlich.! Südliche. | Südliche. | Nördlich. 
| 
Persea .kk..... . _ — = — 1 
Apollonias .... . = — —_ —= 1 
Cryptocarya ..- — _ = 2 —_ 
Mespilodaphne . . —_ — s) 1 1 
Agathophyllum . . | =. ...l..... — —_ 3 — _ 
Öreodaphne 3 — _ — 
Bauzus ıE ... . — .— — — 1 
Cassytha =... 1 — == 2 — 
4 = 12 5 4 | 


In Australien 
besitzen die einzelnen Zonen: 


Genera Tropische. Bez 
e 5 I. I. 
endemica. | non endemica. Aequator.| Nördlich. süätice. er 
Cinnamomum.. . —_ — 1 — | _ 
Nesodaphne:.. .. Kal ze en ir. =: == — 2 - 
Cryptocarya ... = = 5 5 — 
Caryodaphne .... — —_ 2 — E 
Endiandra .... —_ — 5 1 —_ 
Tetranthera. ... . — = 4 1 — 
Actinodaphne. . . — — 1 — = 
Itsaeı.«'..... = — 1 1 — 
> Gyrocarpus ... . = _ 3 n — 
Cassytha ..... — — 3 23 _ 
_ — 25 33 >= 


Anmerkung. Sehr auffallend ist es, dass in der sonst so ungemein reichen Flora von Süd- 
West-Australien (Swan River und King Georges’ Sound) noch keine einzige Lauraceen- 
Gattung bis jetzt gefunden wurde, als Cassytha, und diese hingegen in vielfach 


stärkerer Artenzahl als in irgend einem anderen Lande. 


193 


Unter der Bezeichnung „genera endemica“ sind in den vorstehen- 
den Tabellen alle diejenigen Gattungen zu verstehen, deren sämmtliche 
Arten ausschliesslich nur in einem Welttheile einheimisch vorkommen. !) 
Einige Gattungen erscheinen als beinahe endemisch (ich möchte sagen 
per anomaliam nicht-endemisch) indem ihre Arten bis auf 1—3 durch- 
aus nur einem Welttheil angehören, so z.B. die Asiatischen Gattungen 
Cinnamomum und Actinodaphne mit je einer einzigen Australischen Art 
(C. pedatinervium nob. und A. multiflora Benth. von den Viti- oder Fejee- 
Inseln) Persea mit einer Canarischen Art (P. Indica Spr.) und die so arten- 
reiche Gattung Oreodaphne mit drei Tropisch-Afrikanischen Arten, die 
obendrein noch dubii generis sind. Als endemisch im engeren 
Sinne wären dagegen nur diejenigen Gattungen zu bezeichnen, die mit 
allen ihren Arten auf ein engeres Verbreitungsgebiet, auf ein einzelnes 
Land oder Florenreich, eingeschränkt sind, nämlich: 


Nothaphoebe Bl., im Indischen Archipel Nemodaphne nob., in Cuba. 


(mit einer zweifelhaften Art aus Assam.). Agathophyllum Juss., in Madagascar. 
Haasia Bl., eben so, jedoch mit 1 Art Camphoromoea Nees, in Brasilien und 

aus der vorderen Halbinsel und 1 aus Guyana. 

Ceylon. Dicypellium Nees, in Brasilien. 
Nesodaphne Hook. fil., in Neu-Seeland. Pleurothyrium Nees, in Peru, Maynas 
Boldu Feuill und Columbien. 
leosandra Philippi | in Chile. Sassafras Nees, in Nord-Amerika. 
Adenostemum Pers. Sassafridium nob., in Costarica. 


Cyanodaphne Bl., im Malayischen Archipel. Symphysodaphne Rich., in Cuba. 


Ampelodaphne vr in Brasilien und Synandrodaphne nob., in Jamaica und 
Ajouea Aubl. Guyana. Columbien. 

Silwaea Manso, in Brasilien. Dodecadenia Nees, in Nepal bis Bootan. 
Misanteca Cham. & Schl., in Mexiko. Polyadenia Nees, in Nepal bis Silhet. 
Bihania nob., in Borneo. | Sparattanthelium Mart., in Brasilien. 


Die nachstehende Tabelle giebt eine Uebersicht des Antheils, welchen 
die einzelnen Hauptfloren von Amerika an der Lorbeerfamilie haben. 
Eine solche Uebersicht auch von den andern Welttheilen zu geben, 
erscheint überflüssig, da sie schon in den Zonen-Tabellen (S. 189, 191 
u. 192) enthalten ist. 


1) Wir zählen zu denselben auch Hufelandia, obgleich Nees auch eine Madagascar’sche 
Art, die aber sehr wahrscheinlich nicht zu dieser Gattung gehört, den drei ächten ameri- 
kanischen Arten zugesellt hat. 


Ya 


194 


id B BPORR , h 
BIEE EEE 
s58 > BER FB A = Ss a 
Amos: aaA|d ä 
AL 0) ae 
Imachoebem. >... .. 1 1 1 3 3 I|38 |— —- 
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erseaceae. ar nn 
3. Hufelandia — — 1 ur g 12 zum 
10) 16 7 l 
4. Cryptocarya... |5 Ze ee ze 
5. Ampelodaphne. . | 2 1-1 1-1 + I 
6.:Ajonea, . ia... 4 3 lo 1-10 | 
7..8ylvaea.....,. 1 en | ee 
TI. 8. Acrodielidium ... | 5 Dre) UN IR BEN DEN Zn 
Cryptocaryeae. |] 9. Aydendron 20 Sir Gia| Ylye el a 
10. Misanteca . . E— ze a eg en. —— 
11. Mespilodaphne. . |34 5 oe 1 | — - 
|7 "mal 05 | ale Tee 
12. Nemodaphne ERS as kin en En 
10 
13. Oreodaphne . 89 13 Ill Bil HS ee Tun —b a 
14. Gymnobalanus. . | 3 2 2 Pa 
15. Strychnodaphne . | 3 1 1 1 1 Hr Age 
16. Camphoromoea . | 8 PT a Pr En u u 
17. Nectandra...... [47 11 118.215 T ar Su er 
16 
II. 18. Pleurothyrium. . | 4 |— 1 | Pa Fe 
Oreodaphneae. |? 19. Dieypellium... | 1 Sur file dokn 
20. Sassafras eg \ „2A En up er 9 les 
2 
21. Sassafridum... — |— re  & yes 
22. Goeppertia 9 A a 1er led 
164 33 37 
23. Symphysodaphne 4 |— | | 1 I 1 | 1— 
24. Synandrodaphne. — |— 11-1 11 
a 35 21 
IV. 25. Tetranthera . — eo ER ee a = en 
Litsaeaceae. 2oetndera rn en. Te 
3 
| 
% 27. Gyrocarpus . = == TE MER IE SE GE 0. 
Gyrocarpeae. | |28. Sparattanthelium | 7 |, dep EEE 
VI. Cassytheae. | 29. Cassytha 1 11 |—- |I1 - | |—- 
268 60) 57 57| 3830| 38 6 


195 


V. Verhalten zur Meereshöhe. 


Die verhältnissmässig wenigen Angaben, die wir über die Meeres- 
höhe des Vorkommens von Laurineen besitzen, und welche grossentheils 
mehr auf ungefährer Schätzung als auf wirklicher Messung zu beruhen 
scheinen, setzen uns nicht in den Stand, bestimmte Gesetze daraus ab- 
zuleiten. Sehr verdienstlich sind zwar die von Dr. J. D.-Hooker und 
T. Thomson in Britisch-Indien gesammelten Data, allein für die andern 
Gebiete Asiens und für Amerika sind wir nur auf sehr wenige Notizen 
beschränkt. Die grösste Höhe, auf welcher noch Laurineen vorkommen, 
scheint für die Neue Welt ungefähr 10,000’ (Tetranthera Neesiana, im 
Gebiete von Orizaba, etwa 19° Nördl. Br.) und für die Alte Welt 
12,000° (Daphnidium pulcherrimum, in Khasya, und Lindera Sikkimensis, 
in Sikkim, 25—26° N. Br.) zu seyn. Die Mehrzahl der Laurineen aber 
dürfte wohl, und zwar in allen Welttheilen, auf das heisse Tiefland 
und nur bis zu solchen geringen Höhen eingeschränkt seyn, die noch 
keine naınhaft niedrigere Temperatur noch überhaupt eine wesentliche 
Veränderung des Klimas bedingen. Der Einfluss der Meereshöhe hängt 
zunächst wesentlich von der geographischen Lage ab und wird daher 
zwischen zwei Punkten um so stärker hervortreten, je weiter diese von 
einander oder vom Aequator entfernt liegen. Innerhalb der Wendekreise 
und ganz besonders der äquatorialen Zone stimmt im Allgemeinen eine 
Meereshöhe von 4—6000‘, ja von 8—10,000° das Klima noch keines- 
wegs zu einem temperirten herab, daher wir denn auch viele der Indi- 
schen Laurineen vom Meeresstrande an bis zu solchen Höhen sich 
erstreckend antreffen, wie z. B. Tetranthera laurifolia in Bengalen, 
Gurwhal, Silhet von 0—3000‘, T. glauca in Silhet und Sikkim von 0— 
4000‘, T. monopetala in Moulmein und Sikkim von 0—2000‘, Oylico- 
daphne oblonga in Assam und Khasya von 0—5000°, Actinodaphne 
obovata in Khasya und Sikkim von 0—5000°, und viele andere Arten 
(aus den Gattungen Cinnamomum, Phoebe, Machilus, Tetranthera, Cylico- 
daphne, Dodecadenia, Litsaea, Daphnidium) deren Verbreitungsgebiete 
zwischen 10 und 26° N. Br. liegt, auf Höhen von 3000—7000° ü. M. 
Ausserhalb der Wendekreise hingegen kommen mehrere Arten auf 


196 


oder bis zu beträchtlichen Höhen vor, wie z. B. Cinnamomum obtusi- 
folum in Sikkim von 1—4000°, Phoebe glaucescens, pallida, angusti- 
folia in Nepal von 2—5000°, Machilus odoratissimus in Sikkim bis zu 
8000, Tetranthera elongata, polyantha, sericea, Sikkimensis in Sikkim 
zwischen 5000° und 9000‘, Lindera heterophylla und Sikkimensis in 
Sikkim zwischen 8 und 12,000‘, also in Regionen, die in klimatischer 
Hinsicht mehr oder weniger der temperirten entsprechen. In der 
Aequatorial-Zone Asiens finden sich Laurineen bis zu ansehnlichen Höhen, 
wie z. B. in Java Machilus rimosa und odoratissima bis 6—-8000%, 
Daphnidium acuminatum, Caryodaphne densiflora, Beilschmiedia Javanica, 
die drei Dietyodaphne - Arten und Aperula confusa zwischen 3000 und 
6000°; in Ceylon mehrere Cinnamomum, Haasia oppositifolia, Crypto- 
carya membranacea, Tetranthera laeta, Litsaea fuscata und orbicularis 
zwischen 2000 und 8000. In Amerika endlich werden zwar manche 
Laurineen als Bergbewohner genannt, aber leider meist ohne Höhen- 
angabe; in der tropischen Zone erreichen einige eine ansehnliche Höhe, 
nämlich in Mexico die schon oben erwähnte Tetranthera Neesiana circa 
10,000°, Phoebe Mexicana 3000‘, in Columbien Persea Mutisii, sericea, 
ferruginea und macropoda 6000—-8000°, Phoebe Granatensis und Gymno- 
balanus latifolius und Hufelandia Tovarensis 5000—6500°. 

Durch diese Fakta wird jedoch der Satz, dass die Lauraceen bis 
auf wenige Ausnahmen eine hohe und wenig veränderliche Jahrestempe- 
ratur als Lebensbedingung fordern, nicht nur nicht umgestossen, sondern 
vielmehr bestätigt. 


VI. Verhalten zu den lokalen Einflüssen. 


Ueber die speciellen Standorte und deren lokale Verhältnisse fehlt 
es uns bei den meisten Laurineen an irgend welchen Nachrichten. Nur 
bei den Brasilianischen sind dieselben, besonders von Martius, gehörig 
beachtet und gewürdigt worden und es hat hienach dieser Forscher !) 
für die ganze Brasilianische Flora eine Reihe von »Regiones« aufgestellt, 


1) In den Beiblättern zur Flora oder Regensburg. Botan. Zeitung für 1837, Band XX, beson- 
ders pag. 57 u. f., und dann in seiner Flora Brasiliensis selbst. 


197 


die zwar sowohl durch ihre lokale Beschaffenheit, als auch durch ihren 
Pflanzenwuchs bestimmt charakterisirt, aber doch zugleich durch Zwi- 
schenglieder und Uebergänge mit einander verbunden sind, nämlich: 
1) die aussertropische, oder die Napaeae, ein niedriges, ziemlich 
trockenes und mässig bewaldetes Gebiet; 2) die Region der Hügel, 
Campos und niedrigen Berge oder die Oreades, ebenfalls von mehr 
trockener Beschaffenheit, mit vorherrschender Flur-, Gras- und Gebüsch- 
Vegetation und zerstreuten, lichteren Waldflecken; 3) die Region der 
bergwälder oder die Dryades, hauptsächlich der Küste folgend und 
daher feuchter und mit vorherrschendem, dichterem Baumwuchs; 4) die 
trocken-heisse Region oder die Hamadryades, und 5) die feucht- 
heisse Region oder die Najades, jene grossentheils aus offenem Land 
mit magerer, oft fast wüstenartiger Vegetation bestehend, diese hingegen 
fast ganz mit Urwald bedeckt und die grösste Ueppigkeit und Pracht 
des Pflanzenwuchses entfaltend. 

Von den Laurineen Brasiliens gehören ungefähr gleichviel (aber 
meist andere) Arten, nämlich je 50—60, der zweiten, dritten und fünften 
dieser Regionen, die übrigen (mit durchschnittlich 10 Arten) den beiden 
andern Hauptregionen und den gemischten oder Zwischen-Gebieten an. 
Wir dürfen es nicht wagen, nach blosser Muthmaassung die Vertheilung 
der Lauraceen auf solche oder ähnliche Regionen auch bei den andern 
Ländern durchzuführen, können aber kaum zweifeln, dass das Ergebniss 
ein sehr ähnliches sein würde. 


198 


Rückblick. 


Die Hauptergebnisse vorstehender Untersuchungen lassen sich in 
folgende Sätze zusammenfassen: 

1. Die Lauraceen (972Species) erscheinen als eine Familie mittlerer 
Grösse oder 5. Ranges (vgl. 8. 173). 

2. Sie sind über alle fünf Welttheile verbreitet und haben ihr 
Maximum in Amerika (447 Sp.) und Asien (445 Sp.) — dann folgen 
Australien mit 56, Afrika mit 25 und Europa mit 1 Species. 

3. Die östliche Halbkugel übertrifft die westliche um 60 Arten, hat 
aber 5 Gattungen weniger; in der östlichen macht die Tribus der 
Litsaeaceae (mit 256 Sp.) und Perseaceae (149 Sp.), zusammen mit 
405 Sp., in der westlichen die Tribus der Oreodaphneae (246 Sp.) 
und Cryptocaryeae (117 Sp.) die Hauptmasse aus. 

4. In Amerika sind alle 6 Abtheilungen (Tribus) der Familie 
vertreten, während in Asien und Australien die Oreodaphneae und in 
Afrika die Gyrocarpeae fehlen. 

5. Amerika besitzt sowohl absolut als relativ die grösste Zahl von 
Gattungen, nämlich 32, wovon 23 ihm ganz eigenthümliche. 

6. Die Lauraceen sind eine überwiegend tropische Familie, welche 
von den Wendekreisen gegen die Pole hin sehr rasch, und zwar in der 
nördlichen Hemisphäre mehr als in der südlichen, an Artenzahl abnimmt 
und von der kälteren temperirten, der hoch-Alpinen und der arktischen 
und antarktischen gänzlich ausgeschlossen ist. Die ganze tropische 
Zone (aller 4 Welttheile) besitzt 907 Arten; nach Abzug der aequa- 
torialen Zone (mit 538) bleiben für den Rest der tropischen Zone 365 Sp. 
Die nördliche aussertropische Zone hat . . . . 2.88 Sp. 

„ Südliche U EEE 
zusammen 173 Sp. 

Bei Ausschluss des äquatorialen Antheils (d. h. etwa vom 10° an) 
zählt die ganze übrige nördliche Hemisphäre. . . . . 282 Sp. 

> N „ . südliche a sr Dee 


beide zusammen 538 Sp. 


„ ” ” 


199 


7. In Amerika fällt die Mehrzahl der Arten (406) auf das Fest- 
land und nur 41 auf die Inseln; in Asien hingegen auf die Inseln 
(310, — wovon nur 24 aussertropische) und nur 135 auf das Festland. 
(Vgl. S. 184 u. ff.) 

8. Alle Species sind endemisch, in dem Sinne, dass eine jede 
nur in einem Welttheile und meist auch nur in einem seiner beson- 
deren Florengebiete vorkömmt. Dasselbe gilt auch von der Mehrzahl 
der Gattungen, nämlich mit Ausnahme von Phoebe, Persea, Apollonias, 
Öryptocarya, Caryodaphne, Endiardra, Mespilodaphne, Oreodaphne, Te- 
tranthera, Actinodaphne, Litsaea, Laurus, Lindera, Gyrocarpus und 
Cassytha. (Vgl. S. 195.) 

9. Die Mehrzahl der Lauraceen scheint in den Wäldern des hieishoil 
Tieflandes und zwar vorzugsweise in feuchten Gegenden zu leben, 
dann zunächst im trockeneren Hügellande, in niedrigeren Gebirgen und 
in schattigen Bergwäldern der Küstenstriche. In eigentlich alpine Re- 
gionen scheinen sich nur sehr wenige zu erstrecken. (Vgl. S. 198 u. ff.) 
In der tropischen Zone aber treten manche in Gebirgshöhen auf, deren 
klimatische Verhältnisse sich denjenigen der Arktisch- Alpinen -Region 
nähern. 

10. In Beziehung auf die Geschichte der organischen Schöpfung 
ist zu bemerken, dass die Laurineen eine der ältesten Pflanzenformen 
sind, indem sie schon unter den frühesten Dicotyledonen, zwar nicht 
unter den allerfrühesten der Kreide, aber doch schon im Mittel-Eocen, 
und dann zahlreicher in der Molasse des oberen Miocen auftreten 
(z. B. in Oeningen), so dass sie in den tertiären Waldungen keine un- 
bedeutende Rolle gespielt zu haben scheinen. 

Stellen wir schliesslich eine Vergleichung der aden mit an- 
deren Familien in Beziehung auf ihre geographischen Verhältnisse an, 
so finden wir keine, mit der sie in so vielfacher Weise und in so hohem 
Grade übereinstimmten, wie die Myrtaceen. Auch diese sind von 
Europa beinahe und von der arktisch-alpinen und antarktischen Re- 
sion ganz ausgeschlossen, hingegen in grosser Zahl (und ähnlicher 
Einförmigkeit) in der tropischen Zone Amerikas und Asiens (sowohl des 
Continents als der Inseln) concentrirt, nächstdem aber in der südlichen 


aussertropischen Zone stärker als in der nördlichen, und ebenfalls mehr 
Abh.d. II. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 26 


200 


in Australien, als in Südafrika vertreten, u.s. f£ Die Myrtaceen weichen 
indessen darin ab, dass sie mit Ausnahme von Eucalyptus seltener als 
hohe Bäume und in Australien in weit grösserer Zahl der Gattungen 
und Arten und zwar in Neuholland in mehreren ihm ganz ausschliesslich 
eigenen Gattungen auftreten, während sie in der tropischen Zone eine 
grössere Zahl von solchen Gattungen darbieten, welche sowohl in der alten 
als in der neuen Welt vorkommen, wie z. B. Myrtus, Eugenia, Psidium, 
Jambosa u. a. m. Es ist auffallend, dass zwei so eminent aromatische, 
übrigens aber höchst verschiedene Familien wie die Myrten- und Lor- 
beergewächse ein so ungemein ähnliches geographisches Verhalten zeigen. 
Die Lauraceen verhalten sich übrigens in mehreren der obenerwähnten 
Beziehungen auch noch mit einigen anderen Familien analog, z. B. mit 
den Araliaceen, Piperaceen, Aroideen, also mit Pflanzen von höchst 
disparater Natur, während sie hingegen mit denjenigen Gruppen, die 
ihnen in Bau und Physionomie am nächsten stehen, wie z. B. die Poly- 
goneen, Santalaceen, Thymelaeen, in geographischer Beziehung weit ab- 
weichen. 


Helligkeits-Messungen 


an zweihundert und acht Fixsternen. 


Angestellt mit dem Steinheil’schen Photometer 


in den Jahren 1852—1860 


von 


Ludwig Seidel und Eugen Leonhard. 


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Helligkeits-Messungen 
an zweihundert und acht Fixsternen. 


Angestellt mit dem Steinheil’schen Photometer in den Jahren 1852— 1860 
von 


Ludwig Seidel und Eugen Leonhard. 


Die nachfolgenden Blätter enthalten die Zusammenstellung der Ori- 
ginalmessungen, welche meiner 1862 publicirten Abhandlung ‚Resultate 
photometrischer Messungen an 208 der vorzüglichsten Fixsterne‘ 
(Denkschriften der II. Classe der k. Akad., Bd. IX., Abth. IIL) zu Grunde 
liegen, — insoweit dieselben nicht bereits in der Beilage zu meiner 
früheren Abhandlung vom Jahre 1852 (l. c. Bd. VI., Abthl. III.) ver- 
öffentlicht worden sind, — und geben also die Fortsetzung der letzt- 
gedachten Publikation. 

Diese mit dem Steinheil’schen Objectiv-Photometer angestellten Be- 
obachtungen, an welchen bis zu seiner im Herbst 1858 erfolgten An- 
stellung als Gymnasialprofessor in Hof (und in den Ferienmonaten sogar 
noch nach derselben) mein verehrter Freund Eugen Leonhard auf- 
opfernden Antheil genommen hat, bilden bekanntlich die erste und zur 


204 


Zeit noch die einzige Messungsreihe, welche die Sterne der Einen Hemi- 
sphäre bis zu einer bestimmten Helligkeit herab (nehmlich einschliess- 
lich der Argelander’schen Olasse 3.4) systematisch und vollständig um- 
fasst, während sie auch die hellsten bei uns sichtbaren der südlichen 
Halbkugel und eine Anzahl von schwächeren der nördlichen (darunter 
den grössten Theil der Argelander’schen Sterne 4.3) mit aufgenommen 
hat. In Betreff der grossen Mehrzahl der beobachteten Objecte sind 
also ihre Data für die Zukunft die ‚älteste aus wirklicher Messung her- 
stammende Quelle: ein Umstand, der ihre Bedeutung nothwendig erhöht, 
und häufiger, als wohl sonst der Fall eintreten würde, Anlass geben 
mag, auf diese Aufzeichnungen zurückzugreifen. Ich glaube, dass hier- 
durch die Veröffentlichung durch den Abdruck motivirt ist, auch ohne 
dass es nöthig wäre, sich auf den in dieser Hinsicht sehr weit gehenden 
Usus der modernen Astronomie zu berufen. 

Aus meiner Eingangs citirten Arbeit ist den Fachmännern bekannt, 
dass unter den 208 von uns photometrisch bestimmten Fixsternen etwas 
mehr als der dritte Theil, nehmlich 721), in ein grosses Netz gezogen 
worden sind, dessen Glieder wir durch möglichst zahlreiche directe Ver- 
gleichungen einzelner Sternpaare sehr vielfach verbunden haben; das 
Verzeichniss dieser Sterne findet sich p. (463) 45 der gedachten Ab- 
handlung, und als Register über ihre Beobachtungen dient die Zusammen- 
stellung daselbst p. (513) 95 —(536) 118; für die übrigen, deren Hellig- 
keiten nur durch je Einen Vergleichsstern bestimmt und an das Ganze 
der Beobachtungen angeknüpft sind, gibt die Tafel p. (553) 135 ff. (wenn 
man will, zusammengehalten mit dem alphabetischen Catalog p. (604) 
186 dortselbst) den Nachweis der Journal-Nummer der betreffenden 
Messung. ?) 

Ueber unser Beobachtungslokal auf dem nordwestlichen Eckthurme 


1) Inzwischen noch ein paar mehr. 

2) Will man z.B. für A Orionis die Originalbestimmung nachsehen, so gibt die alphabetische 
Tafel für diesen Stern den Helligkeitslogarithmus 8.642, und neben dieser Zahl findet 
man p. 137 bei dem Namen des Sterus die Nummer 626 seiner Messung, nehmlich der 
Vergleichung vom 11. März 1860 mit & Orionis, welcher letztere zu den Sternen unseres 
Netzes gehört, und (wie p.113f. ersichtlich) im Ganzen durch 9 Beobachtungen bestimmt 
ist, welche ihn in direete Verbindung setzen mit 8 verschiedenen anderen Sternen des Netzes. 


205 


des Wilhelminischen Gebäudes, sodann über das Instrument, die Art 
seiner Benützung und die Regel, nach welcher aus den unmittelbaren 
Ablesungen das Ergebniss der einzelnen Messung abgeleitet wird, ent- 
halten meine verschiedenen älteren Veröffentlichungen jeden erforder- 
lichen Nachweis. In Betreff des zuletzt gedachten Punctes beziehe ich 
mich namentlich auch auf das Zahlenbeispiel in $.3 meiner ‚‚Unter- 
suchungen ”über die Lichtstärke der Planeten Venus, Mars, Jupiter und 
Saturn,“ abgedruckt in den Monumentis saecularibus der Akademie von 
1859. Was sonst noch zum Verständniss der Copie des Beobachtungs- 
journales erforderlich ist, wird in den ihr vorangestellten Erläuterungen 
besprochen. Keine Vergleichung zwischen zwei Fixsternen ist in dieser 
Copie unterdrückt; diein der Reihenfolge der Nummern ausgelassenen Be- 
obachtungen betreffen Körper des Sonnensystems. Keine Journalnummern 
führen die zur Ermittlung des Durchsichtigkeitsverhältnisses der Gläser 
regelmässig angestellten Vergleichungen eines leuchtenden Objectes mit 
sich selbst; als nothwendig für die Reduction der Fixsternbeobach- 
tungen sind diese hier wiedergegeben, auch wenn sie, wie des ruhigen 
Lichtes wegen häufig geschah, an Planeten gemacht sind. (Ueber sie 
vergleiche speciell $. 2 meiner am Eingange erwähnten neuesten Ab- 
handlung.) 


Seidel. 


206 


Erläuterungen. 


Die zu jeder Sternvergleichung gehörigen Aufzeichnungen sind in 
drei Columnen geordnet; in der ersten die Uhrzeit (welche durch alge- 
braische Beifügung der bei dem Tage angesetzten Correction der Uhr 
„C.d. U.“ verwandelt wird in Münchner mittlere Zeit); in der zweiten die 
Ablesung des Schlittens, der die Objectivhälfte A trägt (in Pariser Li- 
nien, deren Zehntel geschätzt sind, an einer Scala von willkührlichem 
Nullpunct), und in der dritten die ähnliche Ablesung für Schlitten B. 
Von den beiden verglichenen Sternen ist immer derjenige voran ge- 
nannt, welcher durch die Gläser (Prisma und ÖObjectivhälfte) A gesehen 


wird. 
Bei den Vergleichungen eines Sternes mit sich selbst, welche zur 


Elimination des Einflusses verschiedener Durchsichtigkeit der Gläser ge- 
macht sind, fällt die Notirung der Zeit als überflüssig weg. 

Mit Ausnahme von ganz wenigen zufällig unterbrochenen Beobach- 
tungen zerfallen die zu einer jeden gehörigen Aufzeichnungen in zwei 
durch eine leer gelassene Zeile getrennte Sätze; der Eine enthält die 
Einstellungen „über dem Bild“ (d.i. bei Verkürzung des Fernrohres 
gemacht), wo die Ablesung beider Schlitten kleiner als 60 sind, der 
Andere, für welchen die Zahlen beiderseits grösser als 60 sind, die 
Einstellungen „unter dem Bild“ (d.i. bei Verlängerung des Fernrohres 
gemacht). 

Diejenige Stellung des einen oder anderen Schlittens, in welcher 
die betreffende Objectivhälfte den Stern möglichst deutlich, als Punct 
zeigt, findet sich sehr häufig angemerkt und zwar mit der Bezeichnung: 
„Bild.“ Sie ist nicht ganz unveränderlich, weil das Ocular des Fern- 
rohres in ein besonderes Rohrstück eingesetzt ist, welches in dem 
Hauptrohr verschiebbar ist, und bei anhaltendem Gebrauch des Instru- 
mentes seine Stellung durch ein langsames Gleiten verändert; die jedes- 
malige Stellung dieses „Ocular-Stutzens“ kann an einer besonderen in 


207 


Pariser Linien getheilten Scala abgelesen werden, und findet sich öfter 
bei der Angabe des Orts des Bildes mit angeführt; ihre Zahlen wach- 
sen, wenn der Ocular-Stutzen herauswärts gezogen wird; der Nullpunct 
ist auch hier ein willkührlicher. — Für die Berechnung der Beobach- 
tungen ist übrigens die Kenntniss des Orts des Bildes nur in seltenen 
Fällen nothwendig, weil man, wenn auf beiden Seiten desselben (,„über“ 
und „unter“ ihm) beobachtet ist, das Helligkeitsverhältniss besser aus 
den ganzen Verschiebungen ableitet, welche die beiden Objectivschlitten 
von der Einen Seite bis zur anderen erhalten haben. 

Wenn ein Stern von hinreichender Helligkeit mit einem bedeutend 
schwächeren verglichen ist, so findet sich gewöhnlich der Schlitten, 
welcher die den helleren zeigende Objectivhälfte trägt, bis an das Ende 
des Schlitzes verschoben, in welchem er läuft. In diesem Falle ist in 
der betreffenden Columne statt einer Zahl ein Strich (—) gesetzt; die 
Zahlenablesungen, welche dieser Strich vertritt, sind folgende: 

Öbjectivschlitten A. Öbjectivschlitten B. 
Beobachtung über dem Bild: 15,98 15,98 
en unter dem Bild: 109,17 109, 23. 

Während der wiederholten Einstellungen, welche auf Einer Seite 
des Bildes auf gleiche Helligkeit der zwei Lichtflächen gemacht sind, 
behält fast immer der Eine der beiden Schlitten seine Stellung unver- 
rückt bei. Dieselbe ist dann nicht zu jeder neuen Einstellung des an- 
dern Schlittens auf’s Neue abgelesen und angeschrieben, sondern findet 
sich nur neben der ersten, oder (was bei den neueren Beobachtungen die 
Regel ist) neben der ersten und wieder neben der letzten Ablesung des 
zweiten Schlittens notirt. Die beiden Ablesungen, welche im letzteren 
Falle angeschrieben sind, können um 1 oder 2 Zehntel einer Linie ver- 
schieden sein, obgleich sie sich auf dieselbe Stellung des Schlittens be- 
ziehen; diese Differenz rührt von der nicht ganz übereinstimmenden 
Schätzung der Zehntels-Linien her. 

Wenn die Lichtfläche des Einen Sternes dadurch verkleinert wor- 
den ist, dass durch theilweise Schliessung des zu seiner Objectivhälfte 
gehörigen „Quadratschubers‘“ die Oeffnung dieser Hälfte verengt wurde, 
so ist dies durch das Zeichen T angezeigt. Wenn dasselbe in der Co- 


lumne ohne eine darin vorausgehende Zahl allein steht, so befindet sich 
Abh.d..C1.d.k. Ak.d. Wiss.X. B. 1. Abth. 27 


208 


der zugehörige Objectivschlitten an der Grenze seiner Verschiebbarkeit. 
Ist die Oeffnung besonders stark verengt worden, so ist das Zeichen 
OD gesetzt. Das Zeichen $ bedeutet, dass der vorher theilweise ge- 
schlossene Quadratschuber wieder ganz geöffnet worden ist. 

Die Zeichen > oder < finden sich den Ablesungen dann beigefügt, 
wenn nach dem augenblicklichen Gefühl des Beobachters, welcher die 
Einstellung machte, die eingestellte Zahl eher zu gross als zu klein (im 
ersten Falle), und eher zu klein als gross (im zweiten) sein möchte. — 
Da diese Zeichen doch nur dann gebraucht worden sind, wenn der Be- 
obachter eine Verrückung des Schlittens auf eine andere Zahl immer- 
hin für misslich hielt, so haben die Ablesungen, bei welchen sie stehen, 
in meiner Reduction dasselbe Gewicht erhalten wie die übrigen. 

Die beigefügten Anfangs-Buchstaben der Namen der beiden Beob- 
achter, s und 1, unterscheiden die Einstellungen eines jeden bei den ge- 
meinschaftlich angestellten Messungen. 

Die Bemerkungen, welche im Original-Journal über meteorologische 
Umstände beigefügt sind, wurden da, wo sie unnöthig weitläufig schienen, 
in vorliegender Copie gekürzt, so dass sie sich hier nicht immer. wört- 
lich, aber doch getreu dem wesentlichen Inhalt, wiedergegeben finden. 
Ebenso wurden manche ausführlichere Notizen, die im Journale über die 
Constellationen um die beobachteten Sterne etc. beigefügt und zum Theil 
mit Figuren erläutert sind, hier weggelassen, soferne über die Identität 
dieser Sterne kein Zweifel mehr bestehen kann; diese Notizen wurden 
ursprünglich von dem unter den kleineren Sternen noch nicht genug- 
sam orientirten Beobachter nur beigefügt, um sich . nachträglich mit 
mehr Musse die erforderliche Sicherheit zu verschaffen, dass der rich- 
tige Stern sich im Rohre befand; wo dieser Zweck erreicht ist, haben 
sie keine weitere Bedeutung. 


1852 März 7. C. dl U./— 0m 


Nachmittag und Abend ganz reine Luft. 
Nach @) Untergang starker schwarzer Dunst 
am Horizont in S. und SW., der sich später 
wieder verliert. 


Nr. 112 Sirius und Capella. 


ER 
36.8 1 Mondhelle fängt an 
merklich zu werden. 


12 0 832 s 
14 86.6 1 Sirius flammt etwas. 
15 86.6 3 

16 s621 


Capella mit sich selbst verglichen. 


12h 20m & flammt etwas. Heller Mondsch. 
26.6 Ss 23.7 
DO 


102.4 


102.4 


Nr. 114 Wega u. Capella. 


12h 52m 98.45 93.9 s W. flammt zieml. st. 
91.4 1 
13 0 94.15 8 
90.7 1 
8 93.7 s C. fHammt jetzt auch. 
91.1 1 
14 Dal Ss 27.6 
19.0< 1 
20 242 Ds 
DET: 27.6 


1852 März 8. C. d. U.+ 0m,9. 


Prachtvolle Nacht. Viel weniger Hori- 
zontal-Dunst als gestern. 


Nr. 119 Rigel und Capella. 


7h 58m 274 8 24.4 
29.3 1 
28.2 8 
Sr. 2 30.0 > | 
5 100.8 s 102.7 
IE:ITEI 02.7 
11 98.0 8 
13 99.7 ı 


209 


Nr. 120. Beteigeuze und Capella. 


$h 20m 09 s — 
or 

24 90.9 8 
92321] 

26 884<s 
Sl 
30.3<s — 

36 s022 1] 

38 321>s 

41 Sram] 


236 >s 214 


102.9 < s 104.7 
103.9 1 1047 
102.4 s 
104.6 1 


1852 März 9. C. d. U.+ ml. 
Nr. 122. Sirius und Capella. 
Th 15m5 — 596 s 
[)J 39.2 > 
36.0 Farbe stört. 
56.7 


al 37.3 


— 863 < 

86.0 > 

25 85.8 > 
84.6 


Nr. 124. Procyon und Capella. 


8 16 339>s 285 
32.4 1 


Beobachtung muss abgebrochen werden, 
weil das Licht Procyon’s plötzlich geschwächt 
wird. Dunst und Höfe um die %%. Orion 
fast glanzlos. — (Vorher war nichts Verdäch- 
tiges bemerkt; (@) Untergang war wie gestern.) 


Sirius mit sich. 


Das Licht des #%£ wechselt beständig in 
Folge des Zustandes der Luft.) 


19.3 8 19.7 


210 


92.4 
104.9 
102.2 
105.0 
104 4 
106.8 


A. B. 


104.2 


-um—_ un 


7. [62.25 #1 61.9 1 
Bid: (015 s 014 s 
Wolkenbildung beginnt. 
1352 März 12. C.d. U. + 3m,8. 
Nr. 126. Procyon und Capella 


7ı 54m 24.3 s» 1192 

Gleich darauf Capella nicht mehr sicht- 
bar. Zustand des Himmels war schon vorher 
etwas verdächtig erschienen wegen Spuren 
von Höfen um die % »% deren Dasein jedoch 
nicht ganz sicher constatirt werden konnte. 


Rild: 608 s 61.2 


Sirius mit sich. 


32T 3 31.3 Wallt sehr st. 
32.9 <T 

933 95.9 

95.9 


Um $Sh 8m Alles bedeckt. (Am Nachmit- 
tag und Abend, bis nahe au (@) Untergang 
oder noch länger, war der Himmel bedeckt 
Erst um 7'/ Uhr war der Beobachter über- 
rascht, ihn hell zu finden.) 


1852 März 14. C.d.U.—+ 5m,5. 


Tag heiter, aber sehr kalt. 
Nr. 128. Procyon und Capella. 


Th Hlm 20.8 Asa 
236.8 
218 s Sehr schön ruhig. 
Dora]! 
22.2 5 
223 
104>s — 
104.6 1 
103.4 > s 
1033 1 


Nr. 123. Rigel und Capella. 


&ıh 12m 994 s 103.3R.walltetwas. 
103.7 1 
IE.N<TS 
101.2 1 R grünlich. €. gelb- 
97.3 Ss röthlich 


39.6 gut ] 103.3 


24.11, S 18.8 
20.0 1 
24 <s 
23.4 1 gut 
29 21.20 2] 2418478 


Capella mit sich. 


1032) 104.8 
104.7 s 
102.4 ] 
100.1 s 
19.4.8 910835 
Kehl Il 
193738 
19.6 1 


1852 März 18. C.d.U.+5m5. 


Tag ganz wolkenlos, Himmel für die 
Jahreszeit sehr tiefblau. Nach (@) Untergang 
unten am Horizont schwarzrothe Nebelwolken 
und etwas höher hinauf schwarzer Dunst, der 
sich gleich jenen mehr und mehr verliert. 
Ausgezeichnet schöne Nacht. 


Nr. 153. Sirius und Capella. 


Th 37m — 880 > 1 Beide sehr ruhig. 
33.0 

aaa Farb - Unterschied 

stört sehr. 

35.8 s (Violet und gelb.) 

— 368 1 
45 — 87855 gut 

[88.4 1 
89.0 s 
88.4 1] 


Nr. 134 Rigel und Capella. 
sh Om 96.2 s 101.4 


187 


wvcowiv 
HvPeikvV 


14 


Nr. 1355. Procyon und Capella, 
sh 18m 23.8 8 18.7 
33.4 1] gut. Die Fixstern- 
Vergl. gehen 
98.1 s 103.7 heute vorzügl. 
ggrozaı gut wegen des 
97.6.8 ganz ruhigen 
30.5 95.4 1 Lichtes. 
Nr. 157”. Regulus und Capella. 
9h 5m 
sa s E] 
ale 
31.9 8 
34.0 1 
908 s U 
89.8 1 
91.2 s 
90.3 1 
18.5 


Procyon mit sich. 


96.9 
104.5 
100.2 
106,2 
102.0 
101.7 


HvWwbN 


rn 
Hooiv 


Horn mo 


Hu eıo 


102,4 


Nach dem Urtheile von 
s ist in dieser Stel- 
lung das A um et- 
was, aber nicht um 
viel, zu dunkel. 


19.4 


1852 März 19. 


Nicht völlig so schön wie gestern. 


C.d.U.+5m5. 
Tag 


hell; gleich nach @) Untergang bilden sich 
Wolken, besonders in Ost, die sich nach kaum 
einer halben Stunde rasch wieder auflösen. 


Nr. 139. Beteigeuze und Aldebaran. 


7h 38m 


103.7 
102.8 
1016 
103.8 


wvrobbv 


woHw 
wow 


-on oo 


urn 


99.6 


234.2 


2m 


Nr. 140. Beteigeuze und Üapella. 


&h Im 


21 


Mars mit sich. 
100.2 s 102.0 
1033 <|1 
100.3 s 
1015 1 
20.0 s 20.1 
289 1 
235 8 
2390] 


1852 März 20. 
Tag war ganz hell. 


Nr. 145. Sirius und Capella. 


Sh 5m 


61 


— 887 >3s 
86.9 1 
86.1 s 
88.8 1 
87.1 3 
89.4 1 

— 35.0 s 
35.6 1 
35.4 Ss 
aus 
34.4 8 
36.1 1 


O8d. U. 4 Tm.a. 


S. flammt sehr st. 


Procyon mit sich. 


101.6 < s 
106.4 1 
105.4 s 


20,4 


105.2 


212 


105.6 1 105.2 


104.1 s 
1043 1 
N B. 
Bild: 62.0 1 61.9 
61.0 5 ei 
62:38. .1 Due1:e 
619: 8 560.7 
62.6 1 618 
609 s 609 
1852 März 22 G.d. U. + 10m,7. 


Heute der Würfel mit den Prismen abge- 
schraubt, die Gläser möglichst gut von Staub 
gereinigt, dann die Prismen neu berichtigt. 
Luft heute sehr gut. 


Nr. 148. Rigel und Capella. 


7h 55m 101.8 s 
100.4 ] 

98.2 s 

99.1 1 


R. flammt etwas. 
gut 

22.1 — 

20.4 

21.4 

8 6ungefähr. 23.6 


Huoeo 


" Nr. 150. Polarstern und Aldebaran.: 
29.5 95.7 


[6 SE SU So} 
SODH%©0 


47 


Capella mit sich. 


22.1 


|) 

[db] 

-ı 
mo momn 


22.0 


105.6 1 105.4 
103.4 s 
105.9 1 
103.0 > s 
106.3 1 
s 


105.7 


1852 April 13. C.d. U. + n,3. 


Nr. 154. Sirius und Capella. 


Schwierig einzustellen, wegen Verschieden- 
heit der Farbe und starken Wallens von Si- 
rius. 

7 Am — 90.6 8 


8 3 907<1 

Bei zunehmender Dunkelheit werden jetzt 
die &% des Hundes, beträchtlich unter Si- 
rius, gut sichtbar. 


Nr. 155. Aldebaran und Capella. 


10 859 >Is IT — 
87.4 gut s 
837 —<S 


86.6 1 A. flammt etwas. 


NB. 48.4<° s — NB. Statt 48 ist 


NB. 48.3 1 ohne Zweifel zu le- 
40.0 s senöß. 
376 1 Nach der3.Ablesung 


41.5 s (40,0) dies bemerkt. 
36 40.3 >| 
Wenn versuchsweise Schlitten A auf 48 
gestellt wird, ist das Lichtphantom von Al- 
debaran viel zu hell. 


Sehr schöne Nacht. 


1852 April 16. C.d..U + Im,6. 
Nr. 157. Sirius und Capella. 


$h 14m — 334 s 
343 1 Zunehmendes Wallen 
32.5 8 von Sirius. 
Sarg] 


213 


— 923 s Nr. 165a. Capella und Arcturus. 
37 
954 s $h 4gm 98.6 1 101.4 
929 71 ganz 
100.4 1 
Unter Sirius sind #%% von nur der halben 991 s 1013 
Höhe gut sichtbar. So auch Rigel, der noch 
weniger als halbe Höhe hat. 202 1 18.9 
20.9 8 
21.4 1 
8 59 21.5 s 
Mars mit sich. 
21.7 s 22.6 
23.7 1 Nr. 165b. Arcturus und Capella. 
24.7 83 
23.3, 1 22.6 Ih 8m 25.6 8 23.0 
25.4 1] 
101.2 < s2101.9 22.9 3 
101.7 1 23.6 1 
102.3 s 
101.3 1] 101.9 101.0< s 102.5 
105.1 1 
- 102.7 8 
104.3 1 
Nr. 159. Wega und Capella. 1019 s 
28 103.3 1 102.4 
(Beobachter s allein.) 
11h 23m — 100.3 
98.7 Nr. 168. Spieca und Arcturus. 
97.8 C. flammt ungemein st. 
97.6 12h 51m 92.9 5 — 
96.2 1 
22:4, 1775) 91.6 < 3 
ER 95.9 1 
38 27.6 STIER] 
290 s 
Ban 
Bild: (Jupiter) 61.0 60.7 280 s 
3035 1 
29.9.8 
13 13 30.3 1 
1852 April 17. €.d. U. 7 9m2. Diese Vergleichung ist durch die rothe 


Farbe des Arcturus sehr erschwert. 


Nr. 163. Sirius und Capella. 


7 505° — 


34.2 3 ° 
359.1] 1852 April 
STESEES . 
304 1 Nr. 173. 
32.8 8 n 
Das Flammen von Sirius sehr störend. I Sa 
— 91.3 s 
922 1] 
90.0 8 des (Professor 
8 0 92.0 1 


nommen.] 


21. C. d. U. — 1m,0. 


Wega und Arcturus. 


94.8 s 

942 H’ Mit H sind die 
93.1 s Einstellungen eines 
93.4 s  besuchenden Freun- 
Harless) bezeichnet. [Bei der 


Reduction sind dieselben nicht mit aufge- 


214 


24.6 26.6 s BEER) ET — 
22,3 H Ins] 
26.4 s 92.2 s 
12° 11 25.3. 8 90.8 1 
245 287 H 
Heute etwas starker Dunst am Horizont. 2 7 = = ma 
Nr. 188. Wega und Arcturus. 
Farbeunterschied stört heute sehr wenig. 
1852 April 22. C.d. U.— 0m,8. 19h am 41 979 s 
Nr. 178. Procyon und Capella. 274 1 gut 
381 Ss 
gh 48m 635 47 a 
a! 4 
273 8 
= 100.3 023 s 
%.0 s 101.3 6 1 
96.081 944 s 
9.7 5 e 19745 935 1 
100.3 1 zu gross, wie nach- 934 1 
94.0 < s her erkannt. [Ge- ; 
9 12 96.7 1 wicht !/ bei der Re- 
duct.] zn 
arten nt er, en > Arcturus mit sich. 
{ a 22.8 8 213 
Mars mit sich. 2121 
224 8 
27.3 > s. 23.6 218 1 
22.4-1 24.2 s ... (schnell gemacht.) 
za 2alcL 24.2 
247 1 
95 s- 101.6 100.93 s 102.4 
100.4 1 102.4 1 
100.0 s 100.3 s 
100.9 1 102.3 < 1 
Zuletzt werden die Einstellungen schwie- 103.6 
riger für beide Beobachter, wahrscheinlich 1014 1 102.4 
wegen Ermüdung der Augen. 
(Es sind vorher auch Beobachtungen an en 
Planeten und am C gemacht.) 
: Nr. 190. Antares und Ärcturus. 
h; 13 43 412.4 5 — 
1852 Mai 15. 0.d. U. — 3m,4. ls 
Ar 
Prächtige tief schwarze Nacht. zZ 
Antares Hammt sehr stark. 
Nr. 1897 Spica und Arcturus. 
81.4 s gut 
12h Gm 3128 — s10 1 
283 1 gut P 
g 3145: 0 
a 142 0 81.6 1 
30.6 1 ”y 


Sp. flammt etwas. 


1852 Mai 18. C.d.U.+ 7m,0. 


Feuchte Luft. — Wetterleuchten in W. 
Wolkenbänke fast rings am Horizont; vor 
der nachstehenden Beobachtung rücken Wol- 
ken von N. rasch bis in die Gegend von Cas- 
siopeja und dem Schwan, ziehen sich aber wie- 
der zurück. Himmel tief schwarz. Sterne 
glanzvoll und funkelnd. 


Nr. 194. Spiea und Arcturus. 


Sp. flammt ausserordentlich stark. Auch 
Areturus etwas. Unter der Jungfrau ist der 
Horizont freier als in anderen Azimuten. 


11h 41m5 80.7.3 — 
30.6 1 
32.8 Ss 
el 


35.2 ::s [Halbes Gewicht b. 
323 der Reduct.] 


Das Flammen von Spica nimmt immer 
mehr überhand und lässt kaum einen Moment 
etwas ruhig. 


1 
0*) 1 Gegend von Spica 
2 8 wird jetzt ver- 
dächtig. 
*) ] findet nachher Sp. bei dieser Stellung 
viel zu dunkel. 


12 0 


Weniger als eine Secunde nach der letzten 
Einstellung ist Sp. verdeckt durch ein losge- 
rissenes Wölkchen, welches vom Löwen her- 
über zog. Nach 3 Minuten ist sie wieder 
frei. [Die 3 Einstellungen unterm Bild b 
der Reduction ausgeschlossen.]*) 


Jupiter mit sich. 


Ganz ruhiges Licht. 


’ 


105.3 1 103.7 

1042 s Das von Pris- 
105.4 1 ma B erzeugte 
1052 s Bild ist mehr 
104.3 1 röthlich. von 
1042 s 103.6 A mehr bläu- 


lich. 


*) Die Ablesung des Bildes war: 


für s: 61.20 60 89 
„ 1: 62.20 61.64 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


215 


ee! 21.7 
214 Ss 

20.6 1 

23.9 >s 
el 

20.0 s 

Sl 

23.6 Ss 21.7 


1852 Mai 21. C. d.U. + 2m,5. 


Nach @) Untergang etwas Regen, und 
fernes Gewitter. Zwischen 9 und 11 Uhr 
wird der Himmel hell. Unten am Horizont 
ferne Wolken. Wetterleuchten in NW. 


Arcturus mit sich. 


99.6 1 973 
963 s 

98.4 1] 

93.0 8 

98.7 1 

94.6 8 972 
207 1 21.6 
23.2 83 

21.5 1 

218 8 m] 
22.4 1 [) 
214[)Js 8 
21.3 |)1 gut. 


Nr. 196. Arcturus und Wega. 


12h 13m 26.4 8 21.6 
EN 
24.6 8 
PR | 
94.8<{s 102.0 
92 1 
96.8 s 
29 96.85 1 


Luft scheint äussert klar. Himmel ganz 
voll kleiner &»#. 


ee TTTÖÖÖö— nd 


1852 Oktober 14. C.d. U. — 17m,T. 
Nr. 2083 Attair und Wega. 


sh 45m 32.3 — s. allein. 
31.2 < Beide flammen. 
33.7 
31.5 


28 


216 


y32 — Schlitten geht auf 
91.7 dieser Seite schwer. 
91.4 Flammen bei A nımmt 
8 55m IT SEEEZUN 
Bild: 622 61.4 


61.6 616 [Beobacht. s] 


Die hohen Gegenden des Himmels sehr 
klar. Nahe dem Horizont einzelne horizon- 
tale Wolkenstreifen. 


Wega mit sich. 


24.9 24.3 
26.8 
24.0 
25.8 244 
103.0 104.6 DJ] 
103.9 
103.4 S 
103.6 104.6 


Nr. 204. Attair und Deneb. 


9h 2m — 2 
24.8 < 
22.8 gut. 
22.9 


— E70 

100.6 

101.4 

40.5 101.0 


In NO. sind die Wolken höher heraufge- 
rück. — Am Tage war der Himmel etwas 
streifig. 


1852 Oktober 17. C.d.U. — 2m,8. 


Himmel Nachmittags ganz rein. Scheint 
auch jetzt völlig klar. 


Attair mit sich. 


3 
24.75 
25.85 25.1 


97.7. 97.0 
IT, 
94.6 
96.4 
96.4 
96.6 
96.8 

97.7 98.6 


vruaruau mm 


Nr. 206. Deneb und Polarstern. 
7h 45m 


Nr. 207. Fomalhaut und Wega. 


&h 24m 43.7 s — F. flammt stark. 
43.6 1 
43.9 s gut [U] 
42.3 1 
Zeit verloren mit neuem Aufsuchen der +& 
8 46 80.5 8 NS 
81.8 1 
81.327 Em] 
89.5 82.0 1 
Distanz 910.8. — Umstände wohl so gut 


als sie bei dem südlichen »% zu hoffen sind. 
Flammen war leidlich. 


1852 November 4. (.d.U.— mE. 


Nr. 208. Fomalhaut und Wega. 
s allein. F. lammt stark. 


7h 57m 4.7 < 
45.6 Einstellung An- 
444 8 fangs beschwer- 


42.7 gut []|_Jlich, bis das Auge 


43.6 gut sich gewöhnt. 
77.4 N 

78.2 

78.30 jaja! 

77.6 

80.6 = 


8 18.5 79.3 


F. ziemlich nahe stehen am Horizont Wol- 
kenstreifen, die sich während der Beobach- 
tung mehr entfernen und verlieren. Die hohen 
Gegenden des Himmels von herrlicher Klar- 


heit. 
Bild: 62.4 61.3 
Nr. 209. Wega und Capella. 
8h 28m 26.9 30.2 
30.1 Farben sehr störend. 
EU T, 
26.5 29.8 Flammen von C. stört 
sehr. 
99.3 96.0 
96.3 > 
95.6 
42.5 993 95.7 


Deneb mit sich. 


99.35 


U 


Nicht zu verwerfen. 


Auge schon etwas 
ermüdet. 


NB. Schlitten B geht nicht recht leicht. 


Während der hiernach folgenden Beobach- 
tung Nr. 210 (Saturn und Wega) ist der vor- 


her so schöne Himmel 


ganz überraschend 


schnell sehr stark dunstig und nebelig ge- 


worden. 


217 


Beobachtungen wieder aufgenommen 1855. 


1855 April 19. 


C.d. U+ 3m,0. 


Nr. 212. Beteigeuze und Aldebaran. 
$h 15m 26.0 29.7 s Bet. flfammt. 
29.6 1 
30.7 >35 
80.7 1 gut 
94.2 s 894 
90.6 1 
93.7 s Hiernach Zeitverlust, 
weilB.aus dem Feld 
98.05 verloren war. 
41 100.4 Flammen jetzt beide 
sehr stark 
Nr. 213. Regulus und Capella. 
52 %07 s — Beide ruhig. 
97.4 1 
90.9 s gut 
94.0 1 
9275 m 
90 918 1 
Sars m] 
35.0 1 
34.2 8 
33.4 1 
Capella mit sich. 
31.3 s 29.3 
aA] 
308 8 
32.0 1 
29.4 Ss 
31.6 1 29.35 
95.9 s 98.6 
92 1 
94.6 s 
98.6 1 
97.0 8 
956 1 
96.5 s 
98971 
97.4 8 [J 
96.3 1 98.6 [] 
Bild: 8 92.5s 926 C 9255 s 62.0 
64.0 1 63.3 63.7 1 62.9 
63.4 = 62.6 62.2 s 8.61.85 
63.6 1 63.3 63.6 1 63.3 


28* 


218 


1855 August 1. C. d. U.— 5m,5. 


Nr. 216. Areturus und Wega. 
9h 18m 32.3 22.1 [07] 
209 [] 


21.6 
212 DD 


935 112 OD 
102.9 8 
1013 U 
101.4 


A. flammt etwas. 


32.4 


35.8 


Attair mit sich. 


24.6 
25.3 
24.5 
24.0 


104.7 
102.5 
102.3 
103.6 


102.5 1046 


Bild: 65.8 65.5 


Ein einziger langer bogenförmiger Wolken- 
strich hat sich in W. gebildet. Geht (um 
10h 30m) bis auf / der Höhe von Aretur 
herauf. Spannweite fast 180%. 

Im übrigen die Nacht, wie der Tag, sehr 
schön. (Bei Tage das Gebirge schwach sicht- 
bar.) 


Beobachtungen neu aufgenommen 1857. 


1857 Februar 19. C.d.U.—0. 
Rigel mit sich. 


102.0 s 104.1 
102.0 1 
100.3 s 
99.0 1 Weil R. etwas flammt, 


jetzt statt seiner: 


Saturn mit sich. 


9a, 
100.0 1 
100.2 s 
101.4 1 1041 


(Die Beobachtungen über dem Bilde folgen 
hernach.) 


h 


Nr. 224. Sirius und Rigel. 


5m — 
D 
17 oO 
5 

21 


Distanz am Kreis abgelesen: 


Flammen von 8. ge- 
nirt sehr. 


240.1. 


Saturn mit sich. 


Bild: 


1857 Februar 20. 


(Fortsetzung.) 


28.9 s 20.8 
29.0 

309 s 

2665 1 

27.08 

en 

DIS 3 

Pe)! 

26.1 >5 

26,0, 1 20.8 
66.0 8 65.35 
67.0 1 66.6 


Jupiter mit sich. 


(s alllein.) 


102.6 — 
105.3 
104.4 
104.9 
104.2 
104.4 
102.8 
104.4 > 


23.2 — 
23.6 


C.d. U. + 3m,3. 


219 


25.1 —_ 104.9 — 
22.5 gut 104.5 
22.6 
22.6 un — Am. 
21.3 
248 Nr. 230. Procyon und Bellatrix. 
7h 20m — 97.9 NB. Strassen - Laterne 
1 } 94.7 blendet sehr. 
Nr. 225. Aldebaran nnd Beteigeuze. 97.0  Procyon flammt etwas. 
Tu 50m 70 <5 — a 
23.3 1 Zu schwach. Licht. (Bis hierher s allein.) 
ln 28 952 1 
Fr 957 1 
Jetzt Schlitten B anders gestellt, weil das 97.4 1 
Licht zu schwach war. 32 97.2] 
43.2 1 
20, 101 
8 25 42.0 1 290 1 
5.5 89:04.,84110 93:6 32.5 s gut. 
90.0 1 29.7 1 
89.4 s Noch immer schwer 26.9 s 
89.1 1 einzustellen wegen 3381 
89.1 s schwachen Lichtes, 317 s 
888 1 und weil das Auge Ta 310 1 


von Laternen etc. geblendet ist. 


Distanz abgelesen 200.1 Distanzkreis: 340.1. 


Bild: 664 s 66.0 
Nr. 231. Procyon und Rigel. 


1857 Februar 23. (.d. U.— 10m,5. —— IE Sms Beide Aatimen 
263 1 stark. 
Nasskalt. — Himmel ganz rein. 263 8 
| el Sue] 
Jupiter mit sich. 278 8 
26.9 1 
19 8 305 s Flammenaugenblick- 
19.5 23 246 1 blicklich wenig. 
ao 25.5 100.6 s — 
215 98.9 1 
101.6 s 
102.6 — Sa 
105 4 38.5 <s 
103.3 100.9 1 
104.3 1012 >s 
103.5 37.5 101.3 1 
104.4 


Distanzkreis: 390.9. 
7 
.3 Bild: 66.0 s 66.2 


220 


1857 Februar 26. (.d. U. — 6m,0. 


Nr. 233. Sirius und Stern im Gürtel 
des Orion. [d Orionis.] 


Ein anderer % von nahe gleicher Hel- 
liekeit und gleicher Distanz von Sirius, höher 
als der erste, ist bei der Stellung auf das 
Bild zugleich im Feld. 


7h 35m — 81.18 S. flammt sehr st. 
78.5 1 
— 49978 
39 50.0 


Aeusserst schwer einzustellen wegen grossen 
Helligkeits-Unterschiedes und starken Flam- 
mens. Die Beobachtung nur gemacht, weil 
der % zufällig in’s Rohr gebracht wurde. 

Distanzkreis stand auf 220.7. Correction 
seines Nullpunctes —- 10.05. 

!/ı Stunde später befindet sich Sirius in 
Dunst. 


Procyon mit sich. 


IOEHD 0 — 
104.6 1 
102.4 > s 
103.8 1 


EL DEN  — 
24.0 1 
242 s gut 
23.3 1 


Bild: 66.6 1 66.0 


L—ee TEE 


1857 März 1%. C.d. U— 2m,5. 
Venus mit sich. 


25.0 — 
22.2 < 


24.3 Ns 
25.0 


102.9 = 
105.0 


1031> 8 
104.8 


s allein. 


Nr. 2355. Sirius und Rigel. 
7 31m5 — 37.25 S. flammt sehr st. 
37.7 
36.6 


O 
DO 913 
8 879 
90.4 
41.5 89.6 


Instrument war auseinandergenommen wor- 
den. Gläser gereinigt. 


1857 April 20. 0.d.U.— 0. 


Bild: 64.0 1 63.0 TMmA Sirius, 
63.0 s 62.35 in B Venus. 


Nr. 239. Procyon und Capella. 


C. dammt etwas, P. noch stärker. -— Heute 
im Ganzen schwer einzustellen, weil die 
stark funkeln. 

8 45.5 100.6 s 104.7 
100.3 1 
50.5 98.6 8 

l 104.7 


52.5 26.8 22.0 


DvWwt 
DS 5 


Saturn mit sich. 


25.4 8 22.0 
24.4 |] 

26.3 >s 
Seren 

23:9, 28 

24.4 1 22.0 
23.9 s 21.4 
26.0, > 12743 
101.1 s 102.0 
100.0 1 

Gele) 

101.8 1 

100.5 s 
100.4 1 101.95 


Nach dem Gefühl der beiden Beobachter 
werden die heutigen Messungen nicht beson- 


1857 Mai 14. 


Vormittag wolkig; 


Od: 0. 
gegen Abend ganz 


rein. Nach @) Untergang rosa Schein um den 
Horizont. Purpurrothe Abendröthe tief unten 


inW 


&h 29m 


Arcturus mit sich. 


349 s 34.0 Noch sehr 
36.0 1 hell. 

34.8 s 

Sara 34.1 

28.9 >s. 25.0 

95.801 


Die Beobachtungen unter dem Bild s. her- 


nach. 


Nr. 241. 


9b 35m.d 
stark, ganz besonders Pollux. 


42.5 
46 


Bild: 


Pollux und Castor. 


317 s 32.8 Flamm. beide 
ee! 

31.6 s ruhiger. 

33.65 1 C. erscheint grünl. 
33.6 neben P (Prisma?) 
34.6 1 32.8 
102.5 s 101.67 

104.2 1 

1012 s 

103.2 1 Zuletzt ruhiger als 
103.75 s vorher. 

12 2101.7 
” 
63.0 s 62.7 
63.9 1 63.0 


Distanz 40.5. 


Arctur mit sich. 


(Fortsetzung.) 


101.5 


Nr. 272. 


10h 20m 


1857 Mai 15. 


Tag sehr schön. 


221 


Regulus und Spica. 

29.5 s 22.0 Flammen st. 
30.3 1 S. erscheint 
31.2 s grünlich, R. 
28.8 1 22.0 röthl. 

96.8 103.1 

95.6 

95.65 <s 

94.6 1 


Cd. U. — 0m,6. 
er%& flammen viel We- 


niger als gestern. 


11h jou 


Jetzt 


Nr. 243. 


Spica mit sich. 

103.0 s 105.2 

104.1 1 

100.3 s Auge geblendet 
1049 1 vorher. 

103.3 s 

102.2 1 

104.5 s 

102.6 1 105.2 


Arcturus mit sich. 


104.0 s 105.2 


105.15 1 


24.25 s 
23.95 1 
22.6 S 
23.6 1 
DOES 
De! 


20.1 


20.05 


Wega und Ras Alhague. 


Stellung etwas unbequem. 


11h 55m.5 


12 7 


— 44.0 


222 


Nr. 244. Arcturus und Gemma. 


12h 32m.5 — 


43 


54.5 


43.5 > s 


Nr. 245. 
13h 3m 94.7 


12 94.66 
14.3 31.15 


20 


Arcturus und Wega. 


100 0 
98.2 
99.6 
96.9 

100.7 
97.0 
98.8 
RS | 


Farbe sehr hinder- 
lich. 


ERETn E tirg7 


242 >s 

26.3 1 

22.0 nicht < s 
Dar 

24.4 3 

220,21 


1857 Mai 21. 


C.d. U. + 0m2. 


Seit gestern reiner Himmel. — Tag über 
wenig Wolken. — Unten in W. Wolkenbank. 


Arcturus mit sich. 


8 38 31.9 s 30.0 »& fl. etwas. 
315 1 Wegen Dämmerung 
32.4 s noch schwer einzu- 
322 1 stellen. — Farb- 
31.6 < s unterschied d. Pris- 
323 1 men ziemlich stö- 
rend. (A bräunlich B bläulich.) 
47.5 102.0 s 103.4 [] 
Tool 
101.75 s 
102.8 1 
102.4 s 
535 103.3 1 103 & 


Nr. 246. Denebola und Regulus. 


R.flammt sehr 
stark. 
nicht zu verwerfen. 


9h 20m ,5 96.0 gut s — 


96.4 1 


s 

1 
9.7 8 
29 96.0 1 


3l 33.4<{s R. jetzt etw. ruhiger. 
32.4 | 


39.5 sl 


Nr. 247. Arcturus und {Ursae major. 


9 49m 5 — 402 s A. ist zieml. ruhig. 
39.8 1 
42.1 s 
39.6, 1 
57.89, 00 783.878 
82.0 1 DasA, welches von 
U) 842 s demkl. Nachbar von 
84.5 1 Sherrührt,vermischt 


*sich nicht mit dem von £. 


Nr. 248. & Ursae majoris und y Ursac 


majoris 
10h 13m 95.6 s 92.4 
el 
98.5 s 
20 98.3 1 92.4 
22.5 276 s 32.8 
sis 1 
” 29.2 8 
831.3 1 Lage des Auges et- 
289 s was unbequem. 
30 34.9 1 32.85 


Nr. 249. yUrsac maj. und @Ursac ma). 


10h 37m 30.9 s 24.6 
30.7 1 
329 8 
41 Bars] 247 
44 97.4 s 101.6 
96.4 <<] 
96.0 s 
49.5 949,15, 310h7 


Nr. 250. 
10h 53m5 


ll) 


yUrsae maj. und ? Ursae, ma). 


97.3 S 99.2 
96.9 1 
97.7 8 
96.2 1 99.3 
al Ss 25.1 
29.0 1 
30.0 s 
28.5 1 25.0 


Alle »#% flammen ziemlich stark. 


Nr. 251. yVrsae maj. und dUrsae ma). 
12.5 31.2 40.0 s 
40.4 1 Geht etwas 
40.2 s schwer,we- 
22 31.25 40.3 1 gend schw. 
Lichtes. 
24.5 91.6 804 s 
7991 
80.2 s 
29.5 91.5 80.4 1 
Nr. 252. y Ursae majoris und &ÜUrsae 
majoris. 
36.5 Ska S — 
28.4 1 
35.3 s NB. Geblendet vom 
Bas Aufstecken einer 
33.8 s neuen Kerze. 
45 345 1 
AD 88.6 s 101.1 
89.3 1 
82 s 
52.5 91.5° 1 71082 


Nr. 253 yUrsae maj. und 7„Ursae major. 


56.5 

12 0 
12 3 
8 


86.2 8 964 
85.5 1 

86.0 > s 

820, 1 96.25 
40.8 s 29.2 
40.5 1 

40.5 s 


46 >1 292 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak. d. Wiss.X. Bd. I. Abth. 


Nr. 254. 


12h 14m 


sl 


223 


yUrsae majoris und Wega. 


4580 s = 
50.4 1 Unbequeme Stellung. 
48.3 8 

48.1 1 

48.3 8 

48.8 1 flammen. 
76.95 s = 
De N 

TR ® 
79.5 1 

00:08 

76.7 1 


Ungeachtet des Flammens der #%#% möchten 
die heutigen Beobachtungen im Ganzen gut 


sein. 


1857 Juni 17. 


ed. U.d. 


Arcturus mit sich. 


Zustand der Luft scheint ganz normal. 


101.6 s 103.3 

98.3 1 A bräunl., B bläul. 
99.5 s Dieser Farb- Unter- 
101.83 1 schied ist sehr ge- 
1019 s nant. 

101.25 1 

100.9 s j 

100.7 1gut 103.25 

2334 Ss 20.55 

23.4 1 

245 s 

249 1 

21.4 s 

24.0 1 

25.0 8 

192 1 20.55 


Nr 
9 58 
10 5 
9 

20.3 


Wega und Arcturus. 


22.0 <s 244 

239 ] 

200 8 

22-9] 

218 s 

24.6 1 24.4 

100.6 s 96.9 

101.7 1 

100.3 s 

102.6 1 

1050 s 

101.0 1 96.95 
29 


224 


Nr. 256. ßUrsae minoris und yYUrsae 
majoris. 


10h 30m5 39.2 8 32.8 


37.3 36.0 1 32.9 
41 90.9 


Nr. 257. Deneb und Polarstern. 
Stellung etwas unbequem. 


I — 96.3. >35 
92.8 1 
93.1 s 


Denebund yCygni. 


34.4 — 35.0. 8 
36.6 1 
33.5 8 
356 1 


87.8 <s 
905 1 
91.5 8 
90.0 1 
89.7 <s 
52.5 972] 


OD 
43 0 


mn 


Nr. 259. Attair und y Aquilae. 


12556 [I] 78.4 s Schw. ein- 
78.8 1 zustellen 
S 770 8 weg. gros- 


77.8 1 sen Hellig- 
78.0 s keitsunter- 
23.5 77.9 1 schiedes. 


Licht des Att. fängt an unruhig zu werden. 
12h 27m0 u 47.9 
50.2 1 
49.3 8 
48.7 1 gut. 
U 49.7 8 
35 47.7 1 


(NB. Die vorher beobachteten »%% waren 
frei von Funkeln,) 


1857 Juni 24. C. d. U. — 0m,5. 


Arceturus mit sich. 


32.3 SirgrzS 
Noch sehr hell, und deshalb schwer einzu- 
30.3 1 stellen. 
32.93 > 5 
302 1 
31.3 s Wird jetzt 
32.2 31.85 1 schonbess. 


Hierauf eine Mondbeobachtung gemacht. 
Darnach die folgenden Einstellungen unter 
dem Bild: 

102.3 s 105.9 


105.0 1 
103.0 s A flammt jetzt stark. 


Himmel bedeckt sich mit ausserordentlicher 
Geschwindigkeit mit sich bildenden Wolken, 
hinter welchen Arctur verschwunden ist. Da- 
rum jetzt 


Spica: 104.0 1 
Antares: 1040 s 
105.4 1 
Wega: 103.1 s 
105.7 1 105.8 
2238 224 
2 
261 s 
10 22 27.0 ] 22.4 
Bild: A: 63.4 
64.0 1 


63.3 5 B::625 s 


Nr. 261. Arcturus und Wega. 


s — Flammen. 


D&D 
Bu | 
{>} 


10h 35m 


[ICHCHCH CHE) 
FORraS 


38.5 


Himmel, der vorher vorübergehend fast 
ganz bezogen war, ist jetzt wieder anschei- 
nend völlig klar. 


10 40.5 100.5 s — 
102.2 1 
101.5 s 
46.0 101.3 1 


Nr. 262. 12 Canum venatic. und yUrsae 
majoris. 
53.5 35.0 254 8 ,... Geht 


schwer, wegen des schwachen Lichtes. & % 
flammen auch etwas. 


11 10.5 29.3 
13.5 87.4 330 


.4 
23.5 87.4 92.4 


Himmel ist nicht zuverlässig, wie sich jetzt 
bei der Betrachtung der Gegend von «Ceph. 
zeigt, welcher *% ohne sichtbare Wolken erst 
fast ausgelöscht erscheint, und gleich darauf 
hell zu sehen ist. 


1857 Juni 25. C.d. U.— Om,8. 


Himmel noch um 6h Abends streifig, um 
9h anscheinend oanz klar. 


Areturus mit sich. 


23.0 8 22.7 
25.0 1 
25.3 8 


25.901 

24.8 s 

26.0 1 22.65 
100.57 3 103.1 
98.9 1 

100.6 > s 

100.6 1 

99.1 s 


100.5 1 103.15 


Nr. 264. Weca und Deneb. 


10h 14m5 —— 89.1 
86.8 
88.0 
87.7 
87.7 
87.6 


MHomoen 


Mm) 
25 = 36.9 
S 


ww 
[0 2) 
-n-n 


31.5 33.7 1 


Nr. 2655. Ras Alhague und « Serpentis. 


40.5 23.9 32.0 s 
322 1 

37.1 s Nicht aus- 

30.7 1 zuschliess. 
35.6 s 
spp 1 
33.0 
58 23.8 289 1 
11 25 99.85 90.4 8 
89.3 1 

88.6 s Flam. etw. 
13.5 99.9 899 1] 


Nr. 266. Deneb und #Cephei. 


[Es war eigentlich die Absicht « Cephei 
zu messen, es ist aber ohne Zweifel statt des- 
sen # beobachtet, für welchen die eingestellte 
Distanz ebenfalls passt. Vergleiche Notiz bei 
Nr. 290a.) 


18 —- 76.0 s ... Geht 
schwer wegen Kleinheit des A vom #% des 


76.0 1 Cepheus. 
2.92 


226 


Q 75.4 5 

all Dorf 75.4 1 
N 50.0 <s 

48.4 1] 

5 489 s 

43 47.0 1 


Folge der %»% des grossen Bären, der 
Helligkeit nach, nach Urtheil des freien Auges: 


Ei ni ee Bd ug 78 
1 SE TREE ON ee 
€ und 7, und Yyundß sind wenig verschieden. 


1857 Juni 28. O.xd. U. 0. 
9). Himmel den Tag über ganz rein. 


Nr. 267. Arcturus und Wega. 


9h ]5m 23.5 5 — 

96 1] Wallen etwas. 
22.8 
Das 
DA 8 

22 DAB 

24.5 103.0 s — 
104.7 1 
103.6 s 
105.0 1 
1035 s 

35.5 104.3 1 


Nr. 268. Wega und Arcturus. 


41.5 — 105.0 s Flammen 
103.4 1 nimmt zu. 
1045 s 
103.3 <]1 
103.6 
50 103 
53 20.6 8 
18.8 1 
20.8 8 
ar] 
20.25 s 
62.5 Do 


Bild: 63.4 ss 63.4 
640 1 640 


[Hier folgt im Journal eine Notiz, durch 
welche constatirt wird, dass beide Beobachter, 
wenn AÄrcturus im Gesichtsfelde steht, die 
grössere Helligkeit des Feldes auf derjenigen 
Seite, welche den dem Monde näheren Theil 
des Himmels zeigt, deutlich wahrnehmen. Die 
Erscheinung der ungleichen Erleuchtung des 
Feldes war zuerst aufgefallen; ihre Erklärung 
hat sich erst nachher gefunden, weil bei der 
Drehung des Bildes durch die Spiegelung ete. 
die Beziehung auf den Mond nicht gleich zu 
erkennen war.] 


Nr. 269. Areturus und Deneb. 


10h 39m 5 — 93.1 
94.0 
Say 
94.6 


= 93.9 
51 93.7 


mTomuaoen 


54 D 29.3 s 
30.051 

Sara 

Dur SP 
s 

1 


un 


30.7 
11,8 30.6 


Nr. 270. Deneb und Wega. 


11 13 302 L 
32 "1 
38.4 <s 
17.3 39.871 
19.5 837.8 [m] 
895 1 
88.6 8 
24 99 <]1 


Rangfolge der Bären-Sterne für das blosse 
Auge: 


ei Enten. 8 


n und £, und und y sind wenig verschieden. 


Nr. 271. Deneb und Attair. 
11h 34m 100.9 s — 
1013 1 
99.0 <T s 
40 1009 1 
42.5 26.9 s = 
24.8 |] 
282 > s 
46.5 261 71 
Nr. 272 Gemma und e Bootis. 
54 31.6 379s Sehr un- 
bequeme Stellung. — Flammen etwas. — C 
36.1 1 ist unterge- 
39.9 >s gangen. 
34.5 1 
33.8 8 
12 6 31.7 36.9 1 
9.5 94.1 87.3>s .. Nach- 


dem es jetzt völlig dunkel geworden ist, zeigt 
sich die Nacht in prachtvollem Glanze. (Auch 


833 1 folgender 

85.9 s Morgen 

14.5 94.0 81.1 1 ganz rein.) 
1857 Juli 14. C.d. U. — 0m,3. 


Tag ausserordentlich schön und warm, 
wie schon der gestrige Nachmittag. 


Bild: 63.2 ss 628 
642 1 63.8 


Nunmehr die beiden Prismen abgenommen: 


64.355 1 64.3 
63.1 s 63.3 
63.7. 1 640 
63.56 s 62.7 gut. 


Ocular-Stutzen steht auf 34.45. Die Pris- 


men jetzt wieder vorgeschraubt: 


63.45 s 632 
645 1 642 


Arcturus mit sich. 


Size 85.8 
100.5 s 101.3 


|) 
[0) 
| 


99.5 1 

101.0 s A bräunl., B lila- 
100.3 1 lich. 
100.6 s 

101.2 1 

99,25 8 1013 

DAAD] 21.3 flammt etw. 
22.3 8 

23.3 1 Jetzt scheint mir A 
245 s Jila-lich und B gelb- 
215 1 lich. Leonh. findet A 
213 s mehr bräunlich, B 
24.7 1 mehr weiss. 
23278 DRS 


Nr. 273. 
Y9h 47m 5 


Gemma und 7 Bootis. 
30.8 434 >s 
39.41 


42.2 >s Die erste 


und dritte Einstellung sollte vielleicht etwas 


vermindertes Gewicht erhalten. [Bei der Re- 
38.9 1] duction Ge- 
38.9 s wicht !/a.] 
10 45 30.8 40.3 1 
7 926 825 >s 
81.6 1 
82.6 Ss 
14.5 92.6 81.8 1 
Nr. 274 Deneb und $ Herculis. 
25 = 835 s 
84.6 1 
82.7 Ss 
84.6 1 
U 412 s 
43.1 1Vorher Zeit 
49.5 45.0 < s verlor. 
51.5 42.2 1 
Nr. 275. Deneb und $ Ophiuchi. 
1 1 bh) 43.6 8 
42.3 1 
42.2 s gut. 
8.5 41.4 1 
11.0 0 80.1 s 
80.1 <1 


228 


m 


[ee ©) 
vw 
un 


18.5 


Nr. 276. Deneb und y Draconis. 


11h 28m 5 0 87.6 > s 
85.6 < 1 
54.6 <s 
33 872 1 
36 U 37.4 8 
36.9 1 
378 8 
Bra a <enach 
nachträglicher Meinung des Beobachters. 
36.6 s 
44 307 A 
Nr. 277. Deneb und r Hereulis. 


[Es sollte eigentlich 7 Dracon. genommen 
werden, statt dessen der beobachtete »% ins 
Feld kam. Die Helligkeit, Distanz und der 
erwähnte Nachbarstern (o Herculis) lassen 
keinen Zweifel, dass rr Herc. beobachtet ist.] 


Mit dem % in B befindet sich gleichzeitig 
ein etwas schwächerer im Felde. 


jossı oO 45.6 > s 
444 <]1 
43.6 <S 
9.5 44.95 1 
135 0 79.0 s 
784 1 
DES 
20.0 78.9 1 


Distanzkreis steht auf 4025; bei wieder- 
holter Einstellung auf 39.2 (Kreis schlägt et- 
was). Dazwischen für den schwächeren Nach- 
bar gestellt auf 38.4. Nach dem Visiren am 
Prisma B zeigt dasselbe auf z und g Her- 
eulis. 


ee ee en 


1857 Juli 15. ECFUNOn. 


Tag ebenso schön wie gestern. Himmel 
völlig rein. 


Wega mit sich. 


26.1 s 24.05 Anfangs (et- 
wa 9 Uhr) Dämmerung noch sehr hell. 


DIA d 

ZU 3 

25.4 1 \ 

23.903 [J] fl. ein wenig. 

2625<I1l 24.05 

102.2 s.. 10811] 

IN 

100.6 s Die verschied. Farben 

102.7 1 geniren. Hier unter 
dem Bild scheint mir A reiner weiss als B. 

103.0 s N 

102.9 < 1 

98.85 s 


10282 122210337 


Nr. 278. Arcturus und Antares. 


Ih 29m — 87.4 > s Antares 
flammt sehr lebhaft. 85.7 1 gut. 
SELL <EB 
35 85.6 1 
37 = 42.7 8 
41.7.1 
43.3 >s 
42.5 444 |] 


Nr. 279. Areturus und Spica 


9 46 — 43.0 > s Spiea fl. 

43.9 1 
43.9 °>s 

51.3 41.2 1 

54 B= 81.5 > s 
81.45 1 
19.3 8 

87 814 „1 


Nr. 280. Deneb und n Draconis. 


10 8 JO 100.7 s. Hier ist 
ohne Zweifel das untere Ende des Schlittens 
statt des oberen abgelesen. Lies daher 82.5. 
85.2 1 
Sl <s 
15 83.0 1 


40.5 < 3 
41.2 gut 1 
42.6 > s 
22.5 414 >1 


Nr. 2831. Deneb und $ Draconis. 
10h 31m5 = 43.2 > s 
41.4 1 
40.0 
38.5 41.8 <] 
46 2 81.2 s Vorher et- 
80.9 ] was Zeit 
81.7 s verloren. 
51 81.0 1 
Nr. 282. Deneb und e(ygni. 
11 6 ® 39.4 s Fernes 
38.2 1 Wetterleuch- 
402 >s ten. 
13 41.0 1 
15.5 DO 84.3 > s 
gr 
830 s 
20 858 1 
Nr. 283. Deneb und d Cygni. 
11 28 — 83.4 8 
83.3 1 
D 855 >s 
86.8 1 
83.1 8 
38 843 1 
41 393 >s 
40.5 1 
39.8 >> 8 
46 38.8 1 
Nr. 284. Deneb und Polarstern. 
56 ı 30.7 s Gestern u. 
30.25 1 heute sehr 
30.2 s viele Stern- 
12 4 31.2 1] Schnuppen, 


die meist im grossen Bären verschwinden. 


12.5 


® 92.05 s 
9a 1 
92.3 8 
92.4 1 


gut. 


229 


Nr. 285. Deneb und ß Cephei. 


12h 19m5 D 82.3 
83.0 
81.6 
28 81.9 


Lichter 
blenden. 


-o mo 


30 44.9 3 
40.6 1 
41.9 s 
39.5 > 1 
43.3 >s 
42.4 gut] 


Wie oben 


40.5 


1857 Juli 20. C.d. U. + 0m,5. 


Tag zum Theil wolkig. Um @) Untergang 
lösen sich die Reste auf. 


Wega mit sich. 


103.0 s 103.6 Flammtziem- 
1016 1 lich stark. 
1014 s 
101.3 1 f 
102.6 s 
102.6 1 103.6 
Dal se l55 
22.0 l 
22.6 s 
25.2 1 
DORT «TS 
356 1 2155 
Bild: 63.9 8 62.8 
63.9 63.5 
634% 2 2307262:3 


Nr.286. yUrsae major. undyÜUrsae minor. 


9 52 30.5 36.4 s y U. maj. 
flammt. Mit y U. min. ist noch ein kleiner 
353 1 im Feld. 

36.8 8 

59 30.5 Ba 
10 3.5 91.45 872 s Tiefim N. 
Wolkenstreif. Sonst scheint der Himmel rein. 

83.95 1 

85.0 s 

15.5 91.45 84.7.1 


104 25 D 801 s 
808 1 

82.35 3 

375 wie 80.0 1 
40.5 (galle] 42.6 s 
428 1 

Sem] 45.3 

47.5 44.0 1 


Nr. 288. Deneb und « Cephei. 


TE = STK) as 
33:4 ] 
37.6 's 
\ Sara 
im] 34.7 <s 
11 34.6 1 
13 DJ] 39.3 >s 
88.05 1 
879 <s 
21.5 88.0 1 


Nr. 289. y Aquilae und $8 Aquilae. 


11 515 47.10) 47.3 <s Geht äus- 
serst schwer, wegen schwachen Lichtes. 
An! 
S 47.4 :: S 
47.08 47.6 1 
45.5 849 71.7. s Laternen 
77.0 1 genir sehr. 
51.5 83.6 77.08 s 
53.5 83.6 Ro N 
58 45.3 50.9 <s Von Wol- 


49.) 1 ken in der 

50.6 s Gegend 
12 5.5 43.3 48.6 1 nichts zu 
sehen, wohl aber im südl. Horizont dunstig. 
Der südl. tiefere Th. der Milchstrasse scheint 
heute nicht den vollen Glanz zu haben. [Bei 
der Reduction die vier ersten Einstellungen 
verworfen, weil sie nicht mit den folgenden 
und auch nicht mit dem Augenscheine, dass 
8 viel schwächer als y ist, übereinstimmen, 
und also zu vermuthen ist, dass y geschwächt 
war.] 


Nr. 290. 7 Aquilae und £ Aquilae. 


12h 12m 35.8 31.7 <s In SW. 
nimmt Dunst von unten herauf zu. 

32.7 1 

34.4 8 

17 Sa all 
19 822 844 s Seit YıSt. 
hat sich Wind erhoben. Früher zuweilen Wetter- 
83.4 1 leuchten. 

Bones 

Siarzl 

81.9 3 

28 82.2 82.3 1 


Nr. 290a.. Deneb und # Cephei. 


Zur Verification zu Nr. 266 gehörig. Di- 
stanzkreis war auf 18.10 gestellt, wie für 
« Cephei; esergibr sich, dass bei dieser Stellung 
ausser « auch noch der hier beobachtete # 
das Feld passirt, welcher ohne Zweifel die 
Verwechslung bei Nr. 266 veranlasst hat 

= Zee 
75.0 1 

Im S. nehmen Wolken überhand, die um 
12h 38m schon bis in die Gegend des Adlers 
reichen 


1857 Juli 24. Cd. UT. Om, 


Himmel gegen Abend ganz rein geworden, 
nur tief am Horizont dunstig. 
Bild: s 63.2 (%) 62.67 (C) beide gut 


Arcturus mit sich 


31.0<s 29.7 Himmel noch 
332,1 etwas hell. 
aleSS 

276 1 

31.2 °s Flammt ziemlich. 
30.05 1 

32.4 8 

31.0 1 29.8 

102.4 > s 103.6 

104.3 1 

102.3 <s 

102.4 I 

101.5 s 

104.0 1 

101.9 s 

103.9 1 103.7 


Nr. 291. Wega und Arcturus. 

9h 2jm — 102.7 8 

100.05 1 

100.2 s 

24.5 100.0 1 

27 — 212 8 

DA 

222 s 

34 — De 1 
Bild: 64.15 1 640 
Ocular-Stutzen: 34.4 


« Ophiuchi und yOphiuchi. 


46 23.9 SONZEas 
Be! 
36.2 s 

1 


35.0 


902 5 
f 90.6 1 

89.3 's 
93.0 1 


Nr. 293. 
23.5 U 


Deneb und y Lyrae. 


33.5 
36 oO 42.2 


45.5 


Nr. 294. Deneb und £ Draconis. 


10 53 U 44.1 s 

41.1 1 

43.9 s 

3 10a 42.5 1 
11 45 m 81.7<s 

80.7 1 

82.2 5 

10 81.5 1 


Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


Nr. 295. Deneb und $ Cygni. 
11h 18m m 80.7 > 3 
80.6 1 
78.0 s 
25.6 $ 814 1 
28.5 D 46.7 5 
47.0 1 
47.3 8 
35.0 48.9 ] 


Nr. 296. Polarstern und ß Ursae minor. 


44 23.6 275 8 
325 1 
2198 Ss 
28.2 <] 
lm >>'3 
Baal 
299 >s 
1270 ass 
3 95.4 87.0 s FI. zieml. 
87.6 1 st., beson- 
87.8 s ders ß. 
10 95.4 899 1] 
Nr. 297. & Pegasi und Deneb. 
12 39 83.8 s ® 
: 86.0 1 Strassenlaterne blen- 
85.2 s det sehr. 
49.5 85.751 
51.5 Br m] 
407 1 
41.2 s 
44.4 |] 
sg. << 5 
Io=23:5 Mor] 
1857 Juli 25. €. d. U. 0. 


Horizontal-Dunst. — In N Wolkenbank 
unten; auch etwas höher, bis etwa 90, Wolken- 
strich. 


Bild: s: 63.33 (&) 62.7 (C) 
Beide Prismen stark mit dem Pinsel ab- 

gestäubt. |[Diess ist später gewöhnlich ge- 

schehen, ohne besondere Aufzeichnung.] 


30 


232 


Wega mit sich. 


e7 ıS 19,3 
N 

25.3 s Starkes Flammen. 
33.8 1 

25.4 

22.8 | 

232 <s 

94.4 1 19.3 
104.6 s 105.6 
106.0 1 

103.9 

106.0 1 

105.0 < s 

105.8 1 

1046 s 


105.4 1 105.65 


Nr. 2498. « Ophiuchi und £ Ophiuchi. 


Ygh 37m 5 24.3 [] 33.0. << 5 Nachd. 
Aufschreiben muss das Auge immer erst eine 
Weile sich erholen bis die Messung gelingt. 


320 
BAT ıS 
46 24.25 Ball 
52.5 Dee 837 8 
82.3 1 Flammen 
84.4 s sehr st. 
60.0 92.4 IS a | 


Nr. 299. Gemma und y Bootis. 


10S]S25 100.4 7] 89.5 Ss 
86.3 1 

84.6 Ss 

32 86.4 1 
25.5 39.1 41.0 .s 
NT 

417 s 

38.0.1 


Bei der letzten Einstellung musste der 
Beobachter den Schlitten nach und nach auf 
immer kleinere Zahlen rücken. [Ausgeschlos- 
sen bei der Reduction, weil wahrscheinlich 
Gemma schon geschwächt war.| Um 39m. 
ist Gemma spurlos durch Wolken ausgelöscht, 
die rasch um sich greifen. (Etwa '/ı Stunde 
später ist der ganze Himmel wieder frei und 
von überraschender Klarheit.) 


1857 August ?2. ©. EAU. 0. 


Die Beobachtungen von hier bis Septem- 
ber 17. sind wegen Abwesenheit Seidel’s 
von Leonhard allein gemacht. 


Nr. 300. Deneb und Polarstern. 


C — % *% flammen. — Sonst Umstände 
gut. 


10h 30m = 92.4 
93.8 
92.3 
92.25 


— 31.9 

31.6 

30.0 

47 30.6 


1857 August 13. 0.d.U.0. 


Areturus mit sich. 
25.0 23.3 
24.2 


22.0 Fl. ungemein 
23.0 heftig. 


105.3 104.7 


Nr. 301. Gemma und $ Bootis. 


9h 58m — s5.0 
54.5 
86.7 
10 8 85.8 
10 13 — 39.2  Prachtvolles 


Meteor rechts von Arctur an der Dunstgrenze, 
ungefähr 10° hoch. Verschwindet, strahlend 
im schönsten rothen Licht, nachdem es einige 
Secunden seine Stellung nicht geändert. 
41.8 
41.0 
23 40,7 


Nr. 3022. Gemma und £ Hereulis. 


10h 44m -— 29.1 
30.6 

30.8 

54 29.0 

59 ei 96.5 
96.8 

96.4 

69 SZ, 


1857 August 23. 0.d.U.0. 


Prismen gereinigt, ohne das Instrument 
auseinander zu nehmen. 


Nr. 303. Deneb und ı Draconis. 


8 54 = 82.0 
858 
80.8 
81.95 

El, 81.0 


11 — 42.0 
41 95 
43.9 
41.45 

20 45.4 


Nr. 304. Gemma und 12 Canum vena- 


ticorum. 
4l —_ 299 
32.8 
30.0 
54 33.2 
107 1 — 93.5  Heftiges Fl. 
90.5 
12 90.6 
94.5 
90.8 
19 90.8 


Das Flammen, wahrscheinlich wegen des 
schon tiefen Standes, zuletzt so heftig, dass 
die Einstellung sehr schwierig. — Eigenthüm- 
lich kühle Luft gegen Ende der Beobach- 
tungen. 


Nr. 305. yAquilae u. |@e2 Uapricorni??] 


Distanz 240.5. [Der % war wahrschein- 
lich € Aquarii, für welchen die berechnete 
Distanz ist 25.3 (Instrument war nicht ganz 
in Ordnung, s. später). Dass der % nicht 
«2 Capric. war, ist von dem Beobachter etwas 
später constatirt worden, weil «2 neben sich 
im Felde «1 hat.] 


11h 54m 31.8 41.5 

40 75 

42.0 

12 10 39.9 
96.1 (78.0 falscher %) 

47 84.4 


86.1 Fl. macht die 
85.3 Einstellung. 
13 31 53.5 sehr unsich. 


„Beobachtung in höchst unbequemer Stel- 
lung. Nach jeder Einstellung müssen die A% 
neu aufgesucht werden. Schlechte Beobach- 
tung; muss wiederholt werden.“ 


Attair mit sich. 


104.5 102.0 „In der defi- 
102.0 nitiv. Bestimmung des 
102.8  Durchsichtigkeits- Ver- 
104.0 hältnisses kaum der 

Berücksichtigung werth.“ 


26.2 22.0 
23.0 
26.0 
25.6 


1857 August 24. . C.d.U. 0. 


Arcturus mit sich. 


94.5 96.7 
92,8 
91.9 
93.8 
95.0 
92.0 
93.0 
94.5 
94.1 


30* 


254 


25.3 22.2 
19.5 
23.1 
19 6 
23.0 
20.7 
23.0 
25.2. > 


Bild: 64.5 63.98 
64.5 63.75 


„Flammen so stark, dass die Einstellungen 
nur als rohe Näherungen zu betrachten sind. 
— Im Süden starkes Gewitter. Viele Stern- 
schnuppen ohne bestimmte Richtung.“ 


Nr. 306. Gemma und y Hereulis. 


9h 11m 32.35 48.5 
48.7 

47.3 

21 49.1 

24 08.8 78.0 
79.5 

79.0 

32.9 78.5 


Nr. 307. Gemma und d Herculis. 


10 14 101.4 36.5 
887 

39.6 

24 928 
90.2 

30.5 26.0 36.0 
37.0 

33.0 

40 36.0 

44 39. 


Höchst unsicher wegen heftigen Flammens, 
und Blendens der Lichter von unten. 

Die heutigen Messungen zu wiederholen. 
Dieselben sind auch dadurch beeinträchtigt, 
dass das Instrument nicht gehörig berichtigt 


war, wesshalb es auseinander genommen wer- 
den soll. 


En nn EEE me 


1857 August 25. C.d.T.0. 


Instrument auseinander genommen. Su- 
cher und Photometer (Bild A) in gehörige 
Uebereinstimmung gebracht, und zugleieh be- 
wirkt, dass die Bilder von den beiden Objectiv- 
hälften (fast genau) zur Coincidenz gebracht 
werden können. 


Arcturus mit sich. 


105.0 104.2 
104.5 
104.8 
106.3 
105.3 


22.4 21.2 St. Flammen. 
21.75 
20.3 
21.4 
19.1 


Bild: 63.9 63.8 


Nr. 308. Gemma und d Herculis. 


Bei dieser und der folgenden Beobachtung 
stört das Licht dreier Strassenlaternen. 


gh 59m — 95.0 
94.1 

90.1 

92.4 

9 13 92.7 


18.5 == 31.8 
33.75 


Nr. 309. Gemma und y Herecnlis. 


50 = 854.5 s. Bemerkung 
84.3 bei Nr. 308. 
85.6 
19:% 1 845 
6 — 40.75 
40.5 
39.0 
18 41.8 


Nr. 310. Gemma und 7 Hereculis? 


Distanz 180.8. [Der Beobachter hat das 
Fragezeichen beigefügt. Wenn jedoch hier 
statt 7 ein falscher % beobachtet wäre, so 
müsste er heller als 7 gewesen sein.] 

(Anfangs Zeit verloren, weil die Aufschrei- 
bung der Stellung des Einen Schlittens ver- 
gessen wurde.) 


11h om zu 94.0 
96.9 

94.7 

12.5 97.5 

17 95.9 

22 + 30.0 
29.8 

29.3 

34 29.0 


Nr. 511. d Draconis und Deneb. 


12 37 44.0 = 
43.3 D 
44.0 

38... 45.2 


8 82.5 = 
82.5 
82.35 
83.3 


Heute bei Tage zum Theil wolkig; seit 
Mittag rein. — »%+% besonders hell. Trotz 
des Flammens würde die Nacht viele gute 
Beobachtungen erlauben, wenn nicht der Be- 
obachter nach dem [für ihn anstrengenden] 
Ablesen der Scala immer geraume Zeit ge- 
blendet wäre. 


1857 August 26. Cd. ®. 0, 


Nr. 312. Gemma und „ Herculis. 


Distanz 180.8. 


8h 48m D 85.8 
85.3 
84.75 

9 4 85.7 


9h 9m oO 


235 


Wega mit sich. 


19.2 
19.7 
18.1 
18.1 
19.1 
17.7 


107.65 
107.7 
108.0 
107.8 
107.7 
108.0 


Bild: 64.3 
64.0 


63.75 
655 


Nr. 313. Deneb und „ Pegası. 


11 40 = 
2 0 
12 45 n— 


83 25 
803 < 
82.5 
81.5 
82.0 


42.0 
44.7 
42.9 
43.7 
440 


Nr. 314. «Andromedae und f An- 
dromedae. 


12 51.5 == 


13 1 


98.0 
99.8 
98.2 
98.3 


23.7 
23.9 
22.4 
24.0 


Nr. 315. « Andromedae und y Andro- 


medae. 
15h 56m —: 101.7 
101.55 
102 6 
14 6 100.3 
14 10 = 23.1 
22.7 
28.0 (23 ?) 
18 23.2 
23 19.8 
28 19.83 Auge ermüd. 


Himmel rein und klar, %+%& ohne Flamm. 


1857 August 27. C..d. U:0. 


Nr. 316. y Aquilae und 4 Aquilae. 
10 18.5 92.1 87.6 
85.25 
86.3 
86.9 


36 35.3 38.5 


Nr. 317. (y Aquilae und 5 Aquilae?? 
Distanz 7°.55.) 


[Müssen falsche »# #£ gewesen sein, weil 
die Distanz nicht zutrifft. Wahrscheinlich 
statt { ein anderer. Vergleiche Nr. 323 und 
auch die Notiz vor Nr. 701.] 


II, 91.1 


[d’oKe Pla Klo 9} 
AN 
SO 2m. 


19 


[Die noch gemachten Einstellungen über 
dem Bild sind unbrauchbar, weil die Ablesung 
des Schlittens A versäumt wurde.] 

Um 40m Wolken gekommen. Sonst die 
Nacht der Beobachtung sehr günstig; &+E 
ohne Flammen., wie Tags zuvor. 


Wega mit sich. 


108.1 — 
108.1 
107.8 
108.5 


18.2 — Flammen be- 
18.25 ginnt einzu- 
0 treten. 

17.95 


Bild: 64.6 64.0 


1857 August 30. C.d. U.— 0m.6. 


Nr. 318. Deneb und Polarstern. 


9h 25m5 — 95.0 


36.5 94.0 


[SCH SSESSEISUEI SE 
[Sı WIE GEST 


10 13.5 34.0 


Deneb mit sich. 


100.95 101.75 
gi 100.9 
2) 100 0 
99.0 
100.7 
100.0 
100.75 
101.0 


19.5 19.3 
21.3 
20.15 


Nr. 319. Deneb und Fomalhaut. 


11h 26m5 >= 98.0 
98.1 

97.4 

99.5 

40 96.7 


Fomalhaut fammt ungemein, doch dürfte 
die Beobachtung zu den gelungenen zu zählen 


sein. 
Nr. 320. « Pegasi und & Pegasi. 
19237 _ 86.3 
87.8 
860 
5l 87.7 
F3onrg — 38.1 
36.95 
39.45 
14 40.9 
27.5 41.3 
32.5 D 41.7 


7 


Distanz 20°.4. — Ungemein heftiges Flam- 
men. „ePegasi auch im starken Sinken.* — 
[Die mit Anfüh- 
scheint 


Messung zu wiederholen. 
rungszeichen versehene Bemerkung 
nicht wohl zu passen zur berechneten Zenit- 
distanz 46°.8 von & Pegası.] 


EEE a m m m En 


1857 September 17. 


Nr. 321. 


237 


C. d. U. + 0m3, 


Gemma und „ Hereulis. 


Distanz 180.8. 


8ı 22m 


34,5 


41.5 


223 


103.4 


40.4 
433 
42.15 
39.9 


83.3 
84.9 
84.6 
83.0 


Schwierige Messsung. 


Nr. 322. Deneb und Polarstern. 


9 10 = 95.2 

94.0 

D 93.1 

19 95.0 

24 — 30.9 
30.75 

31.9 

36 32.5 


Deneb mit sich. 


108.0 
107.75 
107.8 
107.45 


35.9 


— Hier ist bei 


A das untere Ende des Schlittens statt des 
oberen abgelesen, daher die Ablesungen um 


37.3 18.1 zu ver- 
35.7 mind. sind. 
36.1 
Bild: 64.4 63.5 
64.0 63.7 
Nr. 323. y Aquilae und Z£ Aquilae. 


Distanz 100.8 


10 30 


92.3 
94.8 


96.3 


238 


92.8 102.0 s 104.0 
10h 42m 92.3 104.7 1 
103.2, 3 
47.5 38.3 3275 103.45 1 
De 
34.45 25.3 Ss 22.6 
59 35.3 941 1] 
63 39.5 in 
Geht sehr schwer wegen Blendung durch 23.7 1 
Strassen-Laternen. 26.2 5 
25.0 1 22.5 


Nr. 324. y Aquilae und y Lyrae 
Nr. 326. Gemma und z Hereulis. 


11 21 93.0 91.9 
91.9 [Die Beobachtung ist gemacht in der 
36.5 Be Meinung, dass der mit «Cor. verglichene %# 
dHerculis sei. Die Bemerkung wegen des 
49 34.2 32.8 Nachbars, der bei d' fehlt, macht es aber un- 
33.7 zweifelhaft, dass r beobachtet wurde, obwohl 
33.95 die Distanz für diesen um 009 grösser als für 

58 33.0 


d ist. (Vielleicht der Kreis um 10 falsch ge- 
stellt?) Auch die Helligkeit passt für x und 
nicht für d.] 


Nr. 325. « Andromedae und d Andro- 


medae. 97.45[] 820 s 
&h gm 809 1 
12 16 — 83.0 81.4 s 
84.0 13.5 Bir 1 
* B 
96 = ) es „Ausser JH. ist noch ein etwas schwä- 
cherer *%# des H. im Felde, welcher etwas 
39 we 40.9 stört.“ 
z ak 816 247 40.3< s 
28 19 is 
39.5 39.0 y 119 1 
*) Der []Schuber A fand sich nicht ganz 23 44.0 
offen, und wurde erst bei der folgenden Ein- 97.5 34.8 40.7 1 
stellung geöffnet. Die vorigen Beobachtungen Jetzt eine Pause gemacht. 


sind wahrscheinlien sämmtlich unter diesem 
Einflusse gemacht, da der Beobachter sich - == = 2 
nicht erinnert, ihn berührt zu haben. 


Nr. 327. Deneb und y Andromedae. 


10 40.5 FR 343 s 
Von nun an wieder beide Beobachter. 36.0 1 
® 33.4 Ss 
H sis 

185% September 20. C. d. U. — 0m 7. 326< 
Prachtvolle Nacht. 51.5 SA 
Wega mit sich. 53 = 895 8 
97.65 1 — (Die erste u. 90.5 1 
107.4 s dritte Ables. 90.2 8 
sind wahrscheinlich um 10 Linien zu klein.) 59 90.6 1 


98.65 1 


Nr. 325. «Peeasi und & Pegasi. 
> > 


11h 15m 24.1 44.7 s Geht schw. 
44.9 | wegen ge- 
43.95 > s ringer 


24,5 24.0 43.0 I Helligkeit. 
30 69 78.6 s 

80.6 1 

78.6 s 
39.7 97.0 791 ] 


49.4 — 94.6 Ss 
95 

02 <s 
595 93 1 
12,2 — Sl0r Ss 
30.4 1 
32.0 s 
6 SSOEN 


Nr. 350. «Andromedae und yCassio- 


pejae. 
12 13.3 24.0 23.088 
24.25 1 
26.3 8 
18.5 24.0 23.0 1 
20.6 102.6 100.6 
3aszl 
101.25 s 
26 102.8 101.75 1 
Bild: 62.9 s 62.9 
64.2 1] 64.0 


Ocular-Stutzen steht auf 34.55. 


1857 September 23. 
Sehr schöne Nacht. 


C.d. U. — 0m,7. 


Wega mit sich. 


104.8 


194.9 5 1 
Abh.d. II.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


239 


104.9 1 
101.7 </s Nicht zu verwerfen. 
1049 1 104.9 


20.55 


oo 
nmu So\Vo 
- 


DDvpbvyeovuki 
SDR KO 
PB ST on nor 


N) 
=) 
[e2) 


Nr. 331. Wega und «Andromedae. 


10 20.7 —_ 43.3 
44.7 
I 43.95 


„u mu-ın 


41.2 81.35 


Nr. 332. Deneb und yPegasi. 


10 49.7 — 84.6 s 
86.0 1 
86.3 5 
86.0 1 


39.8 
41.2 
11 47 40.0 


Ü 
59.1 I 39.4 
N 


u mm 


Nr. 555. Wega und Capella. 


3) 20,4 24.4 s gut. 
Beide flammen ätwas. 
22.0 1 
DIES 
23.0 1 
23.6<{s 
23.0 20.4 220 1 


25.85 103.95 1003 s 
100.3 1 


sl 


240 


11h 33m.7 
36.2 


104.0 


100.4 
100 9 
102.0 


98.1 
97.7 


Ann en 


99.0 


Nr. 334. Deneb und «Perseii. 


42.6 


Nr. 3355. Deneb und yY Cassiopejae. 


12 46 = 28.2 s 
280 1 
27.95 s 
9.5 29.5 1 
12.8 — 93.9 s 
945 1 
94.65 s 
18.5 96.6 1 
Nr. 336. Deneb und Capella. 
22.2 91.7 <s — 
92.9 1 
90.3 Ss 8] 
29 91.0 1 
31.5 35.25 s DO 
SEN 
35.2 s S 
37.2 341 1 
SEHE m] 
39.5 34.9 1 


1857 September 24. C.d. U.— 0m,7, 


Deneb mit sich. 


21.6 S 
245 1 


20.3 Geringes Fl. 


23.95 s 
234 1 
24.5 3 
245 1 


103.6 
104.8 
104.25 
105.6 
103.0 
104.1 


0 [nn [| un 


105.0 


Am westlichen Horizont werden Wolken- 
streifen bemerklich. Der untere (helle) Theil 
der Milchstrasse ist nicht sichtbar. Auch in 
SW. und N. Wolken, doch nur nahe dem 
Horizont. 


Nr. 337. yCassiopejae und « Cassio- 
pejae. 


11 19.65 —— 22.6 Ss 
20:9 1 

19/6: 28 

I 1 

20.3 Ss 

35.0 Da 


107.1 > s 
102.0 7] 

Ss 

1 

Ss 


52.5 100.8 1 gut 


Nr. 338. yCassiopejae und PÜCassio- 


pejae. 
12 al 102.2 100.0 s 
97.8 1 
96.7 <s 
951 1 
95.8 S 
13 102.2 95.35 1 
17 237 25.0. < 5 
26.971 
22 DS 
24.7 23.7 De \ 


Bei den heutigen Beobachtungen die Vor- 
sicht gebraucht (welche auch später oft an- 
gewendet wurde), Kopf und Instrument mit 
einem dunkeln Tuch zu umhängen. 

Himmel hatte sich Abends gegen 6b stark 
mit Federwolken bedeckt, die gegen die 


Dunkelheit hin wieder verschwanden, oder 
vielleicht nur unsichtbar wurden. Vielleicht 
rühren von ihren Resten die heute vorkom- 
menden stärkeren Differenzen in den Einstel- 
lungen her? — Sonst Luft trocken und zum 
Beobachten geeignet. 


1857 September 27. C.d. U. + 0m,1. 


9. Am Nord-Horizont nm @) Untergang 
etwas streifig und milchig getrübt. — Sonst 
anscheinend rein. — Zuerst s allein. 


Wega mit sich. 


20.0 Flammt st. 


[ort 


[] 
200 


[CHCHCHCHCH I) 
DeawamND 
[0 oe ES MICH | 


102.7 103.95[7] Einstel- 
lungen gelingen ziemlich leicht, trotz des 
Flammens, welches übrigens nachlässt. 

102.2 

102.8 

103.9 

1020 < 

104.0 105.95 


777 


Nr. 339. y Cassiopejae und d Üassio- 


pejae. 

1 A347 99.85 89.25 s 

83.7 1 

More 

48.5 99.9 89.0 1 
51.0 28.2 38.2 > s 

ara 
36.2 <s 

55.0 38.2 365 1 


Nr. 340.- y Cassiopejae und & Cassio- 


pejae. 
8 14 27.7. 42.65 s Gehtschwer 
beim Schein, wegen Schwäche des Lichtes. 
45.0 
7 428 s 
9.4 27.7 43.4 1 


241 


8h 12m.15 99.4 79.95 
82,5. 1 

U 80.7 3 

18.8 99.45 80.1 1 


Nr. 341. Deneb und Polarstern. 


8 29.5 — 92.6 s Flammen 
92.45 1 
23 >35 
35.0 94.3 1 
37.2 = 34.8 Ss 
36.25 1 
334 Ss 
41.2 34.95 1 Jetzt Pause. 


Nr. 342. «@ Pegasi und # Pegasi. 


10 54.3 28.95 42.1 s Distfast 
470 > 1 unter- 
44.1 s gegangen. 
11 60 29.0 41.1 1 
10.5 97.231] : 82.3 s 
80.5 1 
8 80.5 Ss 
20.3 97.25 star] 


Nr. 343. & Pegasi und « Agquarii. 


11 29.2 24.65 37.8 s 
37.85 1 
5 37.6 
38.9 24.5 35.6 > 1 
42.4 9407] SEI 
83.5 1 
S 82.8 s 
49:8 94.0 82.0 1 


Nr. 344, « Pegasi und y Aquarii. 


Geht sehr schwer wegen geringer Hellig- 
keit von y. 


12 2.4 — 42.9 Ss 
40.85 1 

39.6 Ss 

8.9 41.6 | 

11.3 —_ 82.0 8 


242 


86.0 1 Nr. 347. Wega und y Casseopejae. 
82.4 Ss 
12h 22m ,2 85.1 1 85h 2m 7] 44.2 s 
45.71 
44.35 s 
Nr. 345. « Pegasi und ß Ceti. 28 zn 
32.0 103.8 102,4 s Bf. stark. a Ü Ra: 
102.5 1 gut 806 3 
29.0 < 8 145 80.0 1 
42.0 103.9 98.9 1 
, Beendigt wegen der am Horizont herum- 
46.3 23.4 25.8 s ziehenden Nebel. In der Höhe scheint der 
19.1 1 Himmel noch schön rein. — Später nehmen 
22.0 s Nebel zu und werden sehr dicht. 
56.3 20.1 1 
25.25 S ee ar ne 
62.9 23.5 228 | 
1857 Oktober 19. C.d. U. — Om6. 
1857 Oktober 18. C.d. U.— 0m3. ea nienzek, 
re 104.7 1046 s Farb- 
ee zuteich 105.0 105.45 1 Verschie- 
103.9 s denheit 
Eu = 18.2 7% flammen NB. Ablesungen sind so 103.0 1 stört. 
20.45 1 etwas. richtig notirt, u. nicht 103.4 s 
191 s etwa die Column. ver- 103.0 1 
as - wechselt. 104.2 s 
- 105. 2.9 1] 
30 1 Wo Be a 
29r as 
106.25 s 106.27 ne en D- 
105.3 <1 22.75 s 
104.55 s Dar | 
104.9 1 : 23.6 s 
105.3 s 220 1] 
103.9 s _106.2 23.0 s BDA 
23.3 24.4 |] 


Nr.346. a Pegasi und £ Aguarii. 


Nr. 348. y Cassiopejae und nCassio- 


Stellung in hohem Grad unbequem. 
pejae. 


07263 = zu Distanzkreis 30.1. Der beobachtete # ist 
82.9 1 ich d nn Stell f 
as nic t etwa d, sondern Stellung passt auf n. 
34,5 93.3 833 1 — Sehr unbequeme Lage. 
b) © 
38.4 27.3 40.0 s Kane, = a ua erg 
41.6 1 ee 
39.8. >> - er 
46.4 27.3 37171 EL 1.077 5 
Gegen Ende dieser Beobachtung wird die 37.0 103.4 [7] 84.2 5 
Luft nebelig. &h scheint der Nebel wieder 315<1 
zu schwinden. Höhe rein. 83.0 >> 
! 45.6 103.45 [] 83.25 1 


Nr. 349. yCassiopejae und [ÜCassio- 
pejae. 


Kreis gestellt auf 60.9. Der beobachtete 
*% ist der hellste, welcher in dieser Gegend 
durchs Feld geht. Verwechslung mit 8 oder € 
ist unmöglich. Der beobachtete (£) hat noch 
einen kleinen Nachbar bei sich. 


7h 58m0 21.7) 44.8 3 
ae: 
45.4 >s 

8 44 21.8 43.1 1 
/ 

8.7 100.15] 81.7 s 

80.1 1 

13.9 80.55 s 

785 1 

799 8 

16.8 wol). 28.9.1 


Nr. 350. « Pegasi und d Aquarii. 


82223:7. 102.4 85.0 8 
878 1 d flammt 
85.4 s sehr st. 
31.7 102.45 88.9 1 
33 95 22.4 40.45 s 
38.2 1 
39.9 8 
41.6 22.4 33.2 1 Hiernach 
Pause. 


Nr. 351. « Persei und y Persei. 


10 82 —_ 36.25 s 
; 35.3 1 
DI] 35.35 s 
12.4 rast 
36.35 s gut. 
15.4 38.8 1 gut. 
10 17.4 El 87.15 s 
86.8 1 
N 88.2 s gut 
5.0 87,0 1 


Nr. 352. Wega und Capella. 


31.75 103.5 100.5 s  Wega fi. 
ausserordentlich stark; Capella viel weniger. 
99.0 1 


243 


1010 s 

10h 36m 6 103.55 997 1 
39.4 20.6 PER 
22.75 1 

21.7 s 

44.7 20.75 DR 


Nr. 353. « Persei und d Persei. 


35.05 < s 
38.0 1 
36.05 > s 
53.5 36.1 1 


93.05 > s 
90.0 1 
864 s 
90.5 1 
\ 85.4 <s 
63.5 89.0 1 


1857 November 19. (C.d.U.--5m8, 


Tag war nebelfrei. Himmel scheint ganz rein. 
Wetter kalt, noch ohne Schnee. — [Folgen- 
der Morgen dunstig.] Beobachter: s allein. 


Wega mit sich. 
Bild: 63.45 gut; 628 


100.95 99.9 
101.6 A bläulich. 
102.4 Bmehrorange. 
103.5 
990 »% fl. etwas. 
99.7 
101.3 

100.95 100.95 


25.4 22.6 
23.55 
23.2 
24.4 
24.0 

25.4 23.55 


Nr. 355. « Persei und £ Persei. 


39.2 (etwa Gew. !/2) 


7 30.5 = 
D 35.3 


35.7 
7h 40m 34.4 < 
43.5 je] 89.6 < 
90.3 
90.4 
52 89.95 


Nr. 356. « Persei und e Persei. 


Bed I 90.25 
89.6 

88.7 < 
8.6 89.6 
12.0 I 30.25 
33.6 
33.8 
21 312 


Nr. 357. « Andromedae und « Arietis,. 


33 —_ 23.0 
26.0 
23.7  Unbequeme 
41 23.8 < Stellung er- 
schwert genaues Einstellen. 


44 — 99.2 
101.5 
100.4 
49 101.6 


1857 December 1%. C.d. U. — Om 1. 
Beobachter 1 allein. 
Nr. 358. &« Andromedae und « Ceti. 


7 56 103.6 94.5 
900 

93.1 Heftiges Wall. 
8 85 95.9 
18.7 23.5 32.0 
39.0 
33.7 
30 35.0 


Deneb mit sich. 


21.4 20.0 
1985 Heftiges Fl. 


104.3 103.1 
102.9 


1858 Januar 5. C.d.U.—+ 1m,4. 


Nr. 359. Deneb und « Pegasi. 


87.0 s allein. 
88.85 Beide A ,% 
flammen, besonders Deneb. 
86 6 
88.5 > Auge muss 
nach jeder Ablesung erst etwas 
ruhen, um wieder gut zu sehen. 


Th 4m.5 OD 


S 88.7 
18.7 89.0 Flammen 
nimmt zu. 
21.0 — 38.2 < 
373 > 
39.7 
je} 318 >> 
35.4 
30.0 33.5 
33 S 37.2 


Jupiter mit sich. 
(Capella, welche ich zuerst mit sich ver- 


gleichen wollte, dammt allzu stark, trotz ihres 
hohen Standes.) 


19.35 


Down 
EDODOOD 
SIH9oooO 


Bild: 62.6 62.8 


103.2 103 6 
102.3 
104.0 
102.9 
102.3 
102.5 103.6 


NB. Tag (ziemlich kalt) war nicht ganz 
rein, sondern Himmel abwechselnd überzogen; 
auch cirrhusartige Streifen. Bei Beginn der 
Beobachtungen scheint der Himmel sehr klar, 
gegen Ende der Vergleichung von Jupiter 
mit sich (etwa 7h 45m) wird er aber in $., 
auch SO. und SW., offenbar dunstig, ziemlich 


hoch herauf, auch ist üm diese Zeit $Orionis 
abwechselnd hell und wieder verhüllt. Beob- 
achtung ist daher erst noch durch eine spä- 
tere zu verificiren. 


1858 Februar 2. C.d. U. + 3m A. 


Nachmittag hell, aber Himmel zum Theil 
milchig gestreift. Jetzt scheint er ganz rein. 
Anfangs s allein. 


Capella mit sich. 


103.3 103.7 _ A bläulich, 
99.6 B orange. 
100.2 

100.6 > Zodiacal-Schein ? 
98.6 < 

101.6 gut 103.7 

22.7 21.8 

22.3... Bei dieser Stellung 
22.0 scheint mir B mehr 
24.3 bläul., Amehr orange. 
22.6 21.8 


Ziemlich scharfer Wind aus SW., welcher 
Wasser in die Augen treibt. 


Nr. 360. e Orionis und Capella. 


7b 24m 41.5 == 


84.0 Distanz 470, 


Nr. 361. d Orionis und Capella. 


38.5 79.0 0 
80.3 
80.15 gut 
80.3 


D) Bis hierher 
heute s al- 
gut lein. 


47 52.5 
48.0 
45.2 
46.7 
44.7 
48.5 44.5 


ln HEN en 


245 


Nr. 362. £ Orionis und £ Aurigae. 


7 58m ,7 


tw 10 Iv IV 
PDS RR 
& =-1n c0 
= 

3 Vu 
Ss 

+ un 

[0} 

- 

158 

or 


9 102.1 100-4 
98.5 
101.0 
100.8 
100.4 
16 993 100.2 


Heute ruhiges Licht sämtlicher 2% 3%, 
selbst Sirius fammt wenig. — Am Schlusse 
der Beobachtungen sieht der Himmel völlig 
klar und rein aus; später (11'/ Uhr), bei 
€ Schein, zeigen sich jedoch einzelne zer- 
streute Wölkchen. Folgenden Morgen Schnee. 


un 


1858 Februar 18. C.d. U. + 1m,3, 

s Wolkenbank tief in SW. Mehr nördlich 
die rothgrauen Horizontal-Dünste — Unver- 
dächtig. 


Jupiter mit sich. 


21.6 s 20.45 
24.0 s Jetzt Saturn, weil 
Jupiter zu hell ist. 
23.8 
20.9 
234 
23.2 20.45 


104.6 
102.9 


- 
[>] 
zo 
u | 
un [en un 


104.45 


Nr. 364. Capella und $ Aurigae. 


8 23.0 — 40.7 s 
39.0 1] 

m 39.4 s 

29.6 40.5 1] 
30.1 im) 85.2 s 
840 1 

86.3 s 

35.0 86.2 1 


246 


Nr. 365. #Orionis und Procyon. 


9h 2m3 82.7 s ® Die & 
81.3 1 fJlammen stark, pas- 
83.9 s sen aber der Farbe 
9.7 83.1 1 nach gut zur Ver- 
gleichung (silberweiss.) 
10.75 43.2 8 ® 

44.0 1 

42.2 5 

15.4 AT 


9 23.0 35.25 s — 
36.5 1 
30:0, 25 
29.5 Se! 
’ 
31.3 89.8 s _— 
982 1 
88.9 Ss 
89.8 <|1 
88.3 Ss 
40.3 90.9 1 


1858 Februar 19. I C.d. U.+ 1m,3. 


Wolkenbank tief in SW. Mehr nördlich 
die rothgrauen Horizontal-Dünste. — Unver- 
dächtig. 


Jupiter mit sich. 


102.25 1 102.9 
102.9 s 
100.3 1 
101.3 s 
10222 
100.9 s 102.9 
Da] 20.8 
24.55 s 
24.6 1 
Pads 
28.2 1 
23.4 s 20.8 


Nr. 367 Rigel und Capella. 


23.4 <s R. flammt sehr st. 
25.5 1 


en oWw 
a 
09 
E [7 
A 


[CHCHCHT) 
BOUSI 
ot 


53.5 


56.2 104.3 > s 105.0 
102271 ut 
100,6 < s 
102.9 1 gut 
102.25 s gut 
62.4 103.0, 1 105.0 


Nr. 368. 8 Tauri und Capella. 


7107 106.7 *) s *) Lies hie- 


88.3 1 für 88.4, indem ohne 


Zweifel durch Versehen das untere Ende des 


Schlittens statt des oberen abgelesen ist 
88.0 s..(unteres Ende steht 


17.3 87.3 1 106.25) 
Beide flammen etwas 
20.7 35.9 s U 
39.8 1 
39.4 >s 
25.8 39.2 1 gut 
r2 BE, 


Nr. 369. #Aurigae und Capella. 


Schwierig wegen Kleinheit des A von #. 


33.25 INES 0 
787 1 
790 s 
42.0 78.0 1 
44.1 46.6< s 
49.9 1 
48.35 s 
47.2 485 1 


Nr. 370. 8Canis majoris und ZÖOrionis. 


T 546 34.9 s 24.8 Beide flam- 
39.95 1 men sehr stark, be- 
35.0 >s sonders 8. 


8 00 36.3 1 24.9 
3.0 90.25 sgut 101.15 
835 1 
900. 3 
7.8 96.8 1 
902 s gut 
11.2 Bl. 101.1 


Um 11 rasche‘ Bildung zerstreuter Wölk- 
chen. Prisma B zeigte sich etwas verunrei- 
nigt durch Schmutz, der nicht entfernt wurde. 


1858 Februar 22. C.d.U. + 1m,7. 


l allein. — Prismen mit dem Pinsel ge- 
reinigt. 


Nr. 371. Aldebaran und Beteigeuze. 


8h 135m 25 105.1 —  Heftig. Fl. 
103.6 
102.5 
20.5 102.8 
24.75 26.0 en 
269 
26.2 
30.5 25.35 


„Mit Capella wegen Mondnähe kein Ver- 
gleich möglich.“ 


Sirius mit sich. 


19.95 Heftig. Fl. 


24.0 19.95 
104.7 106.45 
105.0 
104.6 
105.2 106.5 


Himmel rein und klar, nur in der Nähe 
des Horizontes ringsum ein weisser Wolken- 
teppich, der sich im S etwas höher erhebt. 


1858 März 21. Ord.U. 9m 6. 


Nr. 373 Sirius und Capella. 


7253:6 _ 90.35 1 allein. 
92.2 
95.5 Heftiges Fl. 
30.5 94.0 
Atmosphäre scheint sich mit Nebel erfüllen zu 
33.2 — 34.8 wollen. 
34.95 
37.6 
35.3 35.0 


Beobachtung etwas unsicher. 


Abh.d. 11. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I.Abth. 


247 


Capella mit sich. 


102.3 101.7 


Atmosphäre dunstig und nebelig; Gegen- 
stände auf dem Maximilians- Platz nicht zu 
erkennen. 


1858 März 24. G.d.U.—+ 0m,]. 


9. Luft scheint ganz normal. In W.am 
Horizont die bekannten röthlichgrauen Dünste. 


Nr.574. eCanis majoris und £Orionis. 


7 28.45 39.9 s 33.3 D hinderlich. 

40.1 1 Sonst 
40.2 5 sehr ruhig. 

34.5 392 ] 33.25 

37.7 87.1 s 
8855 1 
89.95 s 

43.7 87.45 1 89.95 


Nr. 375. dCanis majoris und ZOrionis. 


759%3 43.4 Ss 32.4 
42.9 1 
43.4 Ss 
8 50 43.2 1 32.3 
8.2 81.0 s 91.35 
82.9 1 
83.5 s 
12.5 80.0 1 91.3 


Bild: 63.2 s 63.0 


Nr. 376 nCanis majoris und {Orionis. 


&h 21m7 eat 92.7 []J ÜUnsicher 
80.2 1 wegen schwachen 
76.15 s Lichtes und Klein- 
30.0 791 1 heit des A von 
32.4 96<s 3270 
49.3 1 
47.65 < Ss 
41.5 49.4. 1 82.85 


a2 


248 


NB. Unter dem Bild ist die Lage der AA 
verkehrt gegen die Stellung der [_)] Schuber. 


Nr. 377. Capella and ZOrionis. 


8b 52m.3 = 42.3 
44.8 


r 
oo 
a 
neo +n 


105.0 s 104.2 
1224 

103.0 < s 

104.9 1 

1044 s 

104 6 104.2 
217 8 20.0 
230 1 

22.85 s 

N 

24.7 58 

23.9 20.0 

1858 März 28. C.d. U. + 0m,5. 


Luft scheint ganz normal. — OÖ in 0. 
Jupiter mit sich. 


20.67 


DecvDvDv 
or © 
m 7 7 0 51777 


DREDDD 
LISUISIDOm 


Nr. 378. Capella und Beteigeuze. 


Th 48m) = 92.5 
97.9 
91.1 


s Fl. etwas. 
1 
s 
93.35 1 
s 
1 


(etwa Ge- 
wicht !/2) 


92.65 
56.0 91.0 


757.3 ® 3445 s 
B7O. N 

34.3 s 

30.7 1 

$ 33.0 s 

Sem 35.0 1 


Nr. 379. Capella und Polarstern. 


8 10.2 — 44.45 s 
46.1 1 

40 <s 
18.5 Aal 
21.2 = 837 s 
83.9.1 

8 83.7. S>u3 
26.6 82.341 


Nr. 380. Capella und 3Tauri. 


37.7 —— 88.4 s 
E99 

® 88.6 s 

41.2 885 1 
43.35 D 39.4 Ss 
40.6 1 

S 39.8 s 

47.0 Se! 


Nr. 381. Procyon und «Hydrae. 


8 57.5 —— 43.8 8 
450 1 
© 44.0 s 
gr Shra 46.0 1 
7.75 8 81.2 s 
82.25 1 NB. «Hy- 
drae steht dem C etwas nahe (vielleicht auf 
S 80.3 s etwa 47°). 
15.9 83.5 
Bild: 63.7 63.15 


s 
64.75 1 63.95 


1858 April 14. C. d. U. + 0m,9. 

Luft rein, nur gehen in $. die Horizontal- 
Dünste etwas höher herauf als gewöhnlich. — 
Anfangs Beobachter s allein. 


Procyon mit sich. 


198 > „2179 

18.3 

20.4 

207 

224 Pr. flammt etwas, des- 
halb jetzt statt seiner Saturn ins Feld ge- 
nommen. Nach diesem Wechsel scheint mir 
die letzte Ablesung zu gross. [Gewicht Y/.] 


20.0 
217< 
19.25 17.9 


103.2 105.25 

1044 

104.2 

104.6 Bis hierher s allein’ 
103.8 1 

104.4 s 105 2 


Nr. 382. 3Tauri und $ Tauri. 


8 25.7 — 42.0 s Geht et- 
was schwer wegen Lichtschwäche. 
36.1 1 
OD 37.85 s 
38.6 1 
33.7 36.9 s 
37.0 w) 86.9 <1 
393 Ds 
$ 87.251 
42.2 86.2 Ss 


Nr. 383. 3 Tauri und ı Aurigae. 


47.8 — 848 5 
85.8 1 

U 86.6 < s 
53.5 342 1 
56.3 DO 39.6 s 
41.2 1 
$ 65 
33.0 41.0 1 


249 


Nr. 584. $Tauri und $ Aurigae. 


9h 8m5 21.4 s 21.37 
26.8 1 
22.5 8 
25.751 
1ITEHS 
22.11 
21.8 <s 
18.5 241 1 21.25 
21.4 1017 s 104.8 Himmel 
scheint jetet auch im tiefen Süden schön rein. 
104.5 
104.5 s 
101.9 1 
100.3 s 
32.0 103.0 1 104.8 


Nr. 385. ß&Aurigae und eAurigae. 


40.15 — 41T >53 
382 1 

= 41.0 s 

47.0 418 ] 
49.8 0 844 s 
87.85 1 

$ 85.2 s 

55.6 86.2 1 


Nr. 586. 3Aurigae und «Geminorum. 


10 9.05 — 83.0 s Stellung 
83.9 1 etwas un- 
® 85.7 s bequem. 
14.7 82.0 1 
17.7 U 44.6 8 
43.6 1 
43.35 > s 
24.0 44.0 1 


Sehr klare Nacht, %% »% sehr ruhig. 


1858 Mai 4. 0.d. U. + 1m7. 
Arcturus mit sich. 
21.3 19.6 
b.. 0202. 
21.1 Bis hierher s allein. 


32 


250 


101.8 s 103.8 
102.6 1 
101.5 s 
101.05 1 
1015225 
100.7 1 103.9 


Nr. 387. Regulus und y Leonis. 


10h 34m 95 Bi 91.9 s R. Aammt 
ziemlich 
stark. 


44 89.2 


52.0 33. 


Nr. 388. Regulus und d Leonis. 


ke U 3495 s Flammen 
za von R. 
36.8 s nimmtzu. 

7.0 32 

9.3 U 918 s 

91.0 1 

90.75 s 

15.41 91.0 1] 


Nr. 389. Arcturus und Spica. 


2177 — 954 s S. flammt 
96.8 1 sehrstark. 
97°8 

26.0 94.4 1 

237.8 —_ 2382 Ss 
299 1] 

DOES 

31.4 28.6 1 


NB. Himmel den Tag über rein: nach 
@) Untergang zerstreute, leichte, anscheinend 
wohl begrenzte Wölkchen. Um 10h scheint 
es ganz rein, doch flammen &% a Im 
Laufe der Beobachtungen einmal in S., nahe 


dem Horizont, einen wenig ausgedehnten 
Wolkenstreifentdeckt. (Morgens darauf Himmel 
dünn bezogen.) 


1858 Juni 5. c. 4.076, 

Heute bei Tag Himmel ganz rein. Um 
9b nur im tiefen W. streifige Wölkchen, tief 
im S. mehr nebelartige Schicht. 


Mars mit sich. 


23.7. %5 21.15 
22.5 8 

23:7908 
2 

22.9 >>] 

22.0. ] 21.15 
103.15 s 105 75 
102.3 1 
1045 s 
1038 1 
1046 s 
102.0 1 105.75 [Es war 


notirt 107.75. Ohne Zweifel Schreibfehler.] 


9 35m Venus tief in W. funkelt stark; sie 
spielt dabei besonders in Roth. 


Nr. 391. 8Leonis und Arcturus. 


9h 47m0 468 s —_ A. fammt 
stark. — Geht etwas schwer wegen grossen 
44.3. ] Unterschiedes. 
46.2 8 
53.5 40 >1 
460 < s Wetterleuchten tief 
560 46.0 1 in S. 
58.0 82.4 s w 
82.9 1 
80.3 > s S 
10 2 81.95 1 


Nr. 393. eVirginis und $Leonis. 


10 33 41.8 <s 27.0 
423 1 
418 >s 
39.3 40.2 1 270 


Etwas Zeit verloren. 
BANTES 997 


50.5 86.8 s 
56.5 84.0 s 
88.5 881 1 
86.3 1 
61.5 85.1 1 ER 


Nr. 394 wUrsae maj. und yUrsae major. 


11h 11m2 85.3 980 
sa 
82.5.8 
17 Sa SHel 98.05 
20.3 42.1 s 25.27 
43.5 1 
40.97 s 
27.5 42.7 1] 25.3 


Nr. 395. «@Draconis und yUrsae maj. 


38.1 40.2 < 585 — 
42.01 
42.05 > Ss 
44.7 43.0 1 
474 837 85 
So 
84.0 s m 
52.2 85.0 1 


Himmel in S., obgleich in der Tiefe be- 
ständig Wetterleuchten, von ausserordentlicher 
Klarheit. Milchstrasse ungemein deutlich in 
ihren verschiedenen Verzweigungen; desglei- 
chen ganz tiefe »#’%% im SO. vom Scorpion. 
— Fixsterne funkeln heute stark. 


1858 Juni 6. C.d. U. + 0m,1. 


Tag vorzüglich rein; Himmel völlig klar; 
»&r% funkeln ziemlich. 


Nr. 396. Capella und Wega. 


9 345 88.6 s — Flammen 
beide stark, besonders C. Diese zeigt im Su- 
cher ein brillantes Farbenspiel in Roth und 

89.7: 1 Grün. 
89.9 > s 
878 1 
86.6 < s 
40.5 89.7 1 


251 


42 4 36.8 s — 
37.5 1 W. flammt fast 
37.0 s ebenso stark als C. 
37.0 1 
STE 

48.0 35.0 ] 


Arcturus mit sich. 


21.3 Schönes ru- 
higes Licht. 


1045 1 
1028 s 
105.0 1 
102.8 s 
105.0 1 104.8 


Nr.397. $ Ursae major. und y Ursae major. 


10h 15m4 42.9 8 27.5 
42.5 1 
43.4 Ss 
19.2 41.4 |] 27.5 
22.2 86.9 s 102.1 
86.2 1 
85.6 Ss 
27.0 Se 102.1 


36.4 783 = 90.8 
78.0 > 1 
ZA. 
42.0 80.251 90.85 
46.4 46 s 950 
45.9 1 
44.6 8 
51.0 470° 1, 29.8 


Nr. 399. Gemma und ZBootis. 


7030 DO 41.1 s 
8 38.95 1 

a 41.6 8 

10.5 895 1 


13.8 8 82.95 s 
83.3 1 

oO 845 

22.2 84.8 1 


Nr. 400. Arcturus und Gemma. 


11h 28m0 — 83.55 s 

821 | 

S2.35 s 

33.5 80.7 1 

Bordes 

37.6 Baal 
39.3 oO ESS 

Aa 1 

S 4005 s 

44.0 43.75 1 


”r% funkeln heute weniger als gestern: 
auch Wega ist jetzt ganz ruhig. Milchstrasse 
heute bei weitem nicht so klar. [Luft wahr- 
scheinlich weniger feucht.] 


1858 Juni %. C.d. U. + 0m,5, 


Tag ebenso schön wie gestern; völlig wolkenfrei. 


Nr. 401. Spica und y Virginis. 


9 43.1 U 435.9 s Sp flammt 
43.7 1 sehrstark. 
45.1 s 
48.5 43.75 1 
51.05 oO 82.4 Ss 
82.3 1 
81.75 3 
55.3 815 


Nr. 402. d Virginis und ß Leonis. 


107 375 84.4 s U 
84.7 1 
87.4 8 
13.5 83:30 1 
19.45 \ 542,888 
43.8 1 Geht schwer wegen 
43.4 s schwachen Lichtes. 
258 447 1 Auch stören Later- 


nen von unten. 


Nr. 405. Gemma und d Bootis. 


10 32.9 U 39.4 s 
40.0 1 
39.6 s 
41.6 EU | 
44.45 Ü 842 s 
84.7 1 
85.25 s 

48.6 86,2 


Nr. 404. yUrsae majoris und Wega. 


11h 1m9 77.0: 8 j 
79 
78.6 83 
7.6 79.0 
10.6 48.8 s ® 
493 1 
48.7 83 
16.6 48.45 1 


Nr. 405. yUrsae majoris und xDraconis. 


37.0 31.350 470 s 
48.4 |] 
46.85 3 
42.0 3150 859 1 
44.6 93 45 78.1 s 
19. 
113 3 
505 93.55 80.0 1 
Distanz abgelesen 16°,6 Corr. d. Nullp. +0>,15. 
Bild: 63.35 s 63.3 


63.55 s 62.97 


Arcturus mit sich. 

20.8 s 19.0 
92051 
21.05 
21.6: 10.2190 


104.65 104.2 
104.75 
101.95 
104.0 
103.4 


103.6 1 104.1 


Himmel wie gestern. Vielleichtfunkeln &,& 
etwas mehr. 


Funkelt jetzt. 


u en 


1858 Juni 8. 


Tag ähnlich wie gestern, jedoch heute um 
91h Abd. am N. Horiz. einzelne streifige 
Wolken, die sich gegen NO. etwas mehr er- 
heben In W. tief Wolkenbank. 


C.d. U.+ 0m.7. 


Arcturus mit sich. 


s 20.2 % flammt 


etwas. 


102.35 S 
103.3 103.6 


Bis hieher s allein. 


Nr. 406. Spica und Wega. 


9h 40m15 90 s — Sp. flammt 
91.4 1 sehr stark. 
91.05 s 
45.0 93.5» 1 
47.8 35.0<(s — Flamme von 
33.0 1 Sp. wird immer 
32.8 8 stärker. 
51.7 34.6 1 


Nr. 407. nVirginis und $Leonis. 


59.45 445 s [) Sehr unsicher 
45.2 |] wegen schwa- 
4l.l s chen Lichtes. 
107 7.9» 42.0 1 
12.3 33sD 
83.3 | 
82.85 s 
20.5 81.8 1 


Nr. 408. dSerpentis und Gemma. 


32.45 4.1 s [U 
45.0 1 
44.5 8 

41.5 43.0 1 


253 


44.5 82.3 s [DL] Strassenla- 
83081 terne stört 
82.3 Ss sehr. 

50.3 82.9 


Nr. 409. ß&Serpentis und ? Coronae. 


(Es war die Absieht £ S. mit «@ Cor. zu 
vergleichen, der beobachtete #%£ war aber zu 
schwach für diesen. Abgelesene Distanz am 
Kreise des Instruments 110,95). 


11h 1n0 40.0 s 22.6 Geht schwerer 
&) 48.0 1 406 als vorher. (Au- 
15.65 38.3 s 25.2 ge ermüdet?) 
Geht zu schwer, desshalb abgebrochen. 
Bild: 65.0 1 641 


64.35 s 63.25 


Nr. 410. Gemma und yCoronae. 


[Es war ursprünglich notirt: G. und ß 
Coronae, und auf Distanz 20,8 gestellt. Aber 
nach bestimmter Erinnerung von Juni 9 war 
der %# in B ein Gemma nachfolgender. 
Zur Controle die Beob. Nr 415 gemacht, de- 
ren Erfolg mir keinen Zweifel lässt, dass auch 
hier y statt 8 gemessen ist.] 


28.55 — 41.0 8 
44.8 ] Strassen-La- 
41.6 > s terne unge- 


35.0 42.4 |] mein störend. 
37.3 = 83.1 s gut. 

84.4 1 

84.7 s gut. 
41.5 84.8 1 


Nr. 411. ßSerpentis und Gemma. 


Distanz abgelesen 1106 


53.15 43.1 <X s — Himmel scheint 
40.2 1 jetzt auch in N. 
41.0 <s ganz rein. 

12 2.5 41.2 1 

5.8 82.2 << s — 
80.8 1 
84.7 s nicht schlecht. 

Jule) 82.1 1 


254 


1858 Juni 12. C. d.U.+1m,0. 


Gegen Abend zerstreute Wolken, die sich 
um (e) Untergang nach und nach lösen. Um 
91/4 solche nur noch in N.,-etwa bis auf 180 
Höhe: in S. W. dunstig. 


Arcturus mit sich. 


20.655 < s 21.2 flammt etwas. 
24.1 

235 

227 

2325 

214 < >1.2 

101.8 103.2 
102.25 
102.9 
101.0 
102.0 
102.8 


Bis hieher s 
allein. 


- nn —_ un mn mn 


103.15 


Nr. 412. yUrsae majoris und Gemma 


9h 44m 82.3018 27.5 s allein. 
34.6 
33.3 
53.5 31.4 27.6 
56.6 96.1 100.25 
ITOEZT 
94.5 Beideflammen 
61.5 96.7 100 3 ziemlichstark. 


Norden ist jetzt fast ganz rein geworden. 


Nr. 413. Gemma und e Hereculis. 


10 15.4 D 438 s 
432 1 
430 s 
204 42.6 1 
22.9 I 834 s 
34.0 1 
834.7 > s 

29.0 83.1 


Nr. 414. y Ursae maj. u. 12 Canum venat. 


36.3 23.7 3 21.8 
18.3.1 


23.15 s 
>20 
24.25 3 
49.0 20.3 1. 27.85 
55.4 1043 s 100.2 
102.3 1 
1082 s 
1040 1 
107.65 s 
68.0 108.5 .1.,100.15 


Beide %%+% flammen zwar, aber nicht eben 
auffallend. Stellung ist ganz bequem. Die 
Veränderlichkeit des Helligkeits- Verhältnisses 
während der Einstellungen fällt schon bei der 
Beobachtung auf. 


Nr. 415. Gemma und y Coronae. 


(Beob. gemacht zur Feststellung der Iden- 
tität des #% bei Nr. 410. Die berechnete Di- 
stanz 208, welche % von « hat, wurde am 
Kreis eingestellt, aber für einen @ nachfol- 
genden »#. Der hier beobachtete kommt 
wirklich in das Feld, wiewohl nicht ganz in 
die Mitte. Nachdem er in die Mitte gebracht 
ist, steht Dist Kr. auf 200. Da auch die Ein- 
stellungen mit denen bei 410 stimmen, bleibt 
kein Zweifel an der Identität ) 


11h 15m8 = 427 8 
195 41.45 1 
21.6 — 86.0 s 
23.7 84.0 1 


Nr. 416. Gemma und ?Coronae. 


(3 geht « voran) 


31.3 — 42.0 s 
399 ] 
42.2 8 
42.5 4123 7 
46.0 — 85.37 s 
858 1 
85.25 s 
53.0 86.1 1 Dist. Kr. 20,8. 


Himmel scheint jetzt ganz rein. »% % fun- 
keln zwar, aber nicht übermässig. 


Nr. 417. Polarstern und Deneb. 


Nach directer Betrachtung scheint mir heute 
P. sehr hell. 


12h 13m,6 94.27 s — 
92.4 1 
90.0<“ 3 
18.7 90.7 1 
20.3 37.0<Xs — 
344 1 
35.45 s m] 
26.9 33.0 1 


1858 Juni 13. C.d. U. + 1m,7. 


Nachmittag wie gestern: Um (@) Untergang 
klärt sich auf. Am W. Horiz. dunstige Wol- 
kenbank, die sich im S höher hinauf zu ziehen 
scheint, hier aber auf dem dunkleren Himmels- 
grund nicht so kenntlich ist. 


Arcturus mit sich. 


20.8 s 20.0 
20.35 
22.4 
22.3 
21.2 > 
21.6 219195 
Die Beob. unter dem Bild s. sogleich. 


Arcturus mit sich. 


(Zwischen vorstehende und nachfolgende 
Einstellungen fällt eine Vergleichung von Mars 
mit Wega.) 


100.65 s 
101.0 1 
99.1 s 
100.0 1 
99.95 s 
98.15 1 100.55 


100.55 


Nr. 419. 12 Canum venaticorum und 
y Ursae majoris. 


10 4.25 87.95 s 93.4 
90.0 1 
89.25 s 

10.2 90.25 1 93.3 


Abh.d.II.Cl. d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


255 


13.2 33.0 83 22.0 
31.0 1 
33.8 8 

19.0 29.8 22.0 


Nr. 420. Ras Alhague und Gemma. 


10h 33m.15 24.8 s 22.5. 
24.81 
27.8 s nicht schlecht. 
25.0 1 
26.0 3 
44.5 27.8 1n.schl. 22.6 
42.7 102.0 s 98.2 
[Muss wohl heissen 47m.7.] 
2] 
98.9 s 
56.5 100.2 98.2 


Nr.421. ADraconis und yUrsae majoris. 


Etwa seit 11h 7m hat Wolkenbildung be- 
gonnen: erst in S., jetzt auch in N. Höhere 
Regionen sind noch frei. 


11 22.2 49.7 8 22.8 
47.4] 
48.2 < s schwierig wegen 
schwachen Lichtes. 


29.5 4621 22.75 

32.65 78.0 s 99.8 Die BE 
76.5 1 flammen jetzt. 
79.6 s 

41.0 79.3 1 99.75 


Um 45m ist y U. fast ausgelöscht von 
Wolken. Beobachtung wird indess schwerlich 
entstellt sein. 


1858 Juli 5. 
L. allein. 
Nr. 422. Gemma und y Serpentis. 


C.d. U. + 0m,8. 


10 34.5 — 40.2 Flammen 
40.35 sehr stark. 
39.5 Kaum einzu- 
44.25 40.7 stellen mög- 
lich. 
47.5 — 86.1 
86.1 
86.8 
54.5 86.8 
. - Ah 
336) 


256 


Arcturus mit sich. 


106.0 106.0 


1858 Juli 18. C.d. U. + 2m3. 


%. Himmel war Abends ganz rein: jetzt 
steht aber in N. eine ziemlich grosse Wolke, 


Nr. 423 Wega und Attair. 


10h 17m.9 —_ 31.2 s A. flammt 
29.0 1 etwas. 
28.8 s 

DIA] 

30338 


IM] 
25.4 31.0>1 
MM] 


5 
1 sehr gut. 
S 95.4 s 
1 
s 


34.2 9.6 1 

Wolke, welche vorher nur etwa Cassiopeja 
von unten berührte, ist jetzt höher und zu- 
gleich geren O. gerückt, und nähert sich dem 
Schwan. S. und W. scheinen rein: Milchstrasse 
klar. 


Wega mit sich. 


104.55 104.151 
105.15 s 
102.751 Flammen 
nimmt rasch zu, während zugleich Wolken- 
bildung in N. sich ausbreitet. 


105.2 s 
103.0 1 
104.5 104.4 s 
20.0 1 189 
21.978 
22.4 1 
23.35 s 
SU! 
ONKOES 18.9 


Wolke hat jetzt (11%) auch den Schwan 
bedeckt. N. Horizont ist wieder frei. 
EEE VE 


1858 August 4. 


Nachmittag schön klar. Um @) Untergang 
ein paar kleine streifige Wölkchen, die nach 
etwa !/dh unsichtbar geworden sind. Scheint 
jetzt ganz rein. 


C.d.U.—+ 1m,3. 


Wega mit sich. 

21.9 20.4 
199 
22.8 
24.2 
22.3 
24.3 


un mn u 


20.3 
104.55 s 105.6 
103.85 1 
106.0 > s 
106.0 1 
105.2 s 

1 


103.5 105.4 


Nr. 424 Gemma und ı Hereulis. 


g9h 40m .7 21.05 43.6<{s [Gewicht 
!/a] Geht schwer wegen schwachen Lichtes. 
46.6 1 
47.0 8 
46.5 21.0 46.1 1 gut. 
54.5 106.7 82.05s Flammen 
82.2 1 etwas. 
81.35 s 
60.6 106.8 822 1 


Distanzkreis steht auf 31°.0. 


Nr. 425. Gemma und 4 Hereulis. 


10 19.0 19.23 41.0 s Strassen- 

40.0 1 laternen 

42.2 s sehr hin- 

35.5 19.25 42.3 ] derlich. 
29.35 103.5 81.9 s 
83.8 1 
82.255 

36.0 103.6 83.8 1 Abgeles. 

Dist. 29°.2. 


Nr. 426. y Cassiopejae und y Cephei. 


46.85 —_— 86.4 s 
84.651 
86.8 S 
55.0 84.9 1 


ID 
Qu 
| 


59.0 _ 36.5 s 106.8 1 
4071 104.6 s _W. ziemlich ruhig. 
393> s 104.3 ® 105.5 

65.0 38.751 


Nr. 429. Gemma und z Hereulis. 
Nr. 427. Attair und Deneb. 


Ih 35m .35 26.4 45.9 s Dist. 21°.3 
11h 10m.8 = 21.15s A flammt 478 l am Kreis. 
21.2 1 stark. 462 s 
22.8 s 42.5 25.3*) 45.6 1 
15.2 22.8 1 [®) Ist wohl zu lesen 26.5. Notirung im 
Original nicht ganz deutlich. ] 
181 — 102.8 s 45.7 99.7 80.2 8 
99.6 1 79.0 1 
101.6 s ® 80.6 s 
99.6 1 54.0 99.8 81.11 
101.7 s 
95.7 69. l Bild: 64.4 s 63.4 |Okular-Stutzen 
6415 1 63.8) steht auf 34.2. 


1858 August 11. C.d. U. + 0m,8. FR: 
Nr.430. yCassiopejae und [E Draconis?] 


Tag schön; feuchte Luft. Abend rein. 


2% funkelnd. e [Wahrscheinlich falscher %&, zu schwach $ 
für & Eingestellte Distanz ist notirt 49°.2. 
Berechnung für £ gibt 48.9. Vol übrigens 


3 N 
Nr. 428. Arcturus und Attair. die Beobachtung Nr. 696 von &] 


8 36.3 — 103.0 s Flammen £ 
98.3 1 beide sehr N Q Son s A sehr 
103.2 s stark. S 501 1 klein, weg. 
101.7 1 [) 50.0 s Schwäche 
1005 s 30.3 S 522 1 des $. 
48.65 100.9 1 
33.3 m 73.9 3 
49.6 =— 24.7 s gut. 755<1 
25.7 1] gut 75.0 8 
25.0>s Farbe 47.9 76.5 1 vorher et- 
stört nicht, wohl aber das lebhafte Flammen. 3 was Zeit verloren. 
255 171 Dist. abgelesen 49°.2: anderer *% in Dist. 
26 8 48.5 von nahe gleicher Helligkeit, doch an- 
60.0 59] scheinend etwas schwächer, auch etwas höher 


als der gemessene des Drachen. 


Wega mit sich. 
Nr. 431. Wega und Deneb. 


Schlitten A [ 21.6 s 20.15 
bleibt stehen. | 21.6 1 a Schl.B stehen 10 58.15 — 3455s 
24.7 8 92.1 | geblieben. 34.0 1 
Dal 20.0] 36.0 s 
221 s wie oben. 36.0 1 
Del 19,7} i 346 s 
11 50 35.0 1 
105.33 s 105.5 
104.9 1 75 — 89.2 s 
1034<{s 89.5 1 
99% 


39 


258 


88.25 s gut. 87.0 1 
89.5 1 36.3 85.0 5 
89.2 s x ziemlich unruhig. Stellung sehr unbe- 
13 88.2 1 quem. 
Distanz abgelesen 23°,7. 40.0 434 1 en 
41.7 8 
Bild: 63.7 8 63.15 40.4 1 


64.4 1 63.8 47.0 40.75 s DO 
Licht der %£.% zuletzt schön ruhig. — 
Heute viele und helle Sternschnuppen. = 


Nr. 435. «& Ophiuchi und Deneb. 


1858 August 16. _ C.d.U.+0me. 1M5mI5 356 s = 


32H 1] 
36.0 
Um @) Untergang noch einzelne zerstreute z : u 
5 $ Ä E R 11 0 32.1 
kleine Wölkchen. Scheinen sich aufgelöst zu 
haben. 50 5 1 
R F 5 e 90.3 1 
Nr. 432. « Ophiuchi und 72 Ophiuchi. 9 
9.5 90.25 1 
9h 33m .4 — 43.38 
44.4 1 — 
® 43.0 s L 
89.5 42.7 1 Nr. 436. .d Aquilae und y Aquilae. 
41.5 DO 83.28 175 34.0 28.3 8 
8.31 26.0 1 Schwach. 
S 81.8< s 31.6 s Licht. 
46.0 85.6 1 26.5 34.0 27.251 
29.7 87.9 90.3< s 
93.3 1 
Nr. 433. Gemma und Deneb. 95.0 3 
39.0 88.0 92.2 1 
52.7 37.15 s — 
36.0 1 
34.2 >s ; $ : 
57.5 36.8 1 %% heute ziemlich ptsinmikeieh; 
EEE, 1048 s 1072 
59.3 83.65 5 .E T 
1080 1 1071 
en 105.25 s 
87.8 s 106.5 1 
89.971 
90.25 s oO 21.25 s 211 
10 9.0 9a 23:07 1 
240 s gut. 
Da Ol 
21.1 s 
22.6 1 21.0 


Nr. 434. # Ophiuchi und « Ophiuchi. 
Einstellungen sind heute beiden Beobachtern 


10 25.5 95.9 s —_ etwas schwer gegangen. — [Folgenden Morgen 
88.6 1 klar und rein.] 
86.1 D 


1857 August 17. C. d. UT. + 0m,6. 


Luft scheint ganz normal. C dem 1. Viertel 
nahe, steht aber tief, bei Antares. 


Nr. 437. Wega und Arcturus. 
&ı 27m .,6 —_ 2255<(s Flam- 
24.8 1 men stark. 
24.2 Ss 
224 1 
24.6 s Jetzt ist 


W. ziemlich ruhig, aber A. flammt sehr stark. 
35.5 21.7 1 


100.4 s 
99.8 1 
99.0 Ss 
100.5 1 
101.15 > s 


43.5 100.1 1 


Wega mit sich. 


104.0 s 104.77 
104.5 1 
104.6 s 
105.25 1 
104.7 s 
105.17 1 104.8 
20.9 s 185 
22.0 1 
23.5 8 
22.6 1 
22.0 Ss 
23.1 1 18.4 


Nr. 438. Gemma und y Cassiopejae. 


Du 7275 27 85 273>s 6. ist 
ziemlich ruhig, aber y Cass. flammt stark. 
22.11 
30.0 s 
22 751 
26.4<{ s 
27.95 250 1 


98.47 98.1 
98.1 
98.4 
96.9 
97.6 
30.0 98.6 98.7 


Im Ganzen zuletzt das Licht ruhiger. 


Sehr gut. 


„u Hu mm 


Nr. 439. 


9h 37m.65 


43.5 


46.35 


51.5 


259 
«@ Ophiuchi und e Herculis. 


—_ 86.3 s 
87.451 


[m] 85.6 Ss 
S 86.8 1 


39.7 1 etwas. 
39.9 s 
38.0 1 


© 40.7 s Flammen 


Wetterleuchten in SO. 


Nr. 440. 9 Aquilae und £ Delphini. 
10 1.6 27.3 34.8 s 
35.3 1 
42.9 en 
11.0 27.5 331 1) derselbe 
*% von beiden Beobachtern genommen. 
14.0 99.65. 86.4 s 
89.0 1 
U 85.85 3 
20.8 99.75 89.4 1 
Nr. 441. Polarstern und Deneb. 
28.6 94.6 > s — P. fammt 
91.7 1 etwas. 
95.7 8 
97.31 
91.1<s 
34.6 93.7 1 
36.65 34.4 > s DO 
32.3 1 
34.5 > s N 
34.4 1 
31.95 < s 
43.0 34.7 1 
Nr. 442. $ Lyrae und Deneb. 
10 51.1 47.4 Ss —_ 
42.831 [Gewicht !/2.] 
47.18 m] 
58.5 48.3 1 
I “175 78.1 s D 
79.81 
779 s N 
9.5 7931 


260 


Nr. 443. Wega und « Pegasi 


11h 161.45 = 47.9 Ss 

49.0 1 

U 48.755 

22.0 50.2 1 

23.1 [] a © 
78.6 

S 79.85 s 

26.9 779 1 


An einem Abende Ende August (wahr- 
scheinlich) oder Anfang September 1858 haben 
Herr Professor Schwerd von Speier und 
dessen Sohn das Observatorium besucht. Es 
wurden dabei von ihnen und den hiesigen 
Beobachtern folgende Einstellungen versuchs- 
weise gemacht, die man vergleichen kann mit 
den bei ziemlich ähnlicher Stellung der Sterne 
gemachten Nr. 423 oder 464. Die nachsteh- 
enden bilden aber keine wirkliche Messung, 
weil der Himmel durchaus nicht rein war: 


Attair und Wega. 


30.9 Prof. Schw. — 
30 4 Schw. jun. 

alrars 

30.0 1 


93.0 8 — 
Unterbrochen durch die Wolken. 


1858 September 1.  C.d.U.— Om,l. 


Nachmittag zerstreute Wolken, die sich 
zwischen 7 und 8h celöst haben. Jetzt nur 
noch Wolkenbank am Horizont, die in SO. 
etwas höher geht, aber auch dortin Auflösung 


begriffen scheint. 
Deneb mit sich. 


105.85 s 103.97 

104.6 1 A.bräunlich, B. bläu- 
lich. Dieser Untersch. ist ziemlich störend. 

102.67 s 

101.8 1 103.95 

102.96 8 

103.4 1 


21.66 <s 18:35 Farb- 
20.9 1 unterschied wie oben. 


22.1>s 
245 1 
22.05 s 
23.41 18.27 
® 
Nr. 444. y Aquilae und y Delphini. 
&h 49m A 29.6 44.2 
42.4 ] 
jez] 450 
0) 29.6 8 45.5 1 
3.6 932 82.6 gut s 
84.4 1 
U 84.8 s Flammen 
175 99.2 84.8 1 merklich. 


Nr 445. y Aquilae und e Delphini. 


23.9 100.2 833 s gut. 
8391 
U 85.0 8 
29.0 100.2 811 
31.9 25.6 4375s Flammen 
genirt. 
Bars nlEzsie: 
39.0 3) .Rg. 
scheint mir jetzt sehr schwach. 


41.6 35.8*) 39.0 1 


ff) Wird zu lesen sein 25.8 nach Vgl. mit 
der ersten Ables. und mit den Einstellungen 
über dem Bilde.] 


Trübung des Himmels wird bemerkt, die 
schon ziemlich weit um sich gegriffen hat, 
und dem Adler sehr nahe gerückt ist. Einige 
Minuten nach der letzten Ablesung hat sie 
den Adler offenbar geschwächt. Um 48m ist 
fast der ganze Himmel überzogen. 


Bild: 63.7 8 63.4 | Ocular- 
(nUrs.maj.) 6461 64.15 | Stutzen 
® steht auf 34.05. 


„Von der letzten Beob. ‘werden die Ein- 
stellungen ü. d. B. wohl zu verwerfen sein, 
[Geschehen bei der Reduction.) Die vorletzte 
(Nr. 444) möchte unverdächtie sein.“ 


1858 September 10. C.d.U. + 1m,0. 


Tag rein und klar. Alles scheint normal. 
Wega mit sich. 


103.95 101.0: G. [aus- 
geschlossen.] 
G. bezeichnet die Einstellungen, welche von 
Hrn. Gussew aus Wilna bei seinem Besuche 
gemacht worden sind. 


- 
[o 9) 
[e2} 
umu-un — 


20.3 20.7 


Nr. 446. y Cassiopejae und Deneb. 


$h 30m.7 31.8 s = 
340 6. D 

36.6 1: 

34.4 s 

34.7 G. 

39.8 33.9 1 


41.35 92.9 s 
90.8 G. gut. 
93.8 1 
912 s 
930 G. 
50.0 93.8 1 


Nr. 447. y Aquilae und [e?] Delphini. 


[Der % war wahrscheinlich nicht &, da er 
mir gleich zu schwach erschien, sondern ein 
anderer, der bei der eingestellten Distanz ins 
Feld kam. Vielleicht von etwas grösserer 
Distanz als € von y Aq., denn bei der Drehung 
des Rohrs kamen mehrmale auch %,%& vom 
Viereck des Delphins ins Feld.‘ Notiz vom 
11. Sept. 1858. — Wahrscheinlich x Delphini: 
zwar berechnet sich für diesen die Distanz 
von y Aq. 12°59‘, während sie für e nur 11°.5 


261 


ist, aber für den an y Ag. nächsten #% des 
Vierecks, nehmlich £, ist sie noch grösser als 
für x (nehmlich 13°.5). Vermuthlich war der 
Kreis falsch gestellt.] 


9 5m.O 30.5 52.6 s 
6.5 28.6 8081 
Abgebrochen wegen allzu unbequemer Stellung 


Nr. 448. Deneb und Wega. 


34.0 365 1 — 
37.6 8 
366 1 

38.8 366 s 

44.5 927 1 — 
88.3 <s 
90.85 1 

48.2 89.8 Ss 


Nr. 449. y Aquilae und e Delphini. 
(Diesmal der richtige %.) 


9 56.1 81.7 44.5 s 
49.151 

43.95 > s 
42.7 ] 
43.97 5 
10 7.7 31.7 44.3 1 
10.4 94.5 83.1 s 
83.1 1 
N 82.5 Ss 
18.0 94.5 83.2 1 


Nr. 450. « Pegasi und Deneh. 


29.4 37.5 8 — 
87,7 
87.8 5 

34.5 90.9 1 

36.6 38.7 5 = 
40.3 1 
39.0 > Ss 

39.8 38.7 1 


Nr. 451 «a Pegasi und Z Pegasi. 
50.1 _ 36.45s Stellung 
36.0 1 unbequem 
34.4 S 


59.0 308 1 79.3 04 
39.1> s 9.6 705] 
11h 6m29 36.6 1 
11.5 48.3 s 
8.8 = 91.2 s Sen! - 
> 1 482 s S 
ver 2 i 15.8 50.45 1 gut. 


Nr. 454. 8P i und Deneb. 
Nr 452. Wega und Capella. ü en Sy 


23.2 106 45 1011 s 21.5 2a.0578 7 
455 1 
103.9 1 Br 5 DO 
8 33.0 455 1 
99,8< 1 ; ? 
101.6 s 
313 106.55 102.1 1 35.2 83.2 8 = 
Beide flammen stark, besonders aber C. in 848 1 
ungemein raschem Wechsel, wie zitternd. ann a 1 N 
11 347 19.45 233.0< s 
21.81 
22.6 S 
28831 Nr. 455. Polarstern und Deneb. 
24.6 <s 
43.2 19.45 2281 9h 45m 4 90.95 s = 
- 939 1] 
92.6 s Oo 
50.5 94.75 1 
1858 September 11. C.d.U.-+ 0m,5. 
Ebenso rein wie gestern, % »% flammen 53.1 a OD 
aber etwas mehr. S3lls gut. $ 
? r : Sa 
Attair mit sich. 340 8 
23.9, out: 
214 s 22.0 
935 1 60.1 329 s 
21.35 s 
al 
21.4 Ss } : 
230 1 Nr. 456. uPegasi und « Pegasi. 
23.35 S 
24.8 1 22.0 10 9.8 43.6 S 26.2 
4601 
103.15 s 103.4 42.3<{s 
1042 1 46.5 1 
1014 s 42.3 8 DJ] 
104.3 1 21.4 45.11 262 
101.15 s 
103.7 1 23.7 832 102.15 
1018 s 8201 = 
103.5 1 103.45 82.3 8 $ 
32.2 8401 102.1 
Nr. 453. yAquilae und Attair. 2 
Bild: 63.85 s 63.35 
9 05 79.3 3 —_ 64.7 1 64.1 


79.81 — u. 


Nr. 457. Capella und Wega 


101.8 s — C. flammt 
101.7 #1 stark. 
983 s 

104.7 1 

10125 <s 

9247 101.6 1 


10h 41m .4 


55.6 23.35 s — 
22.6 1 
24.8 Ss 
>52 1 
25.67 S 
62.5 Da 


Nr. 458. Capella und Attair. 


11 10.7 1042 s 98.5 
105.4 1 
104.4 s 

19.0 1055 1 98.5 


Starkes Flammen von C. sehr hinderlich. 
Auch A. flammt ziemlich stark. 


11 225 23.0 s 29.1 
19.9 1 
23.0 s 
27.7 22.8 1 29.1 
1858 September 12. C.d.U. + Om4. 


Morgen war nebelig, Nachm. und Abend 
ganz rein. 


Nr. 459. «Pegasi und Attair. 


10 15.9 44.4 5 — Stellung 

44.9 1] unbequem. 
41.2 s [U % *% flamm. 

20.0 A211 

22.0 86.4 s D 
845 1 
84.85 s N 

27.0 81751 
83.7 8 

298 84.0 1 

Bild: 63.85 s 63.27 


Nr. 460. « Pegasi und «Andromedae. 


42.3 2785 —_ 
28.3 1 


Abh.d. IL. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


263 


Deneb mit sich. 

104.1 s 104.05 
104.4 1 
1049 s 
104.9 1 
102.35 s 
102.9 1 104.0 
20.65 s 
20.0 1 
22.0 8 


20.05 


22.95 s 
23.3 1 Linkes Auge stellt auf 
etw. grössere Ablesung als das rechte. 


s macht die Wahrnehmung, dass ihm von 
den 2 Lichtphantomen, wenn sie sehr nahe 
gleich hell gemacht sind, bei Betrachtung mit 
dem rechten Auge das rechts stehende heller 
erscheint. Wird es durch Bewegung am Distanz- 
kreis auf die linke Seite gebracht, so scheint 
es schwächer. 


1858 September 13. C. d. U. + 0m3. 


Vollkommen klar. 


Wega mit sich. 


219 s 22.1 
21.75 

25.0 

23.1 m 

24.2 

23.0 22.1 

102.95 106.27) Die ge- 


strige Bemerkung über den Einfluss der Stel- 
lung rechts oder links im Gesichtsfeld bestä- 
tigt sich auch hier. 

103.6 

103.6 


34 


264 


105.15 8 
103.75 
104.5 106.25 


Nr. 461. Ras Alhague und Attair. 


— Ohne Zwei- 
[DJ fel zu lesen 
87.0. 


7h 47m,2 97.0 83 
885 s 

90.0 1 

88.0 s 

55.1 87.7 1 


62.1 38.6 1 


Nr. 462. yAquilae und ePegasi. 


8 10.7 311 Ss 28.95 
36.0 1 
35.4< s 
36.0 1 
20.15 34.85 S 29.0 


23.75 100.3 1 99,5 
94.45 s 
96.6 1 
94.0 Ss 

34.5 97.4 1 99.45 


Nr. 463. yCassiopejae und Wega. 


45.1 81.6 s — Gehtschwie- 
rig wegen des grossen Unterschiedes. 
839 1 
81.1 s alle] 
49.8 82.2 1 
51.4 #3<s DD 
47.6 1 
46.45 s 8 
56.7 47.4 1 


9 81.5 s = 
29.8 11 
32.95 O 
7.0 35.1 1 
32.55 s gut. 
10.0 30.7 1 


12.2 95.0 5 D 
96.3 1 
94.0 > s N 
18.8 96.1 1 


Nr. 4655. «Andromedae und Deneb. 


23.6 SERVER! — 
94.0 1 
93.3 s DI 
31.2 97 
34.4 30.95 s 
31.4 1 
30.75 > s 
41.5 33.9 41 


Nr. 466. nAquarii und «a Pegasi. 


Am Horizont etwas Nebel, von Gaslicht 
beleuchtet Jedoch sind sehr tief stehend 
»% % noch schön rein. 


9h 53m ,5 44.1 Ss — 
Aa 
43.9 8 
10 27 43.9 1 


Nebel hat eine Art Bank in W. und NW. 
gebildet, ist auch sichtlich aufd benachbarten 
Platz: übrigens in Bewegung. 

10 5.4 88 - 
ee! 

als 

16.0 1 


Nr. 467. ZAquarii und «Pegasi. 


26.8 82.4 s — Luft jetzt 
84.9 1 etw. nebelig. — 
82.8 s % »% schön. 
34.4 87.51 
37.0 4258 — 
39.0 1 
40.3 s 
41.25 44.8] 


Nr. 468. y Pegasi und « Andromedae. 


47.69 36.45 s — Diese Aci- 
32.1 1 mute scheinen ganz 
nebelfrei. Nur unten Luft etwas dunstig. 


30.5 s 

10h 52m 9 3401 
55.6 96.8 s —_ 

96.7 1 

91.4 s 

60.0 9121 


1858 September 29. C.d. U.-+ 1m,0. 


Tag ganz klar: Luft scheint völlig normal. 
Attair mit sich. 


22.0 s 20.1 
20.15 

19.3 

20.95 

20.9 

22.1 20.1 


105.23 106.25 
104.4 

10485 > 

104.36 

104.95 

104.2 


Nr. 471. Wega und Capella. 


10 20 —— 24.7 s C.fammt 

21.6 1 stark, W. 

21.8 s weniger. 
23.5 1 

224535 CinNO, 

26.5 25.2 1 tief. 

38.35*) — 10425 s 
[Ohne Zweifel zu lesen 105.5 1 
28.35.] 105.25 s 
103.6 1 
103.8 s 
36.4 103.3 1 


Nr. 472. ß Arietis und « Andromedae. 


43.5 29.2” 8 — 
30.7 1 
28.55<{s 

51.5 34.1 1 
30.15 s 

57.0 34.0 1 


58:6 93.3 8 


11h 10m 93.4 1 


15.15 82.0 s — 
80.6 1 
81.63 s 
21.5 81.8 1 
23.8 41.9 s oO 
47.5 1 
43.55 s 
46.0 1 
4495 <s S 
36.7 46.7 1 
Bild: 63.85 s 63.67 


Von jetzt an sind die Messungen von Seidel 
allein fortgesetzt, nachdem Leonhard in Folge 
amtlicher Versetzung abgereist ist. 


1858 Oktober 4. C.d.U.— 7m0, 


Nr. 477 _ Wega und Capella. 


10 38 _ 105.3 > W.flammt 
105.8 etwas. 
104.85 < 
43.5 ‚106.15 
45.5 — 19.7 
21.4 
20.55 
48.7 20.1 


Deneb mit sich. 


23.8 21.65 
23.7 
25.0 
25.0 21.65 
104.5 102.95 
102.95 gut. 
104.3 
102.5 102.95 


Unt. d. B. steht Phantom A rechts. 
34* 


Nr. 478. « Piscium und « Andromedae. 


11h 29m 80.9 == 
79.9 
82.1 D 
30.0 82.4 
32.5 43.1 e] 
43.4 > 
43.95 gut. 8 
41.5 45.23 


Nr. 479. dCeti und «Andromedae. 


52.0 48.85 —_ 
50.2 
47.95 D 
59.0 46.95 
12 24 80.35 D 
80.65 
79.95 N 
13.3 79.8 


Tag war ganz rein, am Anfang d. Beob. 
standen jedoch am W. Horizont (tief) ein paar 
Wolkenstreifen, die später sich mehr nach N. 
zogen und sich da auflösten. Beobb. halte ich 
für ganz unverdächtig. 


m N TE ES EFT ET rn ae rn 
1858 Oktober 7. C. d. U. — 8m,4. 


Tag vollkommen schön und klar: Alpen- 
kette deutlich sichtbar, doch nicht besonders 
„nahe“. 


Nr. 482. Wega und Capella. 
Horizont unter C. scheint ganz rein. 


7 43 — 30.3 Obwohl C. 
stark flammt, gelingt es doch, leidlich ruhige 
Augenblicke dazwischen zu erhaschen, so dass 
die Messung im Ganzen gut sein wird. 

30.7 > 
29.4 < 
29.6 
30.7 
51.5 27.0 


54 = 97.4 
95.4 
95.8 


95.7 
95.4 
62 96.8 
Wega mit sich. 
103.6 103.0 
102.0 
102.0 
103.0 
101.8 
101.4 103.0 
20.9 20.85 
22.6 
23.7 
23.5 
22.6 
23.7 20.85 Hienach 
Pause. 
Nr. 483. Wega und Capella. 
10h 45m 18.0 20.0 Beide 
20.35 flammen 
21.8 stark. 
50.4 18.0 20.6 
53.5 104.6 100.9 
100.3 
100.7 
56.5 104.6 100 65 


11 


Nr. 485. 


12 


Nr. 484. yCeti und «Andromedae. 


40 


3.5 


10 


83.7 
81.3 
82.35 
83.9 


40.5 
40.0 
42.2 
44.0 


Oo 
oO 
$ 


«Andromedae und Capella. 


12.5 84.1 DO 

84.6 Beide unruhig. « And. 

scheint mir etwas röthlich neben Capella. 
84.05 

17.5 85.1 


1858 Oktober 14. 


Tag schön, doch mit etwas Wolken. Um 
® Unterg. in 'w. eine ausgebreitete bis über 
d. Zenit reichende Trübung, die sich später 
allmählig auflöst. — Um 95 scheint der Him- 
mel ganz rein und sehr klar. Grosse Menge 
kleiner *% »%£; Milchstrasse schön; übrigens 
feuchte Luft. Himmelsgrund noch ziemlich 
hell, wahrscheinlich noch vom C, der aber 
während der nächsten Messung untergeht. 


C.d. U. — 5m,9, 


Deneb mit sich. 


105.3 105.2 

103.85 Sehr ruhiges Licht. 
104.65 < 

104.15 

103.8 

104 25 105.15 


21.2 18.8 
21.45 

19.8 

20.2 

22.0 

19.2 18.85 


Nr. 486. Capella und Wega. 


9h 59m 5.3 —  Farbunter- 
schied stört u (gelblich und violet). Flam- 
men auch stark. 
22.2 
24.63 


10 35 22.7 —_ 


5.4 105.7 — 
101.0 
103.8 

10.5 104.4 —, 


Nr. 487. « Trianguli u. « Andromedae. 


10 20.2 82.6 — | [Haben Gew. 
> !/2erhalten.] 
85.0 [DJ Jetztdasbis- 


her blendende Licht von unten verdeckt. 


267 


28.5 85.3 
30.5 84.25 gut. 8 
33.5 42.7 D 
41.0 
43.25 S 
40.0 40.9 


Nr. 488. $ Trianguli u. « Andromedae. 


10h 45m .0 36.4 < — Stellung 

36.0 gut. zieml. unbequem. 
35.7 

50.5 38.1 

53.0 89.3 U 
90.55 
87.4 8 

58.5 88.7 


Nr. 489. «Andromedae und «Persei. 


11 12 101.95 102.0 
994 
100.1 gut. 
17.5 98.6 102.05 
21.0 2405 22.97 
27.6 
26.0 gut. 
26.0 26.95 22.97 
Bild: 64.0 64.0 Oecular-St. 


33.95. 


Nr. 490. Wega und Capella. 


39.5 200 — Farbe stört 
23.6 jetzt wenig. 
19.65 
45.5 20.4 
47.2 — —  Ordentlich 
102.4 105.8 eingestellt. 
102.65 Flammen mässig. 
104 3 
56.0 1021 105.7 


Ziemlich schwache ȣ ȣ weit unter Wega 
gut sichtbar. [Folgenden Morgen der Him- 
mel stark bezogen.] 


268 


1858 Oktober 16. C.d. U. — 8m,0. 


Schöner Tag: viel wärmer als die letzten. 
Nach @) Untergang wenig nebelig: gegen Yh 
% »% schön, nur Luft noch ein wenig dunstig. 
— Heller I Schein. 


Wega mit sich. 


105.2 105.75 

104.2 

106.3 Schlitten B, der nicht 
ganz fest geklemmt war, und nach der 2. Ab- 
lesung an das Ende d. Schlitzes gesunken 
war, wieder gestellt auf 105.75. 

106.2 

105.6 

104.8 


23.9 21.2 
23.1 

2335 < 

Bae> Dil 


an 


Nr. 491. «@Arietis und Capella. 


10h 2m 45.2 — 
45.7 
46.0 D 
7.5 44.1 
11 81.95 = 
81.25 
80.0 5 
16.5 81.0 
Bild: 63.6 63.55 


Nebel hat sich insoweit verdichtet und 
gesenkt, dass der benachbarte Thurm der 
protest. Kirche mit der obern Hälfte heraus- 
ragt. Jedoch veränderlich. 


Nr. 492. yPegasi und $Pegasi. 


39.2 34.2 36.8 
35.6 
34.8 

46.6 34.95 36.8 


50.0 95.8 96.0 
97.0 
98.0 

60.0 97.7 96.0 


Während der letzten Einstellung nimmt 
plötzlich rasche Bildung von mehr consistentem 
Nebel überhand. C steht schon in starkem 
Dunst. Desshalb abgebrochen. (Bald darauf 
C und % *& in West schon wieder ziemlich 
frei). — Nach dem unmittelbaren Eindruck 
halte ich die heutigen Beobachtungen für gut. 


1858 November 25. 


Nachmittag etw. dunstig: noch um !/27 Uhr 
am “% hellen Himmel deutlich umherziehende 
Nebel wahrnehmbar. Nach 8h scheint es mir 
rein, nur Luft unten noch etwas dunstig. 


Jupiter mit sich. 


22.2 19.75 Ocular be- 
schlägt jeden Augenblick, obgleich die Kälte 
sehr mässig ist. 
20.95 
19.95 
21.95 
19.97 
214 19.75 


105.45 105.1 Jetzt steht 
105.4 Arechts oben im Felde. 
105.3 

105.4 105.1 


Dunstwolken verhindern die Fortsetzung 
der Messungen. 


1858 Dezember 17. C.d.U. — 6m2. 


Seit Mittag klare Luft; etwas kalt. — 
Heller C Schein. 


Nr. 493. Deneb und Capella. 


7h  1jm.5 90.05 — 
90.4 
92.35 D 
8.5 92.2 
11.5 33.95 D 
; 32.05 
31.9 S - 
16.7 33.9 D.flammt; doch mässig. 


Nr. 494. Aldebaran und Deneb. 


D. erscheint schön bläulich neben A. 


7h 28m 28.6 25.0 
272 HellesFeld, weilC ziem- 
27.6 lich nahe bei A. 


36 26.5 25.0 
39.6 100.4 102.1 

98.7 

936 Farbunterschied ist 
47.6 101.3 102.2 störend. 


Nr. 495. «Andromedae und Aldebaran. 


58.6 100.0 — 
98.85 
98.9 gut. 

67.0 100.3 

8 10.5 34 25 26.6 

35.6 
36.0 

17.5 34.95 26.6 


Gesichtsfeld ist merklich heller bei d. Beob. 
über d.B. als unter d.B. — [Ist allgemein so.] 


Jupiter mit sich. 


19.6 20.55 

22.3 

22.7 

21.2 

21.1 gut. 

22.55 20.55 
104.8 104.9 
103.95 
102.4 
104.3 
104.7 
104.45 104.85 


Nr. 496. y Cassiopejae und Capella. 


8 42 82.75 = 
83.4 
83.6 < 
47.0 83.7 I 


Unbequeme Einstellung. 


49.6 43.2 D 
43.95 
42.3 

57 43.8 > 


Himmel scheint vollkommen rein. 


1859 Januar 9. C. d. U. + 8m,4. 


Empfindlich kalt (etwa — 11° R.). — SW., 
wo die C Sichel steht, ist in der Nähe des 


Horizontes dunstig; SO. und die hohen Re- 
gionen scheinen aber klar. 


Nr. 497. «Arietis und Aldebaran. 


sh 38m .5*) 33.25 Einstellung erschwert, 
*) Muss jedenf. 32.7 weil die Mikrometer- 
heissen 33.5. Schraube am Dist.-Kr. 


38.5 33.25 nicht zieht. 
42.5 93.35 
91.3 
46.0 92.5 Farbunterschied nicht 


auffallend. 


Nr. 498. Aldebaran und Halcyone. 


Licht der andern Plejaden % »% mischt 
sich nicht mit dem von n, doch stören sie 
etwas durch ihre Gegenwart im Felde. 


8 59.4 87.4 U 
87.6 < 
9 4 Bz7ran>> 
8 43.2 [J Auf dieser 
42.2 Seite stören die Nach- 
bar % »% mehr als auf der andern. 
447 
15.5 41.4 gut. 


Ueber d. Bilde steht Aldebaran rechts im 
Feld. 


Bild: 64.2 63.65 


[NB Bei dieser Aufzeichnung sind ent- 
weder die beiden »% »%£ in der Ueberschrift in 
verkehrter Ordnung genannt, oder die beiden 
Columnen für AundB verwechselt. Die über- 
wiegende Wahrscheinlichkeit, namentlich auch 
auf die Notiz über die Stellung im Felde be- 
gründet, und auch meine Erinnerung (aufge- 
zeichnet Apr. 14) über die Umstände der Be- 
obachtung sprechen für die 2. Alternative.] 


270 


Nr. 499. yAndromedae und Capella. 


9h 31m.7 45.67 DO Stellung 
45 85 U[LJ ziemlich un- 
35.5 46.7 bequem. 
39 81.7 og 
79.95 
42 80.7 


y scheint, obwohl etwas in W., in ganz 
reiner Luft zu stehen. 


Nr. 500. Aldebaran und Capella. 


Vollkommen ruhiges Licht: Farbe stört 
gar nicht. 


485 Osprout, 2 
90.15 
92.4 
54.5 89.2 iM] 
10 0.3 37.6 ® 
58.2 
36.4 gut. 8 
5.2 37.3 


Capella mit sich. 


23.2 19.7 „Ganz auf- 
22.8 fallend ruhiges Licht.“ 
21.7 

22.8 

22.69 19.7, 

102.95 102.4 

103.6 


102.6 Unter dem Bild steht 
101.25 Phantom A rechts. 
104 2 

103.0 102.4 


Himmel schien zuletzt auch in W. klarer 
als im Anfang: vielleicht weil nach C Unter- 
gang die Dünste nicht mehr beleuchtet sind. 
— +2 r% überhaupt heute vorzüglich ruhig; 
selbst Sirius. 


1859 Januar 21. C. d. U. — 6m,6. 


Heute schwach dunstig in W.undS., doch 
scheinen die höheren Regionen, namentlich 
um Orion und Stier (SO.) vollkommen klar. 


(Nachmittag war Himmel klar, jedoch von 
matter Farbe.) 


Nr. 501. A Tauri und Aldebaran. 
7h 56m.5 49.85 
[Diese Zeit ist jedenfalls irrig notirt.] 
45.4 
46.6 
54 45 6 
57 79.0 [) Geht etwas 
78.1 schwer weg. schwach. 
8095 Lichtesu. unbequemer 
81.8 Stellung. 
Nr. 502 Bellatrix und Capella. 
27.5 87.8 D 
85-4 
87.4 
32.5 87.7 
35.0 38.1 oO 
39.3 
39.1 
40.0 39.2 Schönes ruhiges Licht. 
Nr. 503. «@Persei und Capella. 
47 44.4 > D 
44.65 
44.3 < 
53 43.6 gut. 
54.5 85.3 U 
84.6 
83.9 
59 83.4 < 


Capella mit sich. 


105.0 
103.75 
103.4 
104.8 
104.8 
104.45 


23.25 
24.15 
23.9 


105.4 


105.4 


22.45 


23.4 
22.85 
23.0 22.5 
Bild: 64.55 64.2 Okul.-St.: 
33.8. 


Um 9!/ Uhr, beim Nachhause-Gehen, ist 
nebeliger Dunst um den Horizont kennbar, 
besonders in O., wo er vom aufgehenden C 
beleuchtet ist und sich bis etwas über « Leonis 
herauf verfolgen lässt. — Jedoch ist parterre 
nichts mehr von Nebel zu spüren, was An- 
fangs in geringem Grade der Fall war. — 
Wetter ziemlich mild; etwas feucht. 


1859 Februar 4. C.d. U. — 1m,0. 

Bei Tag Thauwetter, Himmel meist be- 
deckt, dazwischen @) Schein. Abends sehr schön 
klar: ich finde keine verdächtigen Anzeigen. 
— Luft noch feucht. 


Nr. 504. Capella und 8 Aurigae. 


8h 43m.5 m] 947 (Muss ohne 

85.9 Zweifel heis- 
85.9 sen 84.7.) 

48.0 86.0 

50.0 oO 40.3 > 
41.0 
40.7 

52.7 40.25 


Nr. 505. Capella und 3 Tauri. 


0 kei 37.0 
37.8 > 

37.0 

4.7 36.4 

6.5 Oo 88.1 

83.4 

87.25 

11.3 88.25 


Nr. 506. 8Aurigae und #Geminorum. 


23.5 ® 840 
2.8 > 
819 

30.0 84.55 


Abh. d. II. Cl. d.k Ak. d. Wiss. X. Bd. 1. Abth. 


271 


32.5. I 44.1 
44.6 
44.95 

37.5 44.8 


102.7 103.0 


Bild: 64.05 63.65 


Zuletzt etwas kalt. Folgender Morgen 
kalt und klar. 


1859 März 7. C.d. U. — 3m,3, 


Nr. 507. 8 Aurigae und „ Geminorum. 


7h 45m @ 43.35 

46.1 

: 44.45 

49.5 45 35 

51.5 m 834 

84.8 

82.2 

56.5 83.25 
Dist.-Kr. steht auf 22°. 97. 

Bild: 63.8 64.4 


Es zeigt sich, dass mit der eingestellten 
Distanz auch noch ein anderer #% durch’s Feld 
passirt Um sicher festzustellen, welcher eigent- 
lich beobachtet war, werden an beiden noch 
weitere Einstellungen gemacht (Sie stehen 
nicht weit von einander, höchstens etwa um 
2>< Durchmesser des Gesichtsfeldes.) Jeder 
wird mit 8 Aurigae verglichen. [Die Original- 
Aufzeichnung enthält umständlichere Angaben 
über Lage des Instrumentes ete, welche nach- 
träglich zur Feststellung der Identität geführt 
haben, so wie im Folgenden kurzangesetzt wird.] 


35 


272 


8Aurigae mit 


ad Nr.508.) «Geminorum 8 2m [|] 85.2 


Nr. 5072.) „Geminorum 47 [I] 83.1 


83.3 

81.7 

100 D 448 
46.4 

13.0 44.4 
Nr. 508. # Geminorum 190081523971 
44.3 

39.8 

26 42.4 
27.5 ED] 870 
86.8 

30.7 85.2 


Nr. 509. $Aurigae und yGeminorum. 


8b 42m.5 25.75 24.1 
21.8 
22.0 
23.95 
26.5 
51.0 24.4 24.1 


83.0 103.7 101.55 
101.1 
101.8 
102.8 

58 101.8 101.5 


[Im Journal folgen hier zunächst zwei Ver- 
gleichungen zwischen Saturn und Capella, mit 
Umtausch der Gläser-Systeme zwischen beiden, 
welche zugleich zur Bestimmung des Durch- 
sichtigkeits - Verhältnisses derselben gedient 
haben.] 


Nr. 5ll. $Aurigae und eGeminorum. 


(Nach Pollux [soll wohl heissen: Castor] 
der hellste %, der mit der berechneten Distanz 
von 8 Aur. durch’s Feld passirt.] 


10 11 oO 85.25 
85.6 
34.8 
17 86 8 


19.8 = 38.0 

41.65 

41.4 ZuletztAuge 
25.0 41.0 ermüdet. 


Tag war rein und klar: milde Frühlings- 
luft. Nacht prachtvoll, besonders seit C Unter- 
gang: sehr weit hinab ganz klar: »% »# ziem- 
lich ruhig. 


1859 März 10. C.d. U. + 4m,6. 


Seit Mittag hell. Jetzt klar und rein. — 
%»% im Allg. ziemlich ruhig. — Heller € 
Schein. 


Nr. 512. Sirius und Procyon. 


7h 38m — 39.95 Beide flam- 
men, doch leidlich. — Sirius im Rohr violet- 
lich, Procyon gelblich. 
40.9 
DO 40.0 


43 41.7 
45 Sj® 85.2 Beugungs- 
84.6 linienstören. 
8 84.95 gut. 
50 SI 


Nr. 513. Capella und £ Orionis. 


7 57 — 87.35 

87.0 

84.6 

85.65 gut. 


42.8 gut. 
41.2 


39.0 < [Gew. !/a.] 
42.0 


Ze le 


Nr. 514. Castor und Capella. 


24.5 38.4 —_ 
40.95 Ganz ruhiges Licht. 
38.2 OD 

31.5 38.0 

8.58 89.25 D 

89.0 
87.7 8 

37.5 89.1 

Bild: 64.8 640 


Nr. 515. dGeminorum und ßAurigae. 


9h m 43.9 — 
46.05 
43.1 ® 
7.5 42.5 
9 82.5 0 
81.5 
82.3 8 
15.0 85.8 nicht schlecht. 
Saturn mit sich. 
Bild: 64.7 64.1; Okular- 
Stutzen 33.7. 
24.85 22.8 
25.05 
24.0 < 
25.6 
26.15 
25.8 22.65 
101.5 102.6 
101.4 
101.7 
100 0 
101.0 
101.1 102.55 


Ich halte die heutigen Beob. für gut. — 
Wetter ziemlich trocken: etwas weniger warm 
als März 7. 


1859 März 11. C. d. U. — 2m,6. 


Tag ganz klar. Abend vorzüglich schön. 
Bild (Jupiter): 63.95 63.77 
Nr. 517. Sirius und Procyon. 
7 52.0 — 44.2 Zuckendes 


Flammen bei Sirius, aber doch heute relativ 
ruhig. 


43.7 
m) 40.8 
408 
S 39.7 
60.5 41.0 gut. 


8h 9m; en 85.1 
84.9 

I 85.7 

8 85.6 


Nr. 518. Beteigeuze und Capella. 


13 90.8 — Farbe stört 
88.4 nicht besonders. 
92 6 D 

20.0 91.0 

22.5 35.9 [] 
35.0 
35.4 N 

25.5 36.2 


23.5 21.0 


101.5 102.0 
Okular-Stutzen steht auf 33.75. 


Anfangs war es unten ein klein wenig nebel- 
haft dunstig. Jetzt gar nicht mehr. Die tiefen 
»e»%,z. B vom gr. Hund, sehr klar und re- 
lativ ruhig. 


1859 März 18. C.d.U. + 9m. 


Tag rein und klar. Abend ebenfalls, doch 
flammen % »% stark, und ich kann mich nicht 


völlig überzeugen, ob nicht um C (Vollmond) 
schwacher Dunst (am Anfang d. Beob.). 


Saturn mit sich. 
104.4 105 1 


103.0 
105 05 


274 


103.0 
104.6 
103.6 105.15 


22.9 21.8 
36.1 sie 

24.34 

23.95 

247 

25.0 < 21.75 


Nr. 519. Procyon und Regulus. 

&h 40m — 32.0 Beide flam. 
gut: 32.1 sehr stark. 
31.85 Gesichtsfeld 


45.5 U 31.0 hell vom 
O Schein. 


[m] 94.1 Auf dieser 
96.2 Seited. Bilds 
8 93.9 Felddunkler. 
52.5 95.4 


Nr. 520. Procyon und Pollux. 


58.5 — 96.4 > 
93.3 
D 94.7 
9 35 94.1 
5.5 D 32.7 
32.0 
N 31.0 
9.5 33.0 


Beide Beob. möchten trotz des Flammens 
nicht schlecht sein. 


NB. Beim Nachhause-Gehen in halber Höhe 
des C ein paar leichte Wölkchen bemerkt. 
Um 11h ist der grösste Theil des Himmels 
mit milchiger Trübung überzogen. 


1859 März 21. C.d.U. + 2m4. 


Seit Nachmittag schön klar. %& »% flammen 
ziemlich stark. 


Nr. 521. Procyon und fß Canis minoris. 


8 26.5 en 48.4 < Pr. lammt 


50.0 stark. 


Ele 49,3 > 
32 48.9 
Kleiner ## in der Nähe von 8 mischt sein 
Licht nicht mit dem von 3. 


35 ® 79.75 < 
80.6 > 
N 78.7 
40 79.2 


Nr. 522. Regulus und e Leonis. 


8b 50m,0 — 46.7 
47.4 
D 46.7 
55.0 46.2 
58.0 U 83.0 
81.8 
S 82.2 

630 81.7 R. flammt, 


doch mässig. 
Nr. 523. Regulus und n Leonis. 


Mondlicht im Felde fängt jetzt an zu geniren. 


9 95 = 47.05 
488 
D 48.9 
15 48.0 
18 D 73.8 
80.5 
$ 80.3 

23 78.95 


Saturn mit sich. 


22.0 22.3 
24.75. 

25.4 

24.3 

23.3 22.39 


104.6 104.15 

104.5 

103.7 

101.95 

104.7 

103.2 104.1 

Am Horizont in d. Nähe d. C Spuren von 

kl. Wölkchen. Sonst schön klar, auch die tiefen 
»e»% z. B. des gr. Hundes. 


1859 April 4. C.d. U. + 2m,4, 
Um 6h5 war der Himmel noch grossen 
Theils überzogen, milchig. Scheint aber jetzt 
in S., W. und O. klar (»% »% flammen wenig): 
nur am N. Horizont stehen noch dunstige 
Wolken, nach oben verwaschen auslaufend. 


Nr 524. Regulus und £ Hydrae. 


8h 19m — 80.75 
79.8 

5 80.2 Stark. Wind 

19.5 813 aus SW. 

8 212 ® 45.4 
48.4 
S 470 
27.5 43.3 


Nr. 525. Regulus und e Hydrae. 


Ein etwas schwächerer % kommt fast zu- 
gleich mit eH. in’s Feld. [Ohne Zweifel e.] 


33.2 ei 48.0 
49.0 

oO 47.8 > 
40.0 48.3 
42.5 D 78.0 
79.0 
N 78.2 
47.5 78.9 


Nr. 526. Regulus und Alphard., 


8 56 — 37.0 
41.7 
374 
37.6 
9 45 = 34.8 


| 


88.65 
87.0 
86.75 
12.5 82 < 


J/ 


Nr. 527. & Leonis und Regulus. 


Mit ZL. sind noch 2 Nachbar »% »% zugleich 
im Feld. 


35 79.9 [DJ Der heftige 
79.1 Wind stört. 
77.7 


42.5 79.4 


275 


45 49.4 [J Augeermüdet. 
47.9 
48.4 

52.5 493 Dist. abgelesen 11° 8. 


Saturn mit sich. 


1022 104.0 
101.75 

105.4 < sie 
103.85 

104.2 

102.1 gut. 104.0 


24.3 22.8 
26.0 

25.5 gut. 

25.35 

24.6 

23.55 22.7 


Dunst in N. hat sich zuletzt zu einer wohl- 
begrenzten Wolkenbank consolidirt, über wel- 
cher jetzt der Himmel auch in N. schön klar 
erscheint. ; 


1859 April 6. C.d.U. + 2m,5. 


Schöner Tag, jedoch gegen Abd. streifig. 
Nach @) Untergang scheinen die Streifen, in 
9 Beleuchtung noch sichtbar, sich rasch auf- 
zulösen. Etwa Y4ı vor dem Anfang der Beob. 
verliere ich den letzten Streifen aus den Augen. 
— Mondhell. 


Saturn mit sich. 


25.15 22.85 
230 

24.7 

25.0 

26.15 

25.8 22.8 


104.3 104.6 
102.5 
103.2 
104.4 
103 2 
103.1 104.6 


Nr. 528. Regulus und #Leonis. 


8h 20m — 82.1 R. etwas 
833 unruhig. 
D 82.7 
26,3 81.6 
28.5 oO 48.7 < 
479 
N 47.2 > 
35.0 47.7 


N. 529. Pollux und 40 Lyneis. 


46.5 — 47.9 

48.2 

DO 47.0 

525 46.55 
Licht des schwachen #%# ist unruhig. 

8 55 oO 310 < 

80.0 

N 782 

60 79.8 


Anderer »%, im Phot. Rohr etwas höher 
als 40 L., welcher bei der eingestellten Di- 
stanz ebenfalls das Feld passırt: 


774 |Dieser 


Nr. 529 a) = 
38 Lyneis.] 


ist nach Stellung ete. 


Nr. 530. Regulus und Pollux. 


9 16.5 104.3 101.8 
102.4 
102.3 
220 102.8 101.8 
24 26.7 26.4 
28.2 
26.7 
27.0 gut. 
27.3 
30.5 26.2 264 
Bild: 64.2 64.0 Okular- 


Stutzen 33.6. 


Himmel scheint während der Beob. voll- 
kommen klar: nur der tiefe Horizont etwas 
dunstig. . 


1859 April ?. 0.d. U. + 2m.6. 


Tag ganz klar: nach @) Untergang einige 
streifige Wölkchen. In N. sind um 8h noch 
ziehende Streifwölkchen sichtbar; später scheint 
Alles vollkommen klar. 


[Durchsichtigkeitsverhältniss der Gläser ist 


heute durch Umlegen zwischen Saturn und 
Capella bestimmt. ] 


Nr. 534. Capella und y Ursae majoris. 


9h 18m.5 — 83.0 
84.3 
El 86.0 
2 842 
25 00 43.0 
44 4 
S 43.1 Capella nicht 
29 442 vollk. ruhig. 


Nr. 555. yUrsae majoris und Pollux. 


44 36.5 = 
37.6 
37.0 0 
48.5 35.6 
50.5 89.0 [] 
93.2 < Unbequeme Stellung. 
96.3 S 
580 92.4 gut Zuletzt windig. 


Sirius, seinem Untergange ganz nahe, 
zum letztenmale vom Thurme aus mit unbe- 
waffnetem Auge (NB. mit Brille) gesehen um 
10h 13n,5 UZ.; er hatte die Gränze des Hori- 
zonts noch nicht ganz erreicht, als er dem 
Auge verloren ging. — [Wahre Zenitdist. ohne 
Refraction — 8:)°33'.4.] 


1859 April 27. C.d. U. + 0m. 


Tag ganz klar. Um @) Untergang bilden 
sich milchige Streifen, die sich bald wieder 
lösen: Anfangs verräth noch die ungleiche 
Färbung des Himmels ihre Spur. Später nichts 
Verdächtiges mehr wahrnehmbar. — Schöne 
Nacht. 


Saturn mit sich. 


Unter d. Bild ist Phantom A mehr gelb- 


bräunlich, B mehr violetlich. 


102 6 105.25 

103.3 

103 2 

103.8 > 

104.05 

103.8 105.2 
22.5 19.8 Ueber dem 
23.4 Bild kein Farbunter- 
23.1 schied. 
22.05 
208 
22.6 19.85 


Nr. 536. &Leonis und #Leonis. 


8h 51m.5 -— 35.05 
36.35 
U 34.6 Stell. wenig 
0.0 34.3 bequem. 
2.5 U 88.7 
900 Messung 
8 89.8 geht etwas 
10.0 90.0 > schwer. 


Nr. 537. Pollux und «<Geminorum. 


165 — 78.6 P. ziemlich 


77.7 unruhig. 
w) 78.4 
23.5 80.0 


Dreieck von x klein. Beugungslinien darin 


nicht auffallend 


25.0 le] 48.3 
48.2 
N 48.0 Auch das 
32.0 50.0 Licht vonx 


nicht ganz ruhig. 


e 
Nr. 538. 3Leonis und $3Virginis. 


42.5 — 42.6 Licht von 
43.5 unten blen- 
D 42.2 > det. 
49.2 43.0 


52.5 = 84.8 
84.4 

8 84.6 

58.0 86 0 


Nr. 539. & Leonis und y Ursae majoris. 


10h 6m5 105.2 100.9 
99 6 
99.35 
11.5 105.33 99.8 
14.5 23.0 25.2 


27.2 Ueberd Bild 
Phant. B. rechts oben im Feld. 


26.9 > 
20.5 22.95 28.7 
Bild: 64.1 63.6 


Nr. 540. y Ursae maj. und o Ursae ma). 


10 45.5 = 38.6 
38.4 Ermüdung 
DO 372 d.Augeswird 
55 348 sensibel. 
56.5 = 87.3 
90.0 
8 89.3 
62.5 89.05 


Okular-Stutzen stand auf 32.7. Er wird 
jetzt gestellt auf 35.0 


1859 Mai 12. C. d. U. + 0m,9. 


Morgens bedeckt, Nachmittag wolkig, Abend 
klar. — #% % funkeln: Capella, die schon etwas 
tief steht, kommt mir heute auffallend röth- 
lich vor (um 9b 45m), — Heller 7 Schein. 


Saturn mit sich. 


20.5 20.6 
22.0 
26.0 
22.2 
22.5 
22.4 20.6 


278 


103.5 104.4 


102.5 104.4 


Nr. 541. y Ursae maj. und x Ursae maj. 


10h 15m .5 34.8 46.9 Mondschein 

46.1<{ genirt. 
46.3 

21.8 34.9 46.6 

25.5 91.3 78.4 
78.7 
798 

32.5 91.4 78.8 


22.15 


[CHCHCHCHERT) 
DOES 
BUCH CHe Ken) 


22.2 


Nr. 543. 8Leonis und Wega. 


9h 21m 44.8 — 
46.2 > 
43.95 m 
26 44.75 
9 282 793.2 ® 
78.7 
77.4 8& Beide &% 
35.0 79.1 unruhig, besond W.sehr. 


Nr. 542. yUrsae maj. und ı Ursae maj. 


37.0 91.33*) 80.6 *) Noch un- 
81.5 verrückt die 
812 Stellung von 


43.5 91.35*) 79.7 Nr. 541. 


Die frühere Bemerkung, wornach ich mit 


dem rechten Auge rechts im Felde etwas heller 
sehe als links, hier wieder bestätigt. 


48.5 34.9 42.4 


43.6 
45.6 
56.0 34.95 42.2 


Bei den beiden Messungen war die Stel- 
lung etwas unbequem, auch der helle € Schein 
störend. — Nacht scheint völlig klar. 


1859 Juni 6. C.d.U. +0m5. 


Vollkommen klar. I nahe dem ersten 
Viertel: bei Regulus. 


Arcturus mit sich. 


99.7 100.95 Dämmer- 
ung noch sehr hell. — Licht nicht ganz ruhig. 

9931 

Bzl®) 

100.2 > 

99.3 

99.6 100.9 


Nr. 544. ßLeonis und £ Virginis. 


40.5 31.65 46.3 
463 > 
47.7 

45 31.65 46.2 

47.5 100.8 82.1 
83.0 
82.8 

52.5 100.8 84.9 


Nacht auch noch später von vorzüglicher 
Klarheit. 


1859 Juni 28. GETU.0. 


Tag und Nacht vollkommen klar. 


Nr. 545. Gemma und $Leonis. 


9 42.5 103.0 99.35 

101.2 

102.9 

„ #00 103.1 101.6 
53.0 22.95 27.6 ß L. ziemlich 


24.95 unruhig. 
26.9 
59.5 22.9 25.8 


Nr. 546. A Ursae maj. und y Ursae ma). 


10h 22m,5 87.3 — NBA<u 
87.8 
29.5 89.8 0 
31.5 90.3 
34.5 37.3 D 
39.7 
39.4 $ A nicht ganz 
42.6 38.2 ruhig. 
Nr. 547. Wega und Gemma. 
51.2 = 44.1 
40.6 < 
41.3 
58 D 42.0 
185% OD 81.0 
80.75 
N eikz 
8 81.0 
Nr. 548. «@Serpentis und eSerpentis. 
20.5 316 39.0 
41.65 
42.4 
28.5 81.5 39.3 
31.0 96.8 85.7 
85.2 
85.1 
40.5 96.6 87.8 
Wega mit sich. 
24.1 21.2 Unruhig 
23.45 trotz d. hohen Standes. 
22.7 
22.7 
23.75 
23.3 21.2 
103.8 104.2 Jetzt steht 
102.2 Phantom A rechts. 
103.0 
103.6 
102.6 
103.3 104.2 
Bild: 63.6 62.95 


Nacht scheint vollkommen klar: Beobh. sind 
mir jedoch etwas schwer gegangen. 


Abh.d.II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


1859 Julil. 


farbe 


279 


C.d. U. + 1m,7. 


Seit Nachmittag hell, mattblaue Himmels- 


Abend klar; Horizont etwas dunstig. 


Arcturus mit sich. 


101.3 


101.95 


100.5 
101.6 
102.4 
102.5 


20.0 
20.35 
22.25 
22.75 
22.9 
21.1 


103.8 Nicht ganz 


ruhig. 


103.8 


20.6 


20.65 


Nr. 549. Arcturus und Wega. 


Bild: 62.95 62.6 
9h 36m 24.0 — 
22.55 
23.35 
42 21.9 — 
43.5 100.65 = 
101.15 < 
101.9 
48 102.6 — 
Nr. 550. 12Canum venaticorum und 
€ Virginis. 
57 91.15 88.1 
87.2 
87.85 
10 95 91.1 88.0 
12.5 32.7 37.6 
40.7 
39.2 
202 32.67 38.7 


Nr. 55l. Gemma und «Serpentis. 


27.2 — 


31.0 
32.67 
312 
31.4 


36 


280 


37 = 909 > 
95.6 
94.05 

44.5 m 94.8 


Nr. 552. Ras Alhague und yUrsae ma). 


54 23.85 30.7 
32.25 
33.55 
11h 0Om,5 23.95 290, < 
3.9 98.4 93.1 
91.4 
93.75 
9.3 98.45 912 


Nr. 553. yUrsae maj. und yCassiopejae. 


11 16 23.1 >= 
26.2 Auge ermüdet. Auch 
20.0 Stellung etw. unbequem 


24 24.2 
25 97.35 — 

100.9 

99.6 

51.2 got 


Auch am Schluss d. Beobb. Alles unver- 
dächtig. Milchstrasse schön, doch nicht von 
auffallender Klarheit. %& ,% heute nicht 
ganz ruhig. 


1859 Juli 2. C.d. U. + 2m.4. 


Aehnlich wie gestern. Horizont weniger 
dunstig. 
Arcturus mit sich. 


104.5 106.0 


Nr. 554. Deneb und Arcturus. 


9h 34m 5 35.3 — Farbe etwas 

36.1 hinderlich. 
36.1 D 

39 32.6 nicht schlecht. 

41.5 88.0 = 
39.4 
90.8 

45.5 88.25 


Nr. 555. Arcturus u. 12 Canum venaticor. 


51 = 47.9 
46.8 
(ai 47.8 

58.5 46.05 
100 I 78.6 
er 

N 77.75 
5 78.0 


Nr. 556. y Ursae maj. und $ Ursae min. 


13 25.45 23.0 Stellung un- 
24.6 < bequem. 
25.2 gut. 

20 25.55 23.9 

23 101.85 101.8 
104.0 
99.95 

30 101.85 103.0 


Nr. 557. y Ursae majoris und Deneb. 


35.5 89.0 vw 
83.75 
89.6 D 
41.0 88.4 
42.5 37.0 
37.35 
39.4 S 
47.0 41.4 
48.5 37.1< 


Nr. 558. Arcturus und Ras Alhague. 
10h 53m — 84.8 
84.0 
OD 85.2 
57.5 83.9 
58.5 7 44.0 
42.3 
$ 43.0 
61.5 41.2 


% »% nicht ganz ruhig. — Beobb. werden 
im Ganzen gut sein. 


1859 Juli 3. C. d. U. + 3m,0. 


Tag rein. Gegen Abend ein paar zerstreute 
Federwölkchen, die wieder ohne Spur ver- 
schwunden sind. Nur Horizont etwas dunstig, 
besonders in S. 


»% mit sich. 


102.4 
101.2 
102.3 
101 95 
101.1 
101.0 


103.5 


103.25 


22.3 21.2 
23.7 

22.65 

23.95 

23.8 

23.6 21.25 


Nr. 559. Wega und Arcturus. 
9,731 19.55 20.8 Farbe stört 

22.8 nicht. 

22.15 

36.5 19.6 22.5 

39 106.85 101.95 

100.65 

100.35 

42.5 106.9 103.4 


281 


Nr. 560. Ras Alhague und yHereulie. 


52 _ 822 
81.25 
m 83 2 
85.2 
10h 0m.5 D 43.6 Geht schwer 
44.2 auf dieser 
8 42.0 Seite. 
6.5 42.75 
Nr. 561. Gemma und $Librae. 
15.5 — 95.6 
93.2 
93.55 
20.5 = 94.4 
23.5 — 28.2 
29.0 
32.2 
29.5 29.0 
Nr. 562. Gemma und 4 Bootis. 


46.6 Unsicher 


36 
wegen Kleinheit des A von #. — Auch stört 


Laterne von unten sehr. 


10 


43.5 


45.5 


50 


45.6 
45.25 
44.7 


80.0 
81.1 
78.2 
790 


Nr. 


563. Arcturus und Attair. 


103.0 Farbe stört 


Nacht scheint ganz normal. 


36* 


282 


1859 Juli 6. C.d.U.-+ 0m,9. 

Klar. Am Horizont Wolkenbank, oben 
etwas verwaschen, gegen SO. etwas mehr an- 
steigend, von der einzelne Ausläufer etwas 
höher gehen als Antares steht (um 9h 25m), 
C nahe dem 1. Viertel. 


Bild: C 63.25 62.2 
Arcturus mit sich. 


19.85 18.6 A mehr 
grünlich gelb, B mehr violet: dieser Unter- 
schied stört. , 

21.2 

21.6 

203 

20.3 

19.9 18 55 


104.0 105.6 
104.15 

104.4 

105.55 

104.8 

105.2 105.6 


Nr. 564. 8&Herculis und «Serpentis. 


9h 47m 87.8 87.2 

87.5 
88.0 

53.5 87.8 87.35 

97.5 36.1 33.15 
35.6 
36.05 

62.5 35.0 33.1 


Nr. 565. «Ophiuchi und 72 Ophiuchi. 


[Die Absicht war eigentlich, 3 Oph. mit « 
zu vergleichen: bei der nahe gleichen Distanz 
ist statt desselben 72 beobachtet worden. Die 
Einstellungen bei Nr. 585a und b, dann 587 
und 5872 und die Notiz hier unten lassen 
keinen Zweifel über die Identität.] 


10 105 _ 83.9 
83.8 > 

OD 84.6 

16 83.7 


18.5 I 42.0 
42.1 

8 43.0 

24 42.8 


„Nahe bei £ [soll heissen 72] ein anderer 
»%, etc.“ [Folgen nähere Notizen über die 
Constellation, welche auf 72 und nicht auf ß 
passen.] 


Schon während der Beob. Nr. 564 Wolken 
in Neubildung und Bewegung, doch erschienen 
mir die Regionen der beobb. »#»% unver- 
dächtig. Jetzt scheint die Wiederauflösung 
vor sich zu gehen, so dass der Zustand des 
Himmels wieder ungefähr so ist wie am An- 
fang. »% ’%& waren ruhig. 


Nr. 566. Attair und Gemma. 


10h 37m.5 — 36.9 
38.4 
DO 37.4 
43 37.65 
44.5 [I 895 Die 
88.05 etwas un- 
N 888 ruhig. 
52.5 89.0 


Himmel jetzt sehr klar. 


Nr. 567. Attair und y Aquilae. 


11. 3 = 78.35 
78.6 
80.8 
80.3 > 


46.6 
47.4 
46.6 
12 47.4 


» El El 


Zuletzt wieder etwas Wolkenbildung in 
SW., aber nicht bis zur halben Höhe von 
Attair herauf. 


1859 Juli %. C.d.U. + 1m,8. 


Himmel klar, indess eine wenig hohe Wol- 
kenbank in W. und SW.; in S. mehr ver- 
waschen verlaufend. 


Areturus mit sich. 


105.0 
104.5 
104.5 
105.3 
104.1 
104.3 


106.77 Flammt 
stark. 


20.7 


Nr. 568. Wega und y Draconis. 


9b 43m,5 


49 


UUO 


es 


48.1 Schwierig 
48.0 wegen des 
47.0 gr. Unter- 


47.8 schiedes. 


77.0 
76.9 
76.7 
76.6 


Nr. 569. Gemma und fHerculis. 


10 15 


95.1 
93.0 
94.6 
92.9 


35.1 
34.6 
32.15 
33.6 


Nr. 570. Polarstern und 5 Draconis. 


[Es war die Absicht, 7Drac. mit Pol. »& 
zu vergleichen, statt dessen ist aber 8 beob- 
achtet worden, der sehr nahe dieselbe Distanz 


vom Polar »% hat. 


keinen Zweifel.] 


29 


Nr. 583a und 584, der 
Verification wegen gemacht, lassen hierüber 


28.2 
29.65 
28.3 
30.8 


10h 37m .5 


43 


Nr. 571. 


48 


54 


58.5 


65 


283 


91.0 
93.9 
93.3 
92.7 


Gemma und y Aquilae. 


90.6 
91.7 
90.0 
91.5 


32.7 
33.35 
32.0 
31.9 


Am Schluss vorzüglich klar. »% »% ziem- 


lich ruhig. 


1859 Juli 13. 


Tag und Abend klar. 


C.d.U. + 0m 8. 


Wenig Dunst am 


Horizont. — Mond fast voll: steht tief. 


Arcturus mit sich. 


102.1 
102.6 
103.0 
103.0 
102.95 


23.35 
24.25 
24.95 
23.75 
236 


1040 


103.95 


21.9 


Geht auf dieser Seite 
schwerer, wegen des 
helleren Felds. 


21.8 


Nr. 572. yUrsae majoris u. yDraconis. 


9 30 


39 


41 


97.6 


94.4 
95.0 
95.05 
95.8 


33.0 


33.0 


284 


Nr. 573. Ras Alhague und yLy:ae. 


106 0m.5 


13 


26 


Die beiden Vergleichungen durch den vom 


102.8 85.2 
85.85 

87.4 

102 9 86.4 

27.3 38.0 
40.85 
41.05 

27.25 37.5 


C Licht hellen Grund erschwert. 


Nr. 574. Attair und Arctur. 


Beide unruhig, besonders Arct. Auch Farbe 


stört. 
33 


38 


39 


27.2 — 
27.2 < 

28.1 

25.6 —_ 


95.5 
97.3 > = 
97.6 

99.5 — 


Himmel um C her stark erleuchtet, aber mit 
etwas mattem Schein, welches vielleicht auf 


dunstige Beschaffenheit deutet? 


Bild: C: 


1859 Juli1?. 


63.0 63.0 


Stutzen 34.9. 


Wega mit sich. 


102.4 104.0 
101.25 

102.7 

103.1 

102.0 

101.9 104.0 


19.6 18.5 
21.2 

21.2 

20.2 

19.3 
21.0 18.55 


C..d. U. + 3m,5. 


Nr. 575. Wega und Gemma 


9h 43m = 
air] 
48 
49.5 D 
S 
545 


47.05 
47.4 
46.3 
45.65 


80.15 
79.2 
79.2 
78.6 


Nr. 576. yAquilae und Deneb. 


10 2 45.2 < 
42 N; 
44.5 
7.7 44.65 
10 81.5 
80.8 
80.6 
21.5 81.0 


— Vony kleines 
schwaches Licht. 


m 
$ 


Nr. 577. eSerpentis und Gemma. 


31.7 83.2 
82.6 
82.75 
40 83.8 
42.5 41.5 
41.2 
44.0 
4).5 44.0 


iM) 
Ü 
$ 


Nr. 578. yLyrae und Ras Alhague. 


58.2 35.3 
383.2 

37.15 
IN 5 37.3 
7 90.2 

89.95 
90.3 
13 89.1 


Luft klar, &°% ruhig, 
wenig. 


C Schein stört 


1858 Juli 31. C.d. U. — 1m,9. 


Tag völlig klar, Abend ebenso, nur tiefin 
NW. ein paar wohl begrenzte Wolkenstreifen. 


Wega mit sich. 


103.1 105.2 
104.9 > 

104 4 

104.0 

102.95 

103.6 105.2 


21.0 19.07 
22.0 

20.8 

19.5 

20.15 

21.2 19.1 


Nr. 579. «Serpentis und «@ Ophiuchi. 


9 35m.5 33.6 — Stellung un- 

34.9 bequem. 
35.0 < U 

43.0 34.0 

45.5 90.4 Ei 
92.7 
89.65 $ 

55 90.9 


Nr. 580. 8Serpentis und Gemma. 


10 65 84.0 = 
82.5 fEj 

39.5 © 

13.5 43.5 S 


Ausser Gemma kommt bei der eingestellten 
Distanz kein anderer % der Krone, der so 
hell als 8 S. wäre, durch das Feld. [Bemerkung 
bezüglich auf Nr. 409.] 


Nr. 581. Ras Alhague und y Aquilae. 


27 = 34.8 
36.6 

D 36.8 > 
35 35.3 


285 


36 5 I 89.7 
93.75 

8 89.8 

43 88.6 


Nr. 58la. «Ophiuchi und yHerculis. 
10h 52m = 43.2 


53.0 == 82.3 


Nr. 582. @«Ophiuchi und PHereulis. 


11 ‚05 = 33.0 
33.75 > 

D 34.0 

11 34.0 

12 D 90.05 

92.3 

8 91.7 

17.5 89.8 


Nr. 583. yAquilae und yLyrae. 


26 33.6 32.8 
33-7 
34.1 

36 33.5 36.6 

NB. Nichts Verdächtiges bei yL. 

40 91.8 90.3 
92.2 
91.95 

45.5 91.9 89.9 


Nacht prachtvoll, & »& im Allgem. schön 
ruhig, obwohl Arctur stark flammt. — Beobb. 
sind mir dennoch ziemlich schwer geworden, 
woran vielleicht z. Th. der Umstand Schuld 
trägt, dass das Licht in der für die Ablesungen 
gebrauchten Laterne zu hell war. — Folgenden 
Morgen bezogen. 


1859 August 2. C.d.U. + 1m 1. 


Tag heiter, doch mit Wolken. Abend klar, 
aber in S. und O. geschichtete Wolken unten, 
bis zur Höhe von Antares (um 8h 40m) un- 
gefähr. 


286 


Arcturus mit sich. 


103.7 104.75 Etwas un- 
103.0 ruhig. 
102.8 

103 3 

103.0 104.75 


22.8 22.0 
23.8 

23.4 

23.45 

23.2 22.0 


Nr. 583a. Polarstern und $Draconis. 


[Diese und die folgende Beob. sind gemacht 
zur Versicherung darüber, dass Nr. 570 wirk- 
lich $ statt y Drac. gemessen wurde.] 


_— 29.4 
Dist.-Kreis 38°.3 
9h 7m.5 — 91.3 


Nr. 584. Polarstern und yDraconis. 


14 —_ 998 
97.9 
98.3 
20 — 98.3 S. noch her- 
nach. 
21.5 — 26.0 
28.8 
24.5 
26.5 — 23.9 
— 100.3 
30.0 — 23.6 > 
— 99.25 
33 — 26.8 < Dist.-Kr. 


39.0; bei dieser Einstellung geht auch ? Drac. 
durch das Feld. 

Wolken inS jetzt grossentheils aufgelöst: 
Scorpion und Schütze frei, in schönem Glanz. 


Nr. 5855. Gemma und yLyrae. 


43 Pers 35.0 
34.8 
32.6 
53 = 31.7 


55 _ 90.0 
92.2 
91.95 

59 = 89 95 


Wolken in S. und auch im W. haben wie- 
der zugenommen und gehen jetzt höher als 
vorher. 


Nr. 5854. « Ophiuchi und 72 Ophiuchi. 


[Diese und die unmittelbar folgende Beob. 
sind gemacht, weil die Vermuthung entstanden 
war, dass der Nr.565 beobachtete %# 72 Oph. 
statt 8? war. Diese Vermuthung bestätigt sich.] 


10h 7m = 86.0 


— 46.0: 


2% ausgelöscht von Wolken. Distanz 
war eingestellt 8°,3: bei dieser Distanz kommt 
auch £ durch das Feld, welcher heller ist, als 
der beobachtete. — Luft entschieden feucht. 


Nr. 585b. «Ophiuchi und 3Ophiuchi 


Angefangen, weil die #+% wieder frei 
scheinen: 
10 33 — 89.45 


ß gleich darnach schon wieder ausgelöscht 
(Vgl. übrigens Nr. 587.] 


1859 August 3. C..d. U. + 1m9,, 


Tag und Abend völlig rein: nur etwas 
Horiz. Dunst. 


Wega mit sich. 


103.0 105.0 
102.8 

103.8 > 

103.85 

103.8 105.0 


20.0 19.65 
23.3 

21.6 

21.25 

21.6 gut. 19.65 


Nr. 586. Ras Alhague und Arcturus. 


$h 54m 83.2 — Arct. etw. un- 
82.6 ruhig. R.A. gleichfalls. 
83.0 D 
59.2 82.9 
er 43.0 D 
43.2 
43.2 N 
4.7 43.65 


Nr. 587. Ras Alhague und $ Ophiuchi. 


11.5 au 89.6 
91.5 

0 91.9 

18.5 90.2 
20.0 0 38.7 
36.0 

N 37.6 

23.7 38.7 


[Vergl. auch Nr. 585b.] 


Nr. 587a. Ras Alhague und 72 Ophiuchi. 


Ohne Verstellung am Distanzkreis kann 
durch Drehung des Rohrs um die nach R.A. 
gerichtete Axe auch dieser #%# in’s Feld ge- 
bracht werden. 


_ 82.0 
9 3 
_ 44.0 


Nr. 587b. Gemma und nHereculis. 


Dist.-Kr. wird auf 19°.0 gestellt. Bei dieser 
Stellung können. 2 Sterne des Hercules, 7 und 
€, durch das Feld geführt werden, welche 
wegen etwa früher möglicher Verwechslung 
nach einander beobachtet werden. 


44.5 110.2 77.9 


46.5 20.3 46.0 


Dist.-Kr. steht auf 18°.6, wenn n durch die 
Mitte des Feldes kommt. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


287 


Nr. 587c. Gemma und eHerculis. 
53 23.7 45.2 


57 99.1 80.6 Dist.-Kr. 


19°.1 


Nr. 588. Ras Alhague und Gemma. 


Diese Vergleichung ist gemacht, weil mir 
bei den beiden vorausgehenden Gemma im 


Photometer etwas schwach vorkam. 


10h 1m.5 _ 21.2 
23.0 > [Gew. '/.] 

21.5 

6 = 21.7 

7.5 = 105.2 

106.4 

103.8 

11.5 — 105.2 


Nr. 589. 8 Ursae minoris und Deneb. 


16.5 87.8 = 
86.5 
86.6 ® 
20.5 87.4 
21.6 37.2 D 
37.0 
37.9 $ 
26.5 37.8 


Nr. 590. Wega und Deneb. 


19 30.5 = 37.0 Sehr ruhig. 

36 6 
D 33.1 
37 35.2 
38.2 m 912 
90.0 
$ 88.8 

41 89.35 


Luft normal, aber nicht so auffallend durch- 
sichtig wie neulich. 


Be TG 6666 


37 


288 


1859 August 7. 


Nachmittag und Abend rein, C im I.V., 
bei Antares. 


0.d.U.4+4m2, 


Bild: C: 63.15 62.7 
Wega mit sich. 


104.75 105.2 Nicht ganz 
103.9 ruhig. 

103.7 

103.4 

104.2 105.15 


205 200 
20.4 

21.8 

22.05 

21.95 20.05 


Nr. 591. Gemma und nHereculis. 


&h 54m,5 99.45 79.65 Stellung 
79.4 nicht bequ. 
U 81.1 
IR 99.45 81.0 
5.5 23.65 U] 44.5 
45.0 
S 44.35 
13.0 23.67 44.95 Dist.-Kr. 


18°.95 


Nr. 592. Gemma und e Hereulis. 


Im Bild scheint mir e gegen G. an Hellig- 
keit mehr zurückzustehen als 7. 


18.5 24.62 45.2 |, [Die drei 
44.0 ersten 
45.95). Einstel- 


lungen mussten cassirt werden, weil die zu- 
gehörige Stellung von Schlitten A wegen Nicht- 
Uebereinstimmung der zwei Ablesungen zwei- 
felhaft bleibt.] 


26.5 22.95 45.6 
2.50 439 
N 45.1 
34.5 22.95 44.0 
37 100.0 77.0 
TE 

795 

42.5 100.0 80.75 Dist.-Kr. 


19°.3. 


Nr. 593. Gemma und JdHereulis. 


49.5 99.0 84.2 
83.37 
5 84.6 
56.0 99.0 84.6 
10h Om 230%] 36.8 
36.3 

N 36.0 Geht üb. d. 

6.5 23.0 36.7 B.schwerer 


als u. d. B., wegen Helle des Feldes. 


Nr. 594. Ras Alhague und eHereculis. 


15.5 26.6 46.7 
48.2 
= 47.0 

225 26.80 47.25 
25 1068 I 81.0 
82.9 
N 82.0 
34 106.75 81.8 


Nr. 595 Ras Alhague und „Herculis. 


40.7 107.0 82.2 
3 83.15 
= 83.0 
47.5 107 0 82.95 
51.0 2370 47.1 
47.3 
S 48.6 
56.5 98.6 47.6 


Nr. 596. Ras Alhague und d’Herculis. 


ir “05 28.67 42.95 
44.7 

42.95 

6.5 28.67 43.15 

11 10.0 17.50) 87.7 
89.7 

N 85.1 

15.5 107.15 87.3 


Nr. 596a. Ras Alhague in Gläsern A, Dist.- 
Kreis gestellt auf 8°.4. Es wird constatirt, 
dass von den beiden -% »% ß Ophiuchi und 


72 Ophiuchi, welche bei dieser Stellung des 
Kreises durch das Feld geführt werden kön- 
nen, 3 ein einzelner #% ist, während 72 sich 
in solcher Constellation befindet, wie bei 
Nr. 565 aufgezeichnet war. 


Nach Untergang des I) Milchstrasse schön 
klar. — Luft scheint normal. » 


1859 August 8. C. d. U. + 4m,8. 


Tag rein, doch haben sich gegen Abend 
am Horizont rundum Wolken in leichten Bänken 
gelagert. Dieselben sind z. Th. wieder gelöst, 
aber ihre Spuren noch etwa bis auf das 3fache 
d. scheinb. Höhe des Thurmes d. prot. Kirche 
wahrnehmbar. 


Wega mit sich. 


103.6 105.45 Etwas un- 
102.4 ruhig. 
105.0 

102.6 

102.7 105.45 


20.75 19.8 ‚ 
20.0 

all 

20.6 

21.55 19.8 


Nr. 597. Ras Alhague und £Hereulis. 


& hat auf etwa °/s Durchm. des Gesichts- 
feldes Distanz einen etwas schwächeren Nach- 


bar & [v]. 


10h 43m 2 97.1 7725 
77.45 

oO 76.95 

495 97.1 78.7 
52.5 20.6 I 47.0 
47.0 

S 46.2 

58.5 20.65 46.2 


Messung schwierig wegen schwachen Lichtes. 


Nr. 5972. Ras Alhague und » Herculis. 


1 15 20650) 502 
Distanz von R.A. (am Kreis) für & 17°.4, 
für v etwas grösser. 


289 


Nr. 598. Ras Alhague und oHereulis. 


Auch dieser % geht durch das Feld bei 
gleicher Distanz und Einstellung wie &. oist 
der nachfolgende von beiden. 


9.5 101.6 80.0 
81.4 
= 82.0 
15.5 101.6 82.9 
22.5 2120 44.8 
44.2 

N 44.77 < 
28.5 21.2 44.0 


Nr. 599. Ras Alhague und #Herculis. 


[Im Original nähere Notiz mit Diagramm 
beigefügt zur Versicherung üb. die Identität 
des %.] 


11h 49m 21271: "49.6 
7.0 
48.2 
50 21.2 47.75 
Geht schwer wegen schwachen Lichtes. 
53 102.6 77.9 
78.2 
7915 
60.5 102.6 7785 Dist.-Kr. 


25.09 


Nr. 600. Attair und « Andromedae. 


12 19 - 34.8 
37.55 
D 35.75 
24 34 2 
25.5 D 90.5 > 
90.4 
N 87.6 
29.5 89.5 


Am Schluss d. Beobb. unten weniger Wol- 
kenspuren als Anfangs. Milchstrasse nach 
C Unterg. sehr schön. 


a 
1859 Oktober 30. C.d. U. — 3m2, 


Bei Tag stürmisch und bewölkt: Abend un- 
erwarteter Weise rein. Umstände sind jedoch 
nicht befriedigend: Horizont etw. weit herauf 


31” 


290 


dunstig trüb: Nacht nicht besonders schwarz, 
obwohl Luft sehr feucht: die gr. %%# »% sehen 
etwas verwaschen aus. Es wäre kaum beob- 
achtet worden, wenn nicht diese Umstände 
erst auf dem Thurm so sichtbar gewesen wären. 


Nr. 601. Attair und & Pegasi. 


Diese Beob. ist vielleicht am meisten unter 
den heutigen verdächtig, weil Att. nicht sehr 
weit vom trüben Dunst steht. Doch ist er 
anscheinend rein: um ihn her kleine & %* 
sichtbar. 


8h 31m.5 — 42.6 Beide sehr 
42.0 unruhig, 
® 41.2 Stellung un- 
365 44.3 bequem. 
38 ®] 81.6 Lichtscheibe 
82.4 von A. nicht 
8 83.4 recht scharf 
41.5 81.1 begrenzt. 
Bild: 63.6 gut; 63.8 


Nr. 602. Deneb und ePegasi. 


52.5 — 43.0 eimBildetw. 
42.4 röthlich. 
43.9 

59.0 41.0 A,wenn links 


und oben, erscheint mir schwächer als rechts 
mehr unten. 


3.4 Oo 83.7 
85.6 
N 85.0 D. etw. un- 


85.3 ruhig: & ist 
jetzt ruhiger als vorher. 


NB. Auch mit freiem Auge erscheint mir 


Attair nicht viel heller als Deneb. (Attair ge- 
schwächt ?) 


Nr. 603. «Persei und Deneb. 


23 30.0 — 
29.6 
27.2 el 
30.2 33.0 nicht schlecht. 
32.5 101.0 m 
97.7 
95.5 > 
37 99.4 


Bild: 64.0 63.97 


Um 9h 42m jst der ganze Himmel sehr stark 
getrübt, nur NO. noch zum Theil frei. 


Capella mit sich. 


24.2 20.8 
25.2 
26.1 
25.3 20.8 


Unterbrochen weil auch Capella verdeckt 
wird. — Nicht lange darauf hellt sich der 
Himmel wieder auf. 


1859 November 3. 


Nachmittag und Abend etw. streifig. Spuren 
davon in den untern Gegenden d. Himmels 
noch zu erkennen. Umstände wenig befriedi- 
gend: nicht viel besser als neulich, nur ist 
die Luft trockner. — #£ #% ziemlich ruhig. — 
Heller I Schein. 


0. d. U.— 3m,5, 


Nr. 604. Attair und ePegasi. 


6h 30.m.2 — 42.8 
45.7 

D 46.3 

345 47.2 

37 45 3 
38.5 2 82 2 
82.5 

N 80.0 

43 81.0 


Feiner Wolkenstreif nahe unter I. 


Wega mit sich. 


24.0 21.9 Licht etwas 
25.0 unruhig. 
26.6 
244 gut. 
22.85 
24.95 21.9 
Bild: 63.6 63.2 
103.1 104.3 Unterd.Bild 


steht Phantom A rechts. 
104.2 nicht schlecht. 
103.25 


104.1 
104.3 < 
105.1 gut. 104.33 


Bild: C: 63.2 63.0 


Nr. 605. Wega und « Persei. 


7h 11m _ 83.8 > 
82.2 
D 83.1 > 
15 82.9 
17 U 45.6 Jetzt « P. 
449 rechts oben 
N 446 im Feld 
21 43.0 


Nr. 606. &Pegasi und Deneb. 


7 27.5 40.55 — 
42.4 
40.5 D 
33 40.9 
34.5 84.15 D 
83.6 
84.05 N 
39 83.7 


Nr. 607. 8Cygni und yLyrae. 


49 43.8 43.95 
44 67 
45.0 

54 43.6 < 43,95 

57 87.8 876 Jetzt ACyg. 
88.25 rechts im Feld. 
87.45 

625 879 87.5 


Streifige Trübung unten, die um die Mitte 
der Beobb. sich mehr gegen den Horizont 
zurückgezogen zu haben schien, hat sich wieder 
in die Höhe mehr ausgebreitet und kann bis 
fast zum C verfolgt werden. In S. und SO. 
höher als in W. 


291 
1859 November 13. (C.d.U. + 0m1l. 


Kalt ohne Schnee. Bei Tage klar, scharfer 
Wind aus O., aber Himmel etwas matt und 
dunstig von Farbe. 


Nr. 608. Ras Alhague u. y Cassiopejae. 


6b 10m 21.8 — «Oph. unten, 

23.4 y (ass. oben im Feld. 
17.7 — Lichtetw. un- 

16.2 227 19.9 ruhig. 

18.0 98.0 101.85 
94.2 
94.6 

22.2 97.5 102.85 


Beobachtung etwas gewagt, bei den heu- 
tigen Umständen, weil R. A. schon etwas tief 
steht. 


Nr. 609. yAquilae und ySagittae 


32.5 37.05 450 Schwierig 
46.0 wegen schw. 
42.7 Lichtes. 


39.5 37.0 46.0 

44.0 88.8 81.0 
82.35 
81.77 

49.5 88.85 82.1 


In N. jetzt verwaschne fliegende Feder- 
wolken, vom aufgehenden C beleuchtet, bis 
zu Capella herauf. 


Wega mit sich. 


Farb-Unterschied der zwei Phantome auf- 
fallend und störend: A röthlich, B grünlich. 


23-4 22.4 
25.4 
25.3 
248 < 
256 
26.05 22.35 
Bild: 63.0 63.35 
102.8 101.7 A jetzt 


rechts, violetlich, B grünlich. 
104.0 nicht schlecht. 


292 


101.65 Es scheint mir, dass 
ich bei der Beobachtung auf beiden Seiten des 
Bildes geneigt bin, beim ersten Ansehen Schlit- 
ten A weiter von der Bildstellung zu entfernen, 
als bei längerer Betrachtung. — Den Farb- 
Unterschied würde ich zuletzt so bezeichnen: 
A weissblau, B. gelblich. 

102.55 

103.0 

103.55 ı 101.7 


Bewegung und Neubildung von Ausläufern 
in den Wolken. Es muss geschlossen werden. 


1859 November 14. (C.d. U. + 0m,1. 


Tag und Abend sehr ähnlich wie gestern: 
Ansehen des Himmels etwas staubig. 


Nr. 610. ePegasi und eAndromedae. 


7h 45m 28.9 — «flammt sehr. 

32.3 stark. 
28.8 0 

49.5 316 

52 99.2 D 8% jetzt 
94.9 etwas ruhiger. 
909 S 

55 88.1 nicht schlecht. 
970 ji] 

59 91.7 5 


&, direct betrachtet, erscheint mir etwas 
röthlich. Abgebrochen wegen Verhinderung, 
ohne dass etwas speciell Verdächtiges zum 
Vorschein gekommen wäre. Doch schienen 
mir die Umstände im Ganzen nicht besser als 
gestern. 


1859 November 21. C.d. U. + 0m,6. 


Nebelwolken haben sich seit Mittag zer- 
theilt. Abends Luft in den Strassen nebelig: 
die höheren Gegenden des Himmels sehr klar, 
%»% überaus glänzend. Stark feucht. 


Nr. 611. Attair und Capella. 


6 58 24.0 — Flammen um 
27.0 die Wette. 
24.2 Okular beschlägt schnell. 
D 25 24.6 —_ 


7h 4m,5 100.6 — Jetzt C. links 


96.6 unten im Feld. 
98.3 
10 97.35 — A am un- 
ruhigsten. 


Nr. 612. «@ Pegasi und e Pegasi. 


18.5 — 288  Dist.-Kr. 
20°%.4. 
40.0 sic. [Gew.'/2] 
28.8 Vorher 
Schirm aufgestellt gegen die blendende La- 
terne von unten. 
30.9 
28.5 = 27.1 
Licht ziemlich ruhig. 


32.5 — 103.2 

97-9 

99.2 
38 — 94.0 
39.5 — 97.9 
42 = 26.8 
46.5 == 26.2 


Stelle ich Schl. B. jetzt auf 40.0, so ist das 
Phantom von & offenbar zu hell. 

485 —_ 28.7 

50.5 —_ 30.3 


Indem Sucher und Prisma A auf @ ge- 
richtet bleibt, und die Einstellung am Dist.- 
Kr. beibehalten wird, drehe ich das Rohr um 
die nach « gerichtete Axe, um zu untersuchen, 
ob ausser e noch irgend ein ## durchs Feld 
kommt, der etwa früher statt e beobachtet 
worden sein könnte. Ziemlich nahe bei & findet 
sich Einer, der aber viel zu schwach ist, um 
gemessen zu werden; ferner folgender in 
grösserer Entfernung, dessen Identität Nov. 22 
aus der noch frischen Erinnerung von der 
Stellung des Rohres und den desshalb im 
Original - Journal gemachten umständlichen 
Angaben nach der Karte in der Uranometria 
nova festgestellt wurde: 


Nr. 613. «Pegasi und Anonyma Pegasi, 
Piazzı Hora XXI Nr. 321. 

) Oo 50.7 Gehtschwer: 
51.5 auch stören 
51.1 Laternen. 

8 65 U 518 


&h 11m.5 U 75.1 Schirm geg. 
73.95 Laternen 
76.0 angebracht. 
16.5 U 759 


Dist.Kr. steht auf 19°.8, wenn ## durch .d. 


Mitte des Feldes geht [gerechnet 19°52‘]. 


Nr. 614. Deneb und $ Aurigae. 


41.5 u 29.6 
34.8 > 
30.9 

45 = 30.0 


Auge ermüdet. 


47.5 = 95.0 
98.35 
97.8 

51.5 == 97.2 


Deneb mit sich. 


101.9 101.25 

104.0 

1042 

103.6 

101.55 

101.6 101.32 Fl. etwas. 


27.05 26.75 

29.0 

29.5 Auf dieser Seite steht 
27.85 A links. 

26.25 

28.4 26.7 


Luft reiner am Schluss als am Anfang. 


1859 November 22. C.d.U. + 0m,9. 


Sehr schön klar. Nur auf grössere Ent- 
fernungen ist parterre die etwas dunstige Be- 
schaffenheit der Luft wahrnehmbar. 


Nr. 615. yAquilae und #Aquilae. 


6 41 34.2 34.8 Schwaches 
37.8 Licht. 
38.3 # nicht ganz 


50 37.0 rubig. 


2953 


53.5 96.2 94.8 y ebenso. 
99.0 
95.2 Jetzt Schirm 
62.5 96.1 92.4 aufgestellt: 


in Folge dessen sind die 2 letzten Einstel- 
lungen besser als die vorausgehenden. [Ge- 
wicht 2.] 


Deneb mit sich. 


292 26.5 
30.6 

29.3 

27.9 < 

28.6 

30.8 26.5 


100.05 gut 99.05 
99.15 

101.7 

101.2 

100.5 

100.4 99.05 


Nr. 616. Wega und Capella. 


Beide unruhig, besonders W. — Farbe stört 
wenig. 


7b 29m,5 20.05 24.4 
24.2 

23.45 
34.5 20.05 22.6 
36.0 102.8 99.3 
101.4 

100.45 


41.5 102.85 99.8 


Nr. 617. yLyrae und ß Aurigae. 


Licht etw. schwach, aber ohne störende 
Unruhe. 


47.5 392 _ 
41.25 
38.05 I 
54 36.3 
55.5 85.8 w 
85.9 
872 N 
61.5 88.1 


294 


Nr. 618. Deneb und ? Arietis. 


[Es war die Absicht, «Ar. zu messen, e 
ist aber kein Zweifel, dass der beob. #% ß war, 
welcher bei derselben Stellung des Dist.-Kr. 
in’s Feld kommt.] 


8h 9m n 36.6 
40.05 
wie 37.6 > 
14 39.0 


(A von Deneb etwas kleiner gemacht als 
das von ß Ar.) 


17 Biel 85.35 
85.0 
$ 86.9 
24.5 87.8 


In den Strassen zuletzt merklich dunstiger 
als Anfangs. Oben aber schön rein. 


1860 Januar 10. C.d.U.-+ 1m,3. 


Umstände gar nicht befriedigend. Himmel 
gegen () Unterg. streifig, auch in den Strassen 
Anfangs dunstig. Oben, besonders gegen N. 
scheint der Himmel mir klar. 


Nr. 619. yCassiopejae und ß Aurigae. 


6 46.5 25.2 — Licht gut. 
22.6 
22.1 
52.7 22.1 = 
56.5 106.1 — 


102.0 Stellung etw. unbequem. 
103.6 Dunst unten ‘hat zuge- 
63 104.8 — nommen. 


Capella mit sich. 


21.6 18.7 Etwas un- 
22.15 ruhig. 
29.0 

18.2 

21.8 

21.1 18.7 


105.1 103.72 A rechts 
104.85 unten im Feld. 
105.0 


102 8 
103.0 
102.2 103.7 
Nachdem jetzt C Schein sich geltend macht, 
zeigt sich d. Himmel bis hoch hinauf dunstig 
getrübt. 


1860 Februar 15. C. d. U.+ 2m}1. 


Instrument war wegen Reparaturen zerlegt. 
— Prisma B ist seit den letzten Beobb. einmal 
beregnet worden. 


Nr. 620. ZOrionis und yOrionis. 


7h 2m 26.67 — Licht etwas 
28.3 schwach: d. Himmel 

27.3 istnehmlich nicht sehr 

10.5 24.0 dunkel, weil die dun- 
stige Luft erleuchtet ist. 


13 1017 — Geht leichter 

31.5 103.4 auf dieser Seite. 
104.67 

27 104 4 


Nr. 621. $Orionis und : Orionis. 


38.5 25.6 381 Schwächere 
37.7 Nachbar % 
38.6 von ı Or. 

45.5 25.55 41.2 stören. 

49 102.9 84.0 Auf dieser 
83.4 Seite sind 
85.8 obige 

58 102.9*) 87.8 ausdem Feld 


gebracht. 
*) War verschoben worden, und ist wieder 
so gestellt. 


Capella mit sich. 


20.9 19.05 DB 
22.2 AS 
22.3 

21.6 

21.2 19.05 


102.3 103.3 
102.4 

102.0 B 
101.8 SQ 
101.7 103.3 


Die 2 A A können nicht ganz aneinander 
gelegt werden, weil die Berichtigung des In- 
struments noch unvollkommen ist. 

Luft am Tag schön klar, aber Abd. nicht 
nebelfrei. Um die Zeit des Schlusses von 
Beob. Nr. 620 und Anfang von 621 scheint 
die Nebelbank gegen Orion zu scharf begrenzt, 
nachher aber mehr verwaschen und näher an 
Or. kommend Anfangs der letzten Messung 
(Cap. mit sich) ist Rigel entschieden geschwächt. 


1860 März 1. C.d. U. + 1m,7. 
Tag rein. Abend schön klar, £ »£ weit 
hinab rein. Etwas feucht, und wenig kalt. 


Nr. 623. &Orionis und Procyon. 


7h 29m,5 37.0 — 
39.5 > 
36.3 D 
34.5 38.1 
Beide »& ,£ etwas unruhig. 


36.5 90.0 > oO 
91.2 
88.6 S 
40.7 91.45 


Nr. 624. &Orionis und x Orionis. 


50.5 29.55 30.9 x ziemlich 
33.2 unruhig. 
35.2 

54.5 29.55 34.0 

58.0 100.15 94.0 
96.6 
93.7 

62.5 100.2 92.6 < 


Nr. 625. &Orionis und Regulus. 


8 10 25.35 ga 
28.6 

26.4 < OD 
15 24.6 

17 101.8 0 
100.5 

103.0 > N 
21 100.0 


Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


295 


Jupiter mit sich. 


24.6 21.0 
23.2 
25.6 Beugungslinien sehr 
25.3 stark. 
23.08 A bläulich, B röthlich. 
23.45 21.05 

100.85 101.2 


99.4 Jetzt A röthlich, B bläu- 
lich, aber Unterschied nicht so prononcirt 
wie oben. 


99.4 
100.05 
100.2 Beugungslinien auch hier 
99.7 101 2 sehr stark. 
Bild: Jupiter: 64.0 63.0 
C: 635 63.1 


1860 März 11. C.d.U.+5m1. 


MorgensSchnee, Nachmittag @) Schein, Abd. 
schön klar. Luft vorzüglich. Trockne Kälte 
(Morgen darnach — 13° R.). 


Jupiter mit sich. 


21.05 18.6 
20.6 
21.8 
21.8 
21.3 
22.6 18.6 


101.1 104.0 
102.0 
101.0 
101.9 
101.3 
102.8 104.0 


Nr. 626. &Orionis und A Orionis. 


Dieser der hellste von etwa 4 &,%, die 
fast zugleich in’s Feld kommen. 


20.15 42.7 

44.0 

41.9 

42.9 Vorher 
Zeit verloren. 


38 


7b 40m 


Ü 
53 20.3 


296 


56 104.05 0) 842 
83.95 

N 82.2 

61.5 104.2 86.6 


Nr. 627. Aldebaran und f Tauri. 


gı 8m,5 247 22.6 Ist so rich- ‘ 

27.3 tig notirt. 
28.9 

14 24.7 237.3 

15.8 24.7 

17.5 101.3 98.7 
972 
97.2 

21.5 101.25 99.25 


Dem blossen Auge erscheint Ald. gar nicht 
viel heller als $£T. — Beobb. können nicht 
fortgesetzt werden, weil bei der Kälte das Oel 
am Instrum. so steif geworden ist, dass der 
Dist.-Kr. gar nicht mehr zu bewegen ist. 


1860 März 20. C.d.U. + 9m,6. 


Instrument seit den letzten Beobb. noch- 
mals auseinander genommen und in Ordnung 
gebracht. Bei dieser Gelegenheit beide Pris- 
men gereinigt. 


Jupiter mit sich. 


220 200 

20.75 

21.25 

21.95 

222 

22.6 200 

Bild: 62.2 61.4 

102.1 102.6 
103.0 
102.2 Unt.d.Bildsteht A rechts. 
102.55 
103.15 
103 0 102.65 


Nr. 628. y Orionis und « Persei. 


7 20 104.6 98.9 
99.0 
97.8 

24.5 104.75 98.67 


26.6 17.05 25.0 DB rechts 
22.2 oben. 
23.15 

32.5 17.0 21.9 


Nr. 629. £Orionis und y Cassiopejae. 


38.5 — 102.0 
100.9 

102.1 

43.5 = 99.8 

® 

46.0 —_ 23.2 
20.8 

26.0 

52.0 = 24.7 


Nr. 630. £Orionis und n Orionis. 


8h 6m — 83.0 
82.8 
Bi 5 
11 82.1 Wind hat 
hat sich erhoben. 


13.5 I 40.0 
40.0 > 

S 41.6 
19 41.7 < 


Nr. 631. $Tauri und «Persei. 


27 23.2 25.0 
27.3 
27.2 
sl 23.4 26.4 
33.9 104.2 3.9 
95.3 
98.6 
37.9 104.1 97.9 


Vorzüglich klare Luft, $#,% weit hinab 
sehr schön. Vielleicht etwas starker Wasser- 
gehalt. Venus erleuchtet ein wenig den Him- 
mel um sich: so auch Jupiter. 


1860 April 16. 


Seit Nachmittag sehr schön; rein und völlig 
klar. — Um Venus und Jupiter ist jedoch der 
Himmel deutlich etwas erleuchtet. Luft scheint 
etwas feucht. 


C.d. U. + 0m. 


Nr. 632. Aldebaran und Arcturus. 


8 25m 40.0 — Ald. fammt 
ungemein stark im schnellsten Takt. 
39.8 
40.0 [J Farbe nicht 
30 39.7 auffallend. Licht jetzt 
etwas ruhiger. 
32.5 85.35 O1 
83.95 
84.4 S 
37.4 83.6 


Nr. 633. 8 Aurigae und $ Leonis. 


48.5 24.35 26.15 
25.3 
28.45 

55 24.35 23.9 


Ruhiges Licht. 


87.5 105.4 100.8 Jetzt 8 Leon. 
101.05 links oben. 
100.6 

62 105.4 101.2 


Nr. 634. 8Aurigae und #Aurigae. 


9,9 27.2 36.3 Nicht voll- 
36.2 kom. ruhig 

® 37.85 

16 212 36.9 
9719 97.0 88.0 Jetztfrechts 

89.25 oben. 
S 89.3 
24.5 97.05 89.25 


Saturn mit sich. 


103.0 102.2 Auge schon 
102.9 etwasermüdet. [Es sind 
102.35 vorher noch zwei Ver- 
101.3 gleich. von Saturn mit 
102.0 »%& »% gemacht.] 

101.75 102.25 


27.55 24.1 


26.05 24.05 
Ende 10h 15m. Um 11 Uhr wolkig. 


nn 


297 


1860 Mai 4. C.d. U. — Om 1. 


Umstände scheinen am Anfang normal. 
Jupiter mit sich. 


24.15 21.55 Sehr schön. 
24.05 Licht. 

25.0 

24.4 

23.85 < 215 


103.55 103.0 Nunmehr A 
104.85 rechts. 
104.0 

104.2 

102.2 103.0 


6372) Wenn der Dist.-Kr. auf 43°.8 ge- 
stellt ist, und Capella, in A, in Mitte des 
Feldes sich befindet, so kann nicht nur der 
Polarstern in’s Feld gebracht werden, sondern 
auch ein anderer, merklich tiefer stehender 
und schwächerer *%%: vermuthlich y Cephei. 
[Diese Notiz hat Bezug auf Beob. Nr. 82.] 


Nr. 6358. Pollux und $Leonis. 


$h- 50m 100.0 89.95 Feld etwas 
89.2 hell 
89.85 
55 100.0 91.7 
8 57.5 25.2 35.0 Jetzt ist A 
35.4 lınks oben. 
33.2 D Schein 
61.5 25.25 34.8 wirkt jetzt. 


Beobb. müssen beendigt werden, weil sich 
jetzt eine stark unreine Beschaffenheit der 
Luft, namentlich in S. und O., herausstellt. 
Die letzte Beob. ist desshalb nicht unver- 
dächtig. 


1860 Mai 6. C.d. U. + 0m 2. 


Umstände anscheinend normal. 


Nr. 639. ß Aurigae und yUrsae majoris. 


8 42 101.25 96.5 ßAur. rechts 
97.2 unt.im Feld. 

97.3. Stell. nicht 

49 101.3 95.0 < bequem. 


38* 


298 


52 25 17 24.8 ß etwas un- 
27.05 > ruhig. 
29.6 
26.55 
58.5 25.2 30.35 nicht 
schlecht. 


Um Venus und Jupiter sind jetzt schwache 
Lichtscheine bemerklich. 


Nr. 640. $&Leonis und oLeonis. 


Ih 20m 104.0 80.6 
80.2 
D 81.1 
26 104.0 82.0 
28.5 2950 447 
45.6 

8 45.7 < 
34.5 29.22 46.3 


Nr. 641. Pollux und Wesa. 


41.5 337 — Licht, beson- 
39.4 ders von P., 
38.1 [) in zitternder 
45.0 39.4 Unruhe. Passt sonst 
gut zur Vergleichung. 
46.5 85.65 — 
85.9 
86.65 S 
515 88.4 < 


Saturn mit sich. 


26.15 22.1 A links unt., 
25.2 B rechts oben. 
25.4 

25.5 

25 75 22.15 

99.75 101.9 Jetzt umge- 
100.65 kehrte Stellung. 
100.0 


99.4 Prismen waren heute 

99.6 < 101.8 nicht, wie 

sonst, abgestäubt worden. 

Gegen den Schluss, wo d. Vollmond dem 

Aufgang nahe ist, zeigt der Hımmel ein sehr 

ähnliches Licht wie gestern (matt metallischen 

Glanz). Doch ist heute nichts eigentlich Ver- 
dächtiges zum Vorschein gekommen. 


1860 Mai 17. C.d.U. + 1m,4. 

Tag schön: Abend seit 6 Uhr ganz rein 
(vorher Cirrhi). Am Westhoriz. ist jedoch auf 
d. Thurme eine lange bankartige Wolkenmasse 
sichtbar, und über ihr zerstreute dünne Schleier- 
streifen, die ich um 8h bis auf etwa 0.35 der 
Höhe von Venus verfolgen kann. 


Venus mit sich. 
Bild: 63.0 61.97 


Prismen vorher sorgfältig abgestäubt. 


1010 102.4 Himmels- 
101.85 grund noch sehr hell. 
101.5 

102 27 

101.25 

102 4 102.45 


23.4 > 22.6 Jetzt B 
22.95 rechts unten. 
24.62 A mehr röthlich gelb, 
25.0 DB mehr ]ıla. 

24.1 

23.95 22.65 


Nr. 642. Capella und Wega. 


sh 37m,5 90.0 94.05 Beide flam. 

903 sehr stark. 
89.6 

44 89.0 94.05 

46 32.25 25.0 JetztC. links 
32.0 unten. 
32.8 r 

52 34.05 25.0 


Zunehmendes heftiges Flammen kann die 
Beob. beeinträchtigt haben. 

Schleierstreifen unter Venus sind noch etw. 
über die Höhe von Procyon zu erkennen. 
Gegend von Capella ist daher nicht ganz un- 
verdächtig. 


Nr. 643. Arcturus und Regulus. 


O3 n— 92.25 R. nicht 
92.8 ganz ruhig. 
90.05 Farbenicht 
störend. 
8 — 92.25 R.linksunt. 


gu 10m 00 33.6 
34.0 

$ 34 05 
15 32.0 


Nr. 644. Castor und 12Canum venaticor. 


23.5 = 92.6 
89.35 
91.1 12C. links 


29 = 90.85 im Feld. 
30 - 34.8 
e 34.9 
3435 < 
34 — 32.2 


Gegend um Castor nicht ganz unverdächtig, 
denn die nahe (tiefer) stehende Venus erleuchtet 
deutlich einen Theil des Himmels um sich. 

Schöne helle ##Schnuppe in röthlich gelbem 
Licht von der Mitte der Cassiopeja abwärts 
etwas nach links gehend (ungefähr 9h 35m 5). 


Nr. 645. #Leonis und : Leonis. 


445 88.35 79.4 

803 Etwas 

80.7 > schwierig 
54 88.2 82.2 wegen ge- 

ringer Helliekeit. 
56 37.2 43.6 < 
44.7 
45.4 
61.0 37.3 44.0 


Nr. 646. Spica und Wega. 


10 85 93.0 — Stellung un- 
91.0 bequem. 
925 DU) Beide 
13.7 93.0 unruhig, besonders Sp. 
14.5 33.7 D 
35.9 
35.15 S 
17.5 33.15 
Bild: 634 62.45 Okular.-St. 


35.2. 
Umstände heute im Ganzen wenig befrie- 
digend, obgleich sie von unten als vorzüglich 
erschienen waren. 


299 


1860 Mai 18. C.d. U. + 0m,6. 


Umstände ziemlich ähnlich wie gestern: 
vielleicht eher etwas günstiger. — Prismen 
sehr sorgfältig abgestäubt. 


Venus mit sich. 


97.3 96.2 Phant. B 

96.9 steht links oben. 

97 05 Gesichtsfeld ist rechts 
unten heller als links oben: wohl in Folge 
der Dämmerung. 

97.3 

962 

97.0 gut. 962 


Bild: 62.8 61.95 


26.9 25.85 A mehr 
26.65 röthlich. 
26.6 

26.0 \ 

25.1 gut. 

26.0 gut. 25.9 


[Folgen zunächst 2 Planeten-Beobachtungen.] 


Nr. 649. Pollux und Polarstern. 


sh 54m .5 102.05 89.2 Pollux 
88.0 flammt. 
1 900 
58.5 102.05 91.2 
9.05 22.6 33.25 Feld noch 
37.6 zieml. hell, 
34.0 was d. Beob. 
33.2 erschwert. 
6.5 22.6 31.6 


Nr. 650. Denebola und dCorvi. 


Der hellere von zwei *#% ȣ, die gleich nach 
einander durch’s Feld kommen. 


9 135 100 55 83.8 
86.2 
DO 84.5 
18.5 100.5 844 

9 21.5 200 38.6 < 


40.4 


300 
39.25 
Ih 26m.5 26.0 38.0 


Um Venus sind jetzt Spuren feiner Schleier 
bemerkbar. 


Nr. 651. Pollux und Deneb 


Pollux scheint mir heute, direct betrachtet, 
etwas röthlich. Vielleicht in Folge seines Flam- 
mens und der nicht ganz reinen Luft. 


39 99.55 101.3 Beide &% 
96.0 flammen, besonders P. 
100.25 

44 97.3 101.75 

46 28.2 24.2 
29.55 
29.6 

49.5 307 24.2 


„Dieser ganzen Beob. wäre wohl nur d. Gew. 
1/; zu geben.“ [Bemerkung v. gleichen Abend.] 


Schein um Venus und im Sucher auch um 
Jupiter bemerkbar, daher die Gegend von 
Pollux nicht ganz unverdächtig. — [Um 11?/s 
Himmel sehr schön klar, Grund etwas hell, 
ganz übersät mit kleinen & #.] 


1860 Mai 22. C.d. U. + Om1. 


Morgen regnerisch, Nachm. bewölkt. Y/s9 Uhr 
zeigt sich gegen die Erwartung der Himmel 
hell. Doch nicht ganz befriedigend #&% 
haben ein etwas verwaschenes Ansehen. 


Nr. 655. Capella und Spica 
12 102.7 101.2 C. überaus 


98.35 unruhig, Sp. 
98.15 leidl. ruhig. 


16.5 102.55 98.2 
18.8 21.35 25.1 Jetzt Sp. 
rechts unten. 
21.8*) 25.1 *) War neu 


gestellt. 
26.0 < Flammen 
25.0 21.75 24.6 vonÜ. immer 
heftiger, auch von Sp. zuletzt stark. 


Nr. 654. Denebolau. 12 Canum venaticor. 


33.5 108 05 95.2 D. rechts 
98.95 oben im 
96.8 Feld. 

40.0 108.0 97.55 

42.5 — 26.9 
2832 Um Venus 
28.2 Schleier 

475 —_ 25.55 wahrnehmb. 


Saturn mit sich. 


35.45 22.25 
25.05 DB rechts oben. 
24.55 

24.25 

26.6 

25.05 232.25 


102.97 101.8 
102.9 

101.35 

102.0 

101.6 

101.9 101.67 


Nr. 655. Spica und Denebola. 


10h 8m.5 — 90.0 Sp.(aufdieser 
88.7 Seite rechts 
U 92.8 oben) leidl. 
13 90.6 ruhig. 
14 DO 34.6 > 
35.0 < 
S 34.3 < 
18.5 — 34.25 


Etwas eigentlich Verdächtiges ist nicht 
zum Vorschein gekommen. Um 12h hat der 
Himmel aber ein unreines Ansehen. — Luft 
war sehr entschieden feucht. 


Mai 25. Bild 630 sehr gut; 62.0 minder 
gut; Okular-Stutzen 35.15. 


1860 Juni 5. C..d.U. + 1m]. 


Morgen regnerisch. Nachm. hell mit Wolken. 
Abd. noch um !/8 Uhr consolidirte Wolken, 


später schön klar, nur noch am SO. Horizont 
grössere Wolkenbank. Himmel im Dämmer- 
ungslicht schön grün, unten fein orange. 


Zuerst Planetenbeobachtungen. Auch das 
Durchsichtigkeitsverhältniss der Gläsersysteme 
ist heute durch Umwechseln zwischen Saturn 
und Regulus bestimmt. 


Nr. 661. Regulus und Deneb. 


9h 38m 99.1 100.4 D. unt. mehr 
97.4 links, R. oben mehr 

97.4 rechts. 

435 95.95 100.4 


Nach dem Wechsel R. im Feld plötzlich 
durch antretendes Wölkchen verdeckt. Sehr 
bald wieder anscheinend frei, fammt aber nur 
noch stärker als er schon that. 


495 27.2 22.95 
25.9 Unt R., aber in Distanz, 
27.6 grössere dunstige Wol- 
53 29.2 22.9 kenmasse. 


Beobachtungen heute anstrengend wegen 
Kopfschmerz. — Abgebrochen wegen Wolken- 
bildung. 


1860 Juli %. C.d. U. + 1m,3. 


Nachdem der Himmel lange bedeckt und 
regnerisch war, heute schön klar. Umstände 
scheinen normal. 


Arcturus mit sich. 


Bild: 62.52 62.25 
83.2 89.0 Noch sehr 
89.0 hell. — Licht nicht ganz 
88.1 ruhig. 
886 
88.0 Phant. A. rechts. 
89.25 89.0 
29.0 26.4 
29.4 
2935 
282 
284 
28.8 26.37 


301 


Nr. 662. Spica und Deneb. 


9h 23m 95.4 98.9 Falscher 
Liehtschein im Rohr. 
966 Jetzt beseit. 
96.95 


36.5 95.3 96.45 < Sp. nicht 
ganz ruhig. 

39.8 31.85 28.05 Auf dieser 
28.25 Seite steht 

26.2<T Phantom 

44 31.8 268 v. Den. ob. 


Nr. 663. «Ophiuchi und e@e2Librae. 


(Der hellere von den beiden Sternen «L. 
Das Licht des schwächeren ist als ganz unbe- 
deutend gegen das des andern anzusehen.) 


9 56.5 = 32.7 
36.3 Auge etwas 
34.2 geblendet. 
10 45 om 34.2 


7.0 lm) 90.25 
890 Jetzt «L. 


S 88.2 links ım 
11.0 87.95 Felde. 


Nr. 664 «Ophiuchi und $Librae. 


10.15 = 949 
95.3 
95.8 


20 95.0 


288 jetzt etwas 
26.8 hell, wegen 
30 30.8 C Aufgang. 


Ü 
23 ® 28.0 Grund wird 
3 


Nr. 665. Arcturus und eBootis. 


38 == 445 Licht nicht 
44.8 ganz ruhig. 

je] 46.0 

42.5 44.0 


44.0 Do 79.9 
79.0 


302 


78.35 
49.0 78.45 


[Am folgenden Morgen Himmel bezogen.] 


1860 Juli 8. C.d.U. + 1m,4. 


Umstände sehr ähnlich wie gestern. 


Nr. 666. Spica und Attair. 


9h 15m 90.8 96.0 Beide sehr 
89.0 > unruhig, besonders Sp. 
89.25 
19.5 91.2 95.9 Sp. rechts 
unten im Feld. 
22 30.5 2345 
32.8 
32.7 
27.5 29.8 23.45 


Arcturus mit sich. 


24.85 
25.02 
25.05 
25.0 

26 05 
24.8 21.85 


Leise Un- 
ruhe. 


21.85 


103 02 
104.1 
103.3 < 
104.8 
103.3 
104.8 


Jetzt A 
rechts. 


105.0 


105.0 


Nr. 667. «Ophiuchiu.12Canum venaticor. 


[Dieser # wurde in’s Feld gebracht und 
gemessen statt e Virginis, den ich ursprünglich 
beobachten wollte. Distanz von « Ophiuchi 
ist dieselbe bis auf 0°.2.] 


9 545 101.2 90.1 
88.1 

D 92.7 

10 0 101.2 90.0 


der Grund etwas hell ist. 


2,5 22.8 [] 34.8 Ueb.d.B.ist 
34.7 Phantom B 
N 32.8 > rechts 
7.5 22.8 36.2 oben. 
Nr. 668. ß8Bootis und Deneb. 
19 77.1 — Schwierig 
76.9 wegen Klein- 
76.6 DU heit des<T v. 
26 77.3  P u. unbequemer Stell. 
28.0 49.0 00 
47.4 
49.4 N 
33 49.05 
Nr. 669. Arcturus und Polarstern. 
39.5 _ 41.1 
42.05 
I 42.8 
44.5 42.0 
45.5 DO 82.7 
85.3 
85.05 
50 83.8 


In S. jetzt ziemlich tief ein paar lange 
schmale Wolkenstreifen. Mars steht etwas im 
Dunst. — Milchstrasse gut kenntlich, obwohl 


Nr. 670. 
10h 58m 94.45 
94.0 
93.6 
TR 93.85 
5 33.95 
33.8 
35.1 
9 32.2 


eBootis und yUrsae majoris. 


97.8 


Nr. 670a. 34Bootis und y Ursae majoris. 


119412 


(Der kleine Nachbar #% von & Bootis.) 


55.55 
56.0 


* 


28.2 


70.8 97.8 
23 69.9 


De ”% ist viel zu schwach, um eine leid- 
liche Messung zu gestatten: sein /\ ganz klein. 
(Distanz von & etwas grösser als der Radius 
des Gesichtsfeldes.) 


Wolkenbildung in S. hat sich jetzt stark 
ausgebreitet. In Zeit von '/ı St. nach dem 
Schluss der Messungen der grösste Theil des 
Himmels mit milchiger Trübung bedeckt. Die 
Beobb. werden kaum davon affieirt sein. 


1860 Juli 9. C.d. U. + 1m,6. 


Schön klar. Nur tief im S. gethürmte 
Wolkenbank. 


Nr. 671. Arcturus nnd Wega. 


9h 5m 954 101.83 Farbunter- 
94.3 < schied stört. 
94.9 
10.5 96.8 101.8 A. etwas un- 
ruhig. 
13 29.8 gut. 23.05 A jetzt ziem- 


29.0 lich ruhig, ausser bei 
29.3 d. letzten Einstellung. 
17.5 28.25 23.05 


Arcturus mit sich. 


25.1 23.05 
25.4 

24.75 

255 

24.75 < 

262 23.05 


100.2 101.8° Jetzt A 
101.0 rechts oben. 
102.0 

101.4 

101.5 

101.7 101.8 


Nr. 672. e Bootis und Denebola. 


9 38 94.2 96.25 D. stark 
92.9 unruhig. 
95.15 
43 93.8 96.35 


Abh.d.II.C1.d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


303 


9h A6ın 32.95 30.0 Jetzt D. 
rechts. 

32.9 Ueber dem Bilde stört 

32.4 Hellickeit d. Grundes. 


5l 31.67 30.0 


Nr. 673. «@Ophiuchi und zHerculis. 


102 — 86.0 
84.6 
oO 86.2 
8 85.4 
11 al] 33.8 Jetzt zz 
41.1 >> rechts ob. 
S 40.9 
17 38.4 


Nr. 674 «Ophiuchi und eHerculis. 


Schwächerer Nachbar & von x. 


19 (a) 48.9 Schwierig 
45.2 wegen schw. 
47.4 Lichts. 

30.5 47.2 

32 D 78.0 
71.35 
79.39 

36.5 ale 77.45 eetw.röthl. 


Nr 675. «Ophiuchi und oHerculis. 


47 er) 46.2 
46.3 
44.9 
52.5 44.3 
56 DO 78.9 
80.35 
79.0 
62 81.8 


Zuletzt Spuren von Wolkenbildung in leichten 
zerstreuten Flocken. — »% »% waren heute un- 
ruhiger als gestern. Folgenden Morgen Him- 
mel überzogen. 


39 


304 


1860 Juli 15. C.d.U.+ 1m,6. 

Tag und Abend schön, jedoch Umstände 
kaum ganz normal. — Dunst am Horizont, 
besonders in S., geht etwas höher als gewöhn- 
lich: %& »% funkeln stark. 


Arcturus mit sich. 


102.8 104.25 Störende 
101.0 Unruhe des Lichts. 
101.6 A rechts oben. 

102.0 

102.2 

103.85 104.25 

23.6 gut. 21.2 

2595 

24.5 > 

24.35 

20.2 

23.2 21.2 


Nr. 676. «Ophiuchi und Deneb. 


gu 32m 33.4 — 
33.8 
35.3 ® 
37.5 31.7 
40.5 93.4 D 
93.45 
92.15 N 
46 94.0 


Nr. 677. 12Canum venaticor. u. yLyrae. 


10 0 28.7 33.55 
33.35 

32.8 

5.5 28.75 33.9 

8.7 89.95 85.9 

87.7 


86.8 Jetzt steht 
86.0 12 Canum 
rechts oben im Feld. 


14.5 90.0 


Nr. 678. 12.Canum venaticor. u. ALyrae. 
(Der hellste von d. Nachbarsternen von yL.) 
21 17.0 51.15 


51.2 
Schwierig wegen Kleinheit des A von AL. 


106.2 73.9 
10h 29m 106.2 73.0 


Nr. 679. 12Canum venaticor. u. dOygni 


Distanz ist hier nur etwa !/ı Grad grösser 
als für y Lyrae, so dass der ## bei der gleichen 
Stellung des Kreises durch’s Feld geht. 


41 99.0 98.6 
97.4 
99.15 

50 99.05 100 2 


234.0 Jetzt OC. 
rechts oben im Felde. 
19.0 sie. 
21.4 
61 23.25 20.0 


83 23.2 


Nr. 680. 72Ophiuchi und ıOphiuchi. 


11221723 35.2 42.0 
42.35 

38.9 

27.5 35.2 41.4 

30.0 90.1 82.1 

82.4 

sıl 

36 90.05 82.8 


Auf etwa 0.8 Durchm. des Gesichtsfeldes 
Distanz vom beobachteten #%# steht ein hellerer 
(x), dessen Distanz von 72 etwas kleiner ist. 


Milchstrasse sehr hell. Um Mars dunstiger 
Schein. Stark feucht: Aussehen des Himmels 
dem entsprechend. Zuletzt Auge ermüdet. — 
Beobachten ging mir etwas schwer, vielleicht 
weil mehrere schwache #% »%& gemessen. 


1860 Juli 21. G.,d. U. — 0m,3. 


Tag schön. Horizont in S. vielleicht etwas 
weiter herauf dunstig, als sonst. — Tief im 
W. schmaler Wolkenstreif. 


Arcturus mit sich. 


62.7 Okular- 
Stutzen 34.8. 


Bild: 63.5 


101.6 103.55 A rechts. 
101.5 Unrubig. 

99.5 

101.05 > 

101.8 

101.05 103.6 


25.6 23.8 
24.5 
26.0 
25.7 
25.6 
26.1 23.8 


Nr. 681. Arcturus und y Cassiopejae. 


9h 23m.3 — 80.9 
81.1 
Do 82.05 
28 82.3 
29.5 nis 43.45 
43.2 
8 43 35 
35.7 43.0 


Nr. 682. Gemma und eSerpentis. 


49 _ 43.85 Schwierig 
429 weg. schw. 
2 42.0 Lichtes. 
56 40.95 Gemma 
links unten. 
58.5 = 84.75 
86.4 
S 82.0 
10 3.5 83.0 


Nr. 683. Gemma und dHerculis. 


Die Distanz von Gemma ist für d Hereul. 
ebenso wie für e Serpentis — 22°.6. 


8.5 — 87.65 Gemma 
89.05 rechts unt. 
= 91.6 
14.7 91.8 < 
20 m 29.6 
I2.T 
8 31.0 
26.5 33.4 


305 


28 — 94.7 sic. 

Wolkenbildung vom W. Horizont aus herauf 
gerückt. Himmel jetzt prächtig. Milchstrasse 
sehr hell. 


Nr. 684. yLyrae und eLyrae. 


Diese Beobachtung wird noch riskirt, weil 
die $&+%& sich sehr nahe sind. — Die zwei 
2% von e Lyrae geben 2 AA, die zum 
Theil übereinander greifen: die Helligkeit 
dieses gemeinschaftlichen Theiles wird mit 
der von y Lyrae verglichen, so dass also der 
Gesammtglanz des Doppelsternes bestimmt 
wird. . 


10h 40m.,5 34.25 46.0 
45.05 

43.2 

49 34.3 44.7 


Die Mischfigur von & zeigt ein etwas ano- 
males Aussehen (ihr deutlicher Umriss ist 
wegen Lichtschwäche nicht zu erkennen): hier- 
durch ist die Messung erschwert. 


51.5 91.1 78.6 
79.1 
77.05 
Wolkenbildung löscht eL. im Felde aus, 
bringt auch Wega zum Verschwinden, ohne 
dass dort etwas von den Wolken zu sehen 
wäre. Gleich darauf scheinen beide wieder frei: 
585 91.1 78.5 


Der ganze Himmel jetzt fleckig von zer- 
streuten Wolken, darunter auch solchen, die, 
ohne selbst kenntlich zu sein, sich durch das 
Fehlen der von ihnen bedeckten &% ver- 
rathen. Alles in rascher Bewegung. 


1860 August 8. C.d. U. — 0m 1. 


Schöner Tag und Abend. Horizont, be- 
sonders in N., etwas dunstig. Nachdem gegen 
Schluss der Beobb. das C Licht stärker ge- 


worden, zeigt der Himmel einen etwas matten 
Glanz. #£ % ziemlich ruhig. 


Nr. 685. &Ursae majoris und Deneb. 


8 42.5 936 < _ 
92.05 
92.75 0 
47.5 95.2 


39 


30 


6 
49.5 32.2 [I] Jetzt D. rechts. 
31.77 
32.2 8 
52.5 32.7 


Alcor bei & stört nicht. 


Arcturus mit sich. 


19.95 19.95 Flammt. 
22.05 

92.4 < DB rechts oben. 
23.9 

24.0 

23.8 19.9 


102.2 1040 
102.0 

101.95 

103.65 

103.15 

102.35 1040 


Nr. 686. 720Ophiuchi und y Aquilae. 


9h 19m 2 86.35 95.2 72 scheint 
87.05 mir etwas röthlich. 
85.95 
234 86.1 99.2 
OT 43.6 35.0 Heller Grund 


45.45 stört auf dieser Seite 
43.8 des Bilds. 
34 43.9 35.0 


. 686a. Constatirt, dass d’ Herculis keinen 


Nachbar »% hat, als ganz schwache. 
— (Bezieht sich auf Beob. Nr. 326.) 


10 


Nr. 687. yLyrae und y Draconis. 


53.5 89.4 97.7 
89.4 
89.95 
59 90.6 97.7 
1.5 36.2 22.05 Jetzt steht 
35.0 y Drac. rechts. 
35.1 


85 35.9 22.05 


Nr. 688. Wega und Ras Alhague. 


„18.5 — 45.15 Beugungs- 
linien bei keinem der beiden ## % auffallend. 
442 
elle] 44.9 Auch jetzt 
22 45.1 nicht auffal- 
lend bei W. 
235 wim 81.5 
81.1 
S 81.0 Auf dieser 
28 81.0 Seite in d. 


Stellung $ bei W. auffallender. 


Nr. 689. Ras Alhague und ePegasi. 


Letzterer entschieden röthlich. Im Bild 
scheint er mir recht hell. 


37.8 == 27.2 
30.4 
28.6 
43.5 — 30.2 
45.6 —— 95.0 
93.0 
94.2 
94.5 = 97.0 


Die nun folgenden Messungen, von August 25 
an bis Ende September 1860, sind wieder von 
den beiden Beobachtern gemeinschaftlich ge- 
macht. 


1860 August 25. C. d. U. — 0m2, 


Arcturus mit sich. 


101.4 1 100.355 Phant. A 
99.4 s steht oben etwas 
994 1] rechts. 

97.9 s »% flammt ziemlich 
98.9 1 stark. 

100.1 s 

229.21 22.0 

218 s 

233.55 1 

25.0 S 

22,06 1 


23.35 s 22.0 


Nr. 691. Attair und yCassiopejae. 


9h 19m ,7 — 39.4 8 
35.4 1 
jä 342 s 

29.8 32.35 <1 


C Schein hinderlich. Beide Beobb. finden, 
dass die Einstellungen ziemlich unsicher sind. 


35.6 <Ts 

35.0 34.6 1 
36.6 U 88.2 s 
89.5 1 
$ 87.8 >s 

43.2 83.251 


Nr. 692. yCassiopejae und «@Üephei. 


52.4 94.95 90.0 8 
892 1 

89.9 s 

59.0 94.9 90.0 1 

10 09 31.0 36.0 s 
34.651 

33.5 s 

9.1 310 33.0 1 


Nr. 693. yCassiopejae und ß Cephei. 


10 14.6 31.0 41.4 s 
41.0 1 

40.55 s 

21.5 31.0 41 951 
24.0 101.1 86.5 s 
892 1 

Oo 88.9 s nichtschl. 
300 101.15 870 1 


Nr. 694. Ras Alhague und « Pegasi. 


42.1 28.1 31.3 s UmCjetzt 
30.3 1 schwacher 
31.5 s Wolken- 

49.1 28.1 29,2 ] streif. 


Helligkeit des Grundes erschwert die Be- 
obachtung. 


94.1 s Jetztsteht 
94.751 « Oph. 
92.9 s rechts. 
61.5 97.6 93.01 


51.7 977 


307 


Nr. 695. Wega und Polarstern. 


11h 8m,3 _ 81.0 s Schönes 
82.0 1 starkes 

W 81.2 s Licht. — 

17.2 82.2 1 P. röthl., 


W. grünlich: dieser Unterschied stört etwas. 


19.6 0 43.8 s 
44.15 >1 

$ 44.2 5 

25.6 44.7 1 


Um € her hat sich streifige Trübung con- 
solidirt, etwa bis 8 Ophiuchi reichend, die 
sich nach und nach aufwärts verbreitet. Wega 
hoch oberhalb. 


Tag war sehr schön. Am Anfang d. Beobb. 
kam mir die Gegend um C etwas matt metal- 
lisch glänzend vor, als ob da leichter Dunst 
sein könnte: Leonhard hält sie für unver- 
dächtig. -— Die #% »% Beobb. sind schwerlich 
in Verdacht zu ziehen, doch sind die Einstel- 
lungen uns beiden nicht recht leicht gegangen, 
wahrscheinlich wegen € Lichtes. 


Um 12h 30m nichts mehr von Trübung zu 
merken. 


1860 September 12. C.d. U. + Om,7. 


Seit Nachmittag hell und ziemlich kalt. 
Nacht schön klar und dunkel. 


x mit sich. 

102.0 s 101.1 

104.8 1 A rechts oben grün- 
98.75 s lich, B links unten 
100.0 1 röthlich. 

99.298 

10335 <]1 

99.2 s 

102.25 1 

23.25 s 23.5 

28.0 1 


23.75 s Ungleichheit in der 
Farbe stört: doch erscheinen mir die Nüancen 
nicht constant auf dieselbe Art. 


23.6 1 

27.0 8 

27.8 1 gut. 
25.05 s 

246 1 23.8 


308 


Nr. 696. & Draconis und y Cassiopejae. 


(Diese Beob. ist gemacht, weil bei der 
früheren Nr. 430 ein falscher %% statt & ge- 
messen zu sein scheint. Der heute beobachtete 
= ist sicher & Er ist auch für das hlosse 
Auge schwach.) 


&h 47m.6 80.75 
79.75 
82.9 
79.9 
81.75 

9 85 80.0 


| 


nn [un on 


10.6 46.0 
47.1 
46.15 

17.7 49.55 


Ka u a 


in en 


Nr. 697. 8Hereulis und @Cephei. 


24.5 41.95 s 35.9 Farb- 
44.0 1 verschiedenheit. 
43.95 s 

33.7 45.3 1 35.9 

38.2 80.35 s 89.2 Auge war 
80.0 1 vorher stark ge- 
81.7 s blendet. 

44.8 79.0 < 1 89.15 


Nr. 698. Deneb und ge Cassiopejae. 


(Es war die Absicht, D. mit Polar %& zu 
vergleichen: da bei der eingestellten Distanz 
statt des letztern der hier beobachte % zuerst 
in’s Feld kam, so wurde dieser gleich ge- 
messen. Seine Identität ist aus Stellung des 
Instruments, Distanz und Constellation nach- 
träglich constatirt.) 


9 53.3 _ 46.1 s 
46.2 1 

U 45.6 gut s 
59.0 48.271 
102171 = 80.45 s 
81.1 1 
S 80.3 
9.2 78.9 1 


Nr. 699. Polarstern und Deneb. 


1019:3 93 
em freien Auge von 
erscheint Polaris 
— etw. schwach. 


-u-mn 
SS) 


25.5 9 


26.8 38. 


31.5 34.9 1 = 


Jetzt wieder Deneb in den Sucher und 
Gläser A genommen, mit der Distanz 45°.1 
gehen durch’s Feld der Polarstern, auf welchen 
die einzelne Einstellung gemacht wird 

— 89.1 s 
und der obige #%% der Cassiopeja. 


Nr. 699a. Deneb und eCassiopejae. 


41.0 E— 80.2 s 
82.6 1 

_ 43.75 s 

48.0 45.3 1 


Nr. 700. «Persei und Algol. 


11h 8m,9 25.5 26.4 s 
27.351 
30.9 > s 
28.8 1 
17.0 235.5 27.2 s 
11 18.0 100.75 95.55 s 
99.051 
98.1 s 
23.6 100.3 1 
94.7 s nicht schl. 
26.6 100.6 97.0 1 gut. 


Nacht sehr schön. — Tiefere &,’&, wie 
Anfangs Aretur und später auch Capella, z. 
Th. stark funkelnd, aber die beobachteten 
ziemlich ruhig. 


1860 September 13. C.d. U. + 0m,7. 


Morgens bezogen, Nachmittag klar Doch 
sind »% % heute auch in grosser Höhe un- 
ruhige. Am Horizont herum etwas nebelig. 


Mars mit sich. 


103.45 s gut 103.9 Phantom A 
oben, B unten. Beide erscheinen mir rechts 
heller als links, ziemlich scharf nach d. Dia- 
gonale abgegrenzt. 


102.1 1 
100.8 s 
105.1 1 
103.4 
1 
s 
1 


» 


wie oben. 


103.9 


Notiz bezüglich auf Nr.317: y Aquilae 
in Sucher und Gläser A gebracht. Dist. -Kr. 
gestellt auf 7°.55. Ich kann bei dieser Stel- 
lung in Gläser B keine ‚anderen »& »£ von 
einiger Helligkeit bringen, als zwei nahe gleich 
helle mit einander (Distanz etwa 0.4 Durchm. 
des Felds nach Erinnerung), die mir aber 
auch zu schwach erscheinen für die Beobach- 
tung. — [Vielleicht «@ und $ Sagittae ?] 


Nr. 701. yLyrae und 9Herculis. 


[Im Original nähere Notizen beigefügt, 
durch welche die Identität des *% constatirt 
ist, der sonst wegen der fast gleichen Distanz 
mit £Herculis verwechselt werden könnte.) 


8h 27m ,8 90.3 80.25 s 
78.4 1 

TE: 

35.2 90.3 80.9 1 
37.9 36.8 48.4 Ss 
49.7.1 

48.0 s 

45.0 36.8 45.8 1 


Nr. 702. yLyrae und oHerculis. 


51.75 85.2 80.0 s 
78.751 


309 


78.8 s 

59.0 85.3 TA 
9h 1]m,0 37.8 47.6 s 
44.951 

45.7 8 

92 37.8 43.5 1 


Nr. 703. yLyrae und £Hereulis. 


12.6 93.8 81.6 s Ehat.neb. 
868 1 sichd.Be- 
81.7 s gleiter ». 


19.3 938 88.1 1 Selbst die 
83.6 s hier beob. 
24.5 84.8 1 schwach. 
% »& sind nicht ganz ruhig. 
26.9 40.7 48.15 s 
50.0 1 
49.6 s 
32.5 40.6 50.2 1 


Nr. 704. yLyrae und »vHerculis. 


® 
Der schwächere Nachbar von &. — Beob. 
geht sehr schwer wegen Kleinheit seines A. 


34.2 40.6 54.0 s 
92.4 >] 
51.85 s 
43.0 40.65 52.2 ] 
44.3 86.55 747 Ss 
75.0 1 
73.8 s 
49.8 86.55 mo. 1 


Nr. 705. «Ophiuchi und «Persei. 


59.0 26.3 s — Flammen 
25.7 1 [) beide sehr 
29.5 s 5 stark. 
10278:0 268 1 — 
10 10.6 100.35 s — 
101.3 1 
1014 s Flammen erschwert 
die Messung sehr. 
18.5 102.2 ] = 


310 


Nr. 706 «Draconis und $ Öephei. 


10h 28m. 43.8 5 33.38 Auge etwas 

46.0 1 ermüdet. 
44.3 s U 

35.9 4011 33.85 

39.4 83.4 s 790 
81.0 1 
82.8 <s 

46.3 84.4 ] 97.95 


E% zuletzt ruhiger als Anfangs. — Luft 
feucht. — Zuletzt nichts mehr vom nebeligen 
Ansehen des Horizonts. 


1860 September 14. C.d.U. + O0m,8. 


Tag wärmerals die letzten, aber Luft nicht 
ganz rein. — Dunst vom Horizont etwas höher 
herauf als gewöhnlich. — *% »% ruhiger als 
gestern. 


Mars mit sich. 


103.1 s 104.25 
103.5 1 
103.0 s gut. 
105.0 1 
103.55 s 

1 


103.75 104.2 


20.55 
gut. 


gut. 


Nr. 707. yLyrae und nCephei. 


8 95 87.05 82.0 s 
82.6 1 
813 s 
18.7 87.0 N! 
25.2 38.9 42.3 Ss 
43.9 1 

43.95 > s Wetter- 

32.0 38.9 43.0 1 leuchten 


am W. Horizont. 


Nr. 708. yLyrae und öCephei. 


8h 47m] 83.05 78.9 s Constella- 
76.751 tion veri- 
77.958 Afeirt. 
58.2 83.0 778 1 
E) 163) 37.9 46.758 
40.9 1 
44.9 s 
7.1 37.9 43.0 1 


In S. schmaler Wolkenstreif oberhalb Mars. 
Horizont ist dunstig. 


Nr. 709. yLyrae und ı Cephei. 


19.0 86.35 8105s Constel- 
79.751 lation ve- 
80.9 s rifieirt. 
24.7 86.4 82.8 1 
DIN 37.9 43.35s Jetzt u 
41.2 1 rechts ob. 
44.0 s 
36.8 | 39.1 1 
D 43.6 S 
40.0 37.95 40.8 1 


Nr. 710. «Persei und Algol. 


47.0 27.0 32.0 s Flammen 
27.3 1 stark. 
28.45s Wolken 

59.0 27.0 31.7 1 habensich 

gelöst. Capella steht jedoch etwas in Dunst. 

Or 102.95 98.7 s 
96.8 1 
97.0 8 

107 45 102.95 100.2 1 


Nr. 711. Wega und Attair. 


104 — 95.8 < s Flam- 
men. — W. rechts. 
954 <ıI 
0 94.1 s AvonW. 
1727, 922 1 kleiner 


gemacht als das von A. 
Farb-Verschiedenheit stört etwas. 


10h 20m.3 D0 


b) 
27.9 


30.35 s 

30.0 gut 1 Jetzt 
29.8 s ziemlich 
29.8 1 ruhig. 


Um 12 Uhr Himmel zum Theil mit Wolken 
gedeckt. — Folgender Morgen klar. 


1860 September 23. C.d. U. + 0m,S. 


Umstände scheinen ganz normal am An- 
fang: später kommt mir doch Horizont etwas 
dunstiger vor als sonst, und der Glanz des 
Himmels in den tiefen Gegenden um C her 
etwas matt. 


Wega mit sich. 


103.75 Leise Un- 
ruhe. 
A rechts. 


104.3 
102.2 
102.8 
100.0 
101.1 
102.45 
102 6 
101.1 


un mn [en Mn 


24.3 Ss 
24.8 1 
25.05 s 
24.8 1 
24.4 Ss 
244 1 


Nr. 712. «@Cephei und ßCephei. 

84.8 s Flammen 
88.2 lu.CSchein 
852 s erschwert 
84.0 1 die Beob- 
84.555 achtung. 
85.1 1 


7 309 93.0 


40.2 s nichtschl. 
35.6 1 B steht 
jetzt rechts. 
38.6 s 
37.8 1 Gesichts- 
40.0 s feld links 
35.7 1 heller als 
rechts und unten. 


3 
62.0 29.75 


Nr. 713. «Andromedae und «Cephei. 


8 149 97.85 90.25 s 


89 851 Zeitverlor. 
Abh.d. II.C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I.Abth. 


31.6 


m) 
97.9 


sll 


88.95 s 
91.0 1 


Mit der eingestellten Distanz kann auch 


Deneb durch’s 


Feld gebracht werden. 


35.15 350 310 s 
255 1 
S 318 s 
50.2 1 
am] 290 s Avone 
41.8 23.78 33.0 1 Androm. 
kleiner gemacht als das von « Cephei. 
Nr. 714. @Pegasi und yCassiopejae. 
8 52m.4 37.8 8 PN. 
45.1 1 38.1 AusVersehen 
42.2 s auf beiden Seiten 
39.7 1 verstellt. 
Sf 41.8 s 38.1 
C Schein, der auf die Hand trifft, ziemlich 
hinderlich. 
Tel 910 s 94.1 
8.751 < 
91.0 s 
17.3 88.2 1 94.15 
Nr. 715. Algol und yCassiopejae. 
32.4 294 s 25.7 Beide &% 
26.4 1 ziemlich unruhig. 
29.5 Ss 
36.2 28.8 1 25.78 


Stellung unbequem. 


38.5 


46.0 
50.5 


Nr. 716. 


57.0 


10 2.4 


101.1 Jetzt Algol 
rechts unten. 


Algol und @aPerseı 


102.8 s 103.7 

100.7 1 

1012 s 

102.95 1 103.8 
40 


312 


34.1 Jetzt «P. 


5.4 32028 
26.0 1 rechts. 
31.0 s 
117 28.8 1 24.1 


Mit blossem Auge finde ich « sehr merk- 
lich heller als ß. 


Beobachtungen sind heute etwas schwer 
gegangen, wahrscheinlich wegen Mondschein. 
— Um 12 Uhr, nach C Untergang, zeigt sich 
Himmel ausserordentlich prachtvoll, & % 
scheinen ungewöhnlichen Glanz zu haben. 


1860 September 24. C.d. U. + 0m,8. 


Tag und Abend ebenso schön wie gestern, 
Horizont vielleicht noch reiner, %# % jedoch 
noch unruhiger. Beobachten geht uns heute 
entschieden leichter. 


Wega mit sich. 


22.8 8 21.05 B steht 

25.05 1 rechts. 

23.9 8 

249 1] 

23.8 8 

25.0 1 21.1 

101.0 s 102.27 Unruhe des 

102.6 1 »% u ungleichartiges 

101.0 s Aussehen d. 2 Licht- 
» 102.9 1 Phant. erschwert. 

100.83 s Relativ gut. 

101721 102.3 


63.65 s 63.35 
64.65 1 64.05 


Bild: C: 


Nr. 717. Wega und «Cephei. 


7b 34m] El] 79.05s Avon W. 
79.7 1 noch etw. 

79.3 s kleiner 

41.6 all] 79.25] gemacht 
als das von «C. 
44.9 SE 48.2 s Jetzt «C. 


49.0 1 rechts. 
48.0 Ss 
48.9 DI 48.7 1 


Nr. 718. «Andromedae und Wega. 


7ı 57m.5 80 97 s [JUOI Beide un- 
82.8 1 ruhig, besonders 
81.3 s « Andr. 
Sear8 Bass] 
3.7 4n.A Ss U Jetzt W. 
46.5 1 rechts oben. 
43.2 8 
110 5351 DD 


Nr. 719. Wega und Deneb. 
15.8 el] 35.1 s W.unruh. 
Bon 
36.2 s AvonW. 
20.5 Elm] 34.0 1 kleiner 

gemacht als das von D. 


22.9 wi 90.4 s 
86.7 <1 
89.85 s 

26.6 OD 88.6 1 


Nr 720. «Persei und Attair. 
8376>s DD «e Persei 


flammt sehr stark. 

90.3 s Auch hier, wie heute 

87.91 überhaupt bei Ver- 

38.4 88.0 s gleichung sehr heller 

»% »% mit schwächeren, dem hellen so viel Licht 

abgeschnitten, dass sein /\ entweder kleiner 

oder doch nicht sichtbar grösser ist als das 
des andern. 


40.1 39.6 s 
39.5 1 
07 >s 

450 37.4 ] 


Nr. 721. « Persei und «@ Cephei. 


51.1 34.2 36.4 s 
40.2 1 
39.2 s 
59.0 34.2 41.0 1 


972231 95.5 87.67 s 
864 1 
87.8 5 gut. 
7.85 87.3 1 
Folgender Morgen mit Wolken. 


Von hier an wieder der Eine Beobachter 
(s) allein. 
1860 Oktober 23. C.d. U. + 3m,2. 

Umstände nicht die bessten: Himmel hat 
im Schein ein etwas mehliges Ansehen, und 
zeigt um den Mond her den bekannten matten 
Glanz. Doch nichts eigentlich Verdächtiges 
zu sehen 


Wega mit sich. 


24.2 


Dvyyvbv 
IANSISN 
[SUSE WS Wer) 


or 


24.2 


101.7 101.3 Nunmehr A 
102.1 <T rechts. Starker Farb- 
101.4 Unterschied; A röth- 
101.1 lich. 

101.7 101.25 


Nr. 722. Wega und Deneb. 
Th 20m 5 — 35.4 Stellung 
34.0) unbequem. 
wie] 35.2 Vorher In- 


36.5 strument ans 

andere Fenster gebracht. 

A von W. kleiner gemacht als A von D. 

— Phantom B (von Deneb) war rechts oben 
im Feld. — Luft wird nebelig. 


33 JO 89.85 
90.05 
S 87.7 
37.2 89.2 Okularöfters 
39 88.9 abgewischt, 


weil es ein wenig beschlägt. 


Nr. 723. Wega und Deneb 
42.6 96.05 82.2 
82.1 
we) Ban 

48.3 96.0 82.0 
50.2 293.0 EI E] 7 28 
43.45 

S 42.8 

54.8 29.0 41.05 


313 


Nr. 724. Wega und Deneb. 


58.5 40.0 50.0 > AvonD. 
ist bei dieser Stellung sehr klein. 
500 


OO 49.4 2% nicht 


$h 3m,2 49.0 vollkommen 
ruhig. 

7.0 860 0T 770 
76.7 
S 76.1 

12.0 86.0 76.25 

Nr. 725. Wega und Deneb. 

13.8 — 86.35 
88.0 
00 88.7 

19.0 88.75 
22.0 Ei 35 0 
36.0 
8 36.9 

26.1 35.95 
Bild: 63.7 63.2 


Nr. 726, «@Persei und yCassiopejae. 


35.1 24.9 25.2 
26.5 
26.7 

41 24.8 26.45 

429 95.0 93.1 > 
91.45 
91.5 

47.7 95.65 91.6 


Nebelspuren sind vergangen. Zuletzt be- 
schlägt auch Okular nicht mehr. Himmel 
vielleicht etwas reiner am Schluss als am An- 
fang, doch zeigt der Himmel noch immer in 
der Nähe des C den Glanz wie von matter 
Politur. 


1860 November 2. C.d.U. + 0m3. 


In der Höhe scheint die Luft schön: tiefer 
ist sie dunstig. Mars scheint nicht ganzrein. 


40* 


314 


Nr. 727. Attair und Wega. 


6h 10m 33.9 — W. rechts 
33.2 oben im Feld. 
34.6 [)] Okular muss 
15.2 32.6 wegen Beschlagens 
häufig abgewischt werden. 
17.5 92.0 D 
963 Nebel wird merkl.in den 
93.1 8 Strassen. 
22.1 92.8 


Wega mit sich. 


104.2 105.23 A (rechtsim 
Feld) gelb-grünlich, B röthlich-violet 
105.0 


1042 Schnell eingestellt. 


104.2 

104.6 gut 

104.9 105.28 
25.4 23.8 Nunmehr B 
25.0 (rechts)röth- 
25.75 lich, A weiss- 
26.8 bläulich. Ich 
24.67 bin übrigens 
26.75 23.8 über die Be- 


nennung der Farben unsicher: im Wesent- 
lichen scheinen mir A u. B die Farben jetzt 
gegen die erste Stellung getauscht zu haben, 
so dass die Farben ihre Stelle auf der Retina 
behalten hätten. 


Nebel erlaubt keine Helligkeitsmessung mehr. 


Später scheint die Luft wieder ziemlich 
nebelfrei: 


Nr. 728. Attair und Wega. 


78 49.67 39.95 Licht nicht 
49.4 ganz ruhig. 
49.45 UDO A von W. 
53.0 48.2 39.95 rechtsoben 
im Feld. 
7 55.0 78.7 860 [] 
78.7 
78.8 8 


59.3 78.2 86.0 


Nr. 729 Attair und Wega. 


8 0m.7 93.9 = 
92.5 
94.7 ee 
8.0 93.6 
6.7 34.6 DO A von W. 
35.1 kleiner gemacht als 
35.3 $S das von A. 
10.7 35.5 


Luft am Himmel noch immer etwas dun- 
stig. — In N., ziemlich tief, sind jetzt im C 
Schein selbst dünne Wolkenstreifen zu er- 
kennen. — Beobb. können nicht für ganz zu- 
verlässig gelten. * 


1860 November 4. C. d. U. + 0m,6. 


Oben scheint der Himmel klar, aber tiefer, 
namentlich in NO., sind Wolkenspuren. Auch 
abwärts von Attair, etwa in halber Höhe des- 
selben, ist ein schmaler Streif zu erkennen. 


Nr. 730. Attair und Wega. 


7 35 54.2 48.0 
53.2 
53.7 als 
38.7 93.6 
410 73.2 78.7 [JLJ] Schwie- 
72.0 rig weg. Kleinheit d. X. 
72.4 A.rechts ob. 
45.1 75.2 78.0 Licht nicht 
ganz ruhig. 


Nr. 731. Attair und Wega. 


47.5 91.0 _ 
91.7 
952 DD 
94.6 
922 8 
53.7 94.7 


55.0 34.95 _ 
34.4 


35.4 oO 
58.0 34.4 


Nr. 732. Wega und Attair. 


$h 9m,5 _ 32.4 
32.8 
Bm) 29.8 
8.7 31.0 
10.8 le] 94.6 Jetzt W. 
94.0 rechts. 
8 91.3 
91.2 
9398 Es zeigt 


18.8 UDO 90.4 sich, dass 
noch von vorher [_]Schuber B. nicht ganz 
offen war. 


Okular muss öfters abgewischt werden. 


Nr. 733. Wega und @« Andromedae. 


24.6 DO 82.1 
82.2 


$ 83.4 
28.8 82.4 


31.0 — „43.6 
43.4 


oO 42.0 
34.6 43.2 


Nr. 734. «Pegasi und e Pegasi. 


43.8 36.6 41.2 
39.95 
40.35 Laterne 


49.0 36.6 42.2 unt. stört. 
51.7 94.2 86.7 

85 6 

86.8 
57.3 94.2 84.2 


Nr. 735. Deneb und « Arietis. 


(Der hellere von zwei sich ziemlich nahen 
#% ’%, die nach einander bei gleicher Stellung 
des Distanz-Kreises durch’s Feld gehen.) [Der 
schwächere ist ohne Zweifel ß Arietis.] 


4 — 93.2 
90.2 Auge etwas 
E) 92.9 ermüdet. 
8.7 94.15 


315 


40.5 Jetzt steht 
40.0 & Ar. rechts 
37.8 im Felde. 
15.8 32.0 sic. Diese 
Einstellung langsam gemacht nach Zeitverlust 
durch Unsicherheit des Auges. Die folgende 
rasch. [Die erstere hat Gewicht '/2 erhalten.] 
38.0 


9b 10m, = 


18.0 38.0 


Messung vielleicht beeinträchtigt durch Er- 
müdung des Auges. — Okular hat fortwährend 
häufiges Abwischen erfordert. 


In NO. zeigt sich jetzt nach C Aufgang 
dunstige Trübung ziemlich weit herauf. Bald 
darnach consolidiren sich die Dünste, und er- 
zeugen weit von 8. her gegen 0. aufwärts 
laufende Streifen (Einer bis über die Plejaden). 
Die heutigen Beobb. sind hienach ziemlich 
verdächtig. 


1860 November 5. C. d. U. + 0m,7. 


Nr. 736. «Ophiuchi und Capella. 


7 —0.7 44.25 — Beide un- 
46.0 ruhig, besond C. stark. 
43.8 UL] Okular be- 
—+4.2 43.4 schlägt. 

6.0 82.2 DD 
83.1 
82.6 > $ 

10.0 81.2 


Sollte die Gegend eines der % $% nicht 
ganz rein sein, (wasaber nicht erkannt wurde) 
so möchte am ersten die von « Oph. ver- 
dächtig sein. 


Nr. 737. Deneb und Wega. 


7 15.2 89.2 — Stellung etw. 
88.75 unbequem, 
90.8 [JUJ auch stört 
22.8 90.8 ein Farbunterschied. 
24.8 38.1 
38.6 Milchstrasse 
35.15 $ im Schwan, 
29.8 39.7 zwischen «au. 


ß, kommt mir heute ungewöhnlich hell vor. 


316 


Nr. 738. Attair und Deneb. 


7h 34m,8 — 240 Att.amHim- 
23.95 mel zieml. 
ale] 22.0 unruhig; im 
40.8 18.4 Photometer 
SD 20.4 nicht vielda- 
4347 24.2 von zu merk. 
46.0 — 102.0 
102.8 
00 105.0 
105.9 
S 102.9 
52.0 102.2 


Wega mit sich. 


98.5 98.8 A rechts ob. 
98.0 

97.25 

98.0 

97.4 98.8 


25.35 24 6 
27.4 
26.6 
27.2 
27.6 
261 gut. 24.6 


Nr. 739. «Arietis und «@Pegasi. 


8 16.8 31.6 32.2 Zwischen 
30.9 seiner 1. u.2. 
32.9 Ables hat 


22.6 332 33.8 sich Schlit- 
26.7 33.2 33.8 ten A, der 
nichtg anz fest geklemmt war, etwas verschoben. 
29.3 95.6 93.4 
95.0 
947 
34.1 95.6 93.5 


Nr. 740. Wega und Capella. 


101.0 Beide un- 
ruhig, besonders C. 

100.8 

102.4 W.ıim Felde 
45.0 100 67 rechts ob. 


40.6 103.35 


46.6 21.6 24.8 
25.0 
24.2 > 

52.0 21.5 23.4 


Umstände waren heute viel besser als 
gestern. Himmel sehr schön klar: nichts 
Verdächtiges bemerkt; nur ##% etwas un- 
rubig. — (Folgenden Tag nebelig bezogen.) 


1860 November 10. C.d.U. + 0m8. 


Nachmittag ziemlich wolkig. Um 6'/a Uhr 
unerwarteter Weise anscheinend rein. — Okular 
muss heute oft abgewischt werden wegen Be- 
schlagens. 


Nr. 741. «Persei und Algol. 
Vergleichung gemacht, weil schon für das 


blosse Auge die Lichtschwäche von Algol 
aufgefallen war. 


7h 91m ,3 = 36.25 
37.8 
DO 34.0 

36.1 33.95 
28.4 Bl 91.5 

91.8 > 

S 99.2 
33.2 91.6 


Nr. 741a. Wega und Attair. 


A. sehr unruhig: auch W. nicht ruhig. 


42.6 — 94.9 
96.0 

® 94.7 

48.6 90.0 
50 8 92.0 


Spuren fortschreitender Trübung um die 
beobb. %& % her. Unter dem Einflusse der- 
selben jetzt Att. ziemlich ruhig. 

54 0 35.7 

34.6 

Trübung jetzt auffallend am ganzen W. 
Himmel bis Deneb herauf: %% »%# waren schon 
vorher glanzlos geworden. Die Beobachtung 
hat sehr wenig Werth: vielleicht ist sie ganz 
zu cassiren. — [Bei der Reduction nur die 
zwei Einstellungen über dem Bild verworfen.] 


Capella mit sich. 


23.2 Brechts unt. 


99.65: 98.55 


Letzte Einstellung unsicher, weil gleich 
darauf Capella fast bis zum Verlöschen ge- 
schwächt ist. 

Gleich darnach der ganze Himmel einge- 
sponnen. 

Ich hoffe trotz der nachher eingetretenen 
verdächtigen Umstände, dass die Beob Nr. 741 
von Algol gut sein wird. Auch hat sich die 
Gegend von Perseus und Fuhrmann später 
als die von Adler und Leier überzogen, so dass 
ich noch am Beginn der Vergleichung von 
Capella mit sich selbst die Hoffnung hatte, 
nach derselben die Beobachtung von Algol zu 
wiederholen. 


1860 November 15. (C.d.U. + 0m,S. 


Luft parterre etwas nebelig, scheint jedoch 
reiner zu werden. Auf dem Thurm glaube 
ich oberhalb des Nebels zu sein, doch sind 
die tiefen Gegenden des Himmels etwas dun- 
stig. Die höheren sehr schön klar. Wetter 
nass und ziemlich warm. 


Nr. 742. «Persei und nPersei. 


48.3 n der einzige 

49.0 messbare # 
14.2 DO) 49.2 unter meh- 

reren, die durch’s Feld geführt werden können. 
Schwierig wegen schwachen Lichtes. 


15 D 774 
76.9 
22.1 S 78.4 A steht jetzt 


’ rechts unten. 


317 


Nr. 743. «Persei und vPersei. 


7ı 3]m 9 —_ 79.4 
80.6 
37.6 [ 80.2 
Seht ml 46.7 Jetztvrechts 
47.0 unten. 
44.0 45.85 


v hat ziemlich nahe einen sehr schwachen 


Nachbar %. 


Nr. 744. «@Persei und Algol. 


49.6 23.95 240 Algolrechts. 
29.8 
26.0 
54.9 23.9 23.85 
57.2 97.15 95.9 
932 
95.2 
61.3 97.2 951 


Lange nebelige Wolkenbank hat sich in 
W. gelagert: reicht bis ziemlich nahe an 
den Adler. Perseus und Umgebung scheint 
noch ganz frei. 


Deneb mit sich. 


103.85 101.9 A rechts. 


101.0 101.9 


26.1 25.45 


28.55 25.4 


Um sich greifende Wolkenbildung erlaubt 
keine weitere Messung. 


lu 1; 


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1. Xiphophorus Gillii „n. 2. Saceodon Wagneri, n. 3. Chalveus atrocaudalus n. 


Taf. IV. 


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ZEHNTEN BANDES 


: ZWEITE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


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MÜNCHEN, 
1868. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


ABHANDLUNGEN 
DER 
MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 
DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE orr WISSENSCHAFTEN. 


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ZWEITE ABTHEILUNG. 


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DER 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 
ZWEITE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVI. BAND. 


MÜNCHEN, 
1868. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
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Versuche 


über die 


Wasserverdunstung 


auf besätem und unbesätem Boden. 


August Vogel. 


Abh.d. II. Cl.d.k.Ak.d. Wiss X.Bd.II. Abth. 41 


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Versuche über die Wasserverdunstung 
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auf 


besätem und unbesätem Boden. 


Von 


August Vogel. 


Die Wasserverdunstung durch die Vegetation, d. h. die Quantität 
der Verdunstung durch verschiedene Pflanzengattungen auf verschiedenen 
Bodenarten, ist für die Beurtheilung des vegetabilen Lebens von grosser 
Bedeutung. Wenn dessenungeachtet über diesen Gegenstand noch keine 
zahlreichen und erschöpfenden Versuche angestellt worden sind, so liegt 
die Erklärung darin, dass derartige Versuche gewissermassen doch immer 
nur allgemeine Anhaltspunkte und im Vergleiche richtige Resultate 
ergeben können, indem gerade hier mehr, als sonst irgendwo, es unver- 
meidlich ist, von den exakten im kleineren Maasstabe ausgeführten 
Versuchen auf die Verhältnisse im Grossen und Ganzen Schlüsse zu 
ziehen. | 
Zum Verständniss meiner über diesen Gegenstand ausgeführten 

Versuche erscheint es nothwendig, einiger einleitender Beobachtungen 
Erwähnung zu thun, welche zum Zwecke haben, den Unterschied der 
Wasserverdunstung verschiedener Bodenarten im Vergleiche zur Wasser- 
verdunstung einer Wasseroberfläche festzustellen. 


I. 


Von einem bei 100°C. getrocknetem lockeren Torfpulver wurden 
20 Grmm. in einem Becherglase mit 50 CC. Wasser benetzt, so dass 
41* 


322 


die Oberfläche des benetzten Torfes nur wenige Linien unter dem Rande 
des Becherglases stand. In einem zweiten Becherglase befanden sich 
50 CC. Wasser, dessen Oberfläche ebenfalls nahezu den Rand des Glases 
berührte. Beide Gläser standen nebeneinander in einem Lokale von 15° 
bis 20° C. durchschnittlich. Der Versuch begann am 28. Februar und 
schloss am 10. März. Die Oberfläche beider Gläser war genau gleichgross 
und betrug 3,11”. 

In den 11 Versuchstagen waren von den 50 CC. Wasser durch den 
Torf 35,8 CC., von der Oberfläche des offenen Gefässes 17,3 CC. ver- 
dampft worden. Die Wasserverdampfung der Wasseroberfläche zur Wasser- 
verdampfung des benetzten Torfes steht somit in dem Verhältniss von 
100 :206, — oder letztere beträgt etwas mehr, als das Doppelte der 
ersteren. 

Selbstverständlich war in der zweiten Hälfte des Versuches der 
Abstand der Wasseroberfläche von dem Rande des offenen Gefässes 
wesentlich vermehrt worden, so dass also der Einfluss der Ventilation 
in diesem Falle bedeutend verringert sein musste und schon aus diesem 
Grunde sich eine geringere Verdunstung der Wasseroberfläche im Ver- 
gleiche zum benetzten Torfe, bei welchem dieses Verhältniss wenigstens 
nicht in dem Maasse eintreten konnte, voraussetzen liess. Hierin liegt 
überhaupt eine grosse Schwierigkeit der Beurtheilung der Wasserver- 
dampfung bei derartigen Versuchen und der Umstand, dass dieser Faktor 
nicht immer die gehörige. Berücksichtigung fand, dürfte wohl bisweilen 
die noch weit grösseren Differenzen, welche sich bei früheren Versuchen 
in dieser Richtung ergaben, zu erklären im Stande sein. 

Von welchem Einflusse die Ventilation auf die Verdunstung ist, 
diess zeigt folgender Versuch, in welchem diese Bedingung bei ver- 
schiedenen Verdampfungsoberflächen möglichst gleichgestellt war. Hiezu 
dienten 3 ganz flache Porzellanschalen, in deren eine 25 CC. Wasser, in 
die 2. bei 100% C. getrockneter Thonboden, in die 3. bei 100% C. 
getrocknete schwarze Gartenerde gebracht worden war. Von den beiden 
Erden befanden sich in den 2 Porzellanschalen gleiche abgewogene 
Mengen, welche je mit 25 CC. Wasser benetzt würden. Das Wasser war 
gänzlich in die Erde eingedrungen, so dass kein Wasser über den Erden 
stand. Die Oberflächen der 3 Schalen waren genau gleich gross. Die 


323 


Schalen standen unmittelbar neben einander in einem Raume von 16° 
bis 22° C. Der Versuch umfasste 7 Tage. Als Resultat der einzelnen 
Wägungen ergibt sich die Verdampfung von der Wasseroberfläche zur 
Verdampfung von den beiden benetzten Erdoberflächen im Verhältnisse 
von 100 :136. Die Unterschiede der Verdampfung sind somit bedeutend 
geringer in diesem Versuche, wobei eine grössere Uebereinstimmung der 
Ventilationseinwirkung hergestellt war, als in dem vorigen. 

Um endlich die Bedingungen der Verdunstung einer Wasserober- 
fläche mit verschiedenen Erdoberflächen absolut gleich herzustellen, 
wurde noch folgender Versuch ausgeführt. Hiezu dienten 3 Glasflaschen 
von ganz gleichem Inhalte und gleich grossen Oefinungen. Letztere 
betrug bei allen 15 Millimeter. In die eine der Flaschen Nr. I wurden 
35 CC. Wasser eingemessen, in zwei anderen gleiche abgewogene Mengen 
Erde mit 35 CC. Wasser benetzt gebracht und zwar in Nr. II Thonboden, 
in Nr. II Gartenerde. Nach einem Vorversuche waren die Mengen der 
Erden gerade hinreichend, um die zugesetzte Wassermenge zu absorbiren, 
so dass also keine Wasseroberfläche über den Erden stand. Diese 
3 Flaschen befanden sich in einem Lokale von 10° bis 12° C. offen 
nebeneinander stehend. Der Versuch umfasst 45 Tage. Die Verdampf- 
ung betrug bei: 

Nr sale (Wasser). ia hnichrer- 192,4. Grimm: 
Nr. II (benetzter Thonboden) 3,5 ,, 
Nr. III (benetzte Gartenerde) 2,8 \, 

Es ergibt sich hieraus, dass die Wasserverdampfung bei einer be- 
schränkten Oberfläche überhaupt nur eine sehr geringe ist, dass indess 
doch ein Unterschied zwischen der Wasseroberfläche und den benetzten 
Erden bemerkbar wird. Die etwas vorwaltende Wasserverdampfung von 
Nr. I findet ihren Grund in dem Umstande, dass aus den im Thon- 
boden ruhenden Keimen sich einige Pflanzen während dieser Zeit ent- 
wickelt hatten. 


HM. 
Die im Folgenden zu beschreibenden Versuche beziehen sich auf 
zwei ganz verschiedene Erdarten, nämlich: 1. auf einen fetten Thon- 
boden von gelblicher Farbe (Gegend von Straubing) 2. auf einen Kalk- 


324 


und humusreichen Boden von schwarzer Farbe (Gegend zwischen Dachau 
und Schleisheim). 

Die chemische Analyse, welche indess in ihren Specialitäten für die 
Frage der Wasserverdunstung nur von sekundärer Bedeutung sein kann, 
charakterisirte die erstere Erdart als ein Thonsilikat mit einem Gehalte 
von 70 proc. Kieselerde, Spuren von Kalk und Eisen, nebst einigen 
Procenten Phosphorsäure und Alkalien, die zweite Erdart als einen 
humusreichen Kalkboden. Die Erfahrung hat ersteren Boden als einen 
‚sehr fruchtbaren, den anderen als einen überaus unfruchtbaren, — nur 
für eine Haferernte geeigneten dargethan. 

Es musste zunächst Aufgabe sein, die Unterschiede der Wasserver- 
dunstung durch die Oberfläche dieser beiden Bodenarten auf das Ge- 
naueste kennen zu lernen. Zu dem Ende wurden 2 Blechkästen von 
gleichgrosser Oberfläche und Tiefe mit diesen Erden gefüllt und eine 
jede mit der für eine Vegetation geeigneten Wassermenge behandelt. 
Der Versuch umfasste 8 Tage ohne Begiessen, wobei beide Kästen in 
einem Lokale von 18° bis 22° C. nebeneinanderstanden. Als Resultat 
der einzelnen Wägungen, deren specielle Aufzählung ich hier übergehe, 
ergab sich, dass 1 Thonboden in diesem Zeitraume 591 Grmm., d. i. 
74 Grmm. per Tag, 1[‘Kalkboden 680 Grmm. Wasser, d. i. 85 Grmm. per Tag 
verdunstete. Der Thonboden verdunstet somit in einer bestimmten Zeit 
ohne Zufuhr von Aussen weniger Wasser, als der Kalkboden und zwar 
in dem Verhältniss. von 100 :115. Bei der Annahme eines ursprünglich 
gleichgrossen Wassergehaltes beider Bodenarten ist daher der Thonboden 
nach 8 Tagen ohne Regen um ein Beträchtliches reicher an Wasser, als 
der Kalkboden, — ein Umstand, der für die Erklärung der grossen 
Differenzen in der Fruchtbarkeit beider Bodenarten als ein sehr wesent- 
licher Faktor zu betrachten sein dürfte. 

Berechnet man die hier erhaltenen Resultate auf 1 Morgen Landes 
(40,000 [), so würde ein Morgen Thonboden während 8 Tagen ohne 
Regen 23,640 Kilogrmm., ein Morgen Kalkboden 27,000 Kilogrmm. 
Wasser abgeben, natürlich unter Voraussetzung der beobachteten Tem- 
peratur. 

Nachdem in dieser Art der Unterschied beider Erdarten in der 
Wasserverdunstung festgestellt war, erübrigte es noch, die Verschiedenheit 


325 


in der Wasserabsorption aus feuchter Luft durch die beiden Boden- 
arten kennen zu lernen. Zu dem Ende wurden 10 Grmm. von jeder der 
beiden Erden, nachdem sie durch künstliches Trocknen auf den gleichen 
Trockenheitsgrad gebracht worden waren, über eine Fläche von 25[] Cen- 
timeter auf Glasplatten gleichmässig ausgebreitet und sodann 3 Tage 
lang auf Glasdreifüssen unmittelbar über die Wasseroberfläche einer 
mit Wasser gesperrten Glasglocke gestellt. Die durch mehrmaliges 
Wägen der Erden gefundene Gewichtszunahme ergab die Mengen des 
absorbirten Wassers bei der im hkaume herrschenden Temperatur. 


I. Versuch, 3 Tage (17. bis 20. Dezember) 
Mittlere Temperatur 180 C. 
a) Thonboden, Wasseraufnahme 0,3 Grmm. 
b) Kalkboden, Hr VE ae 
HU. Versuch, 3 Tage (21. bis 24. Dezember) 
Mittlere Temperatur 22°C. 
a) Thonboden, Wasseraufnahme 0,52 Grmm. 
b) Kalkboden, 0 Va. m 
III. Versuch, 3 Tage (7. bis 10. Januar) 
Mittlere Temperatur 11°C. 
a) Thonboden, Wasseraufnahme 0,19 Grmm. 
b) Kalkboden, ” URS 


‚ Von welchem Einflusse die Flächenausbreitung auf die Wasserauf- 
nahme ist, zeigt ein weiterer Versuch, wobei die gleiche Menge der 
Erden nicht in dünnen Schichten, sondern auf Uhrgläsern von 40 Mil- 
limeter Durchmesser sich unter denselben Verhältnissen wie in den oben 
beschriebenen Versuchen 4 Wochen bei der Durchschnittstemperatur von 
16° C befanden. Die Wasserabsorption betrug in diesem Falle: 

a) Thonboden 4,4 proc. 
b) Kalkboden 8,1 ,, 
Es war somit bei beschränkter Oberfläche in 4 Wochen durchaus 
keine verhältnissmässig grössere Menge Wassers absorbirt worden. 
Man ersieht aus den mitgetheilten Beobachtungen, dass das Ab- 
sorptionsvermögen des Kalkbodens das des Thonbodens durchschnittlich 
um etwas mehr als das Doppelte übersteigt, — allerdings nur eine 


326 


geringe Compensation für den Nachtheil, welcher dem Kalkboden aus 
der schnelleren Verdunstung des Wassers im Verhältniss zum Thonboden 
erwächst. Die grosse Uebereinstimmung, wie sie sich aus den augeführten 
Versuchszahlen ergibt, lässt immerhin eine bestimmte Gesetzmässigkeit 
der beiden Bodenarten in dieser Beziehung erkennen, so wie auch ein 
gewisser Zusammenhang der Wasseraufnahme mit der Temperatur bemerk- 
bar ist, obschon der Einfluss letzterer auf die Wasserverdampfung weit 
geringer erscheint, als man erwarten sollte. 

Endlich will ich noch einige Versuche erwähnen, welche über das 
Wasseraufsaugungsvermögen (Capillaranziehung) dieser Bodenarten an- 
gestellt worden sind. 

Glasröhren von 100 Centimeter Länge, 2 Centimeter Höhe und 
2 Centimeter Durchmesser, in ihrer ganzen Länge in Zehntel-Centimeter 
eingetheilt, wurden am unteren Ende mit feiner Leinwand verschlossen 
durch Darüberschieben eines genau passenden Messingringes, und unter 
gelindem Aufklopfen nach und nach mit den durch das gleiche Sieb 
geschlagenen trockenen Erden gefüllt. Die so vorgerichteten Glasrohre 
standen nun senkrecht vermittelst eines Halters befestigt mit ihrem 
unteren durch Leinwand verschlossenen Ende genau 15 Minuten in 
einem Gefässe mit Wasser. Nach dieser Zeit wurde die Höhe der auf- 
gestiegenen Flüssigkeit abgelesen wie folgt: 

a) Thonboden 15. 
b) Kalkboden 19. 

Zu einem Versuche in umgekehrter Weise, um das Eindringen der 
Feuchtigkeit von oben nach unten zu bestimmen, dienten unten geschlos- 
sene graduirte Glasrohre, auf gleiche Höhe mit den beiden Bodenarten 
gefüllt. Das Aufgiessen von 10 CC. Wasser geschah mittelst einer 
Pipette. Nachdem beide Rohre gleich lange Zeit in senkrechter Stellung 
gestanden hatten, wurde der Punkt, bis auf welchen das Wasser einge- 
drungen, abgelesen. Als Resultat wiederholter Versuche ergab sich, dass 
das Eindringen des Wassers in den Thonboden und in den Kalkboden 
im Verhältniss von 4,4 :8,1 steht. 

Auch in diesen Verhältnissen ist ein wesentlicher Unterschied 
zwischen beiden Bodenarten nicht zu verkennen. 

Zur Bestimmung der Wasserabsorptionskraft beider Erden durch 


327 


Benetzen bediente ich mich viereckiger Zinkkästen, 17 Centimeter hoch 
und im quadratförmigen Durchmesser 2,5 Centimeter weit, deren sieb- 
förmiger Boden abgenommen werden kann, um ihn mit einem feinen 
befeuchteten Leinwandstück zu bedecken, Nachdem der Apparat gewogen, 
wurden die getrockneten und gesiebten Bodenarten partieenweise in die 
Zinkkästchen gebracht und jedesmal durch gelindes Aufklopfen ein 
dichtes und gleichförmiges Zusammensitzen der Bodentheilchen bewirkt, 
bis zuletzt das ganze Kästchen mit Erde angefüllt war. Man stellte 
nun die Apparate mit dem siebförmigen Boden in Wasser und liess die 
Erden von unten auf sich vollsaugen, bis nach mehrmaligen Wägen 
nur höchst unbedeutende Gewichtsdifferenzen zu bemerken waren. Als 
Resultat zahlreicher sehr nahe übereinstimmender Versuche ergab sich, 
dass der Thonboden 64,2 proc., der Kalkboden 32,4 proc. Wasser 
absorbirt. 


Ill. 


Nach dieser allgemeinen Charakteristik des Thon- und Kalkbodens 
gehe ich auf die Versuche über, welche den Vergleich der Wasser- 
verdunstung auf besätem und unbesätem Boden zum Gegenstande 
haben. 

Vier Blechkästen von gleichgrosser Oberfläche und Tiefe waren, — 2 mit 
Thonboden, 2 andere mit Kalkboden gefüllt worden; durch ein länger 
fortgesetztes Trocknen bei 100° C. befanden sich beide Erden -genau im 
gleichen Trockenheitsgrade. Das Benetzen der Erden in jedem der Kästen 
geschah durch Zusatz von 80 CC. Wasser, wodurch der normale Zustand 
für die Vegetation der Kresse, welche zunächst als Versuchsmaterial ver- 
wendet wurde, hergestellt war. Am 20. Februar wurde der eine mit 
Thonboden und der eine mit Kalkboden gefüllte Kasten mit gleichen 
Mengen abgewogener Kressensamen gleichmässig besät und alle 4 Kästen 
gewogen. Die 4 Kästen standen während der Versuchsperiode, welche 
28 Tage umfasste, nebeneinander in einem Lokale von durchschnittlich 
16° bis 23° C. Temperatur. Am 24. Februar war der Keimprozess 
vollendet, am 20. März hatten die Pflanzen durchschnittlich 4’ bis 5’ 
Höhe erreicht. Jeder Kasten hatte vom 20. Februar bis 20. März in 


Abh.d.II.Cl.d.k.Ak.d. Wiss.X.Bd II. Abth. 42 


328 


einzelnen gleichmässigen Gaben 400 CC. Wasser erhalten, d. i. per Tag 
14,3 Grmm. 

Als Resultat der am 20. März vorgenommenen Wägung ergibt sich, 
dass in den 28 Versuchstagen nicht nur die 400 CC. zugesetzten 
Wassers gänzlich verdampft worden, sondern auch theilweise die ur- 
sprünglich zur Befeuchtung verwendeten 80 CC. Wasser. Die Ver- 
dampfung des mit Vegetation bedeckten Bodens ist in beiden Fällen 
grösser, als die des unbesäten Bodens und zwar beim Kalkboden (die 
Verdampfungsmenge des unbesäten Bodens = 100 gesetzt) im Verhält- 
niss von 100: 116, beim Thonboden (die Verdampfungsmenge des 
unbesäten Bodens = 100 gesetzt) im Verhältniss von 100:111. 

Vergleicht man die Wasserverdampfungsmenge per 24 Stunden mit 
der während 24 Stunden erhaltenen Wassermenge, so ergibt sich, dass 
in allen 4 Versuchen die Menge des verdampften Wassers grösser war, 
als die des erhaltenen und zwar beim besäten Kalkboden um 2,4, beim 
unbesäten Kalkboden um 2,0, beim besäten Thonboden um 2,0, beim 
unbesäten Thonboden um 1,5, und dass daher die Verdampfung des 
besäten Bodens die des vegetationslosen in dem angegebenen Verhält- 
nisse übersteigt. 

Nachdem durch die bisherigen Mittheilungen der Unterschied der 
Wasserverdampfung zwischen verschiedenen Bodenarten, sowie zwischen 
besätem und vegetationslosem Boden dargethan worden, versuchte ich 
es, noch, den Unterschied in dieser Beziehung zwischen verschiedenen 
Pflanzengattungen zu zeigen. Hiezu wurden 5 Topfgewächse gewählt: 
l. Pelagonium zonale, II. Pelagonium odoratissimum, III. Reseda odorata, 
IV. Sedum Syboldi, V. Alo& arborea. Diese 5 Pflanzen befanden sich 
in hölzerne mit dünnem Zinkblech überzogene Kästen mit gewöhnlicher 
Gartenerde gefüllt eingesetzt, in einem 6. Kasten befand sich zur ver- 
gleichenden Beobachtung dieselbe Erde ohne Pflanze. Die Erde hatte 
in allen 6 Versuchen ursprünglich denselben Feuchtigkeitsgrad. Der 
Versuch umfasste 30 Tage, während welcher Zeit die 6 Kästen sich 
unter ganz gleichen Verhältnissen in einem Lokale von 16° bis 230 C. 
aufgestellt befanden. Die Kästen waren sämmtlich von gleichem Umfange 
und zwar jeder von 1358[" Oberfläche und 1’ Tiefe. Die Vegetations- 


329 


oberfläche ergab sich nach vorgenommener Messung in den 5 Versuchen 
durchschnittlich von gleicher Grösse, so viel diess ihrer Natur nach 
bei so verschiedenen Pflanzenspecien überhaupt möglich erscheint. 
Jedenfalls war mit Ausnahme von Nr. V, Alo& arborea, die gesammte 
Oberfläche mit einer Vegetationsschichte bedeckt. 

Während der 30 Versuchstage hatte jeder Kasten in verschiedenen 
gleichmässigen Gaben 1700 UCC., d. i. 56 CC. Wasser per Tag erhalten. 
Die Gewichtsdifferenz zwischen der Wägung sämmtlicher Kästen vom 
29. Januar und 28. Februar ergab, dass nicht nur die 5 Pflanzen, 
sondern auch die Erdoberfläche ohne Pflanze mehr Wasser verdampft 
haben, als während dieser 30 Tage zugesetzt worden ist, so dass also 
der Boden ungeachtet des Wasserzusatzes von 1700 CO. trockner ge- 
worden sein muss, als er ursprünglich beim Beginne des Versuches 
gewesen, wenn man nicht annehmen will, dass sowohl Pflanze als Boden 
aus der Atmosphäre Wasser aufgenommen habe. Ferner ergibt sich, 
dass die Wasserverdampfungsmengen in allen Fällen durch die Vege- 
tation, im Vergleiche zur Wasserverdampfungsmenge des Bodens allein, 
wesentlich vermehrt worden war. Setzen wir die Wasserverdampfung 
des vegetationslosen Bodens = 100, so ergibt sich, das Wasserverdam- 
pfungsverhältniss der einzelnen Pflanzen wie folgt: 

I. 100 : 142. IE.2.100:183: III. 100 : 140. 
IV: 11002457 V. 00268, 

\ Vergleicht man den durchschnittlichen Wasserverlust für 24 Stunden 
mit dem täglichen Wasserzusatz, so ergibt sich dass alle Kästen täglich 
mehr Wasser verdampften, als sie erhalten hatten und zwar: 

I. mehr um 4,4 Grmm. 


1. ” ” 5,7 ” 
IN DDR Prey ee, 7 VER 
IN >] ” 3,9 ” 

V. ” ” Sl ” 
Nils ren; 


Endlich zeigt diese Versuchsreihe noch, dass die Natur der Pflanzen- 
species auf die Menge des verdampften Wassers von grösstem Einflusse 
ist. Vergleicht man z. B. Nr. V mit Nr. III, so ergibt sich die Wasser- 

42* 


330 


verdampfung bei Nr. V fast doppelt so gross, als bei Nr. III, nämlich 
in dem Verhältnisse von 66:35. 

Es ist hier der Ort, nachträglich noch eines Versuches zu erwähnen, 
welcher zum Zwecke hatte, die Menge des verdampften Wassers auf 
besätem und unbesätem Boden durch Messung zu bestimmen. Zwei 
Gläser von gleichem Inhalte und gleicher Grösse wurden mit zwei nach 
unten tellerförmig ausgebogenen Drahtgittern bedeckt. Jedes der beiden 
Drahtgitter war mit 35 Grmm. trocknen Torfpulvers bestreut und auf 
letzteres so viel destillirtes Wasser aufgegossen worden, bis die Wasser- 
oberfläche im untenstehenden Gefässe das Drahtgitter berührte. Die ab- 
gelaufene Menge betrug in jedem der beiden Gläser 350 CC. Das eine 
Drahtgitter wurde mit Kressensamen besät. Nach 6 Tagen hatten sich 
21 Pflanzen entwickelt, deren Wurzeln durch das Gitter hindurchge- 
drungen mit dem Wasser in Berührung standen. Der Versuch hatte 
am 10. März begonnen; am 18. April, da die Pflanzen keine weitere 
Entwicklung zeigten, wurde das Wasser gemessen. Die Wassermenge 
betrug: 

I. Unbesäter Boden 291 CC. 
II. Besäter Boden 278 „ 
Hieraus ergibt sich die Menge des verdampften Wassers: 
I. Unbesäter Boden 59 0C. 
II. Besäter Boden 72 „ 

Es ist aus diesen Zahlen ersichtlich, dass die Wasserverdampfung 
des mit Vegetation bedeckten Torfbodens grösser ist, als die des unbe- 
säten und zwar (die Verdampfungsmenge des unbesäten Bodens = 100 
gesetzt) in Verhältnisse von 100: 121, was mit dem S. 328 beschriebenen 
Versuche (100 :116) ziemlich nahe übereinstimmt. 


IV. 


Zu den folgenden Versuchen, resp. Vegetations-Wasserverdunstungs- 
versuchen, wurden die beiden S.323 näher bezeichneten Bodenarten, nämlich 
ein fetter Thonboden und ein humusreicher Kalkboden verwendet. Nach- 
dem beide Bodenarten mehrere Wochen künstlich getrocknet worden 
waren, ergab die Wasserbestimmung des Thonbodens 5 proc., des Kalk- 


ae 


331 


bodens 7 proc. Die Masse der beiden Erdarten wurde hierauf, jede 
für sich in einem geräumigen Gefässe, vor dem Einfüllen in die einzelnen 
Kästen mit einer entsprechenden Menge Wassers benetzt, um den Boden- 
raum in den Zustand eines gewöhnlichen fruchtbaren Ackers zu versetzen, 
In diesem für die Vegetation vorbereiteten Zustande enthielt der Thon- 
boden 55 proc., der Kalkböden 57 proc. Wasser. Die Erden wurden 
nun gleichmässig in 12 mit Zinkblech ausgeschlagenen Holzkästen von 
gleicher Grösse, nämlich von 1U Oberfläche und 1‘ Tiefe, vertheilt und 
mit der gleichen Menge Samen besät. Dieser Versuch umfasste folgende 
Pflanzengattungen: I. Weizen, Il. Roggen, Ill. Hafer, IV. Gerste, V. Klee. 
Die Körner waren aus einer grösseren Menge Samen ausgesucht und bei der 
Aussaat das Verhältniss der im Betriebe grösseren landwirthschaftlichen 
üblichen Menge, nämlich 1 Schäffel (2 bis 3 Centner) auf 1 Tagwerk 
(40,000[1') eingehalten worden. Auf jeden Kasten waren daher von 
den Cerealien & 2,5 Grmm. gesät worden, von dem Kleesamen die 
doppelte Menge. Die Aussaat war am 21. April 1866 vorgenommen 
worden. Das Begiessen geschah mit destillirtem Wasser und zwar nach 
Bedürfniss jeden Tag oder nach 2 bis 3 Tagen. Die Menge des Begiessungs- 
wassers war, um eine möglichste Gleichmässigkeit zu erzielen, für jeden 
Kasten stets dieselbe und wurde jedesmal notirt. Es ergab sich hieraus, 
wie viel Wasser eine Pflanzengattung in einer Vegetationsperiode erhalten 
hatte und durch die von Zeit zu Zeit vorgenommenen Wägungen die 
Verdunstung des Wassers in jedem einzelnen Falle. Die Angaben der 
mittleren Temperatur sind das Resultat von drei, täglich Morgens, Mittags 
und Abends, angestellten Beobachtungen. 

Ich kann nicht umhin, zu bemerken, dass ich es auf Grund sehr 
zahlreicher früherer Versuche!) in dieser und ähnlicher Richtung geradezu 
für unmöglich halte, bei Vegetationsversuchen in kleinerem Maassstabe, 
bei theilweise geschlossenem Raume, — sie mögen mit noch so grosser 
Sorgfalt angestellt sein, — der Vegetation, der Cerealien wenigstens, 
normale Bedingungen zu erzielen. Bei derartigen künstlichen Vegetations- 
versuchen wird es nie gelingen, den Einfluss der Ventilation, der 


1) Die Aufnahme der Kieselerde durch Vegetabilien. 1866. 


332 


Witterung und Insolation den natürlichen Verhältnissen auf freiem Felde 
ganz gleich zu stellen. Diess hat sich denn auch im Erfolge dieser Ver- 
suche herausgestellt. Bei den Cerealien zeigte sich zwar eine ziemlich 
üppige Aehrenbildung, aber ein wirklicher Körnerertrag im Sinne einer 
den landwirthschaftlichen Begriffen entsprechenden Ernte konnte nicht 
erzielt werden. Von Anfang August begannen die Spitzen der die Aehren 
begleitenden Blätter gelb zu werden und zu vertrocknen, so dass von 
einer ferneren Aufnahme von Nahrungsstoffen aus dem Boden durch 
Vermittlung des Wassers, so wie überhaupt von einer weiteren lebendigen 
Entwicklung nicht mehr die Rede sein konnte. Besonders die Klee- 
pflanzen, obwohl nicht geradezu vertrocknet, zeigten schon von Mitte 
Juli an keine weitere Entwicklung und begannen gelb zu werden. In 
wiefern ein von der völlig gesunden Entwicklung in mancher Hinsicht 
etwas abweichender Zustand der hier verwendeten Pflanzen auf die Menge 
der Wasserverdunstung von Einfluss sein’ könnte, möchte wohl schwierig 
auf experimentellem Wege zu entscheiden sein. Von theoretischer Seite 
aus betrachtet würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Wasserverdun- 
stung bei völlig normaler Entwicklung der Pflanze, wie sie meiner 
Ansicht nach nur im Freien stattfinden kann, etwas bedeutender aus- 
fallen dürfen. 

Vor der Mittheilung der erhaltenen Versuchszahlen in tabellarischer 
Form mögen nur noch einige Bemerkungen über die Entwicklungs- 
erscheinungen der einzelnen Pflanzen vorausgeschickt werden. 

Am 23. April hatte der Klee zu keimen begonnen, am 5. Mai 
waren die Pflanzen vollständig entwickelt, indess kaum 2° hoch. Eine 
vollkommen normale üppige Entwicklung war aber während der ganzen 
Vegetationsperiode mit dem Klee nicht zu erzielen, wahrscheinlich weil 
die Aussaat nach dem oben angegebenen Verhältniss, 5,0 Grmm. auf 
den D*, für diese Kleesorte etwas zu dicht stattgefunden hatte. Die 
Blätter ‘waren weit kleiner, als bei natürlich im Freien gewachsenem 
Klee. Hieraus erklärt sich wohl auch die verhältnissmässig geringe 
Wasserverdunstung. 

Die Keimentwicklung der 4 Cerealien lag mit ganz geringen Unter- 
schieden zwischen dem 28. April und 2. Mai. Am 8. Mai hatten die 
Pflanzen im Durchschnitte sämmtlich eine Höhe von !/2‘ erreicht. 


333 


Der leichteren Uebersicht wegen sind die Resultate der einzelnen 
Wägungen auf den Wasserverlust von 24 Stunden in Grammen. berechnet 
und in der folgenden Tabelle A zusammengestellt worden. 


Tabelle A. 


Mittlere Wasserverdunstung von 11 für 24 Stunden in Grammen. 


| E u BE + IV 

| 3.08 a = 5 a 

= 58 S 5: a: >: 

| 2 ® Ss 8 > © <= © 

ed a De 2 8 © s 8.8 

ı Seen | 2 5 5 mas |. 8 

Eee er ea ae 

‚ig Ag 2: Ei 

Ig 8 = Se = 

I A. B. A. B. A. B. A. B 

| Thon- | Kalk- | Thon- | Kalk- | Thon- | Kalk- | Thon- | Kalk- 
Aweniri.au. boden. boden. boden. | boden. boden. boden. | boden. | boden. 
1) Unbesäter Boden | 55 57 64 68 73 82 75 
2) Klee... 2... 75 |.186.]7168:|,198 |.210.|.219 217 
lafer , . +. 209. | 114 | 189 | 198 | 225 | 230 301 
BWewen ...,.; ..| 103. .112 | 186 |.195.1 221.\.225 296 
5) Roggen . . . | 98 | 110 | 182 | 190 | 216 | 222 290 
6) Gerste . . | 100 | 110 | 180° |" 187 [218 | 293 291 

| 


In der folgenden Tabelle B findet sich die in 108 Vegetationstagen 
verdampfte Wassermenge eines [ der besäten und unbesäten Bodenarten 
zusammengestellt. 


334 


| Tabelle B. 
Wasserverdunstung von 1[ für 108 Vegetationstage in Grammen. 
Mittlere Temperatur vom 21. April bis 6. August: 15,20 0. 


A. B. 
Thonboden. | Kalkboden. 


1) Unbesäter Boden . 7044 7561 


2) Klee .!....N .|i 17828 |. 19999 
3)Hafr . . ...| 21692 | 22919 
4) Weizen . . . . | 20169 | 22697 
5), Röggen}.. z. 7% 20439 22084 
6) Gerste . . 2. | 19772 | 22056 


Endlich ist noch in Tabelle C die für 1U° in den Versuchen 
gefundene Wasserverdunstung für 1 Morgen (40,000[) in Litern be- 
rechnet worden. 

Tabelle C. 
Wasserverdunstung von 1 Morg. (40,000[) für 108 Vegetationstage in Litern. 

Mittlere Temperatur vom 21. April bis 6. August: 15,20 C. 


AR 15% 
Thonboden. | Kalkboden. 


1) Unbesäter Boden . | 280,000 | 300,000 


2), lee; Fu |» u 7122000. 772,000 
3) Hafer . IE. P860000: 9205000 
4) Weizen . . . . | 804,000 | 900,000 
5) Roggen . . . . | 816,000 | 880,000 


6) Gerste . . . . | 788,000 | 880,000 


335 


Als Resultat dieser Versuchsreihe ergibt sich zunächst, dass in der 
Wasserverdunstung zwischen den 4 Cerealien : Hafer, Weizen, Roggen, Gerste, 
kein wesentlicher Unterschied stattfinde. Hafer ist offenbar unter den 
hier zum Versuche verwendeten Pflanzen diejenige, welche am meisten 
Wasser verdampft, daher am meisten Feuchtigkeit bedarf. Durch alle 
Versuche, ohne Ausnahme, ist ersichtlich, dass die Verdampfung von 
dem Kalkboden aus geringer ist, als vom Thonboden, wie diess schon 
früher S. 324 gezeigt worden ist. Dass das Verhältniss der Wasserver- 
dampfungsunterschiede in beiden Versuchsreihen nicht genau überein- 
stimmt, findet wohl darin seine Erklärung, dass die erste Versuchsreihe 
bei einer weit höheren Durchschnittstemperatur, als letztere vorgenommen 
worden ist. Was endlich den Klee anbelangt, so glaube ich, wie schon 
oben bemerkt, dass bei seiner in diesem Versuche von dem normalen 
Zustande abweichenden Entwicklung die gefundenen Versuchszahlen zu 
niedrig sind und daher kein klares Bild von der Wasserverdampfung, 
resp. von dem Wasserbedarfe eines Kleefeldes im Vergleiche zu einem 
mit Cerealien besäten Acker zu liefern im Stande sind. 

Berechnet man mit Zugrundelegung der für die 4 Cerealien erhal- 
tenen Versuchszahlen (3, 4, 5, 6, Tabelle C) die durchschnittliche Wasser- 
verdunstung in 108 Vegetationstagen eines Morgens auf die Wasser- 
verdunstung eines [ mit Cerealien bewachsenen Landes, so ergibt sich: 


A. B. 
Thonboden Kalkboden 
20,4 Liter 22,4 Liter 


d.h. 1U° Thonboden mit Cerealien bewachsen, bedarf täglich 188 Grmm. 
Wasser, 1D/ Kalkboden mit Cerealien bewachsen, bedarf täglich 207 Grmm. 
Wasser. 

Ich kann diese aus meinen Versuchen gezogenen Resultate nicht 
verlassen, ohne zum Schlusse eine Bestätigung, welche ihrer Richtigkeit 
von einer ganz anderen Seite zu Theil geworden, hier noch anzuführen. 
Nachdem nämlich die Versuchsreihe abgeschlossen war, versuchte ich 
es, von rein praktischer Seite über diesen Gegenstand einigermassen 
Aufschluss zu erhalten und benützte dazu die Erfahrung eines im land- 
wirthschaftlichen Betriebe ergrauten durch Intelligenz ausgezeichneten 
Vorarbeiters eines Landgutes. Auf die gestellte Frage, wie viel nach 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 43 


336 


seiner Meinung ein mit Cerealien bebauter Acker zum Gedeihen Wasser 
bedürfe, bat er sich einige Tage Bedenkzeit aus und kam dann mit der 
ganz bestimmten und entschiedenen Antwort hervor, „dass auf 20U[ Ve- 
getationsland zum guten Wachsen (wie er sich ausdrückte) täglich 3 
bis 4 Liter Wasser treffen dürften.‘ Diess entspricht insoferne meinen 
Versuchen, als nach denselben für 200° Thonboden mit Cerealien be- 
wachsen 3,76 Liter, auf 200 Kalkboden mit Cerealien bewachsen 
4,14 Liter täglich kommen. Da der Befragte von den Resultaten meiner 
Versuche, weder Kenntniss noch Verständniss hatte, so gereichte es mir 
zur überraschenden Genugthuung, eine solche gewiss nicht zufällige 
Uebereinstimmung meiner Resultate mit einer mehr als fünfzigjährigen 
Erfahrung zu finden. 

Als Ergänzung zu dieser Versuchsreihe will ich noch einer Beob- 
achtung Erwähnung thun, welche nach meinem Dafürhalten zur. Auf- 
klärung der Wasserverdampfungsfrage durch Vegetabilien einen Beitrag 
zu liefern im Stande ist. 

Drei zusammenhängende Haferpflanzen 1'/a’ hoch auf freiem Felde 
gewachsen, wurden mit den Wurzeln und der daranhaftenden Erde in 
eine zur Hälfte mit Wasser gefüllte Flasche gebracht und deren enge 
Oeffnung um die herausragenden Pflanzen herum mit Baumwolle mög- 
lichst hermetisch verstopft. Die Flasche mit den Pflanzen stand am 
offenen Fenster vom 2. bis 18. Mai. Die mittlere Temperatur betrug 
während dieser Zeit 14°C. Die Wägung geschah täglich des Morgens 
und es ergab sich eine durch Wasserverdunstung bedingte Gewichts- 
abnahme in den 16 Versuchstagen von 57,6 Grmm., d.i. für eine Hafer- 
pflanze 1,46 Grmm. durchschnittlich in 24 Stunden. Am 11. Mai war an 
den drei Pflanzen vollkommene Aehrenbildung eingetreten, am 18. Mai 
zeigte sich an den Spitzen Vertrocknung, weshalb der Versuch nicht 
weiter fortgesetzt werden konnte. Es ergibt sich indess hieraus, dass 
die einzelne Haferpflanze während der Periode der Aehrenbildung täglich 
ungefähr 1,4 Grmm. Wasser verdunstet. Nach zahlreichen Untersuchungen 
stehen auf 1U* Feld circa 100 Haferpflanzen, welche somit per Tag 
140 Grmm. verdampfen würden oder per Morgen in 108 Vegetations- 
tagen 604,800 Liter, in runder Zahl 600,000 Liter. Diess stimmt mit 
den früher mitgetheilten Versuchen sehr nahe überein, nach welchen 8 


337 


bis 900,000 Liter sich ergeben haben. Aus der 8. 323 aufgeführten 
Versuchsreihe geht hervor, dass die Wasserverdampfung aus einem Ge- 
fässe mit verhältnissmässig kleiner Oeffnung verschwindend gering ist; 
da nun überdiess hier die von den Pflanzen gelassenen Zwischenräume 
möglichst verschlossen waren, so dürfte wohl die gefundene Zahl der 
Wasserverdunstung ausschliesslich auf Rechnung der lebenden Pflanze 
zu schreiben sein. Das Plus der Mehrverdampfung in der Versuchsreihe 
S. 329 erklärt sich offenbar aus der von den vegetationslosen Boden- 
räumen ausgehenden Verdampfung. Die Tabelle A. S. 333 zeigt, dass 
die Wasserverdampfung in den einzelnen Vegetationsperioden eine etwas 
verschiedene ist. Somit kann es eigentlich nicht mit vollem Rechte 
gestattet sein, die einzelne Vegetationsperiode (2. bis 18. Mai) der Be- 
rechnung von 108 Versuchstagen zu Grunde zu legen. Ich habe dess- 
halb im darauffolgenden Jahre die Versuche in der Art wiederholt, dass 
die 4 Cerealien zu drei verschiedenen gleichzeitlichen Perioden aus dem 
Boden genommen und in enghalsigen Gefässen mit Wasser der Beob- 
achtung unterstellt wurden; die einzelne Beobachtungsperiode wurde 
stets so lange ausgedehnt, bis die. im Wassergefässe befindliche Pflanze 
hinter der im Freien stehenden Vegetation wesentlich und überein- 
stimmend zurückgeblieben war. Die Fortsetzung des Versuches geschah 
alsdann mit neuen, dem Boden entnommenen, im Freien gewachsenen 
Pflanzen, die zum Versuche dienenden Pflanzen waren nahegelegenen 
Ackerfeldern entnommen. 

In der folgenden Tabelle finden sich die Resultate der einzelnen 
Wägungen zusammengestellt. 


Tabelle D. Wasserverdampfung der einzelnen Pflanze. 
At iElranfte tr. 
I. II. I. 
6 Pflanzen | 3 Pflanzen 4 Pflanzen Wasserverdampfung einer Hafer- 
En - z 
6. Mai bis 2. Juni 2. Juni bis 18. ‚Juni 18. Juni bis 12 Juli] Planze in einer Yegeiationspertode 
117,6 Grmm. 74,46 Grmm. 992,0 Grmm. Dun ; er 
| | e 72,42 Grmm. 
1 Pflanze per Tag | 1 Pflanze per Tag | 1 Pflanze per Tag 
0,7 Grmm. 1,46 Grmm. 1,12 Grmm. | Wasserverdampfung eines Morgens 
1 Pflanze in 28 Tg. 1 Pflanze in 17 Tg. 1 Pflanze in 25 Tg. Haferfeldes: 
19,6 Grmm. 24,82 Grmm. 28,0 Grmm. 290,000 Liter. 


45 


338 


E 


5 Pflanzen 
105,0 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
0,65 Grmm. 


ı Pflanze in 28 Tg. 
19,2 Grmm. 


I 


4 Pflanzen 
71,68 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
0,61 Grmm. 


1 Pflanze in 28 Te. 
17,08 Grmm. 


T. 


5 Pflanzen 
87,12 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
0,6 Grmm. 


1 Pflanze in 28 Te. 
17,4 Grmm. 


B. Weizen. 


11. II. 
3 Pflanzen 2 Pflanzen 
66,3 Grmm. 54,5 Grmm. 
1 Pflanze per Tag | 1 Pflanze per Tag 
1,3 Grmm. 1,09 Grmm. 
1 Pflanze in 17 Tg. 1 Pflanze in 25 Tg. 
22,1 Grmm. 27,2 Grmm. 
ÜER:o/ gie em. 
I. III. 
3 Pflanzen 3 Pflanzen 
65,6 Grmm. 82,5 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
1,27 Grmm. 


1 Pflanze in 17 Tg. 


1 Pflanze per Tag 
1,1 Grmm. 


1 Pflanze.in 25 Tg. 


21,59 Grmm. 


27,5 Grmm. 


Dr Werste 


M. 


3 Pflanzen 
63,75 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
1.25 Grmm. 


1 Pflanze in 17 Tg. 
21,25 Grmm. 


II. 


3 Pflanzen 
71,25 Grmm. 
‚1 Pflanze per Tag 
0,95 Grmm. 


1 Pflanze in 25 Tg. 
23,75 Grmm. 


Wasserverdampfung einer Weizen- 
‚ pflanze in einer Vegetationsperiode 


von 70 Tagen: 

68,5 Grmm. 
Wasserverdampfung eines Morgens 
Weizenfeldes: 

277,000 Liter. 


Wasserverdampfung einer Roggen- 


‚ pflanze in einer Vegetationsperiode 


von 70 Tagen: 
66,17 Grmm. 


Wasserverdampfung eines Morgens 
Roggenfeldes: 
260,000 Liter. 


Wasserverdampfung einer Gersten- 


| pflanze in einer Vegetationsperiode 


von 70 Tagen: 
62,4 Grmm. 


 Wasserverdampfung eines Morgens 


Gerstenfeldes: 
250,000 Liter. 


Man erkennt zunächst aus dieser Zusammenstellung der Versuchs- 
zahlen, dass die Zugrundelegung der für eine einzelne kürzere Vege- 
tationsperiode gefundenen Wasserverdampfungsmenge wie diess 8. 336 
(2. bis 18. Mai) geschehen ist, etwas zu hohe Resultate ergibt; es war 
entschieden nothwendig, die Beobachtungen über eine längere Vegetations- 
periode und zwar stets mit erneuten Pflanzen auszudehnen, wie diess in 


NE 


339 


der zuletzt beschriebenen Versuchsreihe stattgefunden hat. In dieser 
Weise aber gewährt nach meinem Dafürhalten der Versuch ein anschau- 
liches Bild von der durch die Pflanze selbst mit Ausschluss des Bodens 
bewirkten Wasserverdampfung. 

Ferner ergibt sich aus der Betrachtung der Resultate, dass zwischen 
den Cerealien in Betreff der Wasserverdampfung allerdings ein Unter- 
schied, wenn auch kein wesentlicher stattfindet, wie diess zum Theil 
bereits die S. 335 zusammengestellten Versuche gezeigt haben. Bei der 
Berechnung der Wasserverdampfung auf einen Morgen Getreidefeld 
musste natürlich von einer bestimmten Anzahl Pflanzen auf 111 aus- 
gegangen werden. Für Hafer kann ich, wie schon oben angegeben, 
mit ziemlicher Bestimmtheit die auf 1[ stehende Pflanzenmenge durch- 
schnittlich auf meinen Beobachtungsfeldern wenigstens nur mit geringen 
Schwankungen zu 100 festsetzen; das Gleiche ist der Fall mit Gerste. 
Weizen und Roggen dagegen dürften bei gleicher Aussaat wohl etwas 
dichter stehen, da bekanntlich das Weizenkorn 6 bis 7 Halme, das Hafer- 
korn 3, niemals über 4 Halme treibt. Da aber bei der Aussaat diesen 
Verhältnissen in der landwirthschaftlichen Praxis Rechnung getragen 
wird, so dürfte bei der Annahme von 100 Pflanzen per D’ auch für 
die übrigen Cerealien keine wesentliche Abweichung von der Wahrheit 
im Allgemeinen bedingt werden. Selbstverständlich können diese Zahlen- 
angaben nur als Anhaltspunkte für die Praxis im grösseren Maasstabe 
dienen unter der Voraussetzung einer verhältnissmässig gleichdichten 
Bestellung des Feldes, wie ('enn überhaupt letztere Angaben sich speciell 
auf meine Versuchsfelder beziehen. 

Endlich ist es auch noch versucht worden, die Wasserverdampfung 
des Laub- und Nadelholzes nach dieser Weise in den Kreis der Beob- 
achtung zu ziehen. Nach zahlreichen Erfahrungen in dieser Richtung 
scheint es keinen anderen Weg zu geben, als einen einzelnen Baum mit 
der Wurzel und einer bestimmten Blätter- oder Aesteanzahl zum Gegen- 
stande der Beobachtung zu machen, um von hier aus auf eine grössere 
Waldstrecke wenigstens einen annähernden Schluss zu ziehen. Allerdings 
können der Natur der Sache nach nur verhältnissmässig kleine Bäume 
von geringem Umfange hiezu angewendet werden, dafür gestattet aber 
auch dieses Verfahren absolut genaue Wägungen, so dass der Fehler 


% 


340 


nur auf der Uebertragung dieser Verhältnisse auf den grösseren Maas- 
stab beruhen kann. Zugleich ist die Verdampfung des Bodens nach 
dieser Methode gänzlich ausgeschlossen; die gefundenen Resultate be- 
ziehen sich somit nur auf die von den Blättern, im anderen Falle von 
den Nadeln ausgehende Wasserverdampfung. Endlich ist nach dieser 
Untersuchungsweise auch noch ein öfterer Wechsel des Baumes gestattet, 
so dass also die Beobachtung sich nicht nur auf wenige Wochen, sondern 
auf längere Vegetationsperioden des im frischen Zustande befindlichen 
Untersuchungsobjektes erstrecken. 

Zum Gegenstande der Beobachtung sind die beiden Hauptrepräsen- 
tanten des Laub- und Nadelholzes, — die Buche (Fagus sylvatica) und 
die Fichte (Abies excelsa) — gewählt worden. Was die Ausführung des 
Versuches selbst betrifft, so fand diese ganz nach dem S. 336 mitge- 
theilten Verfahren statt, welches bei Beobachtung der einzelnen Cerealien- 
pflanzen versucht worden war. Die frisch dem Walde entnommenen 
Bäume wurden mit der Wurzel und anhängender Erde in eine Flasche 
gebracht, deren Boden mit derselben Walderde und Wasser bedeckt 
war. Der Verschluss der Mündung geschah auf das Sorgfältigste. Sobald 
an den Blättern des Laubholzes sich Spuren der Verwelkung zeigten 
oder von der Fichte die Nadeln bei leiser Berührung abfielen, so dass 
also die Bäume nicht mehr als lebensfähig zu betrachten waren, wurden 


sie mit neuen Exemplaren, möglichst von gleicher Grösse und gleichem 


Umfange demselben Walde entnommen vertauscht. Dieser Zeitpunkt 
pflegte bei der Buche gewöhnlich nach 3 Wochen, bei der Fichte schon 
etwas früher einzutreten. In dieser Weise sind die Versuche vom 2. Mai 
bis 25. September mit geringen Unterbrechungen fortgesetzt worden. 
Die zum Versuche verwendeten Buchen trugen 60 bis 70 ausgebildete 
Blätter, die Fichten 6 Seitenzweige & !/2’ lang. 

Als Resultat der Wägungen, deren Einzelnheiten ich hier als uner- 


“heblich der Kürze wegen übergehen darf, hat sich die Wasserverdam- 


pfung der Buche im Durchschnitte täglich, d. h. in 24 Stunden, zu 
15 Grmm., der Fichte zu 12 Grmm. ergeben. Man kann hiernach wenig- 
stens auf das Bestimmteste annehmen, dass die Wasserverdampfung des 
Laubholzes zum Nadelholze iın Verhältnisse von 5:4 stehe. Um aber 
neben diesem sicheren Resultate aus den Versuchen einen Schluss auf 


341 


die Wasserdampfung von einer grösseren Waldoberfläche zu ziehen, ist 
es unerlässlich, auf die Verhältnisse des forstlichen Betriebes der 
Wälder, welchen die Versuchsexemplare entnommen sind, im Allgemeinen 
einzugehen. 

Für die hier in Betracht kommenden Waldungen findet durchgängig 
ein 144 jähriger Betrieb statt. Nach eigenen Erhebungen und den mir 
vom kgl. Forstbureau zur Disposition gestellten genau geführten Listen 
einer grossen Anzahl von kevieren stellt sich in Beziehung der Baum- 
zahl eines Morgens Waldes (40,000[1‘) folgendes Resultat heraus. 


A. Buchenwaldung. 
1) 144 jähriger Betrieb: 186 bis 190 Stämme. 


Gr u DUL. „2 00, 

ALU >. # 220°... 430,7 >, 

BL Orn A 6a, 0 20200; 

2) ade Pe 2730. 2,2000, , 

6) 4 Jahre nach der Aussaat: 10 bis 12,000 Pflanzen. 
Le Jahr an * eirca 40,000 2 


B. Fichtenwaldung. 
1) 144 jähriger Betrieb: 228 bis 235 Stämme. 


Sa a een 
3; 108° >, ir Ro 9300 > 
De ea L er 
20 41996 2000 


6) 4 Jahre nach der Aussaat: 9 bis 10,000 Pflanzen. 
Ber Jahr ” x eirca 40,000 


„ 


Die zu den beschriebenen Versuchen verwendeten Bäume waren 
Waldungen von dem Stande A. 6 und B. 6 entnommen, wobei indess 
zu bemerken ist, dass der Stand 7 nicht von selbst in den Stand 6 
übergeht, wozu ohne Hülfe ein Zeitraum von vielleicht 10 Jahren nöthig 
wäre, sondern dass der Stand 6 durch Versetzen der zweijährigen 
Pflanzen erreicht worden ist. 

Nehmen wir nun in runder Summe die Anzahl der Bäume in einer 
Buchenwaldung auf einem Morgen zu 12,000, in einer Fichtenwaldung 


342 


zu 10,000 Stück Pflanzen an, so ergibt sich, dass ein Morgen Buchen- 
waldung bezeichneten Standes in 5 Monaten 27,000 Liter, ein Morgen 
Fichtenwaldung desselben Standes in 5 Monaten 18,000 Liter Wasser 
verdampfen würde. 

Vergleicht man diese Resultate mit den auf Getreidefeldern in dieser 
Beziehung erhaltenen, so ergibt sich ein überaus grosser Unterschied. 
Es bestätigt sich hiedurch die hohe Bedeutung der Wälder für die An- 
sammlung und dauernde Erhaltung von Feuchtigkeit. 

Selbstverständlich können sich die Resultate nur auf einen Morgen 
Waldung von dem angegebenen Stande beziehen. Ob man, ohne einen 
grossen Fehler zu begehen, diese Zahlen auch für Waldungen von län- 
gerem Betriebe mutatis mutandis annehmen dürfe, — wobei durch 
Verminderung der Stämmeanzahl die Höhe des Baumes und der Umfang 
seiner Krone zunimnit, — vermag ich vorläufig mit Sicherheit nicht zu 
entscheiden. 

Ich kann nicht umhin, hier noch einer Versuchsreihe Erwähnung 
zu thun, welche von dieser Arbeit unabhängige von meinem Freunde 
Dr. W. Fleischmann !) ausgeführt auf anderem Wege eine Bestätigung 
meiner vorstehenden Angaben zu liefern im Stande sein dürfte Die 
Versuche betreffen ausschliesslich die Hopfenpflanze. Die Ranken eines 
Hopfenstockes wurden, nachdem das Erdhäufchen über der Wurzel 
beseitigt war, hart am Boden mit schiefem Schnitte abgeschnitten, rasch 
durch bereit gehaltene durchbohrte Korkstöpsel geführt und in Glas- 
kolben bis zu einer Marke mit Wasser gefüllt gesetzt. Hierauf wurden 
die Korke an den Ranken, welche auf dem Boden der Gläser aufstanden, 
heruntergeschoben, auf den Gläsern befestigt und die Zwischenräume 
zwischen Ranken und Kork fest mit Baumwolle verstopft. Nachdem 
alles in beschriebener Weise vorbereitet war, überdeckte man die Gläser 
mit der vorher weggeschafften Erde wieder vollständig. Die einzelnen 
Ranken fingen an zu saugen und das aufgesogene Wasser wurde mittelst 
einer Bürette von Zeit zu Zeit wieder ersetzt. Als Resultat ergab sich, 
dass die 3 Ranken des Hopfenstockes während 6 Stunden bei heiterem 


1) F. Nobbe’s landw. Versuchsstationen. Bd. IX. S. 178. 1867. 


343 


Wetter nahezu 1 Liter in sich aufgenommen hatten. Diese Wasserauf- 
nahme ist natürlich eine viel geringere bei Regenwetter, indem in 
diesem Falle die wasserleitenden Theile der Ranken mit Wasser gesättigt 
waren und somit ein Stocken des Saftes stattfand. Wir dürfen daher, 
um beiläufig die Wassermenge, welche ein Hopfenfeld während einer 
längeren Vegetationsperiode verdunstet, festzustellen, die erhaltenen Zahlen 
nicht unbedingt zu Grunde legen. Nach angestellten Berechnungen beträgt 
die Verdunstungsfläche einer völlig entwickelten Hopfenpflanze 11UM. 
Der wechselnden Witterung während eines Sommermonates Rechnung 
tragend und unter der Annahme, dass während der Nacht keine Ver- 
dunstung stattfinde, kann wohl die Wasserverdunstung einer Hopfen- 
pflanze von 3 Ranken für 12 Stunden in runder Summe zu 1 Liter 
. festgestellt werden. Von einem Morgen Landes, auf welchem 1600 Hopfen- 
stöcke stehen, würden demnach in einer Vegetationsperiode von 3 Monaten 
circa 150,000 Liter Wasser verdampft werden. 

Berücksichtigt man, dass die von dem Boden ausgehende Wasser- 
verdampfung ausgeschlossen ist, dass ferner die hier beschriebenen 
Versuche sich auf eine von den Wurzeln getrennte Pflanze beziehen, 
wodurch eine wesentliche Verringerung in der Wasseraufnahme und 
somit in der Wasserverdunstung nothwendig bedingt erscheint, so 
stimmen im Allgemeinen diese Resultate mit meinen früher angegebenen, 
wie ich sie bei den Cerealien erhalten habe, sehr wohl überein. 


V. 


Es ist richt zu verkennen, dass die bisher mitgetheilten Versuche 
in Kästen, wenngleich von ziemlich umfangreichen Dimensionen, der 
Vegetation nicht die vollkommen normalen Bedingungen des freien Feldes 
gewähren konnten. Vor Allem ist zu berücksichtigen, dass obschon die 
meisten der erwähnten Versuche nicht in geschlossenen Räumen, son- 
dern am offenen Fenster ausgeführt sind, doch immerhin nur ein verhältniss- 
mässig beschränkter Luftzutritt stattfand, — wesentlich abweichend von 
-dem Einflusse der Ventilation, welchem die Pflanze auf freiem Felde 
unterliegt. Aehnlich ist der Fall bei den Versuchen, welche die Wasser- 
verdampfung von einer einzelnen Pflanze ausgehend zum Zwecke hatten. 
Somit schien es wünschenswerth, meine Beobachtungen auf das freie 

Abh.d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X, Bd. II. Abth. 44 


344 


Feld auszudehnen, um auch hier wenigstens annähernd die Wassermenge 
zu bestimmen, welche von einer mit Cerealien, mit Wiese u. s. w. 
bewachsenen Oberfläche in einem gewissen Zeitraume verdampft wird. 

Es sind sehr zahlreiche Versuche angestellt worden, um durch 
Aushebung verschieden bewachsener Bodenarten und von Zeit zu Zeit 
wiederholte Wägungen u. s. w. auch den Verhältnissen im Freien Rech- 
nung zu tragen, sie alle haben mich überzeugt, dass auf diesem Wege 
durchaus kein Resultat zu erzielen ist. Das Ausstechen einer gemessenen 
Bodenfläche in gewisser Tiefe, wenn auch, was natürlich der günstigste 
Fall ist, nur eine compakte Wiese hiezu benützt wird, das Wiederein- 
setzen des Stückes in einem Tuche oder Drahtgitter eingeschlossen u. 8. w., 
ist mit so grossen Destruktionen der Vegetation und überhaupt mit 
derartigen Verlusten und Hindernissen verbunden, dass von der Erlangung 
nur einigermassen zuverlässiger Resultate, nach meinen bisherigen Er- 
fahrungen wenigstens, keine Rede sein kann. 

Ich habe es versucht, ein von der direkten Wägung gänzlich ver- 
schiedenes Princip in die Behandlung dieses Gegenstandes einzuführen; 
der Weg, den ich mit einiger Aussicht auf Erfolg angebahnt zu haben 
glaube, ist das System der Hygrometrie und Atmidometrie. 

Die Methoden der Hygrometrie gehen bekanntlich darauf hinaus, die 
Quantität des Wassergehaltes der Atmosphäre absolut oder relativ zu 
bestimmen. Durch diese Versuche erhält man aber stets nur Werthe, 
welche lediglich den Zeitraum der Beobachtung selbst umfassen, so dass 
erst mit Durchschnittsberechnungen einer grösseren Anzahl einzelner 
Beobachtungen ein für grössere Zeiträume geltendes Resultat erzielt 
werden kann. Da es sich bei meinen Versuchsreihen darum handelte, 
die Menge von einer Bodenfläche verdampften Wassers für längere Perioden 
in ihren Wechselbeziehungen aufzufassen, so konnte diese Methode der 
Hygrometrie selbstverständlich immerhin nur Resultate von sekundärer 
Bedeutung ergeben. Dass indess in dem Wassergehalte der Atmosphäre 
Unterschiede stattfinden je nachdem die Luft in Betreff ihres Feuchtig- 
keitgrades auf einem bewachsenen oder vegetationslosen Felde untersucht 
wird, zeigt sich durch folgende mit dem bekannten August’schen Hygro- 
meter auf verschiedenen Feldern vorgenommenen Beobachtungen. 

In Betreff des Instrumentes ist noch zu bemerken, dass ich mich 


345 


bei allen meinen zahlreichen Versuchen ausschliesslich der Psychrometer 
nach der Lamont’schen Modifikation bedient habe. Diese Einrichtung 
besteht darin, dass neben den beiden Thermometerskalen noch 2 Skalen 
aufgetragen sind nach der Formel 
F — 0,000892 (t—t°) 6, 

so dass man nur die Ablesung des feuchten Thermometers von der 
Ablesung des trocknen abzuziehen hat, um den Dunstdruck zu erhalten. 
Der Beobachter ist dadurch in den Stand gesetzt, den Druck der in 
der Luft enthaltenen Wasserdünste unmittelbar ohne Hülfe von Tabellen 
anzugeben, — ein Vortheil, der namentlich bei so zahlreichen und gleich- 
zeitigen Versuchen sehr hervorgehoben zu werden verdient. Die Berech- 
nung der Dunstsättigung, sowie der Dunstmenge, d. i. der absoluten 
Feuchtigkeitsmenge in 1 rheinländischer Cub‘ nach Lothen ist aus dem 
Dunstdruck nach den bekannten Formeln vorgenommen worden. 

Zu diesen Versuchen erscheint wohl nicht leicht eiu Flächenraum 
geeigneter, als ein Torffeld, welches theilweise cultivirt und bebaut oder 
brachliegend, theils nur für den Wiesenbau entwässert, theils ganz 
uneultivirt, in solcher Weise Oberflächen von den verschiedensten Be- 
schaffenheiten in nicht zu grosser Entfernung von einander darbietet. 

Die hygrometrischen Beobachtungen umfassen folgende vier ungefähr 
/a Stunde von einander entfernt liegende Versuchsfelder: 

1) Ein Haferfeld (cultivirtes Wiesenmoor). 

2) Eine Wiese (entwässertes Wiesenmoor). 

3) Ein brachliegender Acker, welcher im vorhergehenden Jahre 
Hafer getragen und umgeackert worden (cultivirtes Wiesen- 
moor). 

4) Ein Torfwiesenmoor mit Typha bewachsen, sumpfig. 

5) Ein Kleefeld. 

“Die.Beobachtungen einer jeden Reihe sind alle gleichzeitig auf den 
verschiedenen Feldern angestellt worden, und zwar stets möglichst in 
der Mitte eines jeden Feldes, so dass im Umkreis von circa !/ı Stunde 
dieselbe Natur der Oberfläche dargeboten war. 

In den Versuchen I, II, III und 1V waren die Haferpflanzen sehr 
üppig entwickelt, durchschnittlich 12‘ hoch, die Grashalme 1° hoch 
und zwar kein sogenanntes saures Gras, sondern kleeartige Gewächse, 

44* 


346 


Das Brachfeld zeigte sich nur dünn mit Unkraut bedeckt. 
meter wurden unmittelbar über den Pflanzenspitzen, auf dem Brachfelde 
unmittelbar über den Boden angebracht. 

Es folgen nun die Zahlen, wie sie die ersten 3 Versuchsreihen 


direkt ergeben haben nebst den betreffenden Berechnungen. 


I. Versuchsreihe. (4. Juli 1866.) 


Die Hygro- 


A. DB; C. D. 
Brachfeld. | Haferfeld. Wiese. Torfmoor. 
1) Dunstdruck . 0,40 4,70 4,75 5,09 
9) Dunstsättigung . | 0,825 ‚0,881 0,891 0,955 
3) Dunstmenge. . |0,01865325 | 0,01991941 | 0,02014551 | 0,02159255 
II. Versuchsreihe. (5. Juli 1867.) 
1) Dunstdruck . . mit 14,79 | 5,00 5,25 
2) Dunstsättigung . 0,630 | 0,664 0,681 0,726 
3) Dunstmenge . . |0,018963 | 0,02002640  0,020774 | 0,02185260 
III. Versuchsreihe. (8. Juli 1867.) 
A. B. 
Brachfeld. Kleefeld. 
1) Dunstdruck 4,9 | 5,3 
2) Dunstsättigung . 0,734 0,746 
3) Dunstmenge . 0,02051998 0,021070 


Auf meine Veranlassung sind noch folgende Felder einer anderen 
Lage hygrometrisch geprüft worden: Haferfeld, Wiese, Roggenfeld, Kar- 
toffelfeld, Mohrfeld, Torfmoor. Die aufgeführten Zahlen beziehen sich 
auschliesslich auf den Wassergehalt eines Cubikmeters in Grammen, 
indem durch Versehen die übrigen Versuchsresultate mir nicht mit- 
getheilt wurden, eine nachträgliche Ermittlung war aber nicht möglich. 


IV. Versuchsreihe. (10. Juli 1867.) 


A. B. C. 
Haferfeld. Wiese. Roggenfeld Fe 
9,6. 10,9. 


I 


347 


Ds E. F. 
Kartoffelfeld. Moorfeld. Torfmoor. 
10,1. 9,0. Kahl. 


Es folgen hier endlich noch einige schon früher von einem andern 
Beobachter (Herrn M. Fuchs) auf meine Veranlassung ausgeführte Ver- 
suche. Die Resultate sind zu leichterer Vergleichung mit den vor- 
stehenden auf die Wassermenge in einem Cubikmeter nach Grammen 
berechnet. 


V. Versuchsreihe. (13. April 1867.) 


A. B. 
Brachfeld (hinter der Bavaria), Saatfeld, schwach. 
6,2. Ze 
(20. April 1867). 
A. B. 
Kiesboden (am Judenkirchhof). Wiese (am linken Isarufer). 
10,3. 2.6 


Ein flüchtiger Blick auf diese Resultate zeigt, dass offenbare Unter- 
schiede in der Dunstspannung zwischen den verschiedenen Vegetations- 
oberflächen bestehen. Sie sind allerdings gering, allein doch bezeich- 
nend, indem nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass der Psy- 
chrometer das in der Luft schwebend enthaltene Wasser nicht anzuzeigen 
vermag, sondern in seinen Angaben sich nur auf das in der Atmosphäre 
gelöste Wassergas, — den Dunstdruck — sich bezieht. Die Berechnung 
der absoluten Dunstmenge aus dem psychrometrischen Dunstdrucke 
beruht aber bekanntlich auf einer Hypothese. Wir wissen, dass in 
künstlich befeuchteten Lokalen der Psychrometer keineswegs die erwar- 
teten Wasserzunahmen anzeigt, was wohl auch mit der schwierigen 
Diffussion des Wasserdunstes zusammenhängt. Ich habe schon bei einer 
anderen Gelegenheit gezeigt, dass die Angaben des Psychrometers durch- 
aus in keinem constanten Verhältnisse zu den direkten Feuchtigkeits- 
bestimmungen in der Atmosphäre stehen und also diese nicht direkt 
aus jenen abgeleitet werden können. So erklärt es sich denn auch, dass 
unter den zahlreichen mir vorliegenden Versuchen einige vereinzelte 


348 


mit entgegengesetztem Resultate vorkommen. So lieferte z. B. ein auf 
der Pullacher Höhe am 23. April 1867 ausgeführter Versuch die Wasser- 
menge der über einer Kiesfläche befindlichen Atmosphäre um 0,3 Grmm. 
höher, als in der Atmosphäre eines Saatfeldes: Diess schliesst nach den 
obigen Auseinandersetzungen keineswegs aus, dass letztere dessenunge- 
achtet mehr schwebende Wassertheile enthielt, als erstere u. s. w. Auf 
das Bestimmteste erkennt man aber aus diesen Versuchen, dass das in 
der Luft enthaltene Wasser auch in dem Zustande, wie es der Psy- 
chrometer anzeigt, seiner Menge nach ebenfalls von der Natur der 
Vegetationsdecke wesentlich beeinflusst, — speziell durch eine üppige 
Vegetation erhöht — werde. Versuche mit einem besonders zu diesem 
Zwecke construirten Haarhygrometer, welche aber leider in diesem 
Sommer nicht zum Abschlusse gelangen konnten, werden im Stande 
sein, diese vergleichenden Unterschiede noch deutlicher zu machen. 

Nach Mittheilung dieser nur nebenher erwähnten hygrometrischen 
Resultate gehe ich zur Beschreibung der atmidometrischen Versuche 
über. In Beziehung auf das hiezu benützte Instrument darf ich auf die 
früher gegebene ausführliche Beschreibung des Apparates verweisen.!) 

Lässt man eine flache Schale mit Wasser in irgend einem geschlos- 
senen Raume oder im Freien unbedeckt stehen, so wird das Wasser 
verdampfen und daher die in der Schale befindliche Wassermenge nach 
und nach veringert werden. Diese Verdampfung des Wassers, welche 
schneller oder langsamer vor sich geht, ist von den 3 Faktoren: Tem- 
peratur, Ventilation und Luftdruck abhängig. Die mit dem Atmido- 
meter gewonnenen Zahlen sind somit das Resultat dieser 3 Faktoren 
und geben die von allen meteorologischen Momenten influencirte Total- 
wirkung von dem Augenblicke der Aufstellung bis zu dem der Beobachtung 
an. Die Unterschiede, welche sich in der Beobachtung auf verschiedenen 
Oberflächen ergeben, müssen caeteris paribus, d. h. bei Identität jener 
3 Faktoren, nothwendiger Weise durch die Natur und Beschaffenheit 
des Bodens bedingt sein. 

Zur Ausführung der Versuche wurden Glasschalen, jede von 


1) Bayer. Kunst- und Gewerbeblatt. April 1856. 


349 


6,6 Centimeter Durchmesser und 45 CC. Wasserinhalt auf dem Atmido- 
meter durch Eintröpfeln von Wasser genau eingestellt, an die verschiedenen 
Punkte, welche zur Beobachtung dienten, gebracht und in Zwischen- 
räumen wieder auf dem Atmidometer in’s Gleichgewicht gesetzt. Man 
erhielt hiedurch die Menge .des verdampften Wassers in bestimmten 
Zeiträumen. 

Die Vornahme atmidometrischer Versuche kann der Natur der Sache 
nach nur bei trocknem Wetter stattfinden, indem jeder Regenfall eine 
Ueberschwemmung der Schale veranlasst. Die Oberfläche der Schalen, 
um diess zu verhindern, mit einer Art spitzigen Daches zu bedecken, 
wie ich es mehrmals versucht habe, ist insofern ungeeignet, als hiedurch 
die Resultate wegen theilweiser Abhaltung der Ventilation zu wesentlich 
beeinflusst werden. Einige speciell zu diesem Zwecke ausgeführte atmi- 
dometrische Versuche liefern einen sehr entscheidenden Beitrag zur 
Beurtheilung dieses Verhältnisses. 

Zwei Atmidometer-Schalen wurden Morgens 7 Uhr, die eine auf 
einem Blumenbrette vor dem Fenster, die andere aın Fenster innerhalb 
des Zimmers, beide nur 1/2‘ von einander entfernt aufgestellt. Es war 
somit die Temperatur und Zeit der Insolation für beide ganz dieselbe, 
nur blieb von der im Zimmer stehenden Schale die Einwirkung der 
Ventilation nicht gänzlich, — da das Fenster während der ganzen Ver- 
suchsperiode offen blieb, — sondern nur theilweise abgehalten. Nach 
10 Stunden betrug die Verdampfungsmenge im Freien 5,1 CC., im Zimmer 
0,75CC. In einem zweiten länger andauernden Versuche betrug die 
‘Verdampfung im Freien 9,5 CC., im Zimmer 1,8 CC. Man erkennt 
hieraus den mächtigen Einfluss, welchen die Ventilation unter sonst 
ganz gleichen Verhältnissen und Umständen auf die Verdampfung einer 
Wasseroberfläche auszuüben im Stande ist. 

Um die Anwendbarkeit der atmidometrischen Methoden auf die 
Bestimmung der Wasserdampfungsverhältnisse nachzuweisen, mögen hier 
noch die Resultate einiger Vorversuche Platz finden. 

2 Atmidometer-Schalen wurden, die eine a über einer Wasserober- 
fläche, die andere b in geringer Entfernung von der ersteren und in 
gleicher Höhe auf einem Brette aufgestellt. Die Messungen zu verschiedenen 


350 


Zeitabschnitten vorgenommen ergaben folgende Unterschiede in der 
Wasserverdampfung. 


1. II. IH. 
a) 10,1 3,6 6,0 
b) 12,4 4,5 7,4. 


Nach den im Durchschnittsverhältnisse berechneten Zahlen ergibt sich 
somit die Wasserverdampfung von einer Wasseroberfläche zu einer 
trocknen Oberfläche wie 100 : 124. 

Ebenso wurden 2 Atmidometer-Schalen auf die beiden zu den 


früheren Versuchen benützten Erden, Thon- und Kalkboden, — in 
gleicher Weise befeuchtet — aufgestellt. Die Messungen zu 3 ver- 
schiedenen Zeitabschnitten vorgenommen gaben folgende Resultate: 
r: II. Il. 
Thonboden 8,1 6,3 8,5 
Kalkboden 6,9 a 7,4. 


Nach den S. 324 beschriebenen direkten Verdampfungsversuchen ver- 
dampft der Thonboden weniger Wasser als der Kalkboden in bestimmter 
Zeit und zwar in dem Verhältnisse von 100:115. Die über dem Kalk- 
boden stehende Atmosphäre muss hiernach auch in diesem Verhältnisse 
feuchter sein, als die über dem 'Thonboden stehende. Der atmidome- 
trische Versuch ergibt auch in der That dem durch den direkten Versuch 
erhaltenem Verhältnisse sehr nahe stehende Zahlen und zwar nach der 
durchschnittlichen Berechnung der 3 Versuche: 
Kalkboden : Thonboden 
100 : 114. f 

Hiebei ist natürlich vorausgesetzt, dass durch gleichmässiges Begiessen 
die beiden Bodenarten während der Versuchsperiode in einem überein- 
stimmenden Feuchtigkeitsgrade erhalten werden, da beim gänzlichen 
Eintrocknen die Verhältnisse insofern sich ändern, als der Thonboden 
noch länger feucht bleibt, wenn der Kalkboden schon ganz ausgetrocknet 
ist, wie ich diess S. 324 gezeigt habe und als trockne Oberfläche, somit 
als beförderndes Moment, auf die atmidometrische Verdampfung einwirkt. 

In gleicher Weise wurden diese beiden Bodenarten in besätem und 
unbesätem Zustande vergleichungsweise atmidometrisch untersucht. Die 


351 


Vegetationsdecke der mit dem Ausdrucke „besäter‘“ Boden hier bezeich- 
neten Oberfläche bestand in beiden Fällen aus einer dichten Linaria- 


Pflanzung. 
I: 1. II. 
j Thonboden besät Le) 10,3 8,7 
2) | Thonboden unbesät 8,4 11,5 9,9 
Kalkboden besät 4,5 SE 6,2 
) Kalkboden unbesät 5,4 10,0 BD 


Nach den $. 328 beschriebenen direkten Verdampfungsversuchen 
hat sich die Wasserverdampfung des unbesäten Thonbodens zum besäten 
im Verhältnisse von 100: 111, des unbesäten Kalkbodens zum besäten 
im Verhältniss von 100:116 ergeben. Die Durchschnittsberechnung 
der Atmidometerzahlen ergibt das Verhältniss wie folgt: 

a) Thonboden unbesät : Thonboden besät 


112 : 100 
b) Kalkboden unbesät : Kalkboden besät. 
120 : 100. 


Man erkennt hieraus die nahe Uebereinstimmung der atmidometrischen 
Messungen mit den direkten Wägungen. Es bedarf wohl kaum der 
besonderen Erwähnung, dass die atmidometrischen Zahlen für die eigent- 
liche von der Oberfläche ausgehende Wasserverdampfung im umgekehrten 
Sinne zu verstehen sind; wenn z. B. in dem oben mitgetheilten Ver- 
suche beim Vergleiche einer trocknen und einer Wasseroberfläche sich 
das Verhältniss wie 124:100 ergeben hat, so heisst diess natürlich 
nichts anderes, als dass, die Verdampfung der trockenen Fläche zu 100 
angenommen, die Verdampfung der Wasseroberfläche 124 beträgt. 
Ebenso wenn die atmidometrischen Zahlen für besäten und unbesäten 
Kalkboden sich wie 100:120 herausgestellt haben, so bedeutet diess 
selbstverständlich: die Wasserverdampfung des unbesäten Kalkbodens 
= 100 gesetzt, beträgt die Wasserverdampfung des besäten 120.u.s. w. 

Nach diesen vorläufigen die atmidometrische Methode charakteri- 
sirenden Versuchen gehe ich zu den auf freiem Felde angestellten 
Beobachtungen über. 

Die gleichzeitige Aufstellung der Atmidometer-Schalen geschah in 
Abh d. II.C1.d.k.Ak.d. Wiss X.Bd.II. Abth. 45 


352 


der Art, dass die Schalen sich unmittelbar über der Vegetationsdecke 
frei aufgehängt befanden, da die Versuchsfelder auf einem ungefähr 
300 Morgen umfassenden Flächenraume beinahe aneinander gränzend 
lagen, so standen die Atmidometer-Schalen genau unter demselben Ein- 
fluss der Faktoren: Wärme, Luftdruck, Ventilation; die Unterschiede 
in der Menge der Wasserverdampfung können sich daher ausschliesslich 
nur auf die Natur der Oberfläche des Aufstellungsortes beziehen. Die 
Temperaturverschiedenheiten der mit Vegetation bedeckten Oberflächen 
- durch Wärmestrahlung hat sich bei gleichmässiger und geeigneter Auf- 
stellung der Atmidometer-Schalen ohne wesentlichen Einfluss auf die 
Verdampfung herausgestellt. 


Wasserverdampfung in CC. 


L 1: II. 
Wiese. Klee. Hafer. 
Dauer des Versuchs, a. b. a. b. >y b. 
schwach. üppig. | schwach. üppig. |schwach. üppig. 
1). 8..Ma11867 24 8:02 13 12 11 —— 16 ms 
2 NIE 2 2, Ie2,9: 2 95. — 19 — 
(6® Morgens bis 8 Abends) 
3) 29 Mai 1867 6S8t. — 3 — —_ 9 — 
(6% Morgens bis 12 Mittags) 
4), 2.,Juni1 867,18, St... — 11 _— 10 — 15 
(6% Morgens bis 12% Nachts) 
5) 13. Jun so Tarstee — fe) — = — 14 
(6% Morgens bis 12% Abends) 
6) 22. Juni 1867 12 St. 5 — 10 — 9:5 11 
rn 
<= 
Tr aB TOT Le 
2 
8) 12. Juli „=12:86. — 15 — — — — 
Me - 
9) 13. 75, „2. 2 86.78 — 14 — — _— — 
Selbstverständlich sind bei weitem mehr als die hier angegebenen 


Versuche angestellt worden, indem ein 
plötzlich eintretenden Regens, Umfallen 


bar gemacht worden ist. 


grosser Theil derselben wegen 
der Schalen u. s. w. unbrauch- 


Der Ueberblick dieser durch den direkten 


353 


atmidometrischen Versuch erhaltenen Zahlen ist meines Dafürhaltens 
sehr instruktiv in Beziehung auf die Wasserverdampfungsmenge durch 
die einzelnen Pflanzengattungen. 

Der verschiedene Grad der atmosphärischen Feuchtigkeit, bedingt 
durch Wasserverdampfung der Pflanze, dieser Faktor unter möglichster 
Elimination der Wärmestrahlungsverschiedenheiten ist es allein, welcher 
diese Unterschiede veranlasst. Dass zwischen Wiese, Kleefeld und Hafer- 
feld in der Wasserverdampfung Unterschiede stattfinden, ergibt sich aus 
dem Vergleiche der Durchschnittszahlen I:1:IIHI = 10,6: 10,1: 14. 

Allerdings darf nicht vergessen werden, dass diese Zahlen vor- 
läufig nicht die auf eine Pflanzengattung treffende wirkliche Menge 
des verdunsteten Wassers ausdrücken, — sie sind natürlich nur bezeich- 
nend für ‘das Verhältniss dieser Verdampfungsmengen, in dieser Be- 
ziehung gewähren sie aber ein anschauliches Bild von den Unterschieden 
zwischen den einzelnen hier zum Versuche benützten Pflanzengattungen. 
So geht z. B. aus den Versuchszahlen deutlich hervor, dass eine Wiese 
mehr Wasser verdampft, als ein Haferfeld und zwar in dem Verhältniss 
von 70:53. Der Hauptvorzug der atmidometrischen Methode liegt 
eben darin, dass sie sich nicht auf künstlich behandelte Vegetations- 
objekte in kleinerem Maasstabe zu beschränken hat, sondern dass sie 
gestattet, die Vegetationsverhältnisse im Ganzen und Grossen, — im 
natürlichen Zustande unter dem Einflusse aller Faktoren aufzufassen. 
Die hier erhaltenen Zahlen sind daher wahre Naturzahlen, wie sie uns 
die unmittelbare Beobachtung der im grossen landwirthschaftlichen 
Betriebe stehenden Felder darbietet. 

Der Vergleich des Versuches vom 8. Mai mit den übrigen zeigt, 
dass die Hauptsumme der Wasserverdunstung in den Tagesstunden liegt; 
die geringe Differenz des verdampften Wassers in 24 Stunden und 
12 Nachtstunden führt zu der Annahme, dass während der Nacht nicht 
nur kein Wasser verdampft sondern sogar Wasser aufgenommen werde, — 
Verhältnisse, die indess, da es sich vorläufig hier nur um die Menge 
der Wasserverdunstung während grösserer Vegetationsperioden handelt, 
bei dieser Betrachtung zunächst nicht berücksichtigt werden können. 

Obgleich nicht mehr in das Bereich meiner Arbeit gehörend, will 
ich doch noch die Beobachtungen über die Regenmengen anführen, um 

45* 


354 


daraus einen Vergleich mit den durch meine Versuche gefundenen Ver- 
dunstungsmengen herzustellen. Es sind während der 108 Versuchstage 
(S. 334), welche den Verdunstungsversuchen zu Grunde liegen, ungefähr 
1,300,000 Liter Regen und Thau auf 40,000[)' gefallen, auf 1U daher 
32,5 Liter. Da nun als Hauptresultat (S. 335) ein mit Cerealien bewach- 
sener Thonboden (I) in dieser Zeit per [ 20,4 Liter, ein mit Cerealien 
bewachsener Kalkboden (II) 22,4 Liter Wasser verdampft, so erreichte 
das aus der Atmosphäre gebotene Wasser allerdings die Menge des 
verdunsteten. Die Differenz beträgt hiernach für I 12,2 Liter, für II 
11,1 Liter. Gewöhnlich nimmt man an, — ob mit Recht vermag ich 
nicht zu entscheiden, — dass die Hälfte, ®/a oder */s des meteorischen 
Wassers durch Abfluss u. s. w. für die Vegetation verloren gehe.!) 
Unter diesen Voraussetzungen würden auf den U‘ nur 16,2, 8,1 oder 
6,1 Liter während der 108 Tage treffen, die Regenmenge erreichte dem- 
nach durchschnittlich nur einen Theil des verdunsteten Wassers. Wollen 
wir aber auch die eine oder andere Annahme der Betrachtung zu Grunde 
legen, soviel ergibt sich aus dem angestellten Vergleiche mit Sicherheit, 
dass die Regenmenge in jedem Falle unter der Verdunstungsmenge steht, 
so dass die Pflanze ihren Bedarf noch aus einer anderen Quelle zu 
nehmen hat. Ob diess durch Condensation der in der Atmosphäre 
schwebenden Feuchtigkeit oder durch Aufnahme von Wasser aus der 
Tiefe des Bodens u. s. w. geschieht, hierüber fehlen mir bis jetzt alle 
auf Versuche gegründeten Anhaltspunkte. 

Es erübrigt, einige Hauptpunkte der gewonnenen Resultate zu- 
sammenzustellen. 

1) Die Wasserverdunstung des Thonbodens zum Kalkboden steht im 
Verhältniss von 100: 115. 

2) Die Wasserverdunstung des unbesäten und besäten Thonbodens steht 
im Verhältniss von 100: 111, des unbesäten und besäten Kalk- 
bodens im Verhältniss von 100: 116. 

3) Die Wasserverdunstung des unbesäten und besäten Torfbodens steht 
im Verhältniss von 100: 121. 


1) Nach Berghaus und Studers für Rhein und Weser ausgeführten Berechnungen. 


4) 


5) 


6) 


0) 


8) 


9) 


10) 


355 


Die Natur der Pflanzenspecies ist auf die Menge des verdampften 
Wassers von wesentlichem Einflusse. 

In der Wasserverdunstung zwischen den 4 Oerealien: Hafer, Weizen, 
Roggen und Gerste, findet kein wesentlicher Unterschied statt. 
Hafer bedarf unter denselben am meisten Feuchtigkeit. 

Die Wasserverdampfung des Laubholzes zum Nadelholze steht im 
Verhältniss von 5:4. 

Die Dunstspannung, wie sie der Psychrometer angibt, wird wesent- 
lich von der Natur der Vegetationsdecke beeinflusst, speciell durch 
eine üppige Vegetationsdecke erhöht. 

Die atmidometrische Beobachtung gibt für die Wasserverdunstung 
des Thon- und Kalkbodens im besäten und vegetationslosen Zustande 
sehr nahe mit dem direkten Versuche übereinstimmende Zahlen. 
Die atmidometrische Beobachtung gewährt einen Anhaltspunkt für 
die Beurtheilung des Wasserverdunstungsverhältnisses verschiedener 
Vegetabilien im Freien, so wie im grossen Maasstabe. 

Die Regenmenge einer Vegetationsperiode ist geringer, als die Menge 
des durch die Pflanze während derselben verdunsteten Wassers. 


Das 


Chronoskop 


Instrument zur Bestimmung der Zeit und der Polhöhe 
ohne Rechnung. 


C. A, Steinheil. 


Mit 2 lithogr. Tafeln und 6 Tabellen. 


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Das Chronoskop. 


&M. 


Ich werde zeigen, dass man die Zeit bestimmen kann durch Con- 
struiren des Stundenwinkels. Die Construction ist solcher Art, dass 
damit zugleich die Orientirung gegen den Meridian erzielt wird. Da 
nun alle Zeitbestimmung auf Feststellung dieser zwei Elemente beruht, er- 
langen wir den Zweck durch eine dem Princip nach sehr einfache Methode, 
die so gut als keine Rechnung fordert und daher Vielen zugänglich sein 
dürfte. Das Chronoskop beruht auf Einstellung des Sonnenbildes durch 
Drehung um zwei Axen. Die Axen sind die Stundenaxe und die Vertical- 
axe. Vorher muss die Gesichtslinie auf die Declination der Sonne ein- 
gestellt sein. Man sieht, dass dieser Anforderung ein berichtigtes 
Aequatorial, welches noch im Azimut drehbar wäre, entsprechen würde. 
Es soll jedoch das Instrument möglichst einfach werden, kein Fernrohr 
benöthigen und direkt die wahre Sonnenzeit zeigen, wie das Sonnenbild 
eingestellt ist. 

Betrachten wir jetzt den nähern Vorgang. 


82. 


Denken wir uns am Himmel 3 Punkte: Zenit, Pol, Sonne durch 
grösste Bogen verbunden. Die Bogen Zenit-Pol, Pol-Sonne schliessen 
den Stundenwinkel S ein. Können wir also am Instrument diese 2 Bogen 
nachbilden und den Bogen Pol-Sonne drehbar machen um den Pol, so 
entstünde in Einer Lage desselben ein ganz gleiches sphärisches Dreieck 

Abh. d. Il.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 46 


360 


zwischen den 3 Zielpunkten des Instrumentes: Verticalaxe, Stundenaxe 
und Gesichtslinie, wie das am Himmel. Könnten dann die beiden 
Dreiecke zur Deckung gebracht werden, so wäre das Instrument auch 
orientirt und damit die Aufgabe gelöset, wenn der Stundenwinkel direkt 
am Instrumente abzulesen wäre. Diess können wir bewirken. Denn 
indem wir die Verticalaxe senkrecht stellen d. h. den Fuss des Instru- 
mentes nivelliren, fällt die verlängerte Verticalaxe mit dem Zeitpunkt 
am Himmel zusammen. Stellen wir nun das Instrument auf die Polhöhe 
des Beobachtungsortes, so wird der Bogen zwischen Pol und Zenit gleich 
mit dem Bogen am Instrumente zwischen Verticalaxe und Stundenaxe. 
Stellen wir dann die Gesichtslinie am Instrumente ein auf die Declination 
d.i. die Poldistanz der Sonne, so wird auch der Bogen Pol-Sonne gleich 
dem Bogen am Instrumente Stundenaxe-Gesichtslinie. 

Drehen wir jetzt diesen Bogen um die Stundenaxe, so ist nur Eine 
Lage, bei welcher der Stundenwinkel des Instrumentes gleich wird, 
dem am Himmel. Nehmen wir an, dies sei bewirkt, obschon man noch 
nicht sieht, wie es bewirkt werden kann, so sind offenbar die beiden 
Dreiecke gleich; denn wir haben 2 Bogen und den eingeschlossenen 
Winkel gleich gemacht. Allein die 2 Dreiecke haben nur Einen Punkt — 
den Zenitpunkt gemeinschaftlich. Dreht man aber das Instrument um die 
Verticalaxe, also auch das Dreieck des Instrumentes um den Zenitpunkt 
bis die Gesichtslinie auf die Sonne trifft, dann sind 2 Punkte — Zenit 
und Sonne den beiden gleichen Dreiecken gemeinschaftlich und folglich 
auch der 3. Punkt der Pol d. h. beide Dreiecke decken sich und der 
Stundenwinkel am Instrumente stimmt überein mit dem am Himmel. 
Ist der Stundenwinkel des Instrumentes abzulesen auf einem zur Stunden- 
axe normalen Kreise, der in 24 Stunden getheilt und so gedreht sein 
soll, dass er Null zeigt wenn die Gesichtslinie im Meridian, so ist die 
Aufgabe gelöset. 

Es folgt hieraus, dass eine Drehung um die Stundenaxe nöthig ist, 
um die Dreiecke gleich zu machen, gleichzeitig aber eine Drehung um 
die Verticalaxe, um sie zur Deckung zu bringen. Wenn also unter An- 
nahme der richtigen Bogen Sonnen-Pol, Sonne-Zenit diese Drehungen 
gleichzeitig bewirkt werden, bis die Sonne eingestellt erscheint auf den 
Punkt Gesichtslinie, so ist damit das Instrument auch orientirt. 


Sen 

In der bisherigen Betrachtung ist die wahre Poldistanz der Sonne 
nicht unterschieden von der scheinbaren. Letztere ist aber kleiner, 
weil die Refraktion die Zenitdistanz verkleinert. Wenn wir nicht Fehler 
von der Ordnung der Refraktion in der Zeitbestimmung begehen wollen, 
müssen wir diesen Umstand in Rechnung bringen. 

Nehmen wir zuerst an, man stelle den Declinationskreis auf die 
wahre Poldistanz der Sonne, so wie sie in den Jahrbüchern angegeben 
ist, so wird, weil die Absehnslinie auf den scheinbaren durch Refraktion 
gehobenen Mittelpunkt der Sonne zielt, sowohl der Stundenwinkel als 
das Azimut des Instrumentes nicht mit denen am Himmel überein- 


stimmen. 
| 
Sei Zö$ = 2 die wahre Zenitdistanz 
PS — p die wahre Poldistanz 
ZS’ — z' die scheinbare Zenitdistanz 
PS' — p' die scheinbare Poldistanz 
ZPS = s der wahre Stundenwinkel 
ZP'S' = s' der am Instrumente eingestellte. 
Setzt man noch 
BISSE BS 


was dadurch geschieht, dass man mit der wahren Poldistanz auf den 
scheinbaren Mittelpunkt der Sonne s’ einstellt, so wird der Stunden- 
46* 


362 


winkel s‘ und w‘ das Azimut verschieden am Instrument und Himmel. 
Diess wollen wir jetzt zeigen. 

Die Relation des Stundenwinkels s und der 3 spärischen Bogen 
zwischen Pol, Zenit und Stern ist bekanntlich gegeben durch 


Sin@+@— I), Sin (e— (p— 0) 
DISS SEE 2 2 SE 
BT Cosgy. os. d. 


(1) 


wo g die Polhöhe 
2 die Zenitdistanz 
ö die Declination und 
s den Stundenwinkel 


bezeichnet. 

Dieser Ausdruck (1) soll dazu dienen, den Unterschied von s und 
s’ auszudrücken. 

Setzt man nämlich in (1) statt z die um die Refraktion verkleinerte 
Zenitdistanz 2‘, so wird 


Sin 2’ +(P—0)) Sin — —)) 
D) 2 
Cosy. Cosd. 


Aus (1) ergeben sich für angenommene Werthe von z p und d, 
durch die den z entsprechenden Refraktionen die 2° und damit dann 
aus (2) die s’. 

Wir setzen hier die angenommenen Zenitdistanzen und die ihnen 
entsprechenden mittleren Refraktionen nach Bessel an. 


2.80, Bafrse15, 16 9%also 30-,,79 5Aal3:8 


10 2 37.3 —.,69.50.2.7 
60 1.397, —=ı59 58 20.3 
50 1.8.7 — 49 58 51.3 


Macht man noch g — 48°, und rechnet für die Werthe von 
d = — 20°, — 10°, 0°, + 10°, + 20°. Die s nach (1), s‘ nach (2) so er- 
gibt sich nachstehendes ‚Resultat. 


= 


Man erhält also durch Einstellen mit der wahren Poldistanz den 
Stundenwinkel s’ immer zu klein. Es werden also damit die Zeiten, 
welche das Instrument zeigt, Vormittags um die angesetzten Werthe 
von t— t’ zu gross. Nachmittags um ebenso viel zu klein. 

Für grosse Zenitdistanzen und kleine s werden übrigens diese 
Abweichungen sehr bedeutend. Auch ist ihre Aenderung so wenig pro- 
portional, dass man den Tafeln für diese Correction sehr bedeutende 
Ausdehnung geben müsste, um die Correction des Stundenwinkels daraus 
mit Sicherheit zu entnehmen. 

Allerdings liesse sich dieser Einfluss auf die Zeitbestimmung ganz 
eliminiren, wenn man correspondirende Beobachtungen in gleichem Ab- 
stande vom Meridian machte und die Zeit des Mittels ableitete. Aber 
corr. Beobb. kann man auch ohne Chronoskop sehr leicht und mit 
noch einfacherem Instrumente anstellen. Uebrigens ist diese Art der 
Zeitbestimmung abhängig von dem Uhrgang während der Zwischenzeit 
und oft erfolglos wegen trüben Himmels zur Zeit der 2'% Beobachtung. 
Für diejenigen, welche nicht rechnen können, bleibt daher immer eine 
andere Methode als die Messung einzelner Sonnenhöhen wünschenswerth, 
die in kurzer Zeit eine genügende Zeitbestimmung gibt. 

Eine geschicktere Gestalt gewinnt die Correction des Stundenwinkels, 
wenn man die Refraktion bei der Einstellung schon berücksichtigt 
und näherungsweise auf 


” 


p—R — p' 


364 


oder was dasselbe ist auf 
oe —0+ R*) 

einstellt, wo R die der Zenitdistanz entsprechende mittlere Refraktion 
bezeichnet. Allerdings kennt man die Zenitdistanz nicht. Allein sie 
lässt sich leicht aus einer Tafel entnehmen, welche 
für ein gegebenes g die Relation zwischen d t und z 
gibt. Eine solche habe ich berechnet und am Schlusse 
beigefügt. S. Tafel 3. \ 

Sei wieder Z der Zenitpunkt, P der Pol, $ der 
wahre Mittelpunkt der Sonne, 5° der scheinbare um 
die Refraktion im Vertical gehobene also PS' — p‘ 
so findet sich der Stundenwinkel s um ds zu klein, 
während das Azimut w, also die Orientirung des In- 
strumentes gleich bei der Einstellung richtig wird. 
ds ist aber hier immer nur ein Bruchtheil der Refraktion 
selbst. Die Correction ds findet sich 
4R Sins Cos p (3) 

Sinz Cos d’ 

Hier ist die Refraktion R in Bogenminuten, die Correction ds’ aber 
in Zeitsekunden ausgedrückt. Statt d* ist + R einzusetzen. 

Wir geben wieder in einer kleinen Tafel die Stundenwinkel und 
ihre Correctionen ds für 2 = 80°, 70°, 60°, 50 und d= — 20 — 10. 
0+10+20, für = 48 berechnet. 

Es ist für p = 48°. 


ds'' — 


Mateir2 


d+20 Refr. 
s ds | R 


HEN. alodızad) | d+10 
ds 


Ss ds Ss ds 5 


ds | s 
” h ‚ e | h , " h ” I, 3 
16 12.964 59 13.865 44 14.5216 29 15.12] 5.27 
DE: 5.281357 .6.530445 7.145,27 7.830,2402 
9 


h Q „ 
80 [3 8 11.164 
40: 114 2,5212 
1 


60 —— 2.14246 3.358343 4.27427 4.97 1.66 
50 —-— -|- -|- 059 1.213 22 ern 1.14 
*) Richtig wäre auf d’ = d + RCosr einzustellen. r ergibt sich aus Sinr = en Tas, 


365 


Hier sind die Abweichungen viel kleiner als in Tafel 1 und so regel- 
mässig, dass sie leicht aus Tafel 4 interpolirt werden können, wenn 
man ld und t als gegeben annimmt. 

In den meisten Fällen beträgt die Verbesserung von s nur wenige 
Sekunden. Wie dieser Correction Rechnung getragen wird, werden 
wir bei der schematisirten Vorschrift für die Beobachtungen zeigen. 


S 4. 

Untersuchen wir jetzt, welche Fehler in den Beobachtungen zu 
erwarten stehen, wenn wir bestimmte Fehlergrenzen der Einstellung des 
Instrumentes annehmen. 

Da das Instrument sehr einfach werden soll, so ist ein Fernrohr 
ausgeschlossen. Für Beobachtungen ohne Fernrohr ist wohl eine Bogen- 
Minute das, was sich bei einmaliger Einstellung als Grenze der Sicher- 
heit annehmen lässt. 

Sehen wir daher welchen Einfluss eine solch Aenderung von z, d 
und p auf s ausübt. 

Dazu dient uns die Gleichung: 


Cosz — Sin y. Sin d+Cos y Cos d Cos 8. (4) 


Differenziren wir diesen Ausdruck, indem wir alle Grössen als 
variabel betrachten, so ergibt sich: 
Sin 2 


m Cosy Cos d Sin s 


Tg‘ 
+ dy. ( Sins Igy Cotg s) (3) 


+ do. ( 59 —1ad Cotg s) 


Sin s 
Setzen wir nun beispielsweise 
po= 48° 8 
d=-—7 02 
2 = 69:1 13.5 
s 


) 

| 
» 
1 
Ya 


366 
Wo s aus Gleichung (1).$ 3 abgeleitet ist, so findet sich 
ds Ind aid 9600 


Hier sind de, dy, dd‘ in Minuten, der Werth von ds in Zeitsekunden 
zu verstehen. 

Fehlten daher die Einstellungen auf 2 (Stundenbogen), y und d' je 

1 Minute und wirkten alle Fehler im selben Sinne, so wäre ein Fehler 
von 16 Sekunden in der Zeitbestimmung oale Der wahrscheinliche 
Fehler ist natürlich viel kleiner. 

Die Betrachtung zeigt, dass wenn die Unsicherheit der-Einstellungen 
wirklich so gross ist, als wir angenommen haben, auch keine scharfe 
Zeitbestimmung bis zur einzelnen Sekunde zu erwarten steht. Dieses 
Resultat kann durchaus nicht befremden, weil jede Beobachtung mit 
freiem Auge auf eine Grösse dieser Ordnung unsicher bleibt. 


Wir gehen jetzt über zur 


S5. 
Construction des Chronoskop’s. 


Ein Fuss mit 3 Stellschrauben bildet die Büchse für die Verticalaxe. 
Diese ist mit einer Klemme für den Meridianbogen verbunden. Auf 
dem Klemmstücke sitzt ein Niveau, womit die Axe senkrecht gestellt 
wird. Mit dieser Berichtigung soll zugleich die Klemme in eine Vertical- 
ebene kommen. Die unter dem Dreifuss hervortretende Verticalaxe ist 
hier mit Feder und Gegenschraube gehalten und kann damit festge- 
klemmt werden. In der Klemme bewegt sich der massive Meridianbogen. 
Er ist als voller Ring bearbeitet und getheilt, dann erst so ausgeschnitten, 
dass die Sonne in seiner Ebene stehend auf den Stundenring scheinen 
kann und zwar bei allen Declinationen der Sonne. Dieser Meridianbogen 
trägt die Stundenaxe, die ihn diametral durchdringt. 

An der Stundenaxe sitzt der Stundenring, der an der Stundenaxe 
gedreht wird und also in dieselbe Ebene mit dem Meridianbogen gebracht 
werden kann. In der innern Fläche des Stundenringes ist die Stunden- 
axe ausgeschnitten, so dass sie nur 2 Zapfen bildet, die am Stunden- 
ring festsitzen und im Meridianbogen entsprechende Büchsen finden. 


367 


Auf dem obern Ende der Stundenaxe sitzt normal der Stundenkreis. 
Er kann auf dieser gedreht und durch den randrirten Kopf (zur Dreh- 
ung der Axe) in jeder Lage festgesetzt werden. Der Nonius zur Ab- 
lesung des Stundenkreises sitzt fest auf dem Stundenbogen und kann 
nicht verstellt werden, da der Kreis zum Verstellen ist. 

Diametral zum Stundenring und senkrecht zur Stundenaxe ist die 
Absehnslinie in dem Stundenringe angebracht. Sie wird gebildet durch 
eine runde Oeffnung in der innern Fläche des Stundenringes, durch 
welche die Sonnenstrahlen einfallen und auf einer diametral gegenüber- 
stehenden Platte im Stundenring das Sonnenbild zeigen. Die Oeffnung 
ist in einer conischen ausgedrehten Büchse angebracht, welche sich in 
den Stundenring einsetzt. Sie kann herausgenommen und dagegen eine 
andere ähnliche Büchse mit genau centrirter äusserst dünner Linse von 
der Brennweite des Abstandes der Kreuztafel ersetzt werden. Die Linse 
gibt ein 4 Sonnenscheine helles scharf begrenztes Bild. Beide Büchsen 
schieben sich im Stundenring noch etwas tiefer als die innere Fläche 
desselben, genau so viel tiefer, als die Platte mit dem Kreuze über die 
innere Ringfläche vorsteht. Beide Büchsen sind innen conisch ausgedreht 
und nach aussen erweitert, damit die Sonnenstrahlen auch beim höchsten 
und tiefsten Stand der Sonne direkt auf die Oeffnung treffen. 

Die Platte für das Sonnenbild trägt ein auf Neusilber gezogenes 
Doppelkreuz. Der Abstand der Linien ist nahe gleich dem Durchmesser 
des Sonnenbildes. Diese Platte ist befestigt an dem Declinations-Nonius, 
der sich auf dem Stundenringe verschieben lässt. 

Die einfallenden Sonnenstrahlen bilden mit dem inneren Durchmesser 
des Stundenringes Peripherial-Winkel. Die Theilung auf dem Ringe für 
die Declinationen der Sonne ist desshalb' in Peripherial-Winkeln also 
gleich der halben Zahl der Centralgrade aufgetragen. Der Nonius gibt 
unmittelbar Minuten der Peripherial-Winkel und lässt noch "/s Minute 
schätzen. Fig. 1 gibt 'die Durchschnittszeichnung des Chronoskops in 
wahrer Grösse in der Verticallage der Stundenaxe. Fig. 2 gibt die Ab- 
bildung in der Richtung senkrecht darauf. 

Dieses in obigem beschriebene Instrument würde nur sehr mangel- 
hafte Bestimmungen liefern, wenn wir nicht darauf ausgingen jetzt alle 
Fehlerquellen zu studiren und mechanisch zu berichtigen. Ihre numerische 

Abh. d. II.C1.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. il 


368 


Bestimmung ist hier nicht Aufgabe, weil das Resultat direkt und ohne 
Rechnung gefunden werden soll. Diese Berichtigung des Instrumentes 
braucht natürlich nicht bei jeder neuen Messung vorgenommen zu 
werden, sondern kann für lange Zeit gelten. 


8 6. 


Berichtigung des Instrumentes. 


Das berichtigte Instrument muss folgende Bedingungen erfüllen: 


1) 


5) 
6) 


DD) 


8)" 


muss die Verticalaxe senkrecht stehen, sowohl in der Ebene des 
Meridianbogens als senkrecht darauf, 2 
soll der Meridianbogen an seinem Nonius 90° zeigen, wenn die 
Stundenaxe senkrecht steht, 
muss der Meridianbogen oder besser die Stundenaxe in jeder 
Lage des Meridianbogens in einer Verticalebene liegen, 
soll die Absehnslinie oder die Gerade, welche die Mittelpunkte 
der Oeffnung für das einfallende Licht und des Doppelkreuzes 
der Bildtafel verbindet, senkrecht stehen, wenn die Stundenaxe 
horizontal liegt. 

Dabei soll 
der Declinationsnonius des Stundenringes Null zeigen in der 
Ebene des Meridianbogens und 
soll, wenn die Gesichtslinie in einer normal zum Stundenkreis 
gestellten Verticalebene liegt, der Nonius des Stundenkreises 0" 
zeigen, 5 
muss der Abstand der Lichtöffnung und der Abstand der Bild- 
platte, beide vom Mittelpunkt des Stundenringes gleich sein, 
darf sich das Bild der Sonne nicht verstellen, wenn der Conus 
mit der Lichtöffnung um seine Axe gedreht wird.) 


Die Ausführung dieser Berichtigung fordert 3 Libellen. Niveau 1 
sitzt fest an der Klemme des Meridianbogens und dreht mit diesem um 


1) Die Untersuchung der Excentrieitäten der Theilungen kann füglich unterlassen werden, 
da alle Kreise auf der Theilmaschine vor dem Theilen mit Fühlhebel genau centrirt 
wurden. 


369 


die Verticalaxe. Niveau 2 ist zum Aufsetzen auf den Stundenkreis in 
horizontaler Lage mit Füssen versehen. Niveau 3 steht normal zu einer 
Axe, die in Spitze endigt und sich (nach herausgenommenem Lichteonus) 
durch dessen conische Oeffnung einschieben lässt. Dabei kömmt die Spitze 
der Axe in den Mittelpunkt des Doppelkreuzes der Bildtafel. Das Niveau 3 
zeigt, ob die Gesichtslinie senkrecht steht. 

Wir wollen jetzt diese Berichtigungen am Instrumente selbst vor- 
nehmen. 


Berichtigung. 

Untersuche, ob die 3 Fussschrauben ohne todten Spielraum gleich 
streng gehen, wo nicht, bewirke es. 

Prüfe, ob die Verticalaxe oben und unten in ihrer Büchse anliegt, 
durch Wanken. Zeigt sich das kleinste Wanken, so ermittle, ob der 
Drehpunkt oben, unten oder in der Mitte liegt. Dieser Fehler muss 
durch Einschleifen entfernt werden. Schabe dazu etwas feinen Schleif- 
stein ab, menge ihn mit Oel. Bringe eine kleine Quantität davon an 
die Stelle der herausgenommenen Axe, die den Drehpunkt bildet. Führe 
die Axe so in die Büchse, dass die bestrichene Stelle zuletzt berührt. 
Nach 10—15 Windungen hin und her reinige Büchse und Zapfen sorg- 
fältig und versuche, ob das Wanken einen andern Drehpunkt gewonnen 
u. s. f. bis keine Spur von Wanken mehr zu finden ist. Jetzt muss 
die Axe auch ganz ohne Oel oder Schmiere leicht und sanft sich drehen. 
Spanne die untere Feder so weit, dass das Azimut sich nicht verstellt, 
wenn die Stundenaxe gedreht wird. Diess und ein sanfter Gang der 
Axen sind wesentliche Bedingungen des richtigen Einstellens. 

Untersuche jetzt, ob die Klemme und die Verticalaxe durch die 
untere Zug- und -Druckschrauben fest mit einander verbunden sind, wo 
‚nicht, so spanne mit diesen Schrauben. 

Prüfe nun, ob der Meridanbogen in den beiden Eadbunkten der 
Klemme anliegt. Von. oben in die etwas gelüftete Klemme gedrückt, 
darf er durchaus nicht in der Ebene seines Bogens wanken. Die 
2 Schlussschrauben der Klemme werden zum Einstellen des Bogens erst 
leise angezogen, so dass der Bogen sich noch mit der linken Hand ver- 
schieben lässt, während die rechte Hand die Loupe hält, die den Nonius 

47* 


370 


zeigt. Halte die Loupe so, dass nicht nur das Bild der Theilung mög- 
lichst scharf ist, sondern dass die Theilstriche von Kreis und Nonius 
keinen Winkel mit einander bilden. Um die Theilung gut zu beleuchten, 
lege weisses Papier unter das Instrument auf den Tisch. Erst jetzt 
ziehe die Schrauben der Klemme fest an und sehe, ob die Noniusangabe 
sich dabei nicht geändert hat. 


) 


2) 


Nivellire jetzt die Verticalaxe mittels der Fussschrauben. Be- 
richtige dabei das Niveau 1 möglichst gut, so dass es in beiden 
Lagen dieselbe Abweichung (links oder rechts) zeigt. Die Axe 
muss senkrecht stehen in der Verticalebene parallel zu 2 Fuss- 
schrauben und senkrecht darauf. 

Bringe die Stundenaxe durch Schieben des Meridianbogens in 
seiner Klemme nahe in senkrechte Lage, Stelle Meridianbogen 
und Stundenring in Eine Ebene beide mit Theilung nach vorne. 
Setze das Niveau 2 in der Ebene des Meridianbogens auf den 
Stundenkreis und stelle das Niveau ein durch Verschieben des 
Meridianbogens. Schliesse nun die Klemme fest und setze bloss 
das Niveau um. Wenn es berichtigt, berichtige auch die Stunden- 
kreisebene durch Verschieben des Meridianbogens in der Klemme. 
Jetzt drehe Stundenkreis und Axe um 12 Stunden. Was das 
Niveau 2 anders steht, ist die doppelte Abweichung des Stunden- 
kreises von der normalen Lage zur Axe in der g-Bogenebene. 
Bemerke die Stunde, auf welche die höchste Lage trifft (0" oder 
12"). Verbessere nur die Hälfte der Abweichung des Niveau 2 durch 
Verschieben des Meridianbogens in seiner Klemme und ziehe diese 
fest an. Jetzt steht die Stundenaxe senkrecht in der Ebene des 
Meridianbogens. Bemerke die Angabe des Niveau 2 für diese 
Lage. Sie sei 0"4 gegen den 0" Punkt des Stundenkreises. 
Bringe den Stundenkreis wieder in die Lage 0 Uhr. Der Nonius 
des Meridianbogens (= Y-Bogen) soll jetzt 90° zeigen. 

Drehe Stundenkreis mit Niveau 2 um 90°, so dass der Stunden- 
kreisnonius 6" zeigt. Jetzt verstelle mit den untern Zug- und 
Druckschrauben die Ebene des Meridianbogens in der Richtung 
des Niveau 2 bis dieses wieder 0''4 gegen den Nullpunkt des 
Kreises steht. Hat die Aufstellung der Verticalaxe und das 


4) 


371 


Niveau 2 mittlerweile nicht geändert, so steht nun der Meridian- 
bogen in einem Vertical oder besser dieselbe Verticalebene geht 
durch beide Pole der Stundenaxe in der Ebene des Meridian- 
bogens. 

Von dieser Correction hängt der Nullpunkt des Stundenkreises 
ab, wie später zu sehen. Die Zug- und Druckschrauben müssen 
stark angezogen werden, damit später nichts ändere. 

Suche jetzt auch den Meridianbogen in dieser Ebene zu biegen, 

durch einen leisen Druck mit dem Finger; das Niveau wird dem 
Druck sogleich folgen. Es muss aber bei Entfernung des Druckes 
in die frühere Lage zurückkehren. Wo nicht, so schliesst die 
Klemme ungenügend. Hilft auch ein stärkeres Anziehen ihrer 
Schrauben nicht, so müssen feine Papierstreifen in die Klemme, 
da wo es fehlt, eingekittet werden, wenn man nicht vorzieht, 
durch Schleifen mit Stein zu helfen. 
Bringe nun durch Verschieben in der Klemme die Stundenaxe 
in nahe horizontale Lage, Y-Bogen und Stundenring, (Theilung 
nach vorne), in eine Ebene, stelle den Jd-Nonius auf Null und 
setze, nach herausgenommenen Conus der Lichtöffnung, das Ni- 
veau 3, seine Axe durch die Conusöffnung einschiebend, mit der 
Spitze der Axe in die centrisch im Doppelkreuz der Bildtafel 
angebrachte Oefinung ein. Bewirke jetzt durch Verschieben des 
Ö-Nonius und durch Drehen des Stundenkreises, dass das 
Niveau 3 einsteht in der Ebene des Stundenringes und des Stun- 
denkreises, wobei zugleich Niveau 3 berichtigt wird. 

d-Nonius soll jetzt 0 zeigen, wo nicht, so wird die Kreuztafel 
gegen J-Nonius verstellt, bis dies erlangt ist. Gleichzeitig soll 
auch der Stundenkreis 0 zeigen, wenn (wie vorausgesetzt) das 
Niveau in der Stundenkreisebene einsteht. Was fehlt, wird am 
Stundenkreis gedreht. Wenn Niveau und Stundennonius (auf 0) 
einstehen, wird der Kreis mit der Schraube fest gesetzt und das 
Instrument ist berichtigt bis auf die Gesichtslinie. 

Hat man die Nonien nicht auf ihre Nullpunkte gebracht, son- 
dern nur die Angaben notirt, die sie statt Null geben, so sind diese 
Angaben mit ihrem Zeichen zu addiren zu der richtigen Zahl, 


372 


die man einstellen will, dagegen von der Ablesung abzuziehen 
(mit Rücksicht auf Zeichen), wenn man aus der Ablesung die 
richtige Zahl finden will. 


Berichtigung der Declinationsgrade. 


Da die Declinationstheilung in Peripherialgraden aufgetragen, ist 
sie nur richtig, wenn die Oeffnung für das einfallende Licht genau in’s 
Centrum der Theilung trifft. Man kann diesen Satz auch so ausdrücken: 
Die Peripherialgrade sind richtig, wenn die Lichtöffnung und die Tafel 
für das Bild der Sonne gleichen Abstand vom Centrum des Stunden- 
ringes haben. ’ 

Es ergibt sich daraus gleich eine mechanische Prüfung. Denn sind 
die beiden Abstände gleich, so müssen auch ihre Chorden, gemessen an 
der innern Cylinderfläche des Stundenringes, gleich sein. Durch eine 
Lehre von Messingblech kann- man diess sehr leicht und genau unter- 
suchen. 

Indessen ist es auch leicht den Werth der Declinationsgrade aus 
Beobachtungen zu bestimmen. Misst man nämlich einen Höhenwinkel 
nur mit dem Meridianbogen, wobei der Declinationsnonius auf Null 
gestellt ist, dann aber indem der Declinationsnonius auf eine grössere 
Declination — etwa 20° gestellt wird, so kann der Unterschied der 
beiden Messungen nur daher kommen, dass 20° davon durch die Decli- 
nationstheilung gemessen sind. 

Da man aber das Chronoskop nur auf die Sonne einstellen kann, 
und diese zwischen den Beobachtungen ihre Höhe ändert, muss man in 
gleichen Zwischenzeiten die Messungen vornehmen und zwar abwechselnd 
in ungerader Zahl, damit das Mittel der Zeiten z. B. der 1. und 3. Be- 
obachtung mittels des p-Bogens zusammenfällt mit der Zeit der 2. 
Beobachtung bei verstelltem Declinationsnonius. 

In solcher Weise wurden nachstehende Beobachtungen gemacht. 


München 1868. Febr. 16. 


Der Nullpunkt des Declinations-Nonius ist 


= +6. 


313 


Der Declinations-Nonius wird um 10° verstellt. 


Pendeluhr g-Bog. 


0) 


p g— D) 


DI LINLZDNHIIDAL 509 ,6° 


46 29 58 
50 45 68 
55.0 55 
59 17 W6T7 


57 
32 


+ 


+ 


985 


0 
95 
0 


4 680 58° 680 57° 


6 68 32 Herald 
4 benz #08 916.0 
6 


680318 68031:5 


Die d-Grade sind also auf eine nicht zu verbürgende Grösse 0'3 


grösser als die p-Grade. D. h. die 
Ablesungen müssen um den ent- 
sprechenden Theil vergrössert, 
die Einstellungen eben so viel ver- 
kleinert werden. 

Wenn der Unterschied beträcht- 
lich wäre, dürfte die Differenz nicht 
dem Winkel proportional gesetzt 
werden. Der strenge Werth für 
jedes d ergibt sich, wie folgt: 

Sei AB=2r der innere Durch- 
messer des J-Ringes. 


A die Dicke, um welche die Tafel näher als die Oeffnung beim 
Centrum ist, so hat man, wenn d die Declination der © bezeichnet 


(6) r Sin d = Sin (d + 240) (r — 4) oder 


(6°) 


Ale 


r Sin d 


Sin (0 + 240). 


Da Ö und dd aus den Messungen bekannt und r = 17“ ist, so 
findet sich hiernach A und damit dd für jeden Werth von d. 


Sr 


Beispiele der Anwendung des Chronoskop’s. 


Zeitbestimmung. 


Die Einstellung des Instrumentes fordert die Kenntniss von 2 Zahlen- 


374 


werthen. Der erste dient zur Finstellung der Polhöhe und fordert die 
Kenntniss der Correction des g-Nonius. Der 2. wird erfordert zur Ein- 
stellung der Delination der Sonne. Zur Declination, wie sie im astron. 
Jahrbuche für den wahren Mittag in Berlin angegeben, kömmt die Aen- 
derung bis zur Zeit der Beobachtung, dann die Refraktion und die Correction 
des Nullpunktes des Declinationskreises. Wir wollen jede dieser beiden 
Zahlen durch eine Gleichung geben, damit kein Zweifel über ihre Bildung 
bleibt. 
Sei 
E” die Einstellung des Meridianbogen 
p die Polhöhe des Beobachtungsortes 
dp die Correction des Nullpunktes des „-Bogens d. h. die Zahl 
A” — 90°, die man am g-Bogen abgelesen hat, als die Stun- 
denaxe senkrecht stand und der Nonius hätte 90° zeigen sollen. 
Es ist also dp 4? 900 
B-— g-.dop \ 
= g+ 4900] (7) 


E? sei die Einstellung des Declinationsnonius. 

0 sei die Declination der © im Berliner wahren Mittag. 

dd die stündliche Aenderung der Declination. 

i die Stundenzahl wahrer Zeit bis zum wahren Mittag der 
Beobachtung. 

‘ die Meridiandifferenz von Berlin in Zeitstunden für westliche 
Orte positiv. 

R die aus Tafel 3 nach £ und d interpolirte Refraction. 

4° die Ablesung des d-Nonius, wenn bei Berichtigung Niveau 3 
einsteht. Dann ist 


on so (8) 


Zur Ermittellung der mittleren Zeit MZ aus der Ablesung des 
Stundenkreises A” hat man 


MI -Atı EItdGıidg — At ds (9) 


Hier ist: 
A die Ablesung des Stundenkreises. 
G die Zeitgleichung im Berliner-Mittag. 
#' wie oben die Meridiandifferenz von Berlin in Stunden. 
d@G die stündliche Aenderung der Zeitgleichung. 
t in Stunden der Abstand vom wahren Mittag. 
4°" die Angabe des Stundenkreisnonius statt 0 bei Berichtigung. 


ds die Correction des Stundenwinkels aus Tafel 4. 


Man kann sich die Gleichungen (8) und (9) vorher schematisch an- 
setzen und die Werthe für die ganzen Stunden vor und nach der beab- 
sichtigten Zeitbestimmung berechnen. 

So wird für die Zeitbestimmung vom 2. März 1868 Morgens zwischen 
SundY., 


Für d 


März 2 


dd + 0.07 Le 
In 59.20 = 392,87 


Für mittlere Zeit 


G ae v | t | td@G | —A®*| ds |\MZ-A” 


+12 15.77 |-0.50| 0.08 i h Ale 
tdG + 0.04 414 2.0|+ 19.06.6112 30.21 
13, 15.81 — 3 |+ 1.5|+ 19.0 |— 5.0112 31.31 


A“ ergibt sich im Mittel aus den Beobachtungen. 
' Diese setzen voraus, dass das Instrument berichtigt sei; die Be- 
richtigung ergab: | 
Abh.d. II.C1.d.k. Ak.d. Wiss.X. Bd. II. Abth. 48 


376 


AP = 90 0.0 also dp=0, 


4° = 0.0.0 
A a 
BR 48 8.5 
‘Man stellt also den gY-Bogen auf 48° 8/5. Die Declination nach 
dem Schema — 6° 59.5. Dann erst stellt man das Chronoskop im 


Sonnenscheine bei fester Unterlage auf und nivellirt die Verticalaxe. Jetzt 
bringt man den Y-Bogen ohngefähr in die Richtung des Meridians und 
dreht Stundenkreis und Ring, letztern bis in seine Schattenebene. Das 
Bild der Sonne wird als helles Scheibchen von 0.3 Durchmesser sichtbar 
auf der innern Cylinderfläche des Stundenringes. Es steht aber das 
Sonnenbild höher oder tiefer als das Kreuz der Bildtafel. Indem man 
jetzt das Instrument um die Verticalaxe dreht und dabei den Stunden- 
ring in seiner Schattenebene erhält, sieht man das Sonnenbild im Ringe 
steigen oder sinken. Man dreht also im Azimut bis das Sonnenbild 
zwischen den Doppelfäden, die quer durch den Ring gehen, einsteht. 
Erst jetzt dreht man nur um die Stundenaxe bis das Bild auch zwischen 
den Längenstrichen steht. 

Am sichersten stellt man ein durch Benutzung der für die Niveau- 
Spitze gebohrten runden Oeffnung im Mittel der Kreuzfäden. Diese 
Oeffnung bildet einen schwarzen Kreis, über den das Sonnenbild nur 
mit schmalem Ringe hervorsieht. Ist dieser Lichtring ringsum gleich 
hell, (was man sicherer sieht als seine Breite,) so ist eingestellt. Um 
in der Höhe recht sicher einzustellen, dreht man wenig nur um die 
Stundenaxe. Dadurch entsteht ein mondförmiger Lichtbogen auf einer 
Seite der schwarzen Scheibe und wenn die beiden Hörner dieses Mondes 
parallel zum Stundenring übereinander stehen, dann ist die Höhenein- 
stellung möglichst gut. Durch Benutzung einer Loupe gewinnt man 
nicht an Genauigkeit, weil der Rand des Sonnenbildes für die Vergrösserung 
nicht scharf genug ist. 

Noch ist zu bemerken, dass der Nonius des Stundenkreises um 
10 zu lang ist. Da er 5 Zeitminuten umfasst, so ist von allen Angaben 
über 5, 10, 15‘ etc. per Minute 2 Sekunden abzuziehen, was bei den 
folgenden Beobachtungen schon angebracht ist. 


© 


Beobachtungen. 


Pendeluhr Chronoskop Abweich. 
An vom Mittel 
2 Dh Bere. r 
68 320431 I0RFST O0 25 
2221 9 30 5 
35 44 SEN. 12 
28 24 40 8 
40 14 26 56 24 
42 39 29 30 13 
44 30 SU Et 18 
46 18 83.93 ]l 
41 48 34 55 3 
8 50 18 20751.20 1 
MittelS 38 47,1) 20 25 51 Jul 


MZ-A“ — 0:12 30.7 
a ei) 
IM 383 2 

Pendeluhr = 20 38 47.1 

Pendeluhr — 25.4 = MZ 


2 
> 1868 202 38% 
bürgerlich Datum 


Mittlerer Fehler jeder Beobachtung + 11 
der Zeitbestimmung + 4. 


” ” 


Aus obigen Beobachtungen sehen wir, dass der zufällige Be- 
obachtungsfehler kleiner ist, als man erwartet hatte. Wir wissen aber 
nicht, ob nicht constante Fehler in den Angaben liegen, die das Re- 
sultat viel unsicherer machen als nach der Uebereinstimmung zu ver- 
muthen. 

Um darüber eine Controle zu erlangen, haben wir nur eine genaue 
unabhängige Zeitbestimmung nöthig. 

Wir wählen Höhen der Sonne, die sich ebenfalls am Chronoskop 


messen lassen und werden aus diesen den Uhrstand ableiten. 
48* 


Höhenmessung. 

Die Beobachtungen sind in folgender Weise angestellt. Der Decli- 
nationsnonius ist auf Ö — 0 gestellt. Dann wird der Meridianbogen in 
der Klemme verschoben bis das Sonnenbild auf der Bildtafel den gleich- 
hellen Lichtring, bildet. Für diesen Moment ist die Uhr notirt. Der 
Stundenkreis zeigt 0" d. h. beide Ringe liegen in derselben Verticalebene. 
Die Verticalaxe wird genau senkrecht erhalten. 

In dieser Weise wurden gleich nach den Chronoskopbeobachtungen 
der Zeitbestimmung folgende Zenitdistanzen beobachtet, die das Instru- 
ment, in dieser Art benutzt, direkt gibt: 


P.-Uhr Z 

2 0. = 

1868 2; 208 DT Wale HgTAG 

2107 69723 

2. 20 De 

3 al 638.57 

5 45 68 40 
2175 17306. ZERIR 
Referer.) u 25 

d=6I 13a e 180 55er 


Nach Formel (1) $ 3 ergibt sich, wenn man den von Refraktion 
befreiten Werth z° statt z einsetzt 


s = —3% 10454 
die wahre Zeit also = 20 49 15 
Zeitgleichung ....... a 2 
za 17320 Z Mitte Zei: 
Uhrzeit war... DRM Gore 


Pre  Znehen d. 1868 91203 


Die Chronoskopbeobacht- 
ungen gaben Pendeluhr .. — 25.4 = MZ. „ 


Die Uebereinstimmung ist sonach grösser, als man nach dem mitt- 
leren Fehler erwarten konnte und zeigt, dass man in der Berichtigung 
des Instrumentes kleinere Fehler begeht, als wir angenommen hatten 


841) 


[Sb] 
SI 
o 


Polhöhenbestimmunse. 
Wenn man die Höhe der Sonne in ihrem Culminationspunkte!) beob- 
achtet, so gibt das Chronoskop direkt 
2=9—|. 


Wird der beobachteten scheinbaren Zenitdistanz die entsprechende 
mittlere Refraktion zugelegt und ist 


!+0=Yy (10) 


Man findet also die Polhöhe des Beobachtungsortes aus der beob- 
achteten Zenitdistanz und der Declination der Sonne. 

Eine solche Messung wurde am 10. März 1868 um 12% 7‘—13’ 
mittl. Zeit München angestellt, sie gibt 


Z 

or 7529 1,0 

10 a) 

13 5282.0.5 

BEE 7.752 20:5 

Rede. re 1.2 

Ds =52 17 

dr ee =—3 53.1 
Gear 48 8.6, sollte sein 48° 8:5. 


Sollte man ohne im Besitz eines Jahrbuches zu sein, die Zeit be- 
stimmen, so findet man unter der Voraussetzung, dass die Polhöhe aus 
der Charte auf 1 Minute oder genauer bekannt wird, aus Gleichung (10) 
durch eine Beobachtnng die Declination der Sonne und aus der bei- 
gefügten Tafel 6. die dem Datum entsprechende stündliche Aenderung 
der Declination. In derselben Tafel ist auch die Zeitgleichung auf 


1) Geht die Sonne gegen den Nordpol, so tritt die Culmination nach, geht sie gegen den 
Südpol, so tritt sie vor dem Durchgang durch den Meridian ein. Diese Höhenänderung 
ist verschwindend für die Genauigkeit des Chronoskop’s. 


380 


zehntel Minuten enthalten. Genauer kann sie aus vielen Kalendern 
entnommen werden, die sie jährlich aus dem astron. Jahrbuche ab- 
drucken. In solcher Weise kann man auch ohne Jahrbuch Zeitbe- 
stimmungen ausführen. 

Sehr einfach wird die ganze Operation, wenn man auf Polhöhe und 
Declination, letztere wie sie im -Kopfe für die Zeit der Beobachtung 
interpolirt werden kann, einstellt; doch muss immer das Instrument 
vorher gut berichtigt sein. Man legt dann nach der Ablesung am 
Chronoskop die Zeitgleichung ebenfalls im Kopfe für die Zeit der 
Beobachtung interpolirt bei und findet so die Zeit auf c* 20“ sicher, 
was zu bürgerlichen Zwecken in der Regel genügt. Will man grössere 
Genauigkeit, so muss man aus wiederholten Beobachtungen das Mittel 
nehmen. 


Beilage. 
Verbesserung in der Construction des Chronoskop’s. 


RUN TR 


Zu $5. Construction. 


Die obige Construction ist hervorgegangen aus der Absicht, den 
Apparat möglichst einfach zu halten. Dass damit Uebelstände verbunden 
sind, die sich in geringerer Genauigkeit des Resultates fühlbar machen, 
wird Jeder sehen, der den Bau astronomischer Instrumente genauer 
studirt hat. 

Der schwächste Theil der Construction ist die Absehnslinie. Sie 
gibt ein so kleines Sonnenbild (nur 0.3 Durchmesser), dass Einstellungs- 
fehler von /ao Durchmesser = 6‘ Zeit unvermeidlich sind. Diese Un- 
sicheit trifft allerdings nur den zufälligen Beobachtungsfehler d. h. sie 
kann durch Wiederholungen der Einstellungen beliebig verkleinert 
werden. Aber es wären 36 Beobachtungen nöthig, um 1” sicher zu 
bekommen und das nur unter der Voraussetzung, dass die constanten 
Fehler = 0 sind. Obige Voraussetzung ist aber nicht begründet, weil 
jedes Instrument nur bis zu der in der Berichtigung bleibenden Un- 
sicherheit genau ist, also immer noch Fehler begeht. Hier aber ist 
nicht darauf angetragen, diese Fehler zu eliminiren, weil nur in Einer 
Lage der Absehlinie beobachtet werden kann. 

Sollte also das Instrument unabhängig werden von den Nullpunkts- 
bestimmungen, so müssten Einstellungen auf beiden Seiten jedes Null- 
punktes möglich gemacht sein. Die Gesichtslinie müsste überdiess ein 
scharf begrenztes und viel grösseres Bild der Sonne geben. 


382 


Diese Betrachtungen weisen wieder darauf hin, dass ein richtig 
gebautes Chronoskop ein Aequatoreal werden muss, was noch eine dritte 
Axendrehung um die Verticalaxe hat. 

Es lassen sich also auch hier wie in der Instrumentalastronomie 
die 2 Absichten nicht vereinigen, nämlich möglichst einfache Con- 
struction und möglichst grosse Genauigkeit. Man muss die letzte opfern, 
wenn man die erste will und umgekehrt. Indessen führt auch hier ein 
Mittelweg direkt zum Ziel und ich will desshalb die Aenderung der 
ersten Construction angeben, welche die Unsicherheit der Bestimmung 
in die Grenzen der Sicherheit der Ablesungen der Kreise zurückführt. 

Fig. 3 und 4, Tafel 2. zeigt die Construction der verbesserten 
Gesichtslinie. 

In dem Stundenring dreht eine Alhidade mit diametral gegenüber- 
stehenden Nonien. Auf dieser Alhidade sitzt ein ganz kleines Fernrohr 
von nur 2 Oeffnung und 12° Brennweite. Das Sonnenbild im Brenn- 
punkt wird etwa 10mal vergrössert durch ein Kugelokular. 

In möglichst grossem Abstand hinter dem Okular und in der Ver- 
längerung des Axenstrahls des Fernrohres sitzt eine Bildtafell. Das 
Okular wird soviel herausgezogen, dass auf dieser zum Axenstrahl nor- 
malen Ebene ein scharfes Bild der Sonne entsteht. Wenn dieses Bild 
der Sonne 2° im Durchmesser hat, so ist es nahezu so hell als direkter 
Sonnenschein und gestattet folglich eine genaue Beobachtung der Ränder 
gegen die Linien auf der Bildfläche, die statt der Fäden des Fern- 
rohres funktioniren. Dieses Fernrohr kann auf beiden Seiten des 
Stundenringes nach der Sonne gerichtet werden und die Berichtigung 
der Gesichtslinie benöthigt hier kein Niveau. Es entfällt daher Niveau 2, 
indem man, das Instrument als Verticalkreis und als Horizontalkreis 
durch Einvisiren eines festen Punktes berichtigt, und doppelte Zenit- 
distanzen bestimmt. 

Zugleich ist die Sicherheit der einzelnen Einstellung 6mal grösser 
also auf c* 1” sicher. Noch weiter darin zu gehen, wäre illusorisch, 
da die Kreise nur auf Ya Minute eingestellt werden können. 

Es ist also damit das Chronoskop wesentlich genauer und gestattet 
auch auf andere Objecte z. B. Fixsterne einzustellen, weil ein kleiner 
Spiegel unter 45° gegen die Absehnslinie direkt hinter das Okular 


383 


gestellt, es ermöglicht, in das Okular zu sehen. Genauigkeit und Manig- 
faltigkeit der Anwendung haben also damit wesentlich gewonnen. 
Aber man benöthigt 2 Einstellungen statt einer. Es hat also die 
Einfachheit des Instrumentes und seiner Anwendung damit verloren. 

Wollte man nun auch mit der Theilung der Kreise eine Ordnung 
weiter gehen, die Nonien von 10° zu 10° richten, so dürfte die Alhidade 
des Declinationskreises nicht mehr im Stundenringe schleifend drehen, 
weil dabei Fehler dieser Ordnung sprungweise vorkommen können. 
‘Man müsste dann d-Kreis und Alhidade ausserhalb des Ringes so an- 
bringen, dass dessen Axe einen Diameter des Ringes bildete. Dann 
wäre aber auch nöthig, alle 3 Kreise mit Mikrometer - Klemmen zum 
Festsetzen und Einstellen zu versehen. Dann käme das Instrument 
auf ein Aequatoreal hinaus, als Stativ auf den Meridanbogen gestellt, 
zur Aenderung der Polhöhe und versehen mit einer 3'* Axenbewegung 
um die Verticalaxe. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 49 


384 


T af elın3) 
Zenitdistanzen der Sonne, 


wenn gegeben ist g, Ö, t. 


En nn mn nn 


| DU HANS: 
d p 
0% 1% Di zh 4R | by | t 
—20| 110 68 8169 28,73 1579 986 39) — — 
— 10| 100 58 8 159 41 63 55 |70 29|78 31|86 52 
0 90 48 8 149 54 |54 41 |61 54 170 3180 4 
+ 10 80 38.8 140.12; 45 43 153254146244.) 72 36 
+ 20 70 28.8. 130 A837 41455155 vo 29 
Ta, faal, 4; 


Für die Correction ds, 


wenn das Chronoskop auf d’=d+R eingestellt wird. 
= 489 8, 


Werth von ds. 


I 92 zn | 4: | HR 
+20... 0.70. 81.704977. DAB 1 FD 
-+.10-1.0.87: 01:92. | 3.112.489 8199 2.10 
0:].4:02°/2020| H383° |, 7.97.1139 0 
= 10.01.30 |-2,96 17548 10.20 36.59] 270 
—29|1896 Aa ae eo 


ds wird immer dem Stundenwinkel zugelegt. 


[S%) 
(6.0) 
or 


186.7211.293.1128"162.0%.0.80. 126-448 SD.I321090. 20 |+. 0.00 


0} 
[9] 


86 


Tafr&! 6: 


Die Zeitgleichung von 4 zu 4 Tagen und die Aenderung der Declination der 
Sonne für 1 Stunde. 


| März | MZ— wz| & 

1.36% 000 alte au 70 olarAuft 12. >| 0.95 
1.8 0.07 0.4 .06 0.02 

5 a ee) men ee 6 0.97 
1.8 0.08 0.2 0.04 0.00 

9 7.2 20035 9| 144 | 0.80 $ 10. s 0.97 
1.6 0.07 0.1 0.05 0.01 

13 8 | 0.42 |ı3| 125 | 085 [13 9.5 | 0.98 
1.4 0.07 0.08 0.00 

170 10:0 0429, la . 0.88. | 17 8.4 | 0.98 
0.06 0.02 D 0.00 

»3ı| ı14 | 055 |a21] i8.9 | 0.90. | 21 7.2 \.0.98 
1.1 0.05 0.5 0.02 2 0.00 

25| 12.5 |.0.60 |25| 13.4 | 0.92 | 25 6.0 | 0.98 
0.8 0.07 0.07 a 0.01 

| 13.3 99 |+ 19.7 | 0.95 | 29 4.7 120.97 
.05 0.01 

585 0. 

ug "Te Wo d6 
April |IMZ— WZ a Mai | MZ—-WZ N Juni | MZ— WZ 

DH 8 0.96 15::-33:.11.02.0.75 ac | 504 | |vD.38 
0.01 0.4 0.04 0.06 

5 2.6 | 0.95 5 3.3 &r.0.71 5 1.8 -|10.27 
1.1 0.04 0.3 0.05 0.07 

9 1.5 | oo1 9 3.8 1.0.66 9 1.0 | 0.20 
1.1 0.01 0.1 0.05 0.07 

13.) #0.2° | opo 35 4. ee ie 
1.0 0.01 0.1 0.06 0.07 

17 | 20.6 0.80 19% 3:8. 1.0.55. 1 1er Leiois. | 0.06 
0.9 0.04 0.2 0.05 H 0.05 

91 14 \ 085 1 3:6 1.0.50 1 31 15 | 0.0 
0.8 0.04 0.3 0.06 N 0.06 

95 92 | 0:81.25 33 1.044 195 5.4. || 0.0 
0,6 0.04 0.5 0.06 R 0.07 

29 2.8. Ta 20 9.3 | 0.38 |29 32, 1004 
0.4 0.03 0.5 0.06 0.05 

ss. —-32 | Da Ts ones | Fee 


Tafel 6 (Fortsetzung). 


387 


Juli Imz_wz| % [Aue |222- wz . ISon: uz- Wwz 
ee 00.6 03. 20 
0,7 0.07 0.3 0.05 1.2 0.02 
5 1:34 3.0.94 5 5.7. | 0.68 5 1.5 20.03 
0.6 0.06 0.5 0.05 1.4 0.02 
9 41.9 || 0.30 9 2 10% 9 2.9 | 0.95 
0.5 0.07 0.6 0.04 1.4 0,01 
13 SA, 170.37 13 2.6 WORT 13 43, 130.96 
0.5 0.06 0.8 0.04 1-4 0.01 
17 59 04 17 33 0081 17 5.7 | 09 
0.2 0.06 0.9 0.04 1.4 0,01 
91 6.1.2100.49 91 2.9 | 0.85 91 7.2 | 0.98 
0.1 0.05 1.1 0.03 1.4 0.00 
95 5900.54 25 13% 10.38 95 8.5 | 0.98 
0.0 0.05 1.1 0.04 18; 0.01 
29 6.2 | 0.59 290, 7.0.7 00.89 99 98... 0,97 
0.2 0.06 1.3 0.02 1.3 0.00 
32. 516.0%.1..0.65 or oo Se 0.97 
Okt. az wz\ en Nov. | MZ-WZ - | de MZ— wz ” 
Br 08 0807 ne eos) 106 088 
12 0.01 0.0 0.04 1.6 0.07 
BE 1.7 096 5 16:30 1.0.76 5 90) | 080 
1.1 0.01 0.3 0.05 1.8 0.08 
9 12.8” | 0.95 9 an el 9 72 0008 
1.0 0.02 0.5 0.05 1.8 0.07 
13 13.3.0, 0%3 13 15.5 70:66. [713 5.4 | 0.16 
0.9 0.02 0.7 0.06 £ 2.0 0.08 
UT a7 091 47 188 #060. 17 3.4 | 0.08 
0.7 0.02 1.0 0.06 2.0 0.07 
91 15.4 089° 131 13a oBeor =. 1.4 220.01 
0.5 0.03 1.1 0.06 1.9 0.07 
95 159 | 086 13 oz 0A 95 | 20.50.08 
0.3 0,03 1.4 0.07 2.0 0.08) 
Dis |0.83. 1:29 a 0a 29 9 5. 
0.1 0.04 1.5 0.07 0.9 0.08 
23. ee ae ee 


Für grössere Zeiten nehmen die Zahlen der Declinationen ab bis zum 20. März. Sie nehmen 


zu bis 21. Juni, wieder ab bis zum 22. September. 


49** 


Nehmen zu bis 21. Dezember. 


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Die 


Grosshirnwindungen des Menschen 


mit Berücksichtigung ihrer Entwicklung bei dem Fötus 
und ihrer Anordnung bei den Affen. 


Neu untersucht und beschrieben 


von 


Dr. Th. L. W. Bischoff, 


Professor der Anatomie und Physiologie und ordentlichem Mitgliede der k. Akademie der 
Wissenschaft in München. 


Mit sieben Tafeln. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss.X.Bd II. Abth. 49** 


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INT RPEN us Nloniyasna a 


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Part” ih ER es x De ‘ Ai BAR EO: ve sirag 
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Inhalt. 


Historische Einleitung 

Von der Eintheilung der Grosshirnhemisphären in Lappen . 
Von der Anordnung der Grosshirnwindungen beim Menschen 
Entwicklungsgeschichte der Grosshirnwindungen beim Menschen 
Von der Anordnung der Grosshirnwindungen bei den Affen 


Beschreibung der Tafeln 


le 


in % ton 


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mins ab ig naeh km ” an m 


Historische Einleitung. 


Obgleich man gewiss nicht sagen kann, dass die Anatomen zu irgend 
einer Zeit das Studium des Gehirns vernachlässigt haben, sondern die- 
selben immer bemüht waren, den wunderbaren Bau und die Zusammen- 
setzung desselben genauer kennen zu lernen, so muss man doch zugeben, 
dass dieses Studium in den neuesten Zeiten auf Veranlassung der lebhaft 
“aufgenommenen anthropologischen und ethnologischen Forschungen einen 
neuen Aufschwung genommen hat. Neben der Ermittlung der Grössen- 
und Gewichtsverhältnisse hat man sich vorzüglich bemüht, die Ober- 
fläche des grossen Gehirns des Menschen genauer topographisch zu 
erforschen, und in das scheinbar regellose Gewirre der diese Oberfläche 
bedeckenden Spalten und Falten eine genauere Einsicht und einen 
leitenden Faden zu finden. Die Ueberzeugung, dass diese gefaltete 
und mit grauer Ganglien-Substanz bedeckte Oberfläche vorzugsweise das 
materielle Substrat der sogenannten Geistesthätigkeiten sei, hat sich 
immer mehr und mehr befestigt, und bei der Verschiedenheit, in welcher 
wir diese Geistesthätigkeiten bei Menschen und Thieren und den ver- 
schiedenen Menschen wirksam sehen, muss das Streben unterstützt 
werden, die materiellen Substrate dieser Verschiedenheiten genauer zu 
erforschen. An Versuchen den ariadneschen Faden durch dieses Laby- 
rinth von Windungen zu finden, hat es nicht gefehlt, allein man muss 
gestehen, dass es bis jetzt noch nicht gelungen ist, in diesem Gewirre 
überall einen einfacheren Plan zu erblicken. 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss.X.Bd II.Abth. 50 


392 


Sömmering betrachtet in seiner Nervenlehre p. 27 mit Th. Bartho- 
linus die Bildung der Sulci und Gyri nur als ein Mittel des tieferen 
Eindringens der Gefässhaut in das Hirn, und widmet ihnen weiter 
keine Beachtung, als dass er sagt, sie könnten auf den ersten Blick 
unregelmässig erscheinen, seien sich aber doch in verschiedenen Köpfen 
im Ganzen genommen immer sehr ähnlich oder analog. In einem relativ 
zu seinen Nerven, aber auch auch in einem absolut grösseren Gehirne, 
treffe man etwas mehr Windungen als in einem kleineren. 

Burdach hat sich in seinem grossen Werke über Bau und Leben 
des Gehirns mit den Windungen, seinen sogenannten Randwülsten, als 
solchen und mit ihrer Anordnung nur wenig beschäftigt; ihm war es 
mehr um die Faserung der Marksubstanz zu thun, und nur in Beziehung 
auf ihre peripherische Entfaltung berücksichtigte er auch die Randwülste. 
Im zweiten Bande der genannten Schrift p. 164 sagt er aber doch: 
Durch die scheinbare Verworrenheit schimmern aber doch allgemeine 
Gesetze hindurch, und wir erkennen einige Hauptzüge von Randwülsten, 
welche bestimmten Elementen entsprechen. An der innern Seite der 
Hemisphäre, sagt er, ist die Längenrichtung vorherrschend; die obere 
Fläche hat vorn breite, hinten schmälere, geschlängelt in die Länge 
verlaufende, in der Mitte aber, oder am Scheitel breite in die Quere 
sich erstreckende Randwülste. Die äussere Fläche zeigt vorherrschende 
Querrichtung etc., womit die Anordnung im Ganzen vollkommen richtig 
angedeutet ist. 

Der Erste, welcher sich in ausgedehnterer Weise mit dem Studium 
der Windungen beschäftigt, war Rolando in seiner Schrift: Della 
struttura degli emisferi cerebrali Torino 1830. 4° Er muss nament- 
lich als derjenige bezeichnet werden, welcher zuerst die auffallende, 
constant quer über die Mitte der oberen und äusseren Fläche jeder 
Hemisphäre herüberlaufende Furche und die beiden sie begrenzenden 
Windungen bemerkte und hervorhob, welche daher auch mit Recht 
häufig mit seinem Namen bezeichnet werden. Sodann haben Cruveilhier 
in seiner Anatomie descriptive T. IV p. 658 1856 und besonders Leuret 
in seiner Anatomie comp. du cerveaul p. 397 1839, so wie Foville in 
seinem Traite complet de l’Anatomie du systeme nerveux cerebrospinal. I. 
p- 191. 1844. der Anordnung der Windungen eine grössere Aufmerk- 


395 


samkeit geschenkt. Auch in Deutschland versuchte Valentin in seiner 
Bearbeitung der Sömmering’schen Hirn- und Nervenlehre p. 170 einige 
constantere Windungen herauszufinden. 

Allein alle diese Bemühungen vermochten sich so wenig allgemeine 
Anerkennung zu verschaffen, dass Arnold in seiner Anatomie ll p. 730 
1851 mit Recht sagen konnte, dass weder für die Richtung der Win- 
dungen Grundformen, noch für die Vertheilung derselben Regeln auf- 
gefunden worden seien, so dass wir denn auch in unseren besten Hand- 
und Lehrbüchern von Meckel, Hildebrand-Weber, Krause, Hyrtl u. And. 
ausser einigen wenigen, allerdings mit leicht erkennbarer Constanz 
vorkommenden ine die übrigen nicht näher berücksichtigt und 
bezeichnet finden. 

Erst Huschke hat 1854 in dem dritten Oapitel seiner so gehalt- 
reichen Schrift über Schädel, Hirn und Seele p. 129 bis 145 einen sehr 
wesentlichen Schritt in der Entwicklung und Feststellung der Lehre 
von den Windungen des grossen Gehirns weiter gethan, der wenn er 
sich etwas mehr von naturphilosophischer speculativer Beimischung: frei- 
gehalten hätte, sicher allgemeinere Verbreitung und Anerkennung 
gefunden und ihrem Urheber die gerechte Anerkennung erworben hätte, 
welche man jetzt fast allgemein einem Nichtdeutschen widmet. 

Huschke glaubt, geleitet durch vergleichend anatomische und em- 
bryologische Studien, zu dem Resultate gekommen zu sein, dass es an 
dem Gehirn drei oder vier Urwindungszüge gebe, welche von dem 
oberen Rande des horizontalen Theiles der Fossa Sylvii ausgehend huf- 
eisenförmig nach hinten um diese Grube herum in den Unter- oder 
Schläfenlappen bis gegen den Rand desselben ziehen. Während diese 
Urwindungen an dem Gehirn niedriger Ordnungen der Säugethiere mehr 
oder weniger deutlich ununterbrochen erkennbar sind, werden bei dem 
Menschen und den Affen die Bogen dieser dungen durch die Ent- 
wicklung der Rolando’schen oder Centralfurche und ihrer sie umgebenden 
Windungen gewissermassen gesprengt, und in eine vordere und eine 
hintere Abtheilung zerlegt, und diese Abtheilungen selbst gerathen in 
eine mehr horizontale Längenrichtung. 

Das bleibende Verhältniss wird dadurch Folgendes. Fast in der 
Mitte der Hemisphäre haben wir die Rolando’sche Spalte zwischen den 

50* 


394 


beiden Centralwindungen. Vor ihnen zeigen sich drei der Länge nach 
verlaufende Stirnwindungen, eine erste, zweite und dritte, oder 
untere, mittlere und obere. Hinter ihnen finden sich gleicherweise drei, 
ein oberer, mittlerer und unterer Windungszug, welche nach dem hin- 
teren Ende der Hemisphäre hinziehen. Aber nur die beiden oberen 
erreichen dasselbe, während der untere sich um das obere Ende der 
Sylvischen Grube in den Schläfenlappen hinzieht, welcher indessen 
ausserdem auch noch von dem oberen und mittleren Windungszug 
gebildet wird, nachdem sie das hintere Ende der Hemisphäre erreicht haben. 
Diese hinteren Windungszüge schlängeln sich stärker als die Stirn- 
windungszüge und bilden dadurch Convolute oder Läppchen, und zwar 
der obere drei: den Lobus parietalis superior oder Vorzwickel, den 
Zwickel oder oberes Zwischenscheitelbeinläppchen und ein drittes das 
Endläppchen oder unteres Zwischenscheitelbeinläppchen, welches die 
eigentliche Spitze der Hemisphäre bildet. Der mittlere und untere Win- 
dungszug, welche Huschke beide in einem zusammenfasst, erzeugen auch 
drei Läppchen, erstens das Scheitelhöckerläppchen (Lob. tuberis), 
um das Ende der Sylvischen Grube herum, das in dem Gyrus temporalis 
superior übergeht; zweitens das mittlere Hinterscheitelbeinläppchen 
(Lob. parietalis medius) nach aussen vom Zwickel, und drittens den 
Lob. interparietalis externus, äusseren Zwischenscheitelbeinlappen, 
der den äusseren Theil der fossa cerebri einnimmt und sich hierauf an 
die Unterfläche der Hemisphäre begiebt. 

An der inneren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre unter- 
scheidet Huschke zuerst den Vorzwickel und den Zwickel; dann an 
der unteren Fläche ein zungenförmiges Läppchen (Lob. lingualis), 
dann ein weiter nach aussen liegendes spindelförmiges (Lob. fusi- 
formis), welche beide mit ihren Spitzen gegen die grosse Querspalte der He- 
misphäre und den hier befindlichen und um das Splenium corporis callosi 
laufenden Gyrus Hippocampi und Gyrus Cinguli oder Gyrus fornicatus 
(Arnold) hinlaufen, und in denselben übergehen. DerSchäfenlappen 
besteht aus drei concentrisch in und übereinander liegenden Windungen, 
einem Gyrus temp. superior, medius und inferior, welche nach hinten 
mit dem Scheitelhöckerläppchen, äusserem Zwischenscheitelbeinläppchen 
und dem Zwischenscheitelhirn zusammenhängen. — Zu diesen Windungen 


395 


kommt dann noch an der inneren und unteren Seite der ganzen Hemi- 
sphäre der aus dem Gyrus cinguli und Gyrus Hippocampi zusammen- 
gesetzte Gyrus fornicatus und die Windungen der Insel. 

Ich habe durch diesen ganz kurzen und fragmentarischen Auszug 
der Huschkeschen Analyse der Grosshirnwindungen nur zeigen wollen, 
dass in derselben alle Elemente eines vollständig durchgeführten Sy- 
stemes dieser Windungen schon gegeben sind. An und für sich leidet 
Huschkes Darstellung besonders der hinter den Centralwindungen 
liegenden Parthie an Dunkelheit, unpassender Nomenclatur und Mangel 
der Unterscheidung eines Scheitel und Hinterhauptlappens. 

So kam es denn, dass Huschkes Leistung auf diesem Gebiet so 
gut wie ganz unbeachtet und unbekannt geblieben ist, während ein 
gleichzeitig erschienenes Werk eines Ausländers, nämlich Gratiolets, nicht 
nur in der ganzen übrigen wissenschaftlichen Welt, sondern auch in 
Deutschland die allgemeinste Anerkennung und Verbreitung gefun- 
den hat. | 

Gratiolet unterscheidet in seinem bekannten und berühmten Memoire 
sur les Plis cerebreaux de l’ Homme et des Primates Paris 1854. die 
gewöhnlichen fünf Lappen an jeder Hemisphäre: Lobe central, frontal, 
parietal, occipital und temporal. Allein schon bei dem Stirnlappen 
ist er nicht einig mit sich, ob er die hintere Grenze desselben vor oder 
hinter die erste Centralwindung legen soll. Noch unbestimmter bleiben 
.die Grenzen für «en Hinterhauptslappen. Bei den Affen freilich sind 
‚dieselben an der äusseren und inneren Fläche der Hemisphäre durch die 
Fiss. perpendicularis externa und interna leicht und bestimmt gegeben, 
allein an der unteren Fläche verzichtet er auch bei diesen ganz auf 
eine Abgrenzung zwischen Hinterhaupts- und Schläfenlappen, und nimmt 
hier einen Lobe temporo-sphenoidal an. Bei dem Menschen fällt nun 
auch noch die Fiss. perpend. externa fort, und so bleibt nur noch an 
der inneren Fläche die einzige Fiss. perpend. interna zur Begrenzung 
des Hinterhauptlappens übrig. Daher ist es nicht zu verwundern, wenn 
hier nun auch für die Bezeichnung und Ortsbestimmung der Windungen 
Zweifel und Unklarheiten entstehen. 

Was nämlich diese Windungen betrifft, so bezeichnet und beschreibt 
dieselben Gratiolet an der äusseren, inneren und unteren Fläche folgender- | 


396 


massen. An der äusseren Fläche des Stirnlappens drei Windungen: 
Pli frontal sup6erieur, moyen und inferieur ou surcilier; an der unteren 
Fläche Pli oder vielmehr Lobule orbitaire; an der inneren Pli de la 
zone externe und Pli de la zone interne, ersterer Nichts Anderes als 
die nach innen gelegene Partie des Pli frontal superieur, letzterer der 
vordere Theil des um den Balken herumgelagerten Gyrus cinguli. Zum 
Lobe parietal rechnet Gratiolet an der äusseren Seite den premier 
und second Pil ascendant (die beiden Rolandoschen Windungen) ferner 
einen Lobule du Pli marginal superieur, der von dem unteren Ende 
des deuxieme pli ascendant ausgeht, dem Menschen eigenthümlich sein 
soll und die Fossa Sylvii an ihrem oberen Ende nach oben begränzt; 
weiter einen Lobule du deuxieme pli ascendant, der von dem oberen Ende 
dieses deuxiöme pli ascendant ausgeht, und sich längs der fissura longi- 
tudinalis cerebri bis zu der Fiss. perpend. interna erstreckt, und endlich 
einen Plı courbe, der das obere Ende einer mit der Fossa Sylvii parallel 
verlaufenden Furche des Schläfenlappens umgiebt, und in den Pli temporal 
superleur als Pli marginal inf6rieur dieser Spalte übergeht. An der inneren 
Seite des Scheitellappens unterscheidet Gratiolet die Fortsetzung des Pli de 
la zone externe und interne des Stirnlappens, und an der inneren Seite 
des Lobule du deuxieme pli ascendant einen Lobule quadrilatöre, 
welcher die Fiss. perpend. int. von vorne begrenzt. An diese Windungen 
schliesst sich nun bei den Affen sogleich der Lobe occipital an, nach 
vorne begrenzt durch die Fiss. perpend. externe und den sogenannten . 
Öpercule als vorderer Rand dieses Lobe occipital. Unter dem Opercule 
versteckt liegen zwei obere Plis de Passage externes, von denen aber 
der erste sich nicht bei allen Affen findet, auch nicht bei allen bedeckt 
liegt; und dann die beiden unteren Plis de Passage externes, welche den 
Zusammenhang zwischen dem zweiten und dritten Pli oceipital und dem 
Pli temporal moyen darstellen. Bei dem Menschen sollen sich diese 
vier Plis de passage sehr .stark entwickelt finden und, da die Fiss. per- 
pend. externe und das Öpercule fehlen, oberflächlich liegen. 

An dem Öceipital-Lappen selbst unterscheidet Gratiolet an der 
hinteren und äusseren Seite einen Pli occipital superieur, moyen und 
inferieur, welche horizontal verlaufen und sich bis an die untere Fläche 
hinziehen. An der inneren Seite dieses Occipitallappen finden sich bei 


397 


den Affen noch zwei Plis de Passage internes, die den Lobule quadri- 
latere mit dem Hinterhauptslappen in Verbindung setzen, und beim 
Menschen fehlen; die- innere Fläche des Occipitallappens selbst nennt 
Gratiolet Lobule occipital. — Die Windungen an der äusseren Seite 
des Lobe temporal unterscheidet Gratiolet als Pli temporal superieur 
oder marginal inferieur, pli temporal moyen und inferieur, von 
welchen die beiden ersteren durch die Fissure parallele von einander 
getrennt werden und letzterer auch schon auf die untere Seite herum- 
greift. — Die untere Fläche des Schläfen- und Hinterhauptslappen wird, 
wie schon erwähnt, Lobe occipito-temporal genannt, und hier ausser 
dem Pli godronne (Fascia dendata), ein Pli temporal interne superieur 
s. unciforme (Gyrus Hippocampi), ein Pli temporal moyen interne, 
und ein Pli temporal inferieur externe, identisch mit dem Pli temporal 
inferieur, unterschieden, welche beide letzteren sich bis zur Spitze des 
Hinterhauptslappen erstrecken. Hier hört daher die Unterscheidung 
von einem Schläfen- und Hinterhauptslappen ganz auf. | 

Gratiolet hat unzweifelhaft wie Huschke, dessen Werk derselbe 
ebenso wenig kannte, wie Huschke dasjenige von Gratiolet, das 
Verdienst ganz selbstständig zum erstenmale ein vollständiges System 
der Hirnwindungen geschaffen zu haben, welches namentlich durch seine 
Erbauung auf dem vergleichend anatomischen Boden des Affengehirns 
grosse Vorzüge besass, und grössere Ansprüche erheben konnte, "als 
irgend eine frühere dahin gerichtete Bemühung. Seine im Ganzen glück- 
liche Einfachheit und Uebersichtlichkeit verschaffte ihm überall besonders 
in Frankreich und England unbedingte Auf- und Annahme. 

So sehr ich indessen seine Vorzüge anerkenne und namentlich 
historisch würdige, so hat es mir doch ohnmöglich geschienen, bei 
dieser Bearbeitung Gratiolets stehen zu bleiben. 

Gratiolet ist rein und ausschliesslich topographisch verfahren, ohne 
nach irgend einem typischen Bedingungsgrund oder einem Gesetz in der 
Entwicklung der einzelnen Windungen oder ihrer Hauptgruppen zu 
fragen oder wenigstens ohne einen solchen aufzufinden. Daher blieben 
schon bei den Affen viele Verhältnisse unverständlich und unverstanden; 
es blieb bei einer nüchternen Angabe des Vorkommens oder des Mangels, 
der grösseren oder geringeren Ausbildung einzelner Windungen, ohne 


398 


dass man für solche Verschiedenheiten irgend einen Schlüssel erblickte, 
und Manches wurde entschieden verkannt, weil es nur aus rein localem 
Gesichtspunkt aufgefasst wurde. Diese Mängel machen sich aber noch 
mehr und störender geltend, wenn man Gratiolets System auf den 
Menschen anzuwenden sucht, mit dessen Gehirn sich Gratiolet wohl 
überhaupt nicht in hinlänglich ausgedehntem Maasse beschäftigt hat. 
Befolgt man auch hier das rein locale Verfahren, sucht man Gratiolets 
Windungen rein nach ihrem localen Auftreten bei dem menschlichen 
Gehirn wiederzufinden, so wird man in die grössten Zweifel versetzt 
und sieht sich Willkührlichkeiten überlassen, die jede correcte An- 
wendung, namentlich jeden Vergleich, worauf es doch zuletzt zumeist 
ankommen wird, ohnmöglich machen. 

Das Gesagte gilt ganz vorzüglich für die hintere Partie des Scheitel- 
lappens und für den Hinterhauptslappen. Gratiolet hat hier allerdings 
das Verdienst, auf seine sogenannten Plis de Passage bei den Affen 
zuerst aufmerksam gemacht zu haben. Allein da er ihre Bedeutung 
gar nicht weiter erkannte, als dass sie einfach den Uebergang zwischen 
den beiden genannten Lappen vermitteln, so konnten sie bald da sein, 
bald fehlen, bald oben bald unten liegen, bald gross bald klein sein, 
sie hatten ja gar keinen weiteren Charakter, als an der genannten 
Grenze zu liegen, und nicht leicht werden daher wohl zwei Beobachter 
über ihr Verhalten, ihre Lage, ihre Ausdehnung an demselben, geschweige 
denn an ‚verschiedene Gehirnen in Uebereinstimmung sein. Der Name 
Pli de Passage ist daher auch der reinste Lückenbüsser geworden, die 
Bezeichnungen werden aufs Gerathewohl an die ohngefähr betreffenden 
Stellen der Abbildungen gesetzt, und damit ist es abgethan, aber sich 
belehren und sich Rath erhohlen für den Fall, den man unter den 
Händen hat, kann man nicht. Aber auch an dem Stirn- und Schläfen- 
lappen stösst man wegen der ausschliesslichen Anwendung des Localitäts- 
Principes auf Zweifel, unmotivirte Trennungen und wie ich glaube 
selbst Unrichtigkeiten, welche eine fernere Entwicklung dieser Lehre 
beseitigen muss. 

Reichert hat in seinem Werk über den Bau des menschlichen Ge- 
hirns Bd. II. p. 88 ausdrücklich auf eine genauere topographische 
Beschreibung der Furchen und Windungen des menschlichen Gehirns 


399 


verzichtet. Allein er ist dennoch auf ihre Entstehung und Bildung bei 
dem Embryo ziemlich ausführlich eingegangen, weil er gewiss mit Recht 
der Ansicht ist, dass das Typische im complicirten Bau der Gyri an 
den menschlichen grossen Hemisphären aus der Bildungsgeschichte nach- 
zuweisen sei (p. 78). Ich werde später auf diese Darstellung der 
Entwicklung der Windungen durch Reichert zurückkommen; übergehe sie 
aber hier um Wiederholungen zu vermeiden. — Ausserdem macht 
Reichert darauf aufmerksam, dass die charakteristische Form und 
Anordnung der Windungen eine auffällige Uebereinstimmung mit dem 
Typus der Verästelungen und dem Verlauf der meist in den Furchen 
hinziehenden stärkeren Aeste der Hirnarterien zeigt. 

R. Wagner hat in seinen Vorstudien zur Morphologie und Phy- 
siologie des menschlichen Gehirns zu den Leistungen Huschkes und 
Gratiolets Nichts wesentlich Neues hinzufügt. Denn obwohl er die 
Mängel der Darstellung dieser seiner Vorgänger namentlich in der 
Scheitel- und Hinterhauptsgegend wohl erkannte, Gratiolets Plis de 
Passage von der Bezeichnung der Windungen des menschlichen Gehirnes 
ausschloss, und ausser den beiden Centralwindungen nur drei Stirn-, 
drei Scheitel-, drei Hinterhaupts- und drei Schläfen- Windungen unter- 
schied, so gelang es ihm dadurch doch in keiner Weise die Scheitel 
und Hinterhauptswindungen besser zu charakterisiren, als seinen Vor- 
gängern Huschke und Gratiolet. Jeder der diese sechs Windungen an 
verschiedenen Gehirnen aufsuchen und feststellen will, wird sich immer 
in Verlegenheit befinden, wohin er sie verlegen soll, da ihnen Wagner 
gar keinen bestimmten Charakter zu ertheilen vermochte. Wagners 
Arbeiten haben daher der Lehre von den Hirnwindungen nur durch 
grössere Verbreitung nicht durch weitere Entwicklung genutzt. 

Auch eine in England erschienene Darstellung der Hirnwindungen 
des Menschen von W. Turner Edinb. Medic. Journal June 1866. auch 
in einem Separatabdruck: The convolutions of the Human Cerebrum 
topographically considered Edinburgh 1866, weicht nicht von der 
Gratiolets und Huxleys ab. Derselbe unterscheidet nur noch eine un- 
mittelbar hinter der hinteren Centralwindung aufsteigende und sich 
dann rückwärts wendende Spalte, Intraparietal fissure, welche nach 

Abh.d.Il.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 51 


400 


meinen Beobachtungen allerdings beim Fötus als eine typische Furche 
auftritt, in ihrer weiteren Gestaltung aber wie ich glaube zeigen zu 
können, von Turner verkannt, und bei dem Erwachsenen keinenfalls in 
der von ihm angegebenen Weise vorhanden ist. 

Vor Kurzem ist endlich noch eine Habilitationsschrift von Dr. Pansch 
in Kiel: De Suleis et Gyris in cerebris Simiarum et Hominum. Eutin 
1867. 4to erschienen, in welcher derselbe folgende Windungen annimmt. 

An dem Stirnlappen beschreibt Dr. Pansch die gewöhnlichen drei 
Furchen und Windungszüge und die auf der Orbitalfläche, wobei der- 
selbe indessen die vordere Centralwindung zum Stirnlappen rechnet. 
Die Windungen des Scheitellappens erklärt er für sehr bestimmt 
und deutlich charakterisirt, und unterscheidet deren nur zwei an der 
äusseren Seite, nämlich einen Gyr. par. superior, das ist die hintere Cen- 
tralwindung inclusive Huschkes Vorzwickel und Gratiolets Lobule du 
3”° pli ascendant und pli de passage externe sup. et interne sup. et inf.; 
und einen Gyrus parietalis inferior d.i. Huschkes Lob. tuberis und auf- 
steigender Ast zum hinteren Scheitelläppchen und Gratiolets Pli courbe 
mit den plis de passage ext. inf. An der inneren Seite des Stirn- und 
Scheitellappens nimmt er nur eine Windung an, nämlich einen Gyrus 
fronto parietalis d. i. die bekannte Bogenwindung oder den Gyrus 
einguli. Am Occipitallappen unterscheidet er einen Gyrus ocecipit. 
sup. med. und inf., die mit denen von Gratiolet und Wagner ziemlich 
übereinstimmen. Ebenso am Temporallappen einen Gyrus temp. 
sup. med. und inf. und an der unteren Fläche einen Gyrus ocecipito- 
temp. lateralis und occipito-temp. medius, welche er dem Lobulus 
fusiformis und lingualis Huschkes, aber auch zugleich dem Gyrus 
Hippocampi Gratiolets und Wagners parallelisirt. 

Die Abfassung dieser Schrift in der officiellen lateinischen Sprache 
ist leider Schuld, dass dieselbe in Beziehung auf Verständlichkeit und 
Uebersichtlichkeit sehr schwierig ist. Bei dem Mangel einer grösseren 
Zahl von Abbildungen so wie eines reicheren Materiales an Affengehirnen 
ist mir die Ansicht des Verfassers oft unverständlich geblieben und 
habe ich nicht so auf dieselbe eingehen können, wie es sonst mein 
Wunsch und meine Aufgabe gewesen wäre. Uebrigens sind die Unter- 
suchungen des Verfassers grösstentheils nur auf das Gehirn der Affen 


401 


gerichtet, wie schon die oben mitgetheilte Zahl der von ihm angenom- 
menen Windungen anzeigt. 

Bei diesem Stande der Lehre von den Windungen des grossen 
Gehirnes des Menschen, und wenn ich sie auf dieses Gehirn des Menschen, 
in Anwendung zu setzen versuchte, schien es mir keineswegs über- 
flüssig, dieselbe einer neuen Bearbeitung zu unterwerfen. 

Meine Hülfsmittel dabei waren folgende: Erstens die Gehirne 
erwachsener Menschen die mir in grosser Zahl zu Gebote standen. 
Schon seit 25 Jahren bediene ich mich der Injection von Chlorzinklösung 
in die Leichen zu deren Conservirung, und habe dabei die Bemerkung 
gemacht, dass dieses Verfahren oder auch das blosse Einlegen in Chlor- 
zinklösung, ganz vorzüglich geeignet ist, um das Gehirn einem genaueren 
Studium zugänglich zu machen !). Es wird dadurch erhärtet, aber nicht 
in der Art wie durch Weingeist, der das Gehirn zwar hart, dann aber 
auch unnachgiebig und brüchig macht. Das Chlorzink erhält das Gehirn 
nachgiebig und zähe und giebt ihm doch die nöthige Festigkeit. Zu- 
gleich gewährt das Chlorzink den grossen Vortheil, dass man die Pia 
mater sehr leicht, sehr rein und glatt, und sehr schnell von dem Ge- 
hirn und aus den Furchen entfernen kann, was bei in Weingeist ge- 
legenen Gehirnen durchaus nicht der Fall ist. So kann man an einem 
mit Chlorzink behandelten Gehirn die Windungen ganz vollständig von 
einander sondern, zwischen sie mit den Fingern eindringen, sie hin und 
her legen und wenden, die verschiedenen Tiefen der Einschnitte unter- 
suchen, und die Augen mit den Fingern unterstützen, um die richtige 
Gruppirung der Windungen aufzufassen. Dieses Alles gewährt eine 
solche Erleichterung für das Studium der Hirnoberfläche, dass ich dieses 
Verfahren nicht genug empfehlen kann. Nur muss ich bemerken, dass 
man das Gehirn nicht zu lange in Chlorzink liegen lassen darf. Da 
dieses Präparat immer sauer reagirt, so bringt es, nachdem es zuerst 
das Eiweis gerinnen gemacht, später eine Erweichung hervor. Dieser 


1) Aus einer Note bei Gratiolet 1 1. p. 11 ist zu ersehen, dass ein Pariser Modelleur Stalh 
sich ebenfalls des Chlorzinks zur Erhärtung des Gehirns bediente, um nachher einen Ab- 
guss von demselben zu machen, es scheint aber nicht, dass Gratiolet dasselbe Verfahren 
bei seinen anatomischen Untersuchungen des Gehirns angewendet hat. 


Si 


402 


Wirkung muss man durch späteres Einbringen in nicht zu starken 
Weingeist vorbeugen. 

Zweitens. Zahlreiche Gehirne von menschlichen Embryonen ausallen 
Entwicklungsstadien. Für das Studium der Gehirne dieser Embryonen hat 
mir die erwähnte Methode der Behandlung mit Chlorzink ganz vorzüg- 
liche Dienste geleistet. Jeder der sich mit denselben beschäftigt hat, 
wird wissen, welche grosse Schwierigkeit ihre Herausnahme und Be- 
handlung im frischen Zustande hat; sie ist fast ohnmöglich. Legt man 
die Embryonen erst in Weingeist, so erhält man nie eine Ansicht der 
natürlichen Verhältnisse der Gehirne und ihre Befreiung von der ver- 
hältnissmässig sehr entwickelten Gefässhaut ist schwierig. Ich injieire 
die ganzen Embryonen durch die Nabelvene mit Chlorzink, entferne 
noch die Kopfbedekungen, lege die Embryonen einige Tage in Chlor- 
zink, und dann gelingt es meist leicht, die Gehirne in der besten Be- 
schaffenheit herauszubringen. Ich besitze eine grosse Reihe von Em- 
bryonen-Gehirnen von den ersten 4—6 Wochen an. 

Drittens stand mir eine Anzahl allerdings bereits in Weingeist 
erhärteter Affengehirne zu Gebote: nämlich mehrere Exemplare von 
Ceropithecus sabaeus, Macacus cynomolgus und nemestrinus, Cynoce- 
phalus Maimon und Sphinx unserer hiesigen Sammlungen. Herr Prof, 
Leuckart in Giessen hat mir mit grosser Liberalität und Freundlichkeit 
das schon von R. Wagner benutzte Gehirn eines jungen Orang, dann 
die Gehirne von JnnuusRhesus, Semnopithecus maurus, Callithrix sciureus, 
Hapale Jachus und Lemur tardigradus, nach den Bezeichnungen Söm- 
merings, von welchem diese Gehirne herrühren, zur Untersuchung über- 
sendet. Leider fehlten mir Gehirne von Ateles, Hylobates, Chimpanse, 
die besonders wünschenswerth gewesen wären. 

Als viertes Hülfsmittel benutzte ich Darstellungen der Gehirne in 
Wachs- oder auch Gyps-Abgüssen. Da Jeder, der sich eigenhändig mit 
dem Studium von Gehirnen beschäftigt, leicht die Bemerkung macht, 
wie sehr die aus dem Schädel herausgenommenen Gehirne ihre ihnen 
in der Schädelhöhle zukommende Gestalt und Form verlieren, mag man 
sie auch noch so vorsichtig behandeln und erhärten, so habe ich schon 
seit vielen Jahren die Methode in Anwendung gebracht, genaue Abgüsse 
der Schädelhöhle anfertigen und auf diese die Windungen ganz genau 


403 


aufbossiren zu lassen. Schon vor 10 Jahren habe ich solche Gehirn- 
darstellungen des Elephanten, Wallfisches, Orang-Outang und Delphins 
durch den Modelleur Zeiler hieselbst zum Verkauf anbieten lassen. In 
gleicher Weise habe ich die Gehirne bekannter und ausgezeichneter In- 
dividuen, ferner eine Reihe von 32 Darstellungen der Entwicklung des 
Gehirnes in ihren Hauptstadien nach der Natur und endlich eine Reihe 
von Affengehirnen der verschiedensten Arten, von denen ich die Schädel 
und zuverlässige Zeichnungen besass, anfertigen lassen. 

Durch die Benutzung dieses Materials glaube ich in den Stand ge- 
setzt zu sein, mich bestimmter und sicherer in der Topographie des 
grossen Gehirns und seiner Windungen orientiren zu können, als dieses 
bisher möglich war. Ich theile das Resultat dieser Untersuchungen in 
Folgendem mit, wobei ich vorausschicke, dass ich mich möglichst an 
die bereits von früheren Beobachtern, namentlich von Huschke, Gratiolet 
und R. Wagner eingeführten Lehren und Bezeichnungen anschliessen, 
und dieselben nur weiter auszuführen und in dieser Ausführung voll- 
ständiger zu begründen suchen werde. Es wäre vielleicht möglich ge- 
wesen, ein ganz neues und vollständigeres System der Anordnung der 
Gehirnwindungen zu geben, und ich bin überzeugt, dass einst ein solches 
sich entwickeln und das jetzige verdrängen wird. Allein dieses schien 
mir jetzt noch zu früh. Es ist nothwendie, dass die Lehre über die 
Anordnung der Gehirnwindungen, wie sie jetzt gegeben werden kann, 
sich erst mehr befestigt und verallgemeinert. Würde man jetzt schon 
mehr ins Detail gehen, und eine speciellere Entwicklung dieser Anord- 
nung aller einzelnen Windungen versuchen, so würde man der allge- 
meinen Kenntniss dieser Verhältnisse, die bis jetzt noch sehr gering 
ist, schaden. Die Sache würde schwierig, verwickelt und das Verständ- 
niss erschwert werden. Viele würden davor zurückschrecken, etwas 
Künstliches und Gezwungenes darin erblicken, und sie lieber ganz liegen 
lassen. Ist das Einfachere erst einmal Gemeingut geworden, hat man 
sich erst einmal allgemein überzeugt, dass das scheinbare Chaos der 
Windungen des menschlichen Gehirns eben nicht so gross ist als es 
scheint und dass die individuellen Verschiedenheiten nicht so gross 
sind als man auf den ersten Blick meint, dann wird es Zeit sein weiter 


404 


zu gehen, noch tiefer einzudringen, und den Schlüssel zu diesen Mannig- 
faltigkeiten zu suchen. 

Ich werde auf den nachfolgenden Blättern zunächst von der Ein- 
theilung der Groshirnhemisphären in sogenannte Lappen und dann von 
der Anordnung der Windungen an der Oberfläche derselben bei dem 
erwachsenen Menschen handeln. Hierauf folgt eine Darstellung der 
Entwicklung derselben bei dem menschlichen Fötus und endlich 
die Beschreibung der Anordnung dieser Windungen bei den Affen. Der 
Schluss soll dem Vergleich der Grosshirnwindungen des Menschen und 
der Affen gewidmet sein. 


I. 
Von der Eintheilung der Grosshirnhemisphären in Lappen. 


Es unterliegt keinem Zweifel, dass man zur Örientirung in der 
Topographie der Windungen der grossen Hemisphären des Gehirns zuerst 
von ihren grösseren Abtheilungen ausgehen muss, wie das auch im All- 
gemeinen bisher immer geschehen ist. Allein es fragt sich, welches 
Princip man dabei zu Grunde legen soll. 

Auf den ersten Blick erscheint Nichts einfacher und naturgemässer 
als von dem Object, von den Hemisphären selbst auszugehen, wie dieses 
auch gewöhnlich geschieht, und sich an die durch äusserliche Theilungen 
oder tiefere Einschnitte, Fissuren, an dem Gehirn gegebenen Abtheilungen 
zu halten. Als man dabei leicht erkannte, dass diese wieder im 
Allgemeinen mit den bekannten Abtheilungen und der Zusammensetzung 
des Schädels übereinstimmen, so hat man, auf beides begründet, die 
bekannten Abtheilungen, in Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupts- und Schläfen- 
Lappen gebaut. Geht man aber dabei genauer auf das bisherige Ver- 
fahren ein, so sieht man bald, dass diese beiden Principien der Ein- 
theilung doch nicht überall gleichmässig Platz greifen, desshalb auch 
nicht gleichmässig durchgeführt wurden, und bald das Eine bald das 
Andere angewendet worden ist. 

Der Erste, welcher von einer Eintheilung des Gehirns in einzelne 
Abtheilungen: Prominentiae spricht, scheint Varoli gewesen zu sein. 


405 


In seiner Schrift: Anatomia sive de resolutione corporis humani Libri III 
1591 zählt er drei solcher prominentiae auf, eine vordere, mittlere und 
hintere. R. Willis nahm dagegen in seiner Cerebri Anatome 1664 nur 
zwei Lappen einen vorderen und hinteren an. 

Auch Sömmering unterscheidet in seiner Gehirn- und Nervenlehre 
nur zwei Lappen, einen vorderen und hinteren und sagt nur p. 24: 
Andere theilen den grösseren hinteren Hirnlappen nochmals und nennen 
das vordere Stück desselben den mittleren Lappen, das hintere Stück 
aber, das, auf dem Zelte ruht, den hinteren Lappen, dessen Abtheilung 
gewöhnlich nur auf der inneren Fläche durch eine schräg hinablaufende 
Furche sehr genau bestimmt ist. Ebenso sagt Meckel, Handbuch der 
Anatomie IIl p. 479: Jede Hirnhälfte wird im Allgemeinen in zwei 
Lappen, einen vorderen und einen hinteren getheilt. Beide werden durch 
die Sylvische Spalte, doch nur unten und auf der Seite von einander 
abgesondert. Den hinteren Lappen theilt man häufig wieder in einen 
mittleren und hinteren, von welchen letzterer den auf dem Hirnzelt 
ruhenden Theil bildet, äusserlich nicht, aber an der inneren Fläche 
durch eine schief von oben und hinten nach unten und vorn verlaufende 
Furche, an der unteren durch einen seichten Eindruck von dem mitt- 
leren abgegränzt wird. 

Burdach: Bau und Leben des Gehirns 1822. $205 und folgende 
Bd. II p. 166 benützt vorzüglich die tieferen Einschnitte an dem Mantel 
zur Bezeichnung der Lappen, aber auch die Verhältnisse zu den Schädel- 
knochen. Die Vorderlappen, sagt er, liegen in der vom Stirnbein 
gebildeten vorderen Abtheilung der Schädelhöhle und füllen diese meist 
aus, so dass die Kranznath ihre Grenze bezeichnet, wenn sie nicht 
weiter hinter dieser gelegen ist,.... nach hinten hängt er mit dem 
Stamm- und Oberlappen zusammen und seine Grenze wird hier nach 
aussen und innen von der Vorderspalte, nach innen und unten durch 
den Randwulst am hinteren Ende der unteren Flächen bezeichnet..... 
Die Oberlappen liegen innerhalb der Scheitelbeine, welche ihnen ent- 
sprechen, so dass die Kranznath und die Lambdanath ziemlich ihre vor- 
dere und hintere Grenze bezeichnen. An ihrer oberen und inneren Seite 
gehen sie in die vorderen, hinteren und unteren Lappen unmittelbar 
über; aber nach aussen scheiden sie sich von denselben ab (nämlich 


406 


durch die Fortsetzung der Fossa Sylvii nach hinten). Den Klappdeckel 
rechnet er ganz zu dem Oberlappen. Von dem Unterlappen sagt er 
nur: Er liegt in der mittleren Grube der Schädelhöhle, aber von seiner 
Abgrenzung nach hinten bemerkt er nichts..... Der Hinterlappen 
wird an seiner inneren Fläche durch die Hinterspalte begränzt; an der 
oberen Fläche kommt diese der Unterspalte (Fossa Sylvii) ziemlich nahe, 
so dass auch hier eine Abgrenzung anzunehmen ist. Von einer Ab- 
grenzung an der unteren Fläche sagt Burdach weiter Nichts, als dass sie 
auf dem Zelte über dem kleinen Hirn liegt. 

In der Hildebrandt-Weber’schen Anatomie findet sich von 
dieser Eintheilung gar Nichts. Ebensowenig bei Rosenmüller-Weber. — 
Krause schliesst sich in seiner Anatomie p. 1006 und 1008 der Ein- 
theilung von Burdach an. Von dem Hinterlappen, sagt er, er sei an 
seiner unteren Fläche durch eine dem oberen Winkel der Pyramide des 
Felsenbeines entsprechende seichte, Furche, an seiner inneren Fläche 
durch die Hinterspalte (fissura posterior), welche von dem oberen Rande 
schräg nach vorn gegen die untere Fläche herab läuft, abgegrenzt; 
mache übrigens unten mit dem Mittel-, Unter- oder Schläfenlappen und 
oben mit dem Scheitellappen eine Masse aus. — Valentin folgt in Söm- 
merings Hirn- und Nervenlehre p. 160 ebenfalls der Burdach’schen Ein- 
theilung. Von dem hintern Lappen oder Hinterhauptslappen (Lobus 
posterior seu. oceipitalis) sagt er, er bedeckt den mittleren und hinteren 
Theil des kleinen Gehirns, bildet den hintersten Theil der Hemisphäre, 
wird vorzüglich von dem Unterlappen und zum Theil von dem Öber- 
lappen durch einen Windungseinschnitt (?) ziemlich bestimmt geschieden, 
und findet sich entsprechend der oberen Schuppe des Hinterhaupts- 
beines. — 

Arnold Handbuch der Anatomie ll p. 727 unterscheidet fünf 
Lappen: 1. Der Vorder- oder Stirnlappen, der unten durch die 
Fossa Sylvi, an der Seite durch die senkrechte Spalte begrenzt 
wird und oben dem Stirnbein, mit Ausnahme des obersten (hintersten) 
Theiles desselben, welches über den Stirnlappen hinwegragt und 
noch einen Theil des folgenden deckt, entspricht. 2. Der Scheitel- 
lappen wird noch von dem Stirnbein und vom grösseren vorderen Theil 
des Scheitelbeins bedeckt und an der äusseren Seite durch die senk- 


407 


rechte und wagrechte Fortsetzung der Fossa Sylvii begrenzt. 3. Der 
Hinterhauptslappen entspricht dem hinteren Theile der Scheitelbeine 
und der oberen Hälfte der Hinterhauptsschuppe, geht nach vorn und 
unten ohne bestimmte Grenzen in den Schläfenlappen über, so dass 
dieser als eine Verlängerung jenes erscheint, was, wie Arnold meint, 
auch durch die Entwicklungsgeschichte bestätigt werde, indem der 
Schläfenlappen von dem Hinterhauptslappen aus nach vorne und unten 
bis in die Sylvische Grube wachse. 4. Der Unter- oder Schläfen- 
lappen nimmt den Raum des Seitentheiles der mittleren Schädelgrube 
ein und wird nach vorne von der Sylvischen Grube, nach oben durch 
die horizontale Fortsetzung derselben begrenzt. 5. Der Zwischenlappen 
oder Stammlappen. 

Huschke hat in seinem Werk über Schädel und Hirn auch kein 
Princip für die Eintheilung des Hirns in Lappen gefunden und befolgt. 
Obgleich er p. 93 bezweifelt, dass das Gehirn sich nach dem Schädel, 
sondern eher dieser nach jenem richtet, folgt er doch der Kranznath, 
. welche mit dem aufsteigenden Aste der Sylvischen Grube zusammenfällt, 
um den Vorderlappen oder das Stirnhirn abzutrennen; er rechnet soviel 
.auf das Vorder- oder Stirnhirn, als von der Muschel des Stirnbeins und 
den kleinen Flügeln aufgenommen wird. Den Hinterlappen, sein Zwischen- 
scheitelhirn, trennt er (p. 62) durch einen hinter dem Balkenwulst 
senkrecht durch die Hemisphäre gezogenen Querschnitt. Doch sagt er, 
dass er künftig wohl die Hinterspalte und einen von ihr aus durch die 
äussere und untere Fläche der Hemisphäre gezogenen Schnitt zur Ab- 
trennung des Hinterlappens wählen werde. Ueber die Trennung des 
Unterlappens von dem Scheitellappen spricht sich Huschke nicht aus, 
doch wird er dazu unzweifelhaft den horizontalen Ast der Sylvischen 
Grube benützt haben. 

Reichert widmet der Eintheilung der Hemisphären in die gewöhn- 
lichen fünf Lappen keine besondere Aufmerksamkeit, weil sie auf keine 
genetischen Momente gebaut sei. Er gibt l. 1. p. 78 eine auf die Entwick- 
lungsgeschichte gebaute Darstellung der Formung der Hemisphären, 
welche für unseren Zweck keinen näheren Werth hat. Ich erwähne nur, 
dass Reichert noch p. 80 den Hinterhauptslappen als einen sich erst 


Abh.d.11.Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 52 


408 


später entwickelnden Vorsprung des Mantels des Gehirns nach hinten, 
und daher nur als einen Nebenlappen, als ein Nebenende des hinteren 
unteren Schenkels des ursprünglich bogenförmig gestalteten Mantels 
betrachtet. 


Sappey unterscheidet in seinem Trait& d’Anatomie descriptivell 1. 
p. 68 nur einen vorderen und hinteren Lappen, die durch die Fossa 
Sylvii von einander getrennt werden und verwirft ausdrücklich die Ab- 
theilung der hinter der Fossa Sylvii gelegenen unteren Fläche der 
Hemisphären in einen Schläfen- und Hinterhauptslappen ganz. Auch 
von einer Trennung an der oberen und inneren Fläche erwähnt er 
weiter Nichts. 


Dass Gratiolet in seiner obenerwähnten Schrift die gewöhnliche 
Eintheilung in Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupts- und Schläfenlappen 
beibehalten hat, habe ich schon angegeben. Ebenso aber auch, dass er 
in Beziehung auf die Feststellung der Grenze des Stirnlappens, ob durch 
die vordere Centralwindung oder durch die Centralspalte, geschwankt 
habe. Die Grenze zwischen Scheitel- und Hinterhauptslappen ist beim 
Menschen an der äusseren Fläche durch den Mangel einer Fissura per- 
pendicularis externa und durch das Hinzukommen der Plis de Passage 
ganz verwischt. Auf die Trennung des Hinterhaupts- und Schläfenlappen 
an der unteren Fläche hat er bei Affen und Menschen ganz verzichtet. 
Anderer Seits war es ein wichtiger Schritt, dass er zuerst auf die an 
der inneren Seite des Hinterlappens befindliche und bisher meist unbe- 
achtet gebliebene Fissura Hippocampi aufmerksam machte, auf die wir 
noch oft zu sprechen kommen werden. 


R. Wagner nimmt zwar in seinen bekannten verschiedenen Schriften 
über das Gehirn einen Stirn-, Scheitel-, Schläfen- und Hinterhaupts- 
oder Occipitallappen an, und trennt letzteren oben und innen wie Gra- 
tiolet durch die Fissura occipitalis interna; allein da er sich überhaupt 
nur auf die Betrachtung der äusseren und oberen Fläche der Hemi- 
sphären beschränkt, und die untere und innere nicht genauer berücksich- 
tigt, so beschäftigt er sich auch nicht mit der schärferen Trennung 
des Hinterhauptslappens an dieser unteren Fläche. Dennoch giebt er 


409 


an, dass die Oberfläche des Hinterlappens nach den Messungen seines 
Sohnes 18,5°/0o der Gesammtoberfläche der Hemisphären betrage. 


Auch der in neuerer Zeit in England so lebhaft geführte Streit 
über die Gegenwart eines Hinterlappens an dem Gehirn der Affen, hat 
keine genauere Bestimmungen der Grenzen der Hirnlappen überhaupt 
oder auch nur dieses Hinterlappens herbeigeführt. Die Bestimmung des 
letzteren durch Owen (Annals and Magaz. of. nat. hist. June 1861. p. 454) 
als ‚That part wich covers the posterior third of the cerebellum and 
extends beyond it“ konnte keinen Anspruch auf eine durch That- 
sachen allgemeiner befestigte Begründung machen. Auffallend ist mir 
nur noch die Abweichung oder vielmehr der Irrthum, den ich in Be- 
ziehung auf den vorderen oder aufsteigenden Schenkel der -Fossa Sylvii 
bei Turner 1.1. p.9 finde. Derselbe verlegt diesen Schenkel unmittelbar 
vor die vordere Centralwindung, und sagt, er thue dieses in Ueberein- 
stimmung mit Huxley, welcher denselben antero-parietal sulcus nenne. 
Huxley unterscheidet an der genannten Stelle (Proc. of the zool. soc. 
Vol. XXIX p. 257) allerdings einen solchen Sulcus, allein ich kann nicht 
finden, dass derselbe darunter den vorderen senkrechten Schenkel der 
Fossa Sylvii versteht, welcher auch in der That weit mehr nach vorn 
aufsteigt. Indessen kann ich auch den ganzen antero-parietal sulcus, 
so wie Turners intra-parietal fissure nicht zugeben, da in der bei 
weiten überwiegenden Mehrzahl der Fälle sowohl an die vordere als 
hintere Centralwindung sich unmittelbar andere Windungen anschliessen, 
durchgreifende Furchen also hier nicht vorhanden sind. 


Dr. Pansch benutzt die Fissura Rolando zur Abtrennung des Stirnlappens 
von dem Scheitellappen, so dass die vordere Centralwindung zu jenem, die 
hintere zu diesem gerechnet wird. Den Scheitellappen trennt er von dem 
Hinterhauptslappen durch die Fiss. occipit. int. Eine Grenze zwischen denı 
Hinterhauptslappen und Schläfenlappen an der unteren Fläche existirt 
nach -ihm nicht; man kann vielleicht eine untere Fläche an dem Hinter- 
hauptslappen ganz leugnen und ihn bis zur Fiss. Hippocampi und denı 
Sulcus temporalis inferior gehen lassen. Die äussere Fläche des Scheitel- 
lappens trennt er von der äusseren Fläche des Schläfenlappens durch 


eine vom Ende der Fiss. Sylvii nach der fiss. oceipital externa (bei 
52 


410 


den Affen) gezogene Senkrechte. An dem Schläfenlappen unterscheidet 
er ausser einem Sulcus temporalis superior oder der Parallelspalte noch 
einen Sulcus temp. medius und inferior. 


Wir sehen aus dieser Uebersicht verschiedener Autoren, dass die- 
selben zwar bei der Eintheilung der grossen Hemisphären in manchen 
Punkten übereinkommen, in anderen aber wesentlich von einander ab- 
weichen oder unsicher sind. Dieses ist namentlich in Beziehung auf 
den Hinterhauptslappen und seine Trennung vom Scheitel und Schläfen- 
lappen der Fall. Da es aber sehr nothwendig ist, über diese Frage 
ganz ins Reine und wo möglich zu einer Uebereinstimmung zu kommen, 
so habe ich die Prineipien für die gebräuchlichen Eintheilungen einer 
näheren Prüfung unterworfen. 


Ich habe desshalb zunächst an mehreren Schädeln Erwachsener 
das Verhältniss der Schädelnäthe zu dem in ihnen enthaltenen Gehirnen 
genauer festzustellen gesucht. Zu diesem Zweke durchbohrte ich die 
noch geschlossenen Schädel im Verlaufe der Kranz-Schuppen und Lambda- 
Nath an mehreren Stellen und führte durch diese Löcher Nadeln in das 
Gehirn ein, um dadurch an demselben den Verlauf jener Näthe genau 
zu bezeichnen. Ich fand, dass die Grenze der Kranznath nicht genau 
der jetzt fast allgemein angenommenen Grenze des Stirnlappen, nämlich 
der vorderen Centralwindung (Pli ascendant premier) entspricht. Nur 
an dem unteren Seitenrande ist dieses der Fall, wo die Kranznath mit 
dem unteren Ende der vorderen Centralwindung an ihrer Begrenzung 
der Fossa Sylvii so ziemlich zusammenfällt. Von da an aber weichen 
die Cenralwindungen weiter nach hinten gegen den Scheitel zurück, 
während die Kranznath mehr gerade aufsteigt. Die Entfernung beider 
von einander auf der Höhe der Hemisphäre kann 2 Centim. und darüber 
betragen. 


Der obere Winkel der Schuppe des Hinterhauptbeines oder die 
ehemalige kleine Fontanelle entspricht bei dem Erwachsenen dem oberen 
Ende der Fissura occipitales interna oder der Hinterspalte ziemlich 
genau, und das untere Ende der Lambdanath oder ihre Verbindung 
mit dem Warzentheil des Schläfenbeins einem oft vorhandenen Ein- 
schnitt an dem hinteren Theile des äusseren Randes der Hemisphäre. 


411 


Man kann demnach allerdings annehmen, dass der Verlauf der Lambda- 
nath der vorderen Grenze des Hinterhauptlappens gegen den Scheitel- 
lappen entspricht. 


Bei der Abgrenzung der Schuppennath des Schläfenbeins beobachte 
ich, dass dieselbe allerdings der Fossa Sylvii entspricht, aber nicht so 
weit hinaufgeht als diese Furche, sie vielmehr früher wieder verlässt 
und sich gegen den unteren äusseren Rand der Hemisphäre herabzieht. 
Der hiedurch abgegrenzte Schläfenlappen erreicht den Hinterhaupts- 
lappen nicht, sondern wird durch den unteren hinteren Winkel des 
Scheitellappens von diesem getrennt, so wie an dem Schädel sich der 
untere hintere Winkel des Scheitelbeins mit seinem sogenannten Margo 
mastoideus zwischen Schuppe des Schläfenbeins und Schuppe des Hinter- 
hauptes einschiebt; ein Verhältniss, welches mir an dem Hirn unerwartet 
war, in so ferne manche bisherige Autoren Schläfen und Hinterhaupts- 
lappen an. der äusseren und unteren Seite der Hemisphäre in einander 
übergehen lassen. 


Ich glaube, wir können daher allerdings bei dem erwachsenen 
Menschen die Verhältnisse der Schädeldeckknochen zu den Hemisphären 
benützen, um letztere in übereinstimmender Weise in einzelne Haupt- 
theile, Lappen, zu zerlegen. Allein wir dürfen dieses nicht als in einem 
genetischen Verhältniss begründet ansehen, und daher keine Uebertragung 
auf die Verhältnisse bei Thieren oder im jugendlichen Zustande als Kritik 
zulassen. Denn weder die Entwicklungsgeschichte noch die vergleichende 
Anatomie berechtigen dazu. 


In der ursprünglichen Bildung der grossen Hemisphären des Ge- 
hirnes liegt kein Grund zu einer Abtheilung derselben in verschiedene 
mit den Schädelknochen übereinstimmende Abschnitte. Sie. entwickeln 
sich bekanntlich als sogenanntes Vorderhirn durch Hervorwucherung 
aus dem vorderen Theile der vordersten primitiven Hirnblase, welcher 
sie demnach genetisch allein angehören. Der hintere Theil dieser Hirn- 
blase oder das sogenannte Zwischenhirn wird zum Streifenhügel, Sehhügel 
und Trichter, und nur zu diesen würde sich also eine genetische 
Beziehung in der Gestaltung der Hemisphären anfsuchen lassen, weil 


412 


beide aus demselben Primitiv-Theile hervorgehen. Wenn die Hemisphären- 
Blasen oder das sogenannte Vorderhirn später in gewissen Fällen, 
wie z. B. beim Menschen, die anderen Hirntheile, Mittelhirn, Hinterhirn 
und Nachhirn überwuchert und überdeckt, so ist dieses gewissermassen 
ein Zufall oder ein individuelles Verhalten, welches mannigfache Ver- 
schiedenheiten in der Wirbelthierreihe darbietet. Es besteht kein 
genetischer Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Hemisphären 
und diesem Mittelhirne und Hinterhirne, so dass man nicht sagen kann, 
dass gewisse Theile jener in einer näheren Beziehung zu diesen ständen. 

Die Entwicklung des Schädels aber steht unzweifelhaft in genetischer 
Beziehung und Zusammenhang mit den drei primitiven Hirnblasen. 
Hinterhaupts-, grosser und kleiner Keilbein-Wirbel gehören dem Vorder- 
hirn, Mittel- und Hinterhirn an. Nur der kleine Keilbein-Wirbel, also 
kleine Flügel des Keilbeins und Stirnbeine und ihre Entwicklung 
schliessen sich genetisch an die Entwicklung der Hemisphären; die Ent- 
wicklung des grossen Keilbeinwirbels und Hinterhauptswirbels hat 
genetisch nichts mit der Entwicklung der zum Vorderhirn gehörigen 
Hemisphären zu thun. Sie gestalten sich allerdings je nach der Grösse 
der Entwicklung dieser, allen man kann durchaus nicht sagen, dass 
irgend ein Theil der Hemisphären genetisch zum grossen Keilbeinwirbel, 
ein anderer zum Hinterhauptswirbel gehöre. Das Verhältniss verschiedener 
Theile der Hemisphären zu diesen Wirbeln gestaltet sich also im Fort- 
gange der Entwicklung und des Wachsthums auch ganz verschieden. 
Es giebt z. B. eine lange Zeit im Fötusleben, wo die hinterste Partie 
der Hemisphären gar Nichts mit dem Hinterhauptswirbel und der 
Schuppe des Hinterhauptes zu thun hat, sondern letztere gar keinen 
Theil jener deckt und diese ganz vor und ausserhalb der Hinterhaupts- 
schuppe liegt. Erst nach der Geburt gestaltet sich das gesammte 
Hinterhaupt so, dass die Schuppe des Hinterhauptes auch einen Theil der 
hinteren Partie der Hemisphären überwölbt, von welchem man indessen 
desshalb nicht sagen kann, dass er zum Hinterhauptswirbel gehört, 
eben so wenig wie irgend ein Theil der Hemisphären zum grossen Keil- 
beinwirbel genetisch gehört. Dieses kann man, wie gesagt, nur vom 
kleinen Keilbeinwirbel sagen. 

Der Mangel einer solchen genetischen Beziehung zwischen den 


413 


einzelnen Abtheilungen der Hemisphären und denen des Schädels beweiset 
übrigens auch noch die vergleichende Anatomie. Denn bei den Affen, 
wo der Hinterhauptslappen des Gehirnes so gross und so deutlich ge- 
trennt ist, entspricht derselbe nicht im Mindesten der Schuppe des 
Hinterhauptsbeines, welche bekanntlich hier fast ganz senkrecht gestellt 
ist und somit gar keine Gehirnmasse umfasst. Bei den Halbaffen, wo 
ein Hinterhauptslappen der Hemisphären fast ganz fehlt, ist umgekehrt 
die Schuppe des Hinterhauptsbeines sehr stark entwickelt und greift 
weit nach vorne auf den Schädel. 


Wir können daher von dem Verhältnisse der Schädelwirbeldeck- 
knochen zu den verschiedenen Partien der grossen Hemisphären kein 
in der genetischen Beziehung beider zu einander begründetes Princip 
der Eintheilung letzterer in einzelne Abschnitte oder Lappen entnehmen. 


Anders aber verhält es sich, wie mir scheint, bei der Entwicklung 
der Hemisphären selbst, bei welcher eine Scheidung derselben in ver- 
schiedene Abschnitte sehr bestimmt und deutlich hervortritt. 


Der erste Schritt dazu erfolgt durch die Bildung der Fossa Sylvii. 
Dieselbe beginnt schon am Ende des dritten Fötus-Monates, erscheint 
als eine seichte Querfurche ohngefähr in der Mitte der unteren Fläche der 
Hemisphären und bewirkt hier vorläufig nur an der unteren Seite eine 
Abtheilung jeder Hemisphäre in einen vorderen und hinteren Lappen. 
Im Laufe des vierten Monates wird diese Abtheilung nicht nur an der 
unteren Fläche immer tiefer und deutlicher, sondern sie zieht sich auch 
an den äusseren Seitenrändern der Hemisphären etwas nach hinten ge- 
richtet hinauf, so dass der hintere Lappen sich in eine obere und 
untere Abtheilung, in den zukünftigen Scheitel- und Schläfenlappen zu 
scheiden anfängt. Im fünften Monate wird die Furche noch tiefer 
und ausser ihrem nach hinten sich hinziehenden Schenkel erscheint 
auch von der Stelle, wo sie sich nach hinten wendet ein grade auf- 
steigender. Doch ist die Grube hier an der Seite der Hemisphäre noch 
sehr weit und zwischen ihren beiden aufsteigenden Schenkeln erscheint 
die zukünftige Insel oder der Stammlappen als eine sanfte Erhabenheit 
noch ohne Furchen. Erst allmählig im sechsten und fortschreitend im 
siebten und achten Monat wird die ganze Fossa Sylviis durch eine 


414 


stärkere Entwicklung ihrer Ränder immer tiefer und enger; diese 
Ränder wölben sich mehr und mehr über sie zusammen und bedecken die 
Insel, die aber noch am Ende des Fötuslebens nach Entfernung der 
Hirnhäute, obwohl längst schon gefurcht, sichtbar ist. Die Abtrennung 
des Schläfenlappens durch den horizontalen und den nach hinten auf- 
steigenden Theil wird immer schärfer und stärker; der nach vorne senk- 
recht aufsteigende Theil, die sogenannte Fissura anterior, wird zwar auch 
enger und tiefer, und wird, wie wir später sehen werden, für die sich um 
sie herumbildenden Windungen von Bedeutung, allein diese Fissur greift 
nicht weiter an der Seite der Hemisphäre hinauf, und giebt hier keine 
Veranlassung zu einer weiteren Theilung des vorderen Theiles der Hemi- 
sphäre oder zu einer Scheidung desselben in einen Stirn- und Scheitellappen, 
wie Einige angenommen haben, sondern sie kann sogar durch die sich 
wie gesagt um sie herumbildenden Windungen ganz undeutlich werden, 
obgleich sie nie ganz verschwindet. (Vergl. Tab. IV. Fig. 7—13 A. A‘. A“) 
Die Scheidung der vorderen und oberen Abtheilung der Hemi- 
sphäre in einen vorderen und hinteren Theil, in einen Stirn- und 
Scheitellappen, erfolgt vielmehr, wie ich glaube, durch die im sechsten 
Monate senkrecht über die Mitte der Hemisphäre herabsteigende 
Centralfurche (B.) (Fissura Rolando), welche sich durch ihr frühes Auftreten, 
und durch ihre unverändert bleibende Richtung und Beschaffenheit, dass 
sie niemals von irgend einer Windung unterbrochen wird, und sich nur 
allmählig immer mehr nach hinten neigt, von allen anderen Furchen 
unterscheidet. y 
Schon vorher im 5. Monate erscheint aber an der inneren und 
unteren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre die Hinterspalte 
oder senkrechte innere Occipitalspalte (C.) und mit ıhr zugleich die von 
Gratiolet vorzüglich hervorgehobene sogen. Hippocampus-Spalte (G.). Beide 
verhalten sich indessen in der ersten Zeit ihrer Entstehung anders zu 
einander als später, und ihr Verhältniss geht nur allmählig in das 
bleibende über. Bei dem Erwachsenen nämlich stellt sich die Sache 
so dar, dass man sagt: es findet sich an der inneren Seite des hinteren 
Theiles einer jeden Hemisphäre eine von dem um das Splenium corp. 
callosi sich herumschlagenden Gyrus Hippocampi ausgehende und hori- 
zontal nach hinten verlaufende, am hintersten Einde der Hemisphäre 


415 


meist in zwei kurze, nach oben und nach unten gerichteten Schenkel 
auslaufende Spalte, die Gratiolet eben wegen dieser ihrer Beziehung 
zum Gyrus Hippocampi, die Fissura hippocampi nannte. In sie mündet 
die von oben und hinten, schräg nach unten und vorn an derselben 
inneren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre herab laufende 
Hinterspalte oder hintere senkrechte Occipitalspalte ein, so dass durch 
sie die Hippocampusspalte in einen inneren vorderen und äusseren 
hinteren Theil zerfällt. 

Bei der Bildung dieser Verhältnisse ist es aber. anders. Im 
5. Monat läuft an der ganzen inneren und unteren Fläche des hinteren 
Theiles der Hemisphäre in einiger Entfernung von dem Rande der 
grossen queren Hirnspalte und dem hier schon angelegten Gyrus 
Hippocampi, eine fast senkrechte und ein wenig von hinten und oben 
nach ‘vorn und unten gerichtete Furche herab, welche die Hinter- 
spalte und den inneren vordern Theil der Hippocampusspalte in sich 


“ fast. In der Mitte ihres Verlaufes stösst auf sie eine horizontal’ an 


der inneren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre verlaufende 
Furche, welche später den äusseren hinteren Theil der Hippocampusspalte 
darstellt. Allmählis im Fortgange der Entwicklung, dadurch dass der 
ganze hintere Theil der Hemisphäre sich immer mehr nach unten umbiegt, 
verwandelt sich die Richtung und das Verhältniss beider Furchen zu 
einander ganz. Der vordere Theil der Hinterhauptsspalte wendet sich 
von da an wo die Hippocampusspalte auf sie stösst, immer mehr nach 
vorn und erscheint so nach und nach als eine Fortsetzung des hori- 
zontal verlaufenden hinteren und äusseren Theiles ' dieser Spalte, die 
Hinterspalte selbst aber mündet nun von oben ohngefähr in die Mitte 
des Verlaufes jener ein. 

Dieses anfänglich ganz verschiedene Verhalten der genannten beiden 
Spalten ist aber desshalb von Interesse, weil bei der ursprünglichen 
Richtung und Ausdehnung der Hinterspalte sie in der That an der in- 
neren und unteren Fläche dieses hintersten Theiles der Hemisphäre 
den Hinterlappen scharf abgränzt. Ausserdem macht sich im Anfang 
des sechsten Monates an der äusseren Seite dieses hinteren Theiles 
jeder Hemisphäre eine senkrecht herabsteigende Furche (Ü.) bemerkbar, die 
jener an der inneren und unteren Seite entspricht, so dass der Hinter- 

Abh. d. 11.C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 53 


& 


416 


lappen jetzt ganz gut begränzt erscheint. Reichert hat leider in seinen 
Abbildungen von Embryonen Gehirnen dieses Verhalten der genannten 
Spalten nicht dargestellt. Es findet sich aber ganz bestimmt ausge- 
sprochen. Die äussere senkrechte Furche geht aber im 7. und 8. 
Monate unter Ausbildung der anderen sich an dieser Aussenfläche des 
hinteren Theiles der Hemisphären entwickelnden Furchen und Wind- 
ungen wieder verloren, ohne dass ich im Stande wäre, zu behaupten, 
dass eine auch bei dem Erwachsenen nicht so selten an dieser äusseren 
Seite sich herabziehende Furche, und eine an dem Rande zwischen in- 
nerer und äusserer Fläche sehr oft sich findende Einkerbung als der 
Ueberrest oder die weitere Entwicklung jener primären Fötalfurche zu 
bezeichnen sei. Sie entspricht aber. offenbar der bei der Mehrzahl der 
Affen so auffallend und deutlich vorhandenen senkrechten äusseren 
Oceipitalfurche, welche bei ihnen Scheitel- und Hinterhauptslappen von 
einander trennt. 


Ich sehe mich auf diese Weise im Wiederspruch mit Arnold und 
Reichert, welche, wie ich oben angegeben, den Hinterlappen nur als 
einen späteren Auswuchs oder Verlängerung des hinteren Theiles der 
embryonalen Hemisphären betrachten: Ich behaupte im Gegentheil, dass 
derselbe wie alle übrigen Theile dieser Hemisphären sich allmählig aus 
dem anfangs noch nicht in einzelne Lappen unterscheidbaren Keime da 
entwickelt, wo er später bemerkt wird. Ja die Selbstständigkeit dieses 
Hinterlappens wird durch das frühe Auftreten der inneren senkrechten 
Occipital- und der Hippocampus-Spalte, sowie der transitorischen 
äusseren senkrechten Occipital-Furche ganz besonders bewiesen. 


Die Entwicklungsgeschichte befürwortet daher die Zerlegung einer 
jeden Hemisphäre in die gewöhnlich als Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupts-, 
Schläfen- und Stammlappen bezeichneten Abtheilungen, und es ist um 
so mehr Gewicht darauf zu legen, weil, wie wir später sehen werden, 
dieselben Furchen, welche diese Abtheilungen bewirken, in sehr genauer 
Beziehung zu den sich um sie herumziehenden Windungen stehen. Es 
ist auch kein Grund vorhanden, die Benennungen der Abtheilungen zu 
ändern, da wenn sie gleich nicht auf einer genetischen Wechselbeziehung 
zwischen Hemisphäre und Schädel beruhen, sie doch grösstentheils den 


417 


Verhältnissen entsprechen, in welchen man beim erwachsenen Menschen 
die Hemisphären zu dem Schädel findet. 


Ich unterscheide daher mit Burdach und Denen, welche ihm gefolgt 

sind, folgende fünf grössere Abtheilungen oder Lappen an jeder 
Hemisphäre. 
1. Die Stirnlappen. (l.) Sie füllen in der That den vorderen Keil- 
beinwirbel aus, liegen in der Aushöhlung der Stirnbeine, auf den Augen- 
höhlendächern, gehen aber nach hinten weiter als bis zur Kranznath. 
Am Gehirn sind ‘sie an der unteren Fläche nach hinten durch den 
horizontalen Stamm der Fossa Sylvii scharf abgegrenzt; an der äusseren 
und oberen Fläche ist es die vordere Rolando’sche oder Centralwindung 
“ (Premier pli ascendant. Grat.), welche sie von den Scheitellappen leicht 
erkennbar scheidet. 


Dass ich eine unmittelbar vor der vorderen Oentralwindung in die 
Höhe steigende Furche, Huxleys und Turners Sulcus antero-parietal über- 
haupt nicht und also auch nicht als hintere seitliche Grenze des Stirn- 
lappens anerkennen kann, habe ich schon oben erwähnt; denn ein solcher 
Suleus existirt nicht, da die vordere Oentralwindung stets wenigstens durch 
drei von ihr ausgehende Brücken mit den Stirnwindungen in Verbindung 
steht. Ebensowenig kann ich den senkrecht aufsteigenden vorderen Schenkel 
der Fossa Sylvii als hintere seitliche Grenze des Stirnlappens gelten lassen, 
da er zu weit nach vorne fällt, jedenfalls nur eine sehr unvollständige 
Trennung hervorbringen ‚würde, endlich auch, wie wir noch weiter sehen 
werden, eine ganz andere Bedeutung hat. 


Darin, dass ich die vordere Centralwindung und nicht die Central- 
spalte als Grenze für den Stirnlappen bezeichne, liegt vielleicht eine 
Inconsequenz. Allein einmal kann man immer mit Recht sagen, die eine 
solche Furche begrenzenden Windungen machen mit ihr ein Ganzes 
aus; dann aber würde eine solche Zerreissung der Centralspalte und 
ihrer sie einschliessenden Windungen, wovon die eine zum Stirn- die 
andere zum Scheitellappen gerechnet werden würde, etwas Unnatürliches 
sein; und endlich würde durch das Hinzurechnen der vorderen Central- 
windung zum Stirnlappen dieser doch eine gar zu grosse Ausdehnung 
nach hinten, weit über die Höhe der Kranznath hinaus, erhalten. 

93% 


418 

An der inneren Seite einer jeden Hemisphäre ist die Grenze 
zwischen Stirnlappen und Scheitellappen ebenfalls durch die sich in 
in die grosse Längs-Hirnspalte hineinsenkende vordere Centralwindung 
angedeutet, die sich aber nicht bis auf den Balken herabzieht, vielmehr 
ist dieser bekanntlich der Länge nach von dem Zwingenwulst (Gyrus 
cinguli) bedeckt, welcher daher hier die Trennung des Stirnlappens von 
dem Scheitellappen überbrückt. Die Trennung der Stirnwindungen von 
dem Zwingenwulst wird durch eine Längsfurche, Grand Sillon du lobe 
fronto parietal Grat., besser Sulcus calloso marginalis Huxley, hervorgebracht. 

2. Die Seele Meppen (IL) Diese liegen unter den Scheitelbeinen 
und werden in ihrer ganzen Ausdehnung von diesen Deckplatten des 
zweiten oder grossen Keilbeinwirbels an ihrer oberen äusseren Fläche 
bedeckt. Sie reichen also bis zurLambdanath und von der Pfeilnath bis 
zur Schuppennath des Schläfenbeins. An den Hemisphären selbst werden 
sie natürlich nach vorne von den Stirnlappen durch die vordere Central- 
windung getrennt. Nach hinten ist ihre Trennung von dem Hinterhaupts- 
lappen nur an der inneren Seite durch die senkrecht und nach vorne 
herabsteigende Hinterspalte, Fissura occipitalis perpendicularis interna, 
scharf bezeichnet. An der äusseren Seite ist die Scheidung vom Hinter- 
hauptslappen undeutlich und nur manchmal durch eine senkrecht sich 
herabziehende Furche, Sulcus oceipitalis perpendicularis externus, und durch 


eine Einkerbung an dem unteren äussere Rande, welche indessen beide. 


meist fehlen, angedeutet. Der vordere Theil des unteren äusseren Randes 
wird begrenzt durch die Fossa Sylvii; der hintere Theil desselben zieht 
sich entsprechend dem unteren hinteren Winkel des Scheitelbeins herab bis 
an den unteren Rand der Hemisphäre und trennt hier den Hinterhaupts- 
lappen von dem Schläfenlappen, mit welch letzterem er genau zusammen- 
hängt. 

Ich lasse also diese Scheitellappen sich bedeutend weiter nach 
hinten erstrecken, als dieses Gratiolet thut, trotzdem dass er ebenfalls 
die Fissura oceipitalis perpendicularis interna als Grenze zwischen 
Scheitel- und Hinterhauptslappen bezeichnet. Denn ich rechne seine 
vier Plis de Passage externes, welche er ziemlich inconsequent zu dem 
Hinterhauptslappen zählt, zu den Theilen des Scheitellappens. 

3. Die Hinterhauptslappen. (IIl.) Die Begrenzung derselben ist am 


419 


Gehirne am undeutlichsten ausgesprochen, daher ist sie am verschiedensten 
angegeben und in der neueren Zeit vielfach bestritten worden. Halten 
wir uns dabei zunächst wieder an den Schädel, so füllen sie allerdings 
nur denjenigen Theil der Höhlung der Hinterhauptsschuppe aus, der 
über dem Hirnzelt liegt und bis an den oberen Winkel der Pyramide 
des Felsenbein grenzt. Am Gehirn wird die Scheidung des Hinterhaupts- 
lappens von dem Scheitellappen an der inneren Seite jeder Hemisphäre 
durch die schräg von oben und hinten nach unten und vorn herabsteigende 
Hinterspalte (Fissura occipitalis perpendicularis interna) bewerkstelligt. 
Ihr oberer Anfang an dem inneren Rande jeder Hemisphäre entspricht ganz 
genau der oberen Spitze der Schuppe des Hinterhauptsbeines oder der 
kleinen Fontanelle, dann wendet sie sich aber schräg nach vorne gegen 
das Splenium corporis callosi, wo sie in die Fissura Hippocampi über- 
geht. Diese Richtung ist meiner Ansicht nach ganz charakteristisch; 
denn während sie Anfangs beim Embryo fast senkrecht nach unten 
geht, zeigt ihre spätere Richtung nach vorne und unten, dass bei der 
späteren stärkeren Entwicklung der ganzen hinteren Partie der Hemi- 
sphäre die Gehirnmasse nach hinten, unten und vorwärts gedrängt wird 
und der Hinterhauptslappen an der unteren Fläche dann weiter nach vorne 
reicht als an der oberen. An dieser unteren Fläche erstreckt sich der 
Hinterhauptslappen desshalb bis an den oberen Winkel der Pyramide 
des Felsenbeins nach vorne, was man nur an dem ganz frischen und 
noch nicht weichen, oder an dem in der Schädelhöhle erhärteten Gehirn 
an einer seichten durch diesen oberen Winkel der Felsenbein-Pyramide 
hervorgebrachten Furche erkennt, die nach der Herausnahme des Ge- 
hirns bald verloren geht. Ihr entspricht der vordere Rand der Hemi- 
sphären des kleinen Gehirns, wenn dieses noch in seiner richtigen 
Lage, und nicht wie gewöhnlich nach hinten gesunken ist. An den 
Windungen und Furchen der unteren Fläche des Hemisphäre ist sonst 
die Grenze leider nicht deutlich gegeben, weil hier die Windungen des 
Hinterhauptes mit denen der unteren Fläche des Schläfenlappens zu- 
sammenfliessen. Doch werde ich bei der Beschreibung dieser Windungen 
an der unteren Fläche beider Lappen noch angeben, dass sehr oft 
allerdings diese Grenze durch bestimmte Furchen und durch den Ver- 
lauf der Arterien bezeichnet wird. An der äusseren Seite sollte der 


420 


Hinterhauptslappen von dem Scheitellappen durch die schräg nach vorn 
herabsteigende fissura occipitalis perpendicularis externa getrennt sein. 
Allein ich habe schon gesagt, dass diese meistens ganz fehlt; die Grenze 
wird also nur durch eine ideale von dem oberen Eingang in die fissura 
perpendicularis interna gegen den unteren Rand der Hemisphäre schräg 
nach vorn herabgezogene Linie und eine hier oft bemerkbare Einkerbung 
bezeichnet, während sonst die Windungen des Hinterhaupts- und Scheitel- 
lappens in einander übergehen. 

4. Die Schläfenlappen. (IV.) Diese sind im Allgemeinen sehr gut ab- 
gegrenzt, weil sie in den mittleren Schädelgruben liegen und diese ganz 
ausfüllen. Am Gehirn begrenzt sie nach vorne der horizontale Stamm 
der Fossa Sylvii. Nach oben trennt sie der nach hinten heraufziehende 
Schenkel dieser Grube von den Scheitellappen. Nach hinten und an der 
unteren Fläche hängen sie indessen, wie schon erwähnt, mit dem Scheitel- 
und Hinterhauptslappen zusammen, und das bei diesen in Betreff der 
Trennung Gesagte gilt natürlich auch hier. 

Man bemerkt an dem Schläfenlappen mehrere Längsfurchen, deren 
ich schon hier Erwähnung thun will. Die eine ist die mit der Fossa 
.‚Sylvii parallel verlaufende Fissura parallela Gratiolets oder Sulcus tem- 
poralis superior Pansch, antero-temporal Huxley. Sie fehlt zuweilen bei 
sehr windungsreichen Gehirnen, wo sie durch Entwicklung von quer 
und schräg gerichteten Windungen verschwindet. Seltener findet sich 
noch eine zweite mit dieser parallel verlaufende Furche, Sulcus tempo- 
ralis medius Pansch, postero temporal Huxley. Sie ist meist nur an 
dem hinteren Theil des Schläfenlappens entwickelt. An der unteren 
Fläche desselben findet sich immer eine sich bis in den Hinterlappen 
hineinziehende, schräg von innen und vorn nach aussen und hinten 
gerichtete Furche, Sulcus collateralis Huxley, welche der Eminentia colla- 
teralis Meckelii zwischen hinterem und absteigenden Horn des Seiten- 
ventrikels entspricht. 

5. Endlich ist auch noch der Stammlappen(V.) zu erwähnen. Dieser 
liegt indessen gewissermassen im Innern des Gehirns und wird daher 
von keinem Schädeltheile unmittelbar begrenzt. Denn ich rechne zu 
ihm den Hirnschenkel, Seh- und Streifenhügel, den Linsenkern und die 
unter dem Namen der Insel bekannte Windungsgruppe. Letztere liegt 


421 


zwar eigentlich an ihrer äusseren unteren Fläche frei in der Sylvischen 
Grube zwischen deren beiden nach oben und hinten auseinander gehen- 
den Schenkeln. Allein der Stirn-, Scheitel- und Schläfenlappen haben 
sich so über sie herüber gewölbt, dass sie, namentlich so lange auch 
noch die Hirnhäute die Ränder der Grube zusammenhalten, nicht sicht- 
bar ist. Erst wenn man den hinteren Rand der unteren Fläche und 
den unteren Rand der äusseren Fläche des Stirn- und Scheitellappens, 
so wie den vorderen Rand des Schäfenlappens auseinanderbiegt, kommt 
die Insel zum Vorschein, ist aber eben dabei durch diese Theile so gut 
abgegrenzt, dass diese ihre Grenzen keiner weiteren Beschreibung be- 
dürfen. Auch in Betreff der Hirnschenkel, Seh- und Streifenhügel, die 
sich durch die sogenannte grosse Querspalte des Gehirns ins Innere 
hineinziehen und hier theilweise frei in den Hirnhöhlen liegen, ist es wohl 
nicht nöthig, etwas Genaueres anzuführen. 

Es ist in mehrfacher Beziehung nicht ohne Interesse, das relative 
Grössenverhältnis dieser verschiedenen Lappen der Hemisphären unter- 
einander und zu der ganzen Hemisphäre genauer in Zahlen angeben 
zu können. Ich habe zu diesem Zweck die in Chlorzink und Weingeist 
erhärteten Hemisphären in den. oben beschriebenen Grenzen möglichst 
genau zerlegt, die ganze Hemisphäre und die einzelnen Theile gewogen 
und die letzteren nun nach Procenten der ersteren berechnet. Ich habe 
auf diese Weise für sechs beliebig benutzte Hemisphären Erwachsener 
folgende Zahlen erhalten. 


ale, Hinter- Sfan_ " 
Hemisphäre Stirnlappen ; al haupts- in ar 
appen lappen lappen lappen 
Männlich .üi\. -- 29,1 31,5 | 3 14,2 9,5 
ll. MännlichBrachycephal| 28,7 30) Er NR) 15,4 10,1 
II.Männlich ..... 30,0 38,3 10,7 10,7 10,3 
IV. Männl. Dolichocephal.! 30,4 36,4 8,2 15,1 9,8 
Weiblich... .-. 30,0 36,4 11,6 12,6 9,6 
VI. Weiblich Brachycephal| 30,7 36,6 9,6 179,8 2,3 
Denker a: 29,81 36,75 10,05 13,63 9,73 


422 


Das Verfahren ist natürlich unsicher, da die Grenzen der einzelnen 
Lappen nicht so genau gegeben sind, um die Theilungen immer genau 
in derselben Weise ausführen zu können; doch stimmen die Zahlen so 
weit überein, dass man annehmen kann, ich habe es doch immer so 
ziemlich getroffen. 

Ich habe dasselbe auch an verschiedenen Fötus-Gehirnen aus ver- 
schiedenen Monaten in Anwendung gesetzt, woraus sich folgende Zahlen 
ergeben haben. 


Fötus Stirnlappen a er et 
lappen 19) AP 
EERER: | 
Me nat nee 94,2 96,4 10,9 17,6 20,9 
6.Monat.. ee 23,4 2555 | 1.137 18,1 21,3 
7. Monat =... 95,2 30,6 12,6 19,4 12,1 
BiMonah- Iiuyı aluga 30,8 | 26,5 13,0 16,3 13,4 
Neugeboren ...:. 29,8 30,6 ae) 14,9 11.2 
3jähriges Mädchen . 3i;d 30,1 14,8 13,8 10,2 


Diese Zahlen scheinen mit Hinzunahme der vorigen zu beweisen, 
dass der Stammlappen und Schläfenlappen mit fortschreitender Ent- 
wicklung etwas ab, Stirnlappen und vorzüglich Scheitellappen zunehmen, 
der Hinterhauptslappen im Fötus-Leben zunimmt, später aber zurück- 
bleibt. Indessen wäre die Zahl der Beobachtungen. wohl noch zu ver- 
mehren, ehe man ein zuverlässiges Resultat zu haben annehmen dürfte. 

Huschke hat, so viel ich weis, zuerst den Versuch gemacht, das 
relative Grössenverhältniss der einzelnen Hirnlappen gegeneinander in 
Zahlen auszudrücken und zwar auch durch Wiegen. Er begrenzt den Stirn- 
lappen durch einen der Stirnnath entsprechenden Schnitt, den Hinter- 
lappen durch einen senkrecht hinter dem Balkenwulst gemachten Quer- 
schnitt; Schläfen- und Scheitellappen trennt er nicht von einander. 


0 


423 


Er giebt nur Mittelzahlen für verschiedene Alter und Geschlechter, nicht 
für die einzelnen Gehirne, daher die Zahlen nicht ganz zusammenpassen. 
Bei einem erwachsenen männlichen Hirn beträgt der Stirnlappen etwa 
22,4°%/, der Scheitel- und Schläfenlappen 60,7°/o, der Hinterlappen 14,5°/o. 

R. Wagner hat nur die Oberfläche der verschiedenen Hirnabtheil- 
ungen zu gleichem Zwecke in Betracht gezogen und dieselbe durch 
seinen Sohn durch Messungen ermitteln lassen. Vier menschliche Ge- 
hirne ergaben für die äussere, innere und untere Fläche folgende Pro- 
centzahlen. (H. Wagner Maassbestimmungen der Oberfläche des grossen 
Gehirns. -Gött. 1864. p. 15.) 


S Scheitel- | Schläfen- | Hinter- 
Stirnlappen 

lappen lappen lappen 

Gauss. ... 43,5 18,0 21,2 17,2 
Fuchs ... 45,0 1547 79.5 19,8 
van 44,2 16,8 22,4 16,8 
Krebsur... . 41,3 17,0 24,0 17,6 
Mittel. : . . 43,5 16,9 21,8 17,8 


Man vermisst hiebei zunächst eine genaue Angabe über die Grenzen 
der einzelnen Lappen, da, was p. 11 hierüber gesagt ist, durchaus 
nicht hinreicht. Auch mit der Einrechnung der vorderen Gentralwindung 
zu dem Stirnlappen, der, wie ich schon gezeigt, dadurch viel zu gross 
wird, bin ich nicht einverstanden. Natürlich lassen sich ausserdem 
meine und Huschkes Zahlen nicht mit diesen H. Wagners parallelisiren, 
da sie ganz verschiedene Gegenstände, erstere die Masse, letztere nur die 
Oberfläche, die meinigen ausserdem noch den Stammlappen betreffen, von 
dem bei Huschke und Wagner keine Rede ist. Man sieht aber auch wie vor- 
sichtig man mit solchen Zahlen verfahren muss, um Schlüsse aus ihnen 
z. B. auf die relative Entwicklung der einzelnen Hirntheile zum Ganzen 
und bei verschiedenen Individuen zu ziehen. 


Abh. d. II.Cl. d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 54 


424 


II. 


Von der Anordnung der Grosshirnwindungen bei dem 
erwachsenen Menschen. 


Nach dieser Darstellung der Abtheilung der Hemisphären des . 
Grossgehirns in einzelne grössere Lappen, wende ich mich nun zur 
Beschreibung der Anordnung der Windungen an denselben. 

Dabei muss ich von vorneherein bemerken, dass ich so wenig wie 
irgend Einer meiner Vorgänger wirklich alle einzelnen Windungen zu 
beschreiben beabsichtige. Dieses ist bis jetzt sicher noch zu früh. Man 
beschreibt allerdings wirklich einige einzelne Windungen, in der Regel 
aber nur gewisse Gruppen von solchen, obgleich man dieselben gewöhn- 
lich auch als Windungen bezeichnet. Dieses geschieht nicht ohne Nach- 
theil und Zweideutigkeit. Denn indem man solche Gruppen von Windungen 
manchmal auch wieder Läppchen genannt hat, verschwindet der Unter- 
schied von Windungen, Windungsgruppen und Läppchen und man wird 
in der Beschreibung irre. Gratiolet z. B. hat einzelnen Windungsgruppen 
die Bezeichnung Lobule beigelegt, während er andere, die ebenso zu- 
sammengesetzt sind, Plis nennt, ohne dass man einen Grund davon 
einsieht. Ich werde diese Veranlassung zu Missverständnissen zu ver- 
meiden suchen, und da, woes sich wirklich nur von einzelnen Windungen 
handelt, sie auch so bezeichnen, wo aber nur Gruppen von Windungen 
gemeint sind, sie auch so benennen. 

Den von mir, wie ich glaube, aufgefundenen Typus für die Anord- 
nung zahlreicher und meist ganz verkannter Windungen spreche ich 
aber in dem Satz aus: 


Eine grosse Zahl von Windungen der Grosshirn- 
Hemisphären ist um die Enden der dieselben durch- 
setzenden primären Furchen in mehr oder weniger 
einfachen oder complicirten Bogen gelagert 


und schicke denselben der nachfolgenden Beschreibung mit der Bitte 


425 


voraus, denselben bei der Darstellung der Einzelheiten im Auge behalten 
zu wollen. 


1. Die Windungen des Stirnlappens. 


Gratiolet unterscheidet die Windungen an der orbital, an der 
äusseren und inneren Fläche des Stirnlappens, und hat sie in fünf 
Gruppen zerlegt. Eine an der auf dem Dach der Augenhöhle liegende 
Gruppe als Lobule orbitaire; drei an der äusseren und oberen Fläche 
der Hemisphäre als Plis frontales und zwar als Etage superieur, moyen 
und införieur, letztere auch als Etage sureilier; die an der inneren Seite 
des Stirnlappens gelegenen Windungen fasst er mit denen des Scheitel- 
lappens unter der Bezeichnung des Lobe fronto-parietal zusammen und 
unterscheidet, soweit der Stirnlappen reicht, einen Pli du corps calleux 
ou de la zone interne und einen pli de la zone externe. 

Ich habe mich mit dieser Auffassungsweise nicht versöhnen können, 
obwohl ich anerkenne, dass die Betrachtungsweise der Windungen nach 
den verschiedenen Flächen, auf welchen sie auftreten, in topographischer 
Hinsicht manches für sich hat. Allein es sind in der That grösstentheils 
nur dieselben Windungszüge, welche an allen drei Flächen des Stirn- 
lappens bemerkbar sind, und es schien mir daher nicht gerechtfertigt, 
wo dieses der Fall ist, dieselben der blossen Localität wegen, an 
welcher sie auftreten, von einander zu trennen, was an gewissen 
Stellen nur mit rücksichtslosester Trennung des Zusammengehörigen 
geschehen kann. 

Ich halte es daher für naturgemässer und besser, ausser dem an 
der inneren Seite die grosse Hirnspalte und den Balken umziehenden 
Gyrus Cinguli (Pli du corps calleux) nur drei Stirnwindungszüge und 
zwar einen ob eren, mittleren und unteren oder einen ersten, zweiten 
und dritten zu unterscheiden, wobei zu bemerken, dass diese Zahlen in 
Uebereinstimmung mit R. Wagner, den Gratiolet’schen in umgekehrter 
Ordnung entsprechen. Alle drei Windungsgruppen stehen nach hinten 
fast ausnahmslos mit der vorderen Centralwindung in oberflächlicher 
Verbindung, oder gehen von ihr mit ihren Wurzeln aus. 

Die obere oder erste Stirnwindungsgruppe(l.) entspringt in der 
bei weitem ‚grössten Mehrzahl der Fälle mit einer Wurzel von dem 

54* 


426 


inneren und obersten Theile der vorderen Centralwindung, welche Wurzel 
indessen öfter auch schon in einem kurzen inneren und oberen Schenkel 
gespalten ist. Nicht sehr selten, nach meinen Beobachtungen in '/a der 
Fälle, entspringt diese obere Stirnwindung aber auch noch mit einer 
zweiten mehr gegen die Mitte von der vorderen Centralwindung ab- 
gehenden Wurzel. Beide vereinigen sich zu einem längs des oberen und 
inneren Randes des Stirnlappens nach vorn ziehenden Windungszug, 
dessen einzelne gewundene Windungen bald mehr an der oberen, bald 
mehr an der inneren Seite liegen, so dass es mir äusserst gezwungen 
erscheint, sie je nach dieser Lage von einander zu trennen. An der in- 
neren Seite sind sie von dem unter ihnen herziehenden Gyrus cinguli (24.) 
durch eine Furche getrennt, welche Gratiolet Grand sillon du lobe fronto 
parietal, die Engländer nach Huxleys Vorgang Sulcus calloso marginalis(H.) 
nennen. Gewöhnlich findet sich keine Verbindung zwischen dem Gyrus 
cinguli und den durch die genannte Furche von ihnen getrennten Stirn- 
windungen; zuweilen aber doch und dann vorzüglich vorn in der Gegend 
des Balkenknies. Zuweilen sind allerdings die an der inneren Seite des 
Stirnlappens gelegenen Windungen des ersten Zuges noch durch eine 
zweite mit dem Sulcus calloso marginalis parallel verlaufende Furche 
in zwei, manchmal, besonders in dem vorderen und unteren Theile, 
sogar in drei Längs - Reihen unregelmässig zerlegt. Allein diese 
Zerklüftung gehört zu den individuellen secundären Verhältnissen der 
Anordnung der Windungen, die überhaupt sehr wechselnd und mannig- 
fach sein kann. An der oberen Seite verschmälert sich dieser erste 
Windungszug aber fast immer, je mehr er an das vordere Ende der 
Hemisphäre gelangt, beträchtlich, steht an diesem vorderen Ende immer 
in einer mehrfachen, zwei-, dreimaligen Verbindung mit dem mittleren 
Stirnwindungszug, und biegt sich dann auf die untere oder Orbitalfläche. 
Hier ist er nur noch sehr schmal und bildet vorzugsweise nur noch 
die beiden Längswindungen, mit dem sie trennenden Sulcus olfactorius, 
in welchem der Riechnerve liegt; die meisten ebenfalls der Länge nach 
verlaufenden Windungen dieses ersten Stirnwindungszuges liegen an 
diesem ÖOrbitaltheil des Stirnlappens an der inneren Seite, und gehen 
nach hinten in die Caruncula mammillaris oder das Tuber olfacto- 
rium über. 


427 


Der zweite oder mittlere Stirnwindungszug (2.)steht nach hinten 
ebenfalls in der grössten Mehrzahl der Fälle mit einer Wurzel mit 
der vorderen Centralwindung in Verbindung. Dieselbe geht meist von 
der Mitte derselben, zuweilen aber auch von deren unterem Ende aus, 
wo sie dann mit der Wurzel des dritten Stirnwindungszuges verbunden 
ist, erst etwas längs der vorderen Centralwindung in die Höhe und 
dann nach vorne verläuft. Zuweilen entspringt indessen auch sie mit zwei 
Wurzeln von der vorderen Centralwindung; im Gegensatze dazu in- 
dessen zuweilen, obgleich selten, gar nicht, wenigstens nicht mit einer 
oberflächlich gelegenen Wurzel. 

Wenn sich dieser zweite Stirnwindungszug dem vorderen Ende der 
Hemisphäre nähert, wird er oft sehr undeutlich, weil er nach beiden 
Seiten mit dem oberen und unteren in mehrfache Verbindungen tritt. 
Indem er aber dann an das vordere Ende der Hemisphäre gelangt, ver- 
breitert er sich meist so, dass er diesen vorderen Rand grösstentheils 
bildet, seine einzelnen Windungen eine fast horizontale Richtung annehmen, 
und oft durch einen ziemlich auffallenden horizontal verlaufenden Sulcus 
unterbrochen erscheinen. An der Orbitalfläche selbst verschmälert er 
sich aber wieder rasch, indem er nach hinten sich wendet und die Ge- 
stalt eines Dreiecks annimmt, dessen Spitze gegen die Caruncula lacrimalis 
oder gegen den Eingang in den horizontalen Theil der Fossa Sylvii hin 
gerichtet ist, dessen innere Seite von dem Gyrus olfactorius, dessen äussere 
von den Windungen des dritten Stirnwindungszuges begrenzt wird. 
Dieser Orbitaltheil des mittleren Stirnwindungszuges zeigt häufig einige 
Furchen, die in Verbindung mit den dem ersten und dritten Stirn- 
windungszug angehörigen, eine eigenthümliche H-förmige oder stern- 
förmige Figur darstellen, welcher einige Autoren eine besondere Auf- 
merksamkeit, ja selbst einen besonderen Namen geschenkt haben, z. B. 
Turner: Triradiad sulcus. Allein diese Bildung ist sehr wechselnd und 
bedeutungslos, da sie vorzüglich von der Anordnung des dritten Stirn- 
windungszuges abhängig ist. 

Dieser dritte oder untere Stirnwindungszug (3.) ist nun 
meiner Ansicht nach vorzüglich beachtenswerth. Er ist es, wegen dessen 
ich es ganz besonders unpassend ja unmöglich finde, seinen noch an 
der äusseren Seite gelegenen Theil von dem an der unteren Fläche 


428 


gelegenen zu trennen, da es schon ohne tieferes Eingehen in seine 
Natur und Entstehung zu auffallend ist, wie seine einzelnen Windungen 
zu einem Ganzen gehören. 

Er beginnt nach hinten immer mit einer, selten mit zwei Wurzeln 
von dem untersten Ende der vorderen Centralwindung, und zieht sich 
nun bei verschiedenen Individuen in sehr verschiedener Weise in auf 
und absteigenden, kürzeren oder längeren, durch tiefe Einschnitte von 
einander getrennten, steilen Windungen, um den vorderen oder senkrecht 
aufsteigenden Schenkel der Fossa Sylvii herum. Die Verbindung mit der 
vorderen Centralwindung liegt oft etwas tief versteckt; aber sie fehlt 
nie. Diejenigen Windungen, mit welchen der Zug. am meisten nach vorn 
und oben gerichtet ist, sind die höchsten und zwischen ihnen ist die 
tiefste Furche eingeschlossen, welche man gewöhnlich als den vorderen 
senkrecht aufsteigenden Schenkel der Fossa Sylvii (als Fissura anterior 
Krause) bezeichnet. An der Orbitalfläche, wo die Windungen sich nach ein- 
wärts wenden, fallen sie schnell ab, und verlaufen nach einwärts und 
innen in die Caruncula lacrimalis. Diese Windungen begrenzen auf 
diese Weise, wie Jeder weis, den horizontalen Stamm der Fossa Sylvi 
von Vorne und umziehen im Bogen den vorderen senkrecht aufsteigen- 
den Schenkel derselben. Sie bedecken im ausgebildeten Menschengehirn 
den grössten Theil des Stammlappens oder der Windungen der Insel, 
die nach Entfernung der Pia mater unter ihnen zum Vorschein kommen. 
Nach aussen und vorn stehen diese Windungen, wie schon erwähnt mit 
denen des zweiten Stirnwindungszuges, besonders auch an der Orbital- 
fläche in wechselnden Verbindungen, scheiden sich aber doch meist 
leicht erkennbar von ihnen ab. 

Der Namen Pli oder Etage surcilier für den Einige im Deutschen 
die Bezeichnung Augenwindung gewählt haben, ist bei dem Menschen 
durchaus unpassend für diesen dritten Stirnwindungszug. Er passt, wie 
ich weiter unten zeigen werde, für die Affen, bei welchen denn auch 
Gratiolet ihn gebildet hat. Denn bei den Affen bildet das schwach ent- 
wickelte Rudiment dieses Windungszuges allerdings den vorderen, dem 
Arcus supraciliaris entsprechenden Rand des Stirnlappens. Allein bei 
dem Menschen ist dieses wegen der starken Entwicklung des ersten 
und zweiten Stirnwindungszuges in ihren vorderen Theilen nie der Fall. 


429 


Sie drängen den dritten Stirnwindungszug im Bogen nach hinten und 
nehmen selbst den Supraciliarrand des Stirnlappens ein, während unser 
dritter Windungszug den unteren, hinteren und äusseren Rand des 
Stirnlappens bildet. Es wäre zu beklagen, wenn diese Bezeichnung 
Augenwindung sich einbürgerte; denn sie ist ganz sinnlos für den 
Menschen, bei dem sie doch durch ihre besonders starke, individuell 
sehr verschiedene und, wie es scheint, für das Sprachvermögen bedeu- 
tungsvolle Entwicklung besondere Beachtung verdient. 


2. Die Windungen des Scheitellappens. 


Unter den Windungen des Scheitellappens sind vor Allem die beiden 
an der Aussenseite der beiden Hemisphären im Allgemeinen in der 
Richtung der Kranznath verlaufenden und durch eine tiefe Spalte von 
einander getrennten Windungen zu bemerken, welche nach Rolando ihren 
Namen erhalten haben, oder von Huschke Oentralwindungen (6.u.7.) und 
Centralspalte (B.) genannt worden sind. In der That verlaufen sie im Gan- 
zen im Centrum der Aussenfläche der Hemisphären und sind durch ihre 
Dicke, ihren meist gestreckteren Verlauf und.durch die tiefe, sie trennende, 
ununterbrochene Spalte so auffallend, dass sie bei der Beobachtung der 
Hemisphären auf ihre Windungen zunächst auffallen, und zur Orientirung 
auch am besten zuerst aufgesucht und herausgesetzt werden. Alles was 
vor ihnen liegt, ist, wie ich oben erörtert habe, Stirnlappen, Alles was 
hinter ihnen, Scheitel- und Hinterhauptslappen, sie selbst aber rechne 
ich ebenfalls zu dem Scheitellappen. Diese beiden Windungen stehen 
immer oben und unten, an dem die grosse Längshirnspalte und an dem 
die Fossa Sylvii begrenzenden Rande, in einer bogenförmigen, sich um 
die Enden der Furche herumziehenden Verbindung, niemals aber 
während ihres Verlaufes. Es ist sehr auffallend, dass R. Wagner an 
dem Gehirn von Professor Fuchs eine solche Verbindung beider Central- 
windungen beschreibt und abbildet, als wenn dieses etwas öfter Vor- 
kommendes wäre. Ich sah bei den vielen von mir untersuchten Gehirnen 
nie Etwas der Art. 

Nach vorne verbinden sie sich, wie wir schon gesehen haben, 
immer mit den drei Stirnwindungsgruppen, meistens mit jeder durch 
eine einfache, zuweilen indessen auch durch eine doppelte Brücke. Nach 


450 


hinten treten sie ebenso mit zwei der hinter ihnen gelegenen Scheitel- 
gruppen durch eine einfache, oft indessen auch mehrfache Brücke in 
Verbindung. Am inneren und oberen Rande der Hemisphäre senken sie 
sich durch die sie oben mit einander verbindende Bogenwindung (8.) in 
die grosse Längshirnspalte bis auf den Gyrus cinguli. An ihrem unteren 
Ende gehen sie ebenfalls bogenförmig in einander über und begrenzen 
mit diesem Uebergang den mittleren Theil des oberen Randes des 
hinteren Schenkels der Fossa Sylvii. Uebrigens sind die beiden Central- 
windungen bald schmäler, bald breiter und verlaufen bald mehr gerade, 
bald in stärkeren Schlängelungen , bald etwas mehr steil, bald stärker 
geneigt von vorne und unten nach hinten und oben. Zuweilen, wenn 
gleich selten, sah ich namentlich die Vordere durch einen Einschnitt in 
zwei Theile zerlegt. 

Hinter den Centralwindungen beginnen nun grössere Schwierigkeiten 
für eine natürliche Auffassung der Windungen, deren Lösung mir indessen, 
wie ich hoffe, grösstentheils gelungen ist. 

Gratiolet ist in dieser Gegend sehr unsicher geworden. Er unter- 
scheidet 1) einen Windungszug unter der Bezeichnung Lobule du 
deuxieme pli ascendent, welcher von dem oberen Theile der hinteren Cen- 
tralwindung ausgehend, sich mit mehreren Schlängelungen längs des 
oberen inneren Randes der Hemisphäre nach hinten bis zur Fissura 
occipitalis perpendicularis interna hinzieht. 2) Soweit diese Windungs- 
gruppe in die Fissura longitud. cerebri magna hineinsieht, also sich an 
der inneren Seite bis zu dem um das Splenium corporis callosi herum- 
ziehenden Gyrus Hippocampi herabsenkt, nennt er dieselbe mit Foville 
Lobule quadrilatere. 3), Unterscheidet er einen bei dem Menschen den 
unteren Theil der hinteren Oentralwindung von der Fossa Sylvii trennen- 
den Windungszug unter der Bezeichnnng Pli oder Lobule marginal 
superieur, welcher dem Menschen eigenthümlich sein und selbst beim 
Orang und Chimpans& fehlen soll. 4) Einen sogenannten Pli courbe, 
welcher sich um das obere hintere Ende der Fissura parallela des 
Schläfenlappens herumzieht und beim Menschen completement sessile, nait 
au niveau du sommet de la Scissure. Unzweifelhaft gehören ferner auch 
noch seine Plis du passage zu den unter dem Scheitelbein liegenden 
Windungen, obgleich Gratiolet sie zu den Hinterhauptswindungen 


431 


rechnet. — R. Wagner hat geglaubt, drei hinter den Centralwindungen 
liegende, im Ganzen von vorne nach hinten in ähnlicher Weise wie 
vorne die Stirnwindungen verlaufende Scheitelwindungen, eine erste, 
zweite und dritte, oder obere, mittlere und untere annehmen zu können, 
von welchen indessen wohl Niemand, ausser der oberen befriedigt sein, 
und die beiden unteren herausfinden können wird. 

Die Engländer Huxley, Rolletson, Turner u. A. haben sich 
zwar Gratiolet angeschlossen, aber alle sprechen es mehr oder weniger 
bestimmt aus, dass dessen Darstellung hier an Dunkelheiten leidet. Sie 
sind über den Pli oder Lobule marginal superieur, über den Pli courbe, 
den Einige an .das Ende des nach hinten aufsteigenden Astes der Fossa 
Sylvii verlegen, endlich auch über den Premier Pli de passage externe 
in Zweifel, und gewiss wird das bei Jedem der Fall sein, der Gratiolets 
Angaben beim Menschen zur Anwendung bringen will. 

Den ersten Schritt zu einer Einsicht in die in dieser hinteren 
Scheitelgegend herrschende Anordnung der Windungen gewann ich da- 
durch, dass ich in einiger Entfernung von der Mitte der hinteren 
Centralwindung eine Stelle entdeckte, wo fast. ausnahmslos mehrere 
tiefe ganz von einander getrennte Furchen gewissermassen sternförmig 
zusammenstossen oder auseinanderstrahlen, und dadurch drei nach ver- 
schiedenen Richtungen aus einander tretende Windungszüge von einander 
trennen. Hat gleich diese Anordnung, wie ich später entdeckte, nichts 
direct mit dem hier herrschenden Typus der Bildung dieser Windungs- 
züge zu thun, so halte ich doch das Aufsuchen dieser Stelle und das 
Vordringen zwischen das Gewirre der Windungen dieser hinteren 
Scheitelparthie von hier aus für wichtig und entschieden hilfreich zur 
- weiteren Orientiruug. 

Man wird dann verhältnissmässig leicht eine obere innere Schei- 
telgruppe (9.) unterscheiden können, ‘welche. ich mit Burdach und 
Huschke Vorzwickel nennen will, der mit Gratiolets Lobule du deu- 
xieme Pli ascendant, einschliesslich seines sogenannten Lobule quadri- 
latere übereinstimmt. Diese Gruppe geht breit mit einer, nicht selten 
auch mit zwei Brücken, einer oberen und unteren von dem oberen 
Theile der hinteren Oentralwindung aus, und zieht sich, sich verschmälernd, 
mit einigen unregelmässigen Windungen längs der Fissura longitudinalis 

Abh.d.Il.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 55 


4532 


cerebri an deren oberen und inneren Rande: nach hinten; bis zu.der 
Fissura occipitalis perpendicularis interna. Sie liegt zum Theil an der 
inneren Fläche der Hemisphäre. Der obere Theil hat nichts beson- 
ders Bemerkenswerthes; seine Windungen sind sagittal gerichtet und 
wurden von Wagner als erste oder obere Scheitelwindung bezeichnet. 
In der Gestaltung der Windungen an der inneren Seite dieser oberen 
Scheitelgruppe finde ich durchaus keinen Grund dieser ihrer in- 
neren Fläche den Namen eines besonderen viereckigen Lappen (Lobule 
quadrilatere) beizulegen, obgleich diese Fläche allerdings eine fast qua- 
dratische Gestalt hat. Die an ihr auftretenden Windungen sind seicht 
und haben nur das Charakteristische, dass sie fast immer durch eine 
zweifache Brücke mit dem Zwingenwulst (Gyrus Cinguli) in Verbindung 
stehen; eine vordere (24.) gleich hinter der oberen Bogenverbindung 
zwischen den beiden Centralwindungen, und: eine hintere (25.), welche 
die Fissura occipitalis perpendicularis interna von vorne begrenzt und 
sich spitz bis zum Splenium corporis callosi, wo der Gyrus cinguli in 
den Gyrus Hippocampi übergeht, herabzieht. Diese beiden Windungen 
fehlen an dieser inneren Fläche des Vorzwickels fast nie, sind daher 
charakteristisch, und würden vielleicht besondere Namen verdienen. 

Hat man diese obere innere Scheitelwindungsgruppe gehörig isolirt 
aufgefasst, so wende man sich an das obere Ende des .hinteren Astes 
der Fossa Sylvii (A‘.) und an das obere Ende der sogenannten Parallel- 
spalte oder Fissura temporalis superior (B.) des Schläfenlappens. Nach- 
dem diese durch Entfernung der Pia mater mit ihren Umgebungen 
freigelegt sind, wird man mit einiger Aufmerksamkeit und Schärfung 
des Blickes nicht verkennen können, dass die oberen Enden dieser 
beiden Spalten von bogenförmigen Windungen umgeben sind, die ihre 
Convexität nach oben gerichtet haben, und mit ihren nach unten und 
aussen sich wendenden Schenkeln, die oberen Enden der genannten 
Spalten umfassen, und in die Längswindungen des Schläfenlappens über- 
gehen. Ich nenne sie die vordere und mittlere oder die erste und 
zweite Scheitelbogen-Windungen (11. und 12.). Allein die Art und 
Weise der Anordnung dieser Bogenwindungen ist sehr wechselnd und 
mannigfaltig und dadurch das Bild dieser beiden Bogen . nicht immer 
leicht aufzufassen. 


433 


Zuweilen allerdings ist die Sache ziemlich einfach, und diese Fälle 
sind eben die beachtenswerthesten und belehrendsten. Von dem unteren 
Ende der hinteren Oentralwindung entwickelt sich dann eine mehr oder 
minder gewunden, längs des oberen Randes der Fossa Sylvii aufsteigende 
Windung, welche in einem ebenfalls etwas mehr oder minder gewun- 
denen, aber doch leicht erkennbaren Bogen das Ende der Fossa Sylvii 
umgiebt, und an ihrem hinteren Rande herabsteigt, um in die erste 
Schläfenwindung überzugehen. Von ihrem Scheitel entsendet diese erste 
Bogenwindung eine zweite ebenfalls, mehr oder minder gewunden, etwas 
höher gelegene Windung, welche im Bogen das obere Ende der Parallel- 
spalte umzieht und mit ihrem absteigenden Schenkel in die zweite Schläfen- 
windung übergeht. Diese steht öfter als die erste Bogenwindung mit 

dem Vorzwickel und fast immer nach hinten mit dem Occipitallappen in 
_ Verbindung. Diese einfache Entwicklung des Verhaltens kann man 
z. B. bei dem bekannten Gehirn der sogen. Venus Hottentott sehen, 
welches Gratiolet auf seiner ersten Tafel Fig. 2. von der Seite abgebildet 
hat, welches ich auf meiner Tab. Fig. 6. wieder gegeben und ein noch 
einfacheres Beispiel eines Gehirnes der hiesigen Bevölkerung auf derselben 
Tafel Fig. 5 hinzugefügt habe. 

Allein dieser einfache Fall findet sich bei dem Europäer-Gehirn 
verhältnissmässig selten. Meistens ist die Bogenbildung complicirter; die 
sie bildenden Windungen verlaufen geschlängelter und gewündener, sie 
verdoppeln sich, ja durch Einwärts- und Abwärts-Wendung geht die 
' Bogenbildung scheinbar ganz verloren. Ebenso können die Verbindungen 
mit den benachbarten Windungsgruppen das Bild dieser Bogen verbergen. 
Die Verbindung des ersten Bogens mit der hinteren Centralwindung ist 
zuweilen nicht einfach, sondern doppelt und wenn dabei dieser auf- 
steigende Schenkel des ersten Bogens sich stärker windet, dann kann 
man in Versuchung kommen, mit Gratiolet einen eigenen Lobule mar- 
ginale superieur daraus zu machen, welchen derselbe für eine Eigen- 
thümlichkeit des menschlichen Gehirns erklärte. Auch die Verbindungen 
mit der oberen inneren Scheitelgruppe oder dem Vorzwickel können 
‚sich complieiren, vor Allem aber die mit dem Hinterhauptslappen und 
seinen Windungen. Ferner geschieht es nicht sehr selten, dass sich hier 
sogar noch ein dritter kleinerer Bogen entwickelt findet, welcher dann 

59° 


434 


das obere Ende einer parallel mit der Parallelspalte von dem Schläfen- 
lappen aufsteigenden Furche, einer Fissura temporalis media (E.) um- 
gibt, dann aber ebenfalls noch mit dem Hinterhauptslappen zusammen- 
hängt. Ich nenne denselben die hintern oder dritte Scheitelbogen- 
Windung (13.). In diesen complicirteren Fällen wird sich selten das 
Auge allein durch Anschauung der Windungen oder einer Abbildung 
zurecht finden können, sondern da müssen die Finger mit hinzugenommen 
werden, um durch Auseinanderbiegung der Windungen und Eindringen 
in die tieferen oder seichteren Furchen, das Bild der Bogenbildung 
deutlicher zu gewinnen und in dem Gewirre herauszufinden. Namentlich 
wenn, wie das nicht so selten ist, die Parallelspalte nicht deutlich ent- 
wickelt ist, also ihr oberes Ende nicht klar und daher auch der ‚dasselbe 
umziehende Bogen nicht leicht erkannt werden kann, wird das ganze 
Bild verwirrt und unsicher. Allein ich muss darauf bestehen, dass man 
sich in den einfacheren Fällen zuerst mit demselben vertraut machen 
muss; dann wird man sich auch in diesen complicirteren zurechtfinden 
können. Man halte nur das Princip fest im Auge, dass es sich hier wie 
bei dem vorderen Schenkel der Fossa Sylvii, wie bei der Fissura 
centralis, um die bogenförmige Umgebung der Enden gewisser früh 
vorhandener und tief eingreifender Furchen, also hier des hinteren 
Schenkels der Fossa Sylvii und der Parallelspalte handelt, und dass 
diese Bogen sich durch Aus- und Ein-, Auf- und Abwärtsbiegung, durch 
Krümmungen und Verbindungen der sie bildenden Windungen sehr 
mannigfach gestalten und verbergen können, und man wird sich von 
der Richtigkeit desselben bald überzeugen. 

Sehr lehrreich und hilfreich dazu ist in vielen Fällen der Vergleich 
beider Hälften desselben Gehirns, weil man dabei sehen wird, wie 
verschieden sich das Bild, des doch im allgemeinen sich offenbar gleichen 
Verhaltens auf beiden Seiten, gestalten kann. Das Schwierigste bleibt 
immer die Abtrennung von dem Hinterhauptslappen, weil sich hier in der 
That keine natürliche Grenzen, sondern überall nur Uebergänge finden, 
und die Gruppen der Hinterhauptswindungen selbst, gerade an diesen 
Uebergängen in die Scheitelgruppen wenig scharf charakterisirt sind. 
An meinem Princip der Bogenbildung aber festhaltend, wird man dessen 
Realisirung in jedem individuellen Falle, wenn man will, genau ent- 


435 


wickeln und charakterisiren können. Dann wird man aber auch sehen, 
dass dieses in der allermanniefaltigsten und individuellsten Weise 
geschieht, und keine Stelle an dem ganzen Gehirn sich findet, wo die 
Windungen auch nur entfernt so mannigfaltig verschieden entwickelt 
sind, als gerade in dieser hinteren äusseren Scheitelgegend. Ich stehe 
nicht an, es gerade herauszusagen, dass es vieler Ausdauer, Zeit und 
eines hinreichend grossen Materiales bedarf, um sich hier zurecht zu finden. 
Ohne die Entwicklungsgeschichte, und vielleicht in diesem Punkte noch 
mehr, ohne die vergleichende Beachtung der Affengehirne, wäre es mir 
schwerlich gelungen, zu der Klarheit der Anschauung durchzudringen, 
die wie ich glaube, meiner Vorstellung der Anordnung: dieser Windungs- 
gruppen zu Grunde liegt. 

Ich komme jetzt zu den an der Grenze zwischen dem Scheitel- und 
Hinterlappen gelegenen Windungen, zu Gratiolets Plis de Passage. Eine 
vollkommene Aufklärung über dieselben kann ich nicht, hier, sondern 
erst bei meiner Beschreibung dieser Windungen des Affengehirns geben. 
In Beziehung auf den deuxieme, troisieme und quatrieme Pli de Passage 
externe ist die Bemerkung hinreichend, dass sie sich auf einfache Ver- 
bindungen. zwischen dem absteigenden Schenkel meiner mittleren Scheitel- 
bogenwindung, oder wenn sie vorhanden ist, meiner hinteren oder 
dritten Scheitelbogenwindung mit dem Hinterlappen reduciren. Der 
premier pli de Passage externe und. die beiden Plis de Passage internes _ 
bedürfen aber schon hier einer genaueren Erörterung, weil sie bei dem 
Menschen durch sehr eigenthümliche und charakteristische Windungen 
repräsentirt werden. Sie sind nämlich nichts anderes, als zwei horizontal 
nach aussen gerichtete, das obere und untere Ende der Fissura occipi- 
talis perpendicularis interna umziehende Bogenwindungen. 

An dem.oberen Ende der genannten Fissur entspricht die von mir 
hier als obere innere oder vierte Scheitelbogenwindung (14.) 
bezeichnete Windung, Gratiolets Premier Pli de passage externe und 
wie wir später sehen werden, auch seinem Pli de passage sup6rieur 
interne. In dem einfachsten Falle erscheint sie als eine einfache von 
dem hinteren Ende des Vorzwickels ausgehende, das obere Ende der Fis- 
sura perpendicularis interna umkreisende, und in das obere vordere Ende 


436 


des Hinterlappens, nämlich in den Zwickel übergehende Bogenwindung 
von etwa zwei Centimeter Halbmesser. Allein dieser Halbmesser kann 
nicht nur bedeutend grösser und der Bogen dabei viel spitzer werden, 
sondern sehr häufig ist es der Fall, dass der Bogen sich an seiner 
Convexität wieder einbiegt, und dadurch in die Fissur selbst bis an 
den Rand wieder vordringt. Dabei können die einzelnen Schenkel des 
einfachen oder complicirten Bogens sich bald mehr erheben, bald mehr 
in die Tiefe ziehen, ja letzteres kann soweit gehen, dass der Bogen 
dadurch verschwunden zu sein scheint. Ich habe dieses mehreremale 
besonders an dem vorderen von dem Vorzwieckel ausgehenden Schenkel 
gesehen. Durch die verschiedenen Modificationen dieser Windung erhält 
das Gehirn an dieser Uebergangsstelle zwischen Scheitel- und Hinterlappen 
oft ein sehr eigenthümliches Ansehen. 

Dr. Rolletson sagt in seiner sehr sorgfältigen Beschreibung eines 
jungen ÖOrang-Outang-Gehirnes in der Natural History Review. 1861. 
p. 211, dass er diesen Premier Pli de Passage unter sieben menschlichen 
Gehirnen bei dreien ganz oberflächlich, bei einem vierten auf einer 
Seite fehlend; bei einem fünften auf einer Seite durch den Öceipital- 
lappen verdeckt; bei einem sechsten auf der linken Seite nicht in der 
Ebene des Scheitel- und Hinterlappens, welche er mit einander verbunden; 
bei einem siebenten auf der linken Seite einen Zoll weit von der Fis- 
sura longitudinalis entfernt sich durch die Fissura perperdicularis hin- 
durch ziehend, auf der rechten Seite tief vertical in diese Furche 
hereingesenkt gefunden habe. Ich stimme der hier geschilderten grossen 
Variabilität der betreffenden Windung vollkommen bei, mit Ausnahme 
der Angabe ihres Fehlens in einem Falle, welche ich für einen Irrthum 
halte. Ich habe viele, sehr viele Gehirne gerade in Beziehung auf diese 
Windung untersucht, und sie nie fehlen sehen. 

Wenn aber Dr. Rolletson der Ansicht ist, dass diese Variabilität 
in der Anordnung dieser Windung ein Beweis ihrer untergeordneten 
Bedeutung sei, so bin ich gerade der entgegengesetzten Meinung. Sie 
ist eine sehr charakteristische typische Windung, die meiner Ansicht 
nach nie ganz fehlen kann und wird, wo nicht tiefgreifende Anomalien 
in der Hirnbildung Platz gegriffen haben. Ihrer grossen individuellen 


437 


Verschiedenheit aber innerhalb doch sehr bestimmter Grenzen lege ich 
eine entschiedene Bedeutung bei, die vielleicht die Zukunft einst noch 
aufklären wird. Ich glaube, dass Jeder der eine grosse Reihe von 
Gehirnen in dieser Hinsicht überblickt, diese Meinung mit mir theilen wird. 
Aber auch an dem unteren Ende der Fissura perpendicularis in- 
terna findet sich eine constante nicht minder charakteristische, wenn 
gleich in ihrer Gestaltung weniger wechselnde Windung, welche ich 
die untere oder fünfte Scheitelbogenwindung (15.) nenne. Sie 
entspricht Gratiolets Plı de passage inferieur interne. Dieselbe geht 
gerade hinter dem Splenium corporis callosi spitz und entweder geson- 
dert für sich oder in ihrem Anfang vereinigt mit der an dem hinteren 
inneren Rande des Vorzwickels sich herabziehenden Windung von der 
Uebergangsstelle des Gyrus Hyppocampi in den Gyrus cinguli aus. 
Sodann wendet sie sich sogleich nach aussen, oder von innen betrachtet, 
in die Tiefe der Fissura perpendicularis interna; umkreiset deren un- 
teres Ende in der Tiefe, und wendet sich wieder nach innen und hinten, 
um in den Zwickel des Hinterlappens, dessen eine Wurzel sie darstellt, 
überzugehen. Dabei begrenzt sie zugleich den hinteren Theil der Fissura 
Hippocampi von oben. Sie ist nur zu sehen, wenn man die Pia mater 
vollständig aus den genannten Fissuren entfernt und deren Ränder stark 
aus einander biegt. Man sieht dann, dass sie meist auch nicht mit 
ihren beiden Schenkeln ganz horizontal verläuft, sondern der wordere 
sich bei seinem Vordringen nach aussen etwas erhebt,. der hintere sich 
aber bei seinem Uebergang in den Zwickel wieder etwas herabsenkt. 
Der vordere Schenkel erscheint dabei öfter auch aus zwei Wurzeln zu- 
sammengesetzt, deren äussere der grossen Zange des Splenium corporis 
callosı angehört. 
Wir werden später sehen, dass diese Windung bei allen Affen mit 
Ausnahme, wie es scheint, bei Ateles und Hylobates, nicht im Bogen 
das untere Ende der Fissura perpendicularis interna umkreiset, sondern 
gerade. von dem Splenium corporis callosiı und dem ihn 'umziehenden 
Gyrus fornicatus:nach dem Hinterlappen verläuft und dadurch die Fissura 
perpendicularis interna von der Fissura Hippocampi abschneidet. Ich 
habe diese Anordnung bei dem Menschen niemals gesehen, sondern nur 
einmal eine von dem unteren Ende des inneren Randes des Vorzwickels 


438 


ausgehende und gerade in das untere Ende des vorderen Randes des 
Zwickels übergehende Windung, welche in ihrem Verlaufe dem Pli de 
Passage sup6rieur interne Gratiolets entpricht, welcher wie ich glaube 
und später zeigen werde, mit dem oberen Scheitelbogen oder dem Pli 
premier de passage externe homolog ist. Dabei war die gewöhnliche 
Wurzel der unteren inneren Scheitelbogenwindung auch vorhanden, ver- 
band sich aber dann mit ersterer. Die Fissura perpendicularis interna war 
dadurch natürlich hier von der Fissura Hippocampi abgetrennt, was 
sonst bei dem Menschen nie der Fall ist. 

Der Scheitellappen ist also nach meiner Ansicht zusammengesetzt 
aus 1) den beiden Centralwindungen, 2) dem Vorzwickel, 3) vier oder 
fünf Bogenwindungen: der vorderen, mittleren, hinteren, oberen inneren 
und unteren inneren, von welchen nur die hintere öfter fehlt oder un- 
deutlich ist. 


3. Die Windungen des Hinterhauptslappens. 


Die Windungen des Hinterhauptslappens sind bei den neueren Bear- 
beitungen ganz besonders stiefmütterlich behandelt worden. Gratiolet, 
auch hier ausgehend von dem ganz anders wie bei dem Menschen 
gestalteten Hinterhauptslappen der Affen, hat sich begnügt, an .der 
äusseren Fläche desselben drei horizontal verlaufende Windungen assez 
mal dessines, anzunehmen, die innere Fläche als einen besonderen Lo- 
bule oceipital zu bezeichnen und die Windungen der unteren Fläche zu 
denen der unteren Fläche des Schläfenlappens zu ziehen. Darin sind 


ihm alle Uebrigen auch die Engländer und unter diesen auch Huxley " 


gefolgt, welcher nur noch an der unteren inneren Fläche die Fissura 
collateralis mit aufnahm, ohne indessen sich dadurch von den Bezeich- 
nungen der Windungen nach Gratiolet abhalten zu lassen. 

Obgleich es nun allerdings schwierig ist, an dem Hinterhauptslappen 
gut gesonderte und charakterisirte Windungszüge aufzusellen, kann ich 
doch namentlich mit Rücksicht auf den Menschen, dem Verfahren Gratio- 
lets nicht beitreten, sondern glaube hinreichende Gründe zu finden, mich 
der Betrachtung Huschkes dieser Hinterhauptswindungen anzuschliessen. 

Darnach unterscheide ich drei Windungsgruppen an dem Hinter- 
lappen: eine äussere .obere oder den Zwickel Cuneus und zwei 


+ 
Br, 


439 


untere, eine innere untere oder zungenförmige und eine äussere 
untere oder spindelförmige. 

Die äussere obere Windungsgruppe (16.) ist, wie mir scheint 
an ihrer vorderen inneren und unteren Seite so gut abgetrennt, dass ich 
ihre weniger scharfe und deutliche Abscheidung an ihrer äusseren Seite 
von den Windungen des Scheitellappens nicht für einen hinreichenden 
-Grund erachten kann, ihre alte und in Deutschland ziemlich allgemein 
angenommene Auffassung und Bezeichnung Burdachs und Huschkes als 
Zwickel oder Keil fallen zu lassen. Dieselbe hat in der That die Gestalt 
einer dreiseitigen Pyramide, deren Spitze nach vorne und etwas nach 
unten gegen das Splenium corporis callosi, und deren Basis nach hinten 
‘und aussen gerichtet ist. Ihre vordere Fläche ist gegen die Fissura 
perpendieularis interna, ihre untere gegen die Fissura Hippocampi hin- 
‚gewendet und wird durch diese Furchen scharf und bestimmt abgegrenzt. 
Die äussere Fläche hängt allerdings sehr genau mit dem hinteren Rande 
des Scheitellappens zusammen, da beim Menschen die Fissura perpendi- 
cularis externa der Affen fehlt. Windungen des zweiten und dritten 
Scheitelbogens, wenn letzterer ausgebildet vorhanden ist, gehen hier in 
die einzelnen Windungszüge des’ Zwickels über. Die Markfasern dieser 
so wie die der hinteren Schenkel der oberen und unteren Scheitelbogen- 
windung sind es, welche in dem Keil ausstrahlend, und mit grauer 
Rinde bedeckt, die Windungen an der Basis des Zwickels darstellen. 
Dieselben in zwei oder drei horizontal gerichtete Züge zu theilen, wie 
dieses Gratiolet und seine Nachfolger gethan, scheint mir bei dem 
Menschen unmöglich. 

Allein auch an der unteren und inneren Fläche des Hinterlappens 
ist es sehr wohl möglich, zwei demselben speciell angehörige Windungs- 
züge zu unterscheiden, so sehr dieselben auch nach vorne mit den 
Windungen der unteren Fläche des Schläfenlappens zusammenhängen 
mögen. Hier wird die Aufstellung der Fissura collateralis (F.) von Huxley 
von Wichtigkeit. Diese Furche geht, wie wir gesehen, von dem Gyrus 
Hippocampi unterhalb des Splenium corporis callosi aus, und zieht sich 
an der unteren Fläche des Hinterlappens schräg nach aussen gegen den 
hinteren und äusseren Rand dieser Fläche. Zwischen ıhr und der 
Fissura Hippocamji (G.) liegt nun ein ganz gut begränzter Windungszug, 

Abh. d.II.C1.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 56 


440 


den ich als untere innere Hinterhauptswindungsgruppe (17.) 
oder mit Huschke als zungenförmiges Läppchen bezeichne. Sie hat 
eine länglich dreieckige Gestalt, deren Spitze nach vorn, die schmale 
Basis nach hinten gerichtet ist. Die Spitze geht von dem Gyrus Hippo- 
campi unterhalb des Splenium corporis callosi aus; die Basis bildet 
den unteren hinteren Rand der Spitze des Hinterlappens und hängt hier 
mit dem Zwickel zusammen; die innere obere Seite begrenzt die Fissura 
Hippocampi, die untere äussere die Fissura collateralis. 

Dabei verdient es einer besonderen Erwähnung, dass die Fissura 
Hippocampi an der hinteren Spitze des Hinterlappens ebenfalls durch 
eine Bogenwindung abgeschlossen wird, die eine besondere Benennung 
verdienen würde. Man sagt gewöhnlich die Fissura Hippocampi laufe 
an diesem hinteren Ende in zwei senkrechte Aeste einen oberen und 
einen unteren aus. Das thut sie auch; allein diese Aeste werden von 
einer platten Bogenwindung umgeben in ähnlicher Weise, wie die Enden 
anderer Furchen. Die Schenkel dieser Bogenwindung gehen von den 
beiden, die Fissura Hippocampi begrenzenden Windungen des Zwickels 
und des zungenförmigen Läppchens aus, und diese Bogenwindung selbst 
zeigt mannigfach verschiedene Anordnungen wie die obere Scheitelbogen- 
windung an der Fissura perpendicularis interna. Sie ist nämlich nicht 
immer blos einfach abgeplattet, sondern sie ist ebenfalls häufig mit 
ihrem Scheitel nach einwärts und vorwärts in die Furche hinein 
gedrängt, und dadurch entsteht der Schein, als wenn die beiden oder 
einer der Aeste der Fissura Hippocampi verkümmert oder nicht vor- 
handen wären, was öfter angegeben wird. Präparirt man aber die Pia 
mater aus diesen Furchen an der Spitze des Hinterlappens, wo sie be- 
kanntlich auffallend dünn und sehr anhaftend ist, sorgfältig heraus, so 
dass sich die Furchen vollständig öffnen, so wird man das genannte 
Verhalten meist leicht beobachten können, und so das scheinbar un- 
regelmässige Gewirr kleiner Windungen und Furchen an der hintersten 
Spitze der Hemisphäre aufgeklärt finden. 

Der untere äussere Hinterhauptswindungszug (18.) oder 
Huschkes spindelförmiges Läppchen ist allerdings besonders nach 
aussen nicht so gut begrenzt als der vorige. Allein öfter scheiden ihn 
doch auch etwas tiefere Furchen von den Schläfenwindungen oder ein 


441 


Ast der Arteria profunda cerebri bezeichnet seine äussere Grenze, welche 
an dem äusseren Rande der Hemisphäre ausserdem nicht selten durch 
eine etwas tiefere Einkerbung, einer Andeutung einer Fissura oceipitalis 
perpendicularis externa bezeichnet wird. Seine innere Grenze bildet 
natürlich die Fissura collateralis.. Auch dieser Windungszug hat eine 
dreieckige oder nach Huschkes Bezeichnung spindelförmige Gestalt. Er 
beginnt vorne zugespitzt meist nicht mehr von dem Gyrus Hippocampi, 
sondern von dem mittleren unteren Schläfenwindungszng, und zieht 
sich nach hinten gegen den hinteren äusseren Rand des Hinterlappens, 
den er meist noch etwas umgreift und hier mit den hinteren unteren 
Windungen des Scheitellappens, mit der dritten oder unteren Scheitel- 
bogenwindung, wenn sie vorhanden ist, zusammenhängt: 


4. Die Windungen des Schläfenlappens. 


Die Windungen dieses Lappens sind zum Theil gut charakterisirt 
und leicht von einander zu sondern; zuweilen ist dieses indessen doch 
nicht der Fall und man geräth über ihre Trennung in grosse Zweifel. 
Nach hinten hängen sie ausserdem mit denen des Scheitel- und Hinter- 
hauptslappens immer unmittelbar zusammen. 

Wie zuerst Gratiolet hervorgehoben hat, findet sich meistens an 
der Aussenseite des Schläfenlappens eine mit der Fossa Sylvii parallel 
verlaufende tiefere Längsfurche, die sogenannte Parallelspalte oder Fissura 
temporalis superior (D.), welchedie erste oderäussereobere Schläfen- 
windungsgruppe (19.)' abtrennt. Diese ist schmal und bildet aus- 
schliesslich die vordere untere Spitze des Lappens. Nach hinten und 
oben geht sie in den hinteren oder absteigenden Schenkel der das obere 
Ende der Fossa Sylvii umgebenden ersten Scheitelbogenwindung über. 
Diese erste Schläfenwindung wurde früher als einer der Gyri fascieuli 
arcuati, von Gratiolet Pli marginal inferieur in Beziehung auf die Syl- 
vische Grube genannt, die sie von unten begrenzt. Wenn die Parallel- 
furche, wie dieses zuweilen vorkommt, schlecht entwickelt ist, so ist 
auch die Abgrenzung dieser Windung von den übrigen Schläfenwindungen 
sehr unsicher und willkührlich. 

Ebenso findet sich auch an dem inneren-oberen Rande des Schläfen- 
lappens eine gut charakterisirte, lang bekannte Windung, der Gyrus 

56* 


442 


Hippocampi oder dieinnere obere Schläfenwindung(22.) mitihrem 
vorderen, gewissermassen umgebogenen, angeschwollenen Ende, dem 
Hacken oder Uncus, Gratiolets Pli temporal sup6rieur interne, Hux- 
leys und Flowers Gyrus uncinatus. Nach hinten schlägt er sich um das 
Splenium corporis callosi herum, geht hier in den Gyrus cinguli über, 
und bildet mit diesem zusammen den Gyrus fornicatus von Arnold. 
Dort an dem Uebergang dieser beiden Windungen in einander stehen 
dieselben, wie früher erwähnt, mit der oberen inneren Scheitelgruppe 
oder dem sogenannten Lobulus quadratus, ferner mit der das untere 
Ende der Fissura perpendicularis interna umziehenden unteren inneren 
Scheitelbogenwindung, und mit der nach vorn gerichteten Spitze der 
unteren inneren Hinterhauptswindungsgruppe in Verbindung. Unter dem 
concaven Rande des Gyrus Hippocampi verborgen, liegt die sogenannte 
Fascia dendata, das Corps godronne der Franzosen. 

Die zwischen der genannten ersten Schläfenwindung und dem Gyrus 
Hippocampi liegenden Windungen des Schläfenlappens halten im all- 
gemeinen auch die Längsrichtung ein, lassen sich aber oft nicht leicht 
in weitere einzelne Züge zerlegen. Indessen findet sich doch oft noch 
eine etwas tiefer eindringende und durchgreifende Furche, welche mit 
der Fissura parallela oder temporalis superior parallel läuft und Fissura 
temporalis media (E.) genannt werden kann. Ist sie vorhanden, so zer- 
fällt dann diese mittlere Windungsgruppe in zwei, die man als die zweite 
oder mittlere (20.) und als die dritte oder äussere untere (21.) 
bezeichnet hat. Beide gehen nach hinten und oben in die Schenkel der 
zweiten und der in diesem Falle meist ebenfalls vorhandenen dritten 
 Scheitelbogenwindung über. Ist der Schläfenlappen wie zuweilen sehr 
breit, so macht sich unter Hinzuziehung der Fissura collateralis von 
Huxley noch eine weitere Theilung bemerkbar, so dass man allenfalls 
von noch einer inneren unteren Schläfenwindung reden und dann deren 
also im Ganzen mit dem Gyrus Hippocampi fünf unterscheiden kann. 
Allein ich bemerke, dass in dieser Eintheilung viele Willkühr sich geltend 
macht und ich mich in der Regel in dem vorderen Theile des Schläfen- 
lappens nur zur Annahme von drei und in dem hinteren oberen Theile 
von vier Schläfenwindnngen habe entschliessen können. | 


443 


5. Die Windungen des Stammlappens. 


Die Windungen des Stammlappens oder der Insel sind so charakteri- 
sirt und bekannt, dass darüber nur wenige Worte zu sagen hinreicht. 
Sie werden bekanntlich bei dem Menschen von dem vorderen Ende des 
Schläfenlappens, von den Windungen des Stirnlappens und von dem 
unteren Bogen der Centralwindungen bedeckt und liegen in der Tiefe 
der Fossa Sylvii. Wenn man diese durch Hinwegnahme der Gefässhaut 
“ gewissermassen eröffnet, so sieht man eine länglich ovale kegelförmige 
Erhabenheit, die von dem Markkörper der Hemisphäre, von dem Stirn- 
und Schläfenlappen ausgeht und durch vier kurze an ihrer unteren, durch 
fünf bis sechs längere und von oben ünd aussen divergirende Windungen 
an ihrer oberen Fläche zusammengesetzt wird. Sie schliessen sich nach 
aussen an den Streifenhügel und den Linsenkern, und die durch diese 
hindurchtretenden oder in ihnen wurzelnden Fasern an. 


Endlich mag hier auch noch als einer ganz besonderen, keinem 
einzelnen Lappen ausschliesslich angehörenden Bildung des Gyrus cin- 
guli (23.) Erwähnung gemacht werden, welcher von Gratiolet entweder 
mit Fovil Circonvolution de l’ourlet oder Pli de la zone interne oder 
Pli du corps calleux, von den Engländern Gyrus callosal genannt wird. 
Er ist so charakteristisch durch seine Beziehung zu dem Balken, den 
er an der inneren Seite der Hemisphäre umkreiset, dass er keiner 
besonderen Beschreibung bedarf. Er steht in der Regel in dem ganzen 
vorderen Theile seines Verlaufes "mit den über ihm befindlichen Win- 
dungen des- Stirnlappens -und dem oberen Bogen der Centralwindung 
nicht in Verbindung; zuweilen findet sich aber eine solche vorne in 
der Gegend des Balkenknies. Dagegen ist eine Verbindung mit den 
an der inneren Seite der Hemisphäre liegenden Windungen des Vor- 
zwickels, wie oben schon bemerkt, die Regel. 

An dem Splenium corporis callosi trifft er mit dem Gyrus Hippo- 
campi zusammen, und bildet dann mit diesem den von Arnold sogenannten 


444 


Gyrus fornicatus.. An dieser Verbindungsstelle schliessen sich wie ich 

schon angegeben, eine von der innere Seite des Vorzwickels herab- 

steigende Windung, dann die innere untere oder fünfte Scheitelbogen- 
windung und der untere innere Hinterhauptszug oder das zungenförmige 

Läppchen an. In Verbindung mit dem Gyrus Hippocampi muss er als 

eine grosse, um die grosse quere Hirnspalte sich herumziehende Bogen- 

windung aufgefasst werden. 

An diese Beschreibung der Grosshirnwindungen des Menschen 
knüpfe ich noch eine kurze Angabe der in die verschiedenen 
von mir unterschiedenen Windungen ausstrahlenden Markfasern. Denn 
obgleich die ältere Lehre von dem Verlauf der weissen Mark- 
fasern des grossen Gehirns durch die neueren mikroskopischen For- 
schungen wesentlich an ihrer Bedeutung verloren hat, insoferne diese 
mikroskopischen Untersuchungen die Continuität dieses Faservor- 
laufs sehr bezweifeln lassen, ich auch der älteren Lehre von Gall, 
Burdach, Arnold u. And. nichts Neues hinzuzufügen habe, so scheint 
es mir doch zweckmässig, die Quelle der Fasern, welche in den einzelnen 
Windungen in die Rinde übergehen, nach diesen älteren Beobachtungen 
anzugeben; denn ich zweifle nicht, dass es einst ein Hauptzweck dieser 
Topographie der Grosshirnoberfläche sein wird, eben diesen Verlauf 
und Verbreitungsbezirk der in ihr ausstrahlenden Fasern genau bestim- 
men zu können. 

Hiernach finden wir aber Ausstrahlungen: 

In dem ersten oder oberen Stirnwindungszug von Fasern sowohl 
vom Stabkranz als von der Balkenstrahlung und zwar von letz- 
terer vorzüglich vom Knie des Balkens und in der Form der 
sogenannten kleinen Zange. 

In dem zweiten oder mittleren Stirnwindungszug ebenfalls 
Fasern ‚des Stabkranzes und der Balkenstrahlung. 

In dem dritten oder unteren Stirnwindungszug ebenfalls Fa- 
sern des Stabkranzes und der Balkenstrahlung, ausserdem aber 
vom Hackenbündel (Faeiculus unciformis) und Bogenbündel (Fa- 
ciculus arcuatus nach Krause). 

In den Centralwindungen wahrscheinlich nur Fasern des Stabkranzes 
und der Balkenstrahlung. 


445 


In dem Vorzwickel Fasern der Balkenstrahlung und des Stab- 
kranzes. 

In den vorderen, mittleren und hinteren Scheitelbogen- 
windungen Fasern des Stabkranzes und der Balkenstrahlung, 
auch wohl solche des Hacken- und Bogenbündels. 

In der oberen und unteren inneren Scheitelbogenwindung 
Fasern des Splenium corporis callosi, namentlich der grossen 
Zange. 

In dem Zwickel Fasern. des Splenium corporis callosi, der grossen 
Zange, so wie solche der Stammstrahlung und des Bogenbündels. 

In dem untereninneren und unteren äusseren Hinterhaupts- 
windungszug oder in dem zungenförmigen und spindelförmigen 
Läppchen Fasern des Bogenbündels und des Splenium corporis 
callosi. 

In den Schläfenwindungen Fasern aus den hinteren Strahlungen 

. des Stabkranzes, Fasern des Bogen- und Hackenbündels. 

Die Insel erhält ihre Fasern aus dem Grosshirnstamm und vom Bogen- 
bündel. 2 

Der Gyrus fornicatus (Gyrus einguli und Gyrus Hippocampi) besitzt 
nach Arnold ein eigenes Faserbündel, welches nicht mit dem 
Stabkranz, auch nicht mit der Balkenstrahlung zusammenhängt. 


III. 


Entwicklungsgeschichte der Grosshirnwindungen bei dem 
menschlichen Fötus. 


(Tab. IV und V.) 


Das im Vorstehenden geschilderte Verhalten der Windungen an den 
grossen Hirnhemisphären des Erwachsenen wird nach meinen Beob- 
achtungen durch die Entwicklungsgeschichte dieser Windungen bei dem 
Embryo bestätigt und erläutert. 

Diese Bildungsgeschichte der menschlichen Hirnwindungen ist bis 
jetzt nur von Reichert einigermassen genauer üntersucht und geschildert 


446 


worden. In seinem Werke über den Bau des menschlichen Gehirns Bd. I 
p. 88 giebt er an, dass die erste Bildung der Hirnwülste an der lateralen 
Fläche der Hemisphären durch das Auftreten radiär um die Sylvische 
Grube gestellter Furchen bezeichnet werde, die er desshalb radiäre 
Primärfurchen nennt. Durch diese wird die laterale Fläche des Hirn- 
mantels in 7—9 primäre nahezu dreieckige Felder abgetheilt, die ihre 
Spitze gegen die Fossa Sylvii und den hier befindlichen Stammlappen, 
die Basis gegen die freie Randpartie des Mantels hinwenden. Nach 
diesen erscheinen in dieser Randpartie des Mantels kürzere oder längere 
dem freien Rande des Mantels nahezu parallele Längsfurchen, welche 
Reichert peripherische Primärfurchen nennt. Ihr Zug, Verlauf, Zahl, 
Anordnung ist sehr wechselnd und bald werden sie durch die Verbin- 
dung unter sich nnd mit den radiären Primärfurchen sowie durch das 
Auftreten von Nebenfurchen sehr verdeckt. Es treten nämlich alsbald 
secundäre Furchen und Wülste und Nebenwindungen auf. Die 
secundären Wülste entstehen durch secundäre Furchung auf der Gipfel- 
fläche der primären Windungen; die Nebenwindungen bilden sich an 
den Furchenflächen vorzüglich der primären, aber auch der secundären 
Wülste. Der Gyrus Hippocampi gehört nach Reichert (p. 87.) nicht zu 
den Windungen sondern zur ursprünglichen und allgemeinen Configuration 
des hinteren unteren Theiles des Mantels und besteht lange vor der 
Entfaltung der Hirnwindungen. 

Ich sehe mich-nicht im Stande, dieser Darstellung und Auffassung 
der Bildungsvorgänge der Windungen durch Reichert beizutreten. 

Ich habe, wie schon oben angegeben, Gelegenheit gehabt, die Ent- 
wicklung des Gehirnes und seiner Windungen an einer grossen Zahl 
menschlicher Embryonen aus allen Monaten des Fötusleben zu studiren. 
Ich bestätige danach zunächst die Angaben von Reichert und Schmidt, 
dass die Bildung der Furchen und Windungen an der Oberfläche der 
Hemisphären nicht so früh beginnt, als man früher anzunehmen geneigt 
war. Es war das ein Irrthum, der durch die Behandlung der Embryonen 
und Gehirne mit Weingeist veranlasst wurde. Die weiche und sehr wasser- 
haltige Beschaffenheit junger Gehirne, vor Allem die verhältnissmässig sehr 
grossen Hohlräume, welche die einzelnen Hirnabtheilungen umschliessen, 
bedingen bei dem Einbringen der Embryonen in Weingeist, welches 


447 


zur Herausnahme der Gehirne unvermeidlich war, ein starkes Schrumpfen 
und Zusammenfallen und besonders an den Hemisphären eine Falten- 
bildung, welche etwas Regelmässiges zu haben scheint. ' Allein sie sind 
nur Kunstprodukt. An den mit Chlorzink injieirten und erhärteten 
Gehirnen habe ich immer gesehen, dass die Oberfläche der Hemisphären 
ganz glatt ist, bis die Entstehung der Furchen eintritt, mit welcher 
die Entwicklung der Windungen eingeleitet wird, die von da an die 
bleibenden sind. 

Zuerst entstehen gewisse Einschnitte oder Fissuren, welche zur Ab- . 
theilung der Hemisphären in grössere Abschnitte oder Lappen Veran- 
lassung geben. Diese sind die Fossa Sylvii (A.) mit ihrem vorderen und 
hinteren Aste (A’und A“), die Fissura Hippocampi (G.) und die Fissura 
perpendicularis interna (C.), deren Bildung und Veränderungen ich schon 
oben mitgetheilt habe. Sie stehen in keiner direkten, wohl aber sehr 
nahen und wichtigen indirekten Beziehung zu der späteren Bildung 'der 
Windungen. 

Diese wird, wie Reichert ganz richtig bemerkt, eingeleitet durch 
die Entstehung gewisser Furchen, Sulci, die man Primärfurchen nennen 
kann, durch welche die Bildung der hauptsächlichsten und typischen 
Windungen vermittelt wird. Wie man sich deren Entstehung denken 
will, ob, wie Tiedemann, durch Eindringen der sich an der Oberfläche 
der Hemisphären ausscheidenden Gefässhaut, oder durch verschieden 
starke Wucherung der Oberfläche an verschiedenen Stellen, lasse ich | 
dahingestellt sein. ' 

-Die drei ersten dieser Primärfurchen haben, wie Reichert ebenfalls 
richtig bemerkt, anfangs eine auf die Fossa Sylvii radiär gestellte oder 
frontal über die Hemisphären herüberlaufende Richtung. Die erste der- 
selben (B.) erscheint im 6. Monate und kann die mittlere radiäre Primär- 
furche genannt werden. Sie ist keine andere als die Üentral- oder 
Rolando’sche Furche und läuft Anfangs fast senkrecht über die Mitte 
der Hemisphäre. Noch in demselben Monate entstehen zwei andere vor 
und hinter dieser ersten verlaufende radiäre Primärfurchen, deren vor- 
dere (a.) aber schon gleich Anfangs etwas nach vorne, die hintere (b.) 
ebenso etwas nach hinten gerichtet ist. 

Im siebenten Monate ist auch schon eine der Länge nach über die 

Abh.d. II. Cl.d.k.Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 57 


448 


äussere Fläche des Schläfenlappens mit dem nach hinten aufsteigenden 
Aste der Fossa Sylvii parallel verlaufende Furche, die Fissura parallela 
oder der Sulcus temporalis superior (E.) vorhanden und gegen Ende 
dieses Monates erscheint die schon oben von mir erwähnte, senkrecht 
über den hinteren Theil der Hemisphäre herab laufende Furche, welche 
als Fissura perpendicularis externa (C.) bezeichnet werden kann. Die 
Hemisphäre hat jetzt ohngefähr das fächerartige Ansehen, welches 
Reichert von ihr schildert, und welches seiner Ansicht nach der Grund- 
typus der Anordnung der Windungen bleibt, obgleich derselbe durch 
das Erscheinen seiner peripherischen Primärfurchen und der secundären 
und Nebenwülste etwas verdeckt wird. Seine Fig. 14. Tab. VII. zeigt, 
dass er diesen radiären Typus für den bleibenden hält. Allein so wie 
sich dieser nicht leicht in der abgebildeten Weise jemals an einem aus- 
gebildeten Gehirne nachweisen lassen wird, so muss ich mich noch 
mehr gegen den von Reichert gelehrten weiteren Entwicklungsgang 
der genannten ohngefähren radiären Stellung der Primärfurchen er- 
klären. 

Zunächst nämlich kann ich das von ihm geschilderte System peri- 
pherischer Primärfurchen nicht auffinden. Nur im Gebiete des Stirn- 
lappens zeigt sich eine mit dem oberen inneren Rande der Hemisphäre 
parallel verlaufende, unterbrochene Furche im Verlaufe des achten 
Monates, durch welche der zukünftige obere oder erste Stirnwindungs- 
zug von dem mittleren oder zweiten abgetrennt wird; im Gebiete des 
Scheitel- und Hinterlappens treten gar keine solche sagittal gerichtete 
Furchen auf. 

Dagegen erfährt ein Theil der radiären Primärfurchen sehr bemerkens- 
werthe Veränderungen, welche Reichert ganz entgangen zu sein scheinen. 

Die Centralfurche sowie die Parallelfurche verändern sich in ihrer 
Richtung im Allgemeinen nicht. Die Centralfurche neigt sich nur mit 
ihrem oberen Ende allmählich etwas mehr nach hinten; aber sie bleibt 
an ihrem oberen und unteren Ende geschlossen und mündet an letz- 
terem nie offen in die Fossa Sylvii ein. Noch viel weniger ist dieses 
mit der Paralleispalte der Fall, und schon dadurch wird der Ausbildung 
des fächerförmigen Typus Reicherts widersprochen. 

Dagegen krümmt sich sehr bald die erste vor der Centralfurche 


449 


aufgetretene primäre Radiärfurche (a.) stark in nach oben convex ge- 
richtetem Bogen nach vorne um das vordere Ende.oder den zukünftigen 
vorderen aufsteigenden Ast der Fossa Sylvii herum, scheidet so den 
mittleren Stirnwindungszug von dem unteren, und giebt Veranlassung, 
dass sich letzterer jetzt zu Anfang in der Form eines einfachen, den ge- 
nannten Ast der Fossa Sylvii umziehenden Bogen zum dritten Stirnwin- 
dungszug (3.) zu entwickeln anfängt. 

Auch die dritte hinter der Centralfurche aufgetretene primäre 
Radiärfurche (b.) erfährt eine ganz ähnliche bogenförmige Krümmung 
nach rückwärts um das obere Ende des nach hinten gerichteten Astes 
der Fossa Sylvii, und veranlasst auf diese Weise die Entstehung meiner 
ersten oder vorderen Scheitelbogenwindung (8.) um dieses obere Ende 
des genannten Astes dieser Grube. 

Diese letztere primäre Radiärfurche schickt auch noch meist von 
der Stelle, wo sie sich nach hinten umbiegt, eine Fortsetzung grade 
nach aufwärts und gibt dadurch Veranlassung zur Abscheidung des 
Vorzwickels von der hinteren Centralwindung. 

Während aber diese beiden primären Radiärfurchen diese Verän- 
derung und’ bogenförmige Krümmung erfahren, ist in einiger Entfernung 
von dem oberen Ende der Fissura perpendicularis interna auch eine 
dieses Ende umziehende Bogenfurche entstanden, welche zur Abscheidung 
meiner oberen inneren Scheitelbogenwindung (14.) (Gratiolets Premier 
Pli de Passage externe) und zugleich in Verbindung mit der hinteren 
Krümmung der hinteren primären Radiärfurche, Veranlassung zur Ab- 
scheidung meiner mittleren oder zweiten Scheitelbogenwindung (12.) um 
das obere Ende der Parallelspalte herum giebt. 

An der inneren Seite des Hemisphäre hat sich auch schon am Ende 
des 5. und 6. Monates eine mit dem Balken parallel verlaufende Furche, 
der Suleus calloso marginalis (H.) Huxley, gebildet, durch welche der 
Gyrus Cinguli nun von dem Balken abgetrennt wird. Der vordere Theil 
der Furche vor dem Knie des Balkens entsteht zuerst, und allmählig 
setzt sie sich weiter nach hinten fort. 

Die oben als Fissura perpendicularis externa bezeichnete Primär- 
furche (C.) entwickelt sich aber nicht weiter, giebt auch, nicht Veran- 
lassung zur Bildung irgend einer Windung, sondern verschwindet im 

Di: 


450 


Laufe des 8. Monates wieder, ohne an der Bildung der später an dem 
Hinterhaupte bemerkbaren Furchen Theil zu nehmen. Sie gehört daher 
zu jenen zahlreichen Gebilden, die zwar einem bestimmten organischen 
Bildungstypus angehören, allein nur in gewissen Formen (bei den Affen) 
zu ihrer vollkommenen Ausbildung gelangen, in anderen zurückbleiben 
oder sogar vollständig wieder verschwinden. 

So ist denn zu Ende des 7. und zu Anfang des 8. Monates durch 
das Auftreten und die Veränderungen der genannten Furchen die Ent- 
scheidung für den bleibenden Typus in der Entwicklung der Windungen 
des menschlichen Gehirns gegeben. Derselbe besteht meines Erachtens 
vorzüglich in der Ausbildung von Bogenfurchen und demnächst von 
Bogenwindungen um die Enden gewisser primärer Hauptfurchen; um 
die Enden des vorderen und hinteren Schenkels der Fossa Sylvi, um 
die Enden der Centralwindung, der Fissura perpendicularis interna, der 
Parallelspalte und der Fissura Hippocampi. Denn die fernere Ausbildung 
der Windungen erfolgt in der That nur durch stärkere Entwicklung, 
Hin- und Herkrümmung, Erhebung und Senkung, der sich um die 
genannten Spalten erhebenden Wülste.e Dadurch entstehen secundäre 
Furchen und Einschnitte, Nebenwindungen, Verbindungen und Trennungen 
einzelner Windungen. Dieselben können sich individuell sehr verschieden, 
selbst auf den beiden Seiten ein und desselben Gehirns gestalten. Der 
Grundtypus kann dadurch mehr oder weniger verdeckt werden, allein 
man kann ihn in jedem Gehirn wieder erkennen, und ich hoffe, dass 
es bald möglich sein wird, seine individuellen Modificationen an jedem 
einzelnen Gehirne allgemein verständlich zu machen. 

Für die nicht direkt an diesen Typus der Bogenwindung sich an- 
schliessenden Windungen, für die erste und zweite Stirnwindung, für 
die Windungen des Hinter- und Schläfenlappens kann ich in dem Ent- 
wicklungsgange keine besondere Modalität auffinden. Sie treten nach 
und nach auf und vervielfältigen sich, wie es scheint, nach rein mecha- 
nischen Bedingungen der Oberflächenvermehrung im gegebenen Raum, 
die ja auch für die weitere Ausbildung der Bogenwindungen massgebend 
sind. So entsteht die die erste und zweite Stirnwindung trennende 
Furche; so die Fissura parallela secunda oder temporalis media, wenn 
sie überhaupt zur deutlichen Entwicklung kommt; so endlich auch die 


451 


Fissura collateralis oder temporalis inferior mit den diese Furchen 
begrenzenden Windungen. Der Gyrus Hippocampi gehört, wie Reichert 
1. 1. p.87 ganz richtig bemerkt, seiner Entstehung nach nicht zu den 
eigentlichen Windungen, sondern zur ursprünglichen allgemeinen Con- 
figuration des inneren unteren Randes des Mantels und besteht daher 
in seiner Anlage auch schon lange vor der Entfaltung der eigentlichen 
Hirnwindungen. Wenn sich aber der Gyrus Cinguli entwickelt, so bildet 
er mit diesem eine die grosse Querspalte des Gehirns umgebende Bogen- 
windung. 

Die Frage, ob bei der Geburt wohl schon alle individuellen Ge- 
staltungen der Windungen vorhanden sind, ist schwer zu entscheiden, 
da sicher viele Gehirne in der Ausbildung ihrer Windungen keine höhere 
Stufe erreichen, als man sie schon an dem Gehirn vieler Neugebornen 
wahrnimmt. Dennoch möchte ich nicht daran zweifeln, dass die indivi- 
duelle Entwicklung dieser Windungen auch noch nach der Geburt fort- 
schreitet, schon weil sie unzweifelhaft zum Theil nur von der Zunahme 
der Masse und des Umfanges des Gehirnes abhängt. 


IV. 


Von der Anordnung der Grosshirnwindungen bei den Affen. 
(Tab. VI und VII.) 


Zur Vervollständigung meiner Einsicht in das Verhalten der Gross- 
hirnwindungen beim Menschen, musste ich natürlich auch das Studium 
derselben bei den Affen für nothwendig erkennen. Leider war hiebei 
begreiflicher Weise das mir zu Gebote stehende Material nur beschränkt. 
Ich besass nur mehrere Gehirne von Öercopithecus sabaeus, Cynocephalus 
'Sphinx und Maimon, Macacus cynomolgus und nemestrinus, und durch 
die Güte des Hr. Prof. Leukart das freilich nicht sehr gut mehr con- 
servirte und theilweise zerlegte Gehirn eines jungen Orang und die 
Gehirne von Innuus (Macacus) Rhesus, Semnopithecus maurus, Callithrix 
sciureus, Hapale Jachus und Lemur tardigradus. Ausserdem musste ich 
mich mit Abbildungen und den nach Schädeln gemachten Ausgüssen 


452 


behelfen. Dadurch mag mir wohl Einiges unsicher geblieben sein, in 
der Hauptsache aber halte ich mich dennoch für genügend unterrichtet. 

Was zunächst die Abtheilung des Affenhirns durch tiefer eingreifende 
Furchen in Lappen betrifft, so werden wir die des Menschenhirns un- 
bedenklich beibehalten können. 

Das Gehirn aller Affen besitzt eine Fossa Sylvii und dieselbe ist 
bei der Mehrzahl derselben wesentlich aus denselben Theilen zusammen- 
gesetzt, wie bei dem Menschen. Wir haben zunächst einen frontal 
gerichteten, an der Basis der Hemisphäre zwischen Stirn- und Schläfen- 
lappen verlaufenden Theil, den Stamm oder Stiel der Grube. Seine 
vordere Grenze ist flach, weil der hintere Rand der sie bildenden Or- 
bitalfläche des Stirnlappens und die denselben einnehmende dritte oder 
untere Stirnwindung schwach entwickelt ist. Der Stamm läuft ferner 
an der äusseren Seite der Hemisphäre in zwei Schenkel, einen vorderen 
und einen hinteren aus. Der vordere fehlt nicht, wie Pansch 1. l. p. 4 
ganz richtig bemerkt; allein er bezeichnet als solchen meiner Ansicht 
nach eine ganz falsche an dem äusseren Rande der Orbitalfläche des 
Stirnlappens verlaufende Furche, welche nach hinten zwar gegen den 
Stamm gerichtet ist, allein dem vorderen Schenkel der Sylvischen 
Grube des Menschen, der sogenannten Vorderspalte, gewiss nicht ent- 
spricht. Vielmehr ist dieser vordere Schenkel bei den meisten Affen 
nun ein ganz kleiner kaum bemerkbarer Einschnitt oder eine Kerbe in 
dem hinteren Rande der dritten oder unteren Stirnwindung, die man 
erst nach sorgfältiger Entfernung der Pia mater sieht, wenn man diese 
Stirnwindung und den vorderen Rand des Schläfenlappens stark aus- 
einanderzieht. Dieser Einschnitt ist so gering, dass man sich eben dess- 
halb verleitet finden konnte, diesen vorderen Schenkel der Sylvischen 
Grube bei den meisten Affen ganz zu läugnen. Allein bei dem Chim- 
panse und Orang ist dieser Einschnitt mit der dritten Stirnwindung, 
die sich um ihn hereinzieht, sehr deutlich entwickelt, und als vorderer 
Schenkel der Fossa Sylvii gar nicht mehr zu verkennen. An der Ab- 
bildung des Chimpansö-Gehirns von Schröder v. d. Kolk und Vrolik 
Tab. I. Fig. 3. sieht man ihn bei e, welches die Insel bezeichnen soll, 
sehr deutlich. Ebenso bei Gratiolet an dem Orang-Gehirn Pl. 3. Fig. 3.; 
dagegen ist er bei dem Örang-Gehirn Fig. 6. und bei dem Chimpanse- 


453 


Gehirn Pl. VI. Fig. 2. weniger deutlich, weil hier die ihn umgebende 
dritte Stirnwindung nicht ganz von dem unteren Ende der vorderen 
Centralwindung sondern etwas höher abgeht und überhaupt schwächer 
entwickelt ist, Sie ist hier nicht zwischen zwei Schenkeln dieser dritten 
Stirnwindung, sondern zwischen dem unteren Ende der vorderen Cen- 
tralwindung und dem absteigenden Schenkel der Stirnwindung einge- 
schlossen. Dieses hängt eben von der sehr verschiedenen und selbst 
noch beim Orang und Chimpanse gegen den Menschen sehr schwachen 
Entwicklung der unteren Stirnwindung ab, wie wir noch weiter sehen 
werden; sie ist hier noch eine gang einfache Bogenwindung um den 
schwachen vorderen Schenkel der Fossa Sylvii. Bei Chrysothrix, Hapale 
und den Halbaffen fehlt dieser vordere Schenkel wirklich ganz und mit 
ihm auch jede Spur der dritten Stirnwindung. 

Der hintere zwischen Scheitel- und Schläfenlappen sich heraufziehende 
Schenkel der Fossa Sylvi ist bei allen Affen sehr deutlich entwickelt 
und schliesst oben und hinten mit der vorderen oder ersten Scheitel- 
bogenwindung ab. 

Bei allen wahren Affen, mit Ausnahme der kleinen Amerikaner, 
findet sich ferner die Centralfurche Fissura centralis s. Rolando. Sie 
läuft im Ganzen überall weit steiler über die äussere Fläche der Hemi- 
sphäre als bei dem Menschen, ist auch verhältnissmässig nicht so tief 
und so weit nach oben und unten durchgreifend, wird aber auch bei 
den Affen nie in ihrem Verlauf unterbrochen. 

Die Fissura perpendicularis interna findet sich, wie es scheint, bei 
allen wahren Affen mit Ausnahme der kleinen amerikanischen, Hapale 
und Midas, wo dieselbe auch von Flower (Philos. Transact. 1861. p. 194. 
Tab. II. Fig. 10.) nicht beobachtet wurde. Bei Lemur nigrifrons soll 
nach demselben Autor diese Furche zwar vorhanden sein, aber oben nicht 
durchgreifen. Bei dem Gehirn von Lemur tardigradus von Giessen ist 
gerade das umgekehrte der Fall; oben greift die allerdings überhaupt 
sehr enge Furche durch, nach unten ist sie aber von der Fissura Hip- 
pocampi abgetrennt. Bei Stenops verhält sie sich nach einer Abbildung 
von Tiedemann wie bei Lemur tardigradus. Uebrigens unterscheidet 
sich das Verhalten dieser Fissur bei fast allen Affen, Orang und Chim- 


454 


panse nicht. ausgenommen, von dem bei dem Menschen dadurch, dass 
sie an ihrem unteren Ende nicht mit der Fissura Hippocampi zusammen- 
stösst, sondern von dieser durch eine Windung (Gratiolets Pli de pas- 
sage interne inferieur) getrennt wird. Nur bei einem jungen Gibbon 
nach Flower (Nat. Hist. Reviw 1863. p. 283) und bei Ateles nach Gratiolet 
und Huxley (Proceedings of the zool. Soc. of Lond. 1861. p. 254 Fig. 2.), 
verhält es sich wie bei dem Menschen. 

An diese Fissura perpendicularis interna schliesst, sich nun bei der 
bei weitem grössten Mehrzahl der Affen der alten und neuen Welt auch 
noch eine über die äussere Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre 
senkrecht herabziehende Fissura perpendicularis externa mit dem sie 
bedeckenden sogenannten Operculum. Sie sind ohnzweifelhaft die auf- 
fallendste Bildung des Affengehirns, welche dem menschlichen Gehirne 
ganz fehlt. Diese Fissur und der sie von hinten begrenzende scharfe 
Rand des Hinterhauptlappens findet sich auch in allen vom Chim- 
panse, _ die Fissur ebenso in allen vom Orang - Gehirn gegebenen 
Abbildungen, obgleich nicht überall gleich deutlich und in gerader 
Richtung verlaufend, so dass man von einem ÖOperculum nur noch bei 
dem von Schröder v. d. Kolk und Vrolik beschriebenen Gehirn sprechen 
kann. Bei Hylobätes und Semnopithecus lässt sich ebenso die Furche 
nachweisen, die Deckelbildung ist undeutlich. Ueber Ateles sind die 
Autoren uneinig; nach Gratiolet fehlt bei diesem Affen die Fissur, nach 
Huxley (Proceedings of the zool. Soc. 1861. p. 258) soll sie sich aber 
auch hier finden, und wirklich zeigt sie auch Gratiolets Abbildung 
Tab. X. Fig. 2.; das Operculum fehlt aber sicher, und die Fissur greift 
nicht durch, so dass sie nicht mit der Fissura perpendicularis interna 
zusammenhängt. Bei den kleinen amerikanischen Affen Hapale und Midas, 
sowie bei allen Halbaffen fehlt sie. 

Bei allen, Affen und Halbaffen findet sich auch eine deutliche 
und tiefe Fissura Hippocampi, welche von der grossen Querspalte des 
Gehirns und dem Gyrus Hippocampi ausgehend, an der inneren Seite 
des Hinterlappens meistens bis an das hintere Ende des Lappens reicht 
und hier in zwei Aeste, einen auf- und einen absteigenden ausläuft. 

Ebenso besitzen alle Affen mit Ausnahme der kleinen Amerikaner 
die Parallelspalte oder Fissura temporalis superior -an dem Schläfenlappen, 


455 


an welchem ausserdem oft auch noch eine Fissura temporalis media und 
Huxleys Fissura collateralis zu unterscheiden ist. 

In Betreff der durch diese Furchen getrennten Hirnlappen bemerke 
ich Folgendes. 

Es lassen sich derselben bei den meisten Affen wie bei dem Menschen 
fünf unterscheiden. | 

1. Der Stirnlappen (l.), den ich auch hier durch die vordere 
Centralwindung von dem Scheitellappen trenne. Er ist bei allen Affen, 
selbstverständlich auch relativ zu der Grösse des übrigen Gehirns, schwächer 
entwickelt als bei dem Menschen. Kein Affengehirn zeigt auch nur an- 
näherungsweise die starke Wölbung, Breite und Höhe der Stirnlappen, 
wie selbst das Gehirn der niedrigsten Menschenrace. Das Gehirn der 
Affen flacht sich an der Stirn sehr stark ab und spitzt sich von den 
Seiten zu. Die Orbitalfläche des Stirnlappens ist sehr viel kleiner, stärker 
ausgehöhlt und hat eine dreieckige und nicht viereckige Gestalt wie bei 
dem Menschen. Sie hat nur einen hinteren, inneren und vorderen äus- 
seren Rand, nicht einen vorderen und einen äusseren, und jener vor- 
dere äussere Rand ist scharf und concav ausgeschnitten. Ferner besitzt 
diese Orbitalfläche vorne einen nach unten in eine Vertiefung des Sieb- 
beins sich herabziehenden schnabelförmigen Fortsatz, der gerade bei 
den sogenannten anthropoiden Affen sehr stark entwickelt ist. 

2. Der Scheitellappen (ll... Vorne begrenzt von der vorderen 
Centralwindung, hinten von der Fissura perpendicularis externa und in- 
terna oben von der grossen Längsspalte und unten von dem nach 
hinten aufsteigenden Aste der Fossa Sylvii, steht bei den meisten Affen 
in einem relativ besseren Verhältnisse zu dem übrigen Gehirn wie der 
Stirnlappen, und ist bei den höchsten Affen nur wenig kleiner als bei 
einem neugebornen Kinde. Er ist der Masse nach der absolut grösste 
Theil der Hemisphäre. 

3. Der Hinterhauptslappen (IIl.). Dieser ist bekanntlich in der 
neueren Zeit Gegenstand des lebhaftesten Streites namentlich unter den 
Engländern gewesen, indem Owen dessen Gegenwart bei den Affen, die 
Ueberwölbung des kleinen Gehirns durch denselben und die Gegenwart 
eines hinteren Hornes mit einem Pes Hippocampi minor in demselben 
in Abrede stellte. Darin hat Owen allerdings Unrecht gehabt, wie sich 

Abh.d.Il.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. Il. Abth. 58 


456 


schon aus den älteren Angaben Tiedemanns, Schröder v. d. Kolks, 
Vroliks und Gratiolets bei einem so leicht festzustellenden Gegen- 
stande unbezweifelbar ergab. Doch haben die Untersuchungen von Huxley 
und seinen Nachfolgern Marshall, Turner, Flower, Rolletson etc. diese 
Fragen in bemerkenswerther Weise weiter geführt und sicher gestellt. 
Es findet sich nach .denselben ein hinterer Lappen und die in den- 
selben eingeschlossenen Gebilde überall bei allen wahren und Halb-Affen, 
ja dieser Lappen ist sogar bei mehreren: Cynocephalus porcarius, Cebus 
apella, Nyctipithecus, Chrysothrix, Hapale relativ stärker entwickelt als bei 
dem Menschen. (Vgl. vorzüglich Flower Philos. Transactions 1862 1. p. 185.) 

Der Hinterhauptslappen ist bei den Affen durch die oben erwähnte 
Fissura occipitalis perpendicularis externa mit dem Operculum und durch 
die Fissura oceipitalis perpendicularis interna nach aussen und innen 
weit schärfer von dem Scheitellappen getrennt als bei dem Menschen. 
Auch wo das Operculum fehlt oder undeutlich ist, wie bei einigen Orangs, 
bei Hylobates, Semnopithecus und Ateles, ist dennoch durch die Fissur die 
vordere äussere Grenze leicht erkennbar gegeben. Dieses ist aber keines- 
wegs an der unteren Fläche der Fall, vielmehr geht hier der Hinter- 
hauptslappen in den Schläfenlappen so unmittelbar über, dass man wohl 
begreifen kann, wie Gratiolet sich veranlasst sah, eine Trennung hier 
ganz zu unterlassen und diese gemeinschaftliche untere Fläche des 
Hinterhaupts- und Schläfenlappens als Lobe occipito-temporal zusammen- 
zufassen. 

Sowie indessen unzweifelhaft die in den hier an der unteren 
Fläche gelegenen Windungen in den hintersten Theil der Hemisphäre 
ausstrahlenden Fasern (vorzüglich des Balkens) andere und verschieden 
von den in den Schläfenlappen übergehenden sind, so glaube ich, dass 
man auch hier bei den Affen, den hinter dem Splenium corporis callosi 
gelegenen Theil der unteren Fläche der Hemisphäre als zum Hinter- 
hauptslappen gehörig betrachten und beschreiben soll. Ich habe übrigens 
gesehen, dass der Verlauf der Arterien, der Zweige der A. profunda 
cerebri, auch bei den Affen diese Grenze zwischen Schläfen- und Hinter- 
hauptslappen an dieser unteren Fläche bezeichnet. | 

Bei den kleinen amerikanischen Affen, Hapale, Nyctipithecus, Calli- 
thrix, Sai fehlt eine äussere Abtheilung des Hinterhauptslappen ganz. 


457 


Dennoch ist derselbe und das in demselben eingeschlossene hintere Horn 
des Seitenventrikels mit dem Pes Hippocampi minor gerade bei diesen 
kleinen Affen aın stärksten entwickelt. Bei den Halbaffen, Lemur, 
Stenops etc, sollte man nach dem äusseren Ansehen glauben, dass ein 
Hinterlappen ganz fehle; dennoch ist, wie oben schon erwähnt, eine 
Fissura perpendicularis interna vorhanden und nach Flower soll sich 
auch ein hinteres Horn der Seitenhirnhöhle finden. 

4. Der Schläfenlappen (IV.) ist an dem Gehirn aller wahren 
und Halb-Affen sehr bestimmt und stark entwickelt. Namentlich sein 
vorderes, hinter und unter dem queren Theil der Fossa Sylvii gelegenes 
Ende ist meist stark angeschwollen. Oben ist er durch den nach hinten 
aufsteigenden Ast der Fossa Sylvii, und innen durch die grosse quere 
Hirnspalte sehr bestimmt begrenzt, nach hinten hängt er an der äusseren 
Seite mit dem Scheitel-, an der unteren mit dem Hinterhauptslappen 
äusserlich ununterbrochen zusammen. 

5. Der Stammlappen(V.) findet sich nach der Beobachtung Gra- 
tiolets bei allen wahren und wahrscheinlich auch bei den Halbaffen ; 
wenigstens sahen ihn Flower (l. 1. p. 196) und Pansch (p. 1) auch bei 
Lemur. Er liegt ganz bedeckt von dem Stirn-, Scheitel- und Schläfen- 
lappen, welche mit ihren Rändern selbst nach Wegnahme der Pia mater 
dicht aneinanderstossen, an der Uebergangsstelle von dem queren in den 
nach hinten aufsteigenden Ast der Fossa Sylvii; ist ansehnlich gross 
aber nicht sehr hervorragend und nur mit schwachen Furchen und 
Windungen bedeckt. 

Ich habe die Hemisphäre eines Cynocephalus Sphinx und eines Ma- 
cacus cynomolgus in diese Lappen zerlegt, gewogen und dafür folgende 
Prozentzahlen erhalten: 

Cynocephalus  Macacus 


Stimläappensilmsh .-lsrwılse 241 ” 22,2 
Scheitellappen ı ... 1. ..28,3 # 31,6 
Hinterhauptslappen . . . 16,4 ® 14,3 
Schäfenlappen ' . ,a»#15.4419;0 5; 18,7 
Stammlappen here 2 ” 13,2 
Ganze Hemisphäre,... .. . 100,0 - „100,0 


H. Wagner hat l.1. p. 39. nach seiner Belegungsmethodc eine Ober- 
58* 


458 


flächenbestimmmung der einzelnen Lappen des jungen ÖOrang-Outang- 
Gehirns gegeben. Er erhielt für den 


Stirnlappen, Scheitellappen, Schläfenlappen, Hinterhauptslappen 
36,8% 95,1 19